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Seminararbeit
Betriebswirtschaftsle­hre

Hochschule für Musik und Theater Institut für Kultur- und Medienmanagement

2011, Prof. Dr. Loock

Ferdinand H. ©

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ID# 12454







Wirkungsweisen des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“  in der kommunalen Kulturpolitik des Bezirks Berlin-Neukölln am Beispiel des Projekts „KreativNetz NeuKölln“ (KNNK)

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

1.      Einleitung                                                                                                       2

2.      Das Programm „Soziale Stadt“                                                                       2

2.1. Entwicklung                                                                                            2

2.2. Ziele                                                                                                       3

2.3. Basisinstrument: Integrierte Entwicklungskonzepte                        4

2.4. Quartiermanagement                                                                               5

2.5. Partnerprogramm  BIWAQ                                                                     6

3.      Das Projekt „KNNK“                                                                                   7

3.1. Die Initiatoren                                                                                         7

3.2. Ziele des Projekts                                                               8

3.3. Problemstellung                                                                  8

3.4. Maßnahmen                                                                        9

3.5. Bewertung                                                                         11

4.      Schlussbemerkungen                                                                  12

                                                                          

5.      Literaturverzeichnis                                                                   13

 

6.      Anhang                                                                                    14

 

 

 

 

1. Einleitung

 

Das Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“ (kurz: „Soziale Stadt“) ist ein Städtebauförderungsprogramm des Bundes und der Länder. Als wichtiger Bestandteil der nationalen Stadtentwicklungspolitik richtet es seine Aufmerksamkeit auf städtebaulich, wirtschaftlich und sozial benachteiligte Quartiere. Ein zentrales Schlüsselinstrument ist hierbei das Quartiermanagement. Hintergrund dafür ist eine gebietsbezogene Umsetzung der Ziele des Programms „Soziale Stadt“ innerhalb der benachteiligten Bezirke mit starker Orientierung an den ortsüblichen Problemen. Doch nicht alle Fördermaßnahmen, die dem Instrument Quartiermanagement zur Verfügung stehen, sind ausreichend, um die Zielsetzungen der Handlungsfelder des Programms nachhaltig umzusetzen. Daher ist die „Soziale Stadt“ darauf ausgelegt, weitere Fördermittel aus verschiedenen Ressorts miteinzubeziehen. Ein Partnerprogramm ist dabei das Programm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“ (BIWAQ), das aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert wird. Aus diesem Partnerprogramm speist sich auch das Projekt „KreativNetz NeuKölln“ (KNNK), welches von dem Planungsbüro für kooperative Stadtentwicklung „Coopolis“ ins Leben gerufen wurde. Ziel des Projekts ist es kooperative Wertschöpfungsketten und kollaboratives Arbeiten zu fördern, Unternehmen zu stabilisieren und in Neukölln zu verwurzeln sowie die gemeinsame Außendarstellung des Bezirks zu erleichtern und ein positives Image herzustellen. In meiner Arbeit möchte ich das Programm „Soziale Stadt“ vorstellen und seine Wirkungsweise an Hand des Beispiels vom „KNNK“ darstellen, um zu bewerten, welche Ziele des Programms „Soziale Stadt“  hier im Rahmen von Quartiermanagement und BIWAQ umgesetzt werden.

 

 

2. Das Programm „Soziale Stadt“

 

2.1. Entwicklung

 

In der traditionellen Städtebauförderung dominieren bauliche und investive Maßnahmen. Durch den ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturwandel ist jedoch die soziale Ungleichheit in den Städten gewachsen. Nach und nach sind Stadtteile entstanden, in denen sich negative Entwicklungen verdichten. In den letzten 20 Jahren ist daher die Erkenntnis gewachsen, dass die komplexen Probleme in benachteiligten Quartieren neuer Lösungsansätze bedürfen. Auf Basis der Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und Bündnis 90/Die Grünen wurde daher im September 1999 das Bund-Länder-Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“ (kurz: Soziale Stadt) als Ergänzung zur traditionellen Städtebauförderung beschlossen. Dies geschah als Weiterentwicklung der am 09. November 1996 auf der Ministerkonferenz der ARGEBAU (Arbeitsgemeinschaft der für das Bauen und Wohnen zuständigen Minister und Senatoren der Länder)  beschlossenen Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“ (vgl. DiFU, 2003 S. 9f).

 

Im Jahr 1999 startete die „Soziale Stadt“ mit 161 Stadtteilen in 124 Gemeinden. Bis zum Jahr 2007 haben sich diese Zahlen mit 498 Gebieten in 318 Gemeinden mehr als verdoppelt (vgl. Abbildung 1). Schließlich untermauern die Ergebnisse der Untersuchung „Städtebaulicher Investitions- und Förderbedarf 2007 bis 2013 in Deutschland“ diesen Trend: Sie zeigen unter anderem, „dass die Stärkung von Innenstädten und Ortsteilzentren und die soziale Stadtteilentwicklung“ aus Sicht der Kommunen „die wichtigsten Handlungsfelder der Städtebauförderung in den vergangenen Jahren waren“ (BBR 2007: 3 ff.) und auch zukünftig bleiben werden. Dies erklärt sich auch, wenn man die Ziele des Programms betrachtet.

 

 

2.2. Ziele

 

Es ist zu beobachten, das Städte zunehmend in Quartiere zerfallen, „in denen einkommensschwache und in schwieriger sozialer Situation lebende Haushalte konzentriert sind, und in privilegierte Stadtteile“ (DIfU, 2003 S. 10). Grund dafür sind vor allem wirtschaftliche und politische Restrukturierungsprozesse, die – stark verkürzt – mit den Stichworten Globalisierung, Deindustrialisierung, Bedeutungszunahme von Informationstechnik und wissensbasierten Dienstleistungsbranchen sowie Deregulierung umrissen werden können. Zu den Folgen dieses Strukturwandels gehören unter anderem verstärkte Spaltungstendenzen der Gesellschaft in Bezug auf Arbeitsmarktzugang und Beschäftigung, Einkommen, Konsummuster und Lebensstile (vgl. Franke/Löhr/Sander 2000: 244 ff.).

 

Die ablaufenden Prozesse, die eine räumliche Spaltung bewirken, verstärken sich selbst. Es entsteht also eine Abwärtsspirale, die nur durch ein gezieltes Eingreifen zu stoppen ist. Dies ist das Hauptziel des Programms „Soziale Stadt“: „Insgesamt geht es darum, mit dem Programm die physischen Wohn- und Lebensbedingungen (überwiegend durch baulich-investive Maßnahmen und Projekte), die individuellen Lebenschancen (durch Vermittlung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, Eröffnung von Zugangsmöglichkeiten in den Arbeits- und Wohnungsmarkt  sowie Hilfen zur Selbsthilfe) sowie Gebietsimage, Stadtteilöffentlichkeit und Identifikation mit den Quartieren (auf Basis konkreter Stabilisierungs- und Revitalisierungsmaßnahmen) zu verbessern“ (DifU, 2003 S. 12).

 

Konkrete Ziele werden im „Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“ ausgeführt. Hier heißt es: „Die Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt" erhebt den Anspruch, Quartierentwicklungsprozesse in Gang zu setzen, welche die sozialen Problemgebiete zu selbständig lebensfähigen Stadtteilen mit positiver Zukunftsperspektive machen sollen“ (vgl. 2011). Unter anderem wird darin auf „typische Maßnahmen“ beispielsweise in den Bereichen Bürgerbeteiligung, Soziale Integration, Lokale Wirtschaft, Kultur und Freizeit, Bildung, Gesundheit und Wohnen eingegangen. Vorschläge für die Programmumsetzung auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene sind ebenso enthalten wie allgemeine Finanzierungsgrundsätze. Eine Liste der konkreten Ziele eingeordnet in die jeweiligen Themengebiete findet sich im Anhang (siehe Abbildung 2). Um bewerten zu können, inwiefern diese Ziele verfolgt werden und welche Projekte förderfähig sind, haben die einzelnen Träger sich dem Basisinstrument „integriertes Entwicklungskonzept“ zu bedienen.

 

 

2.3. Basisinstrument: Integrierte Entwicklungskonzepte

 

Eine große Spannbreite an Handlungsfeldern im städtebaulichen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und ökologischen Bereich, sowie eine Vielzahl von Akteuren der Sozialen Stadt als unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten verlangen nach einem integrierenden Vorgehen der Programmumsetzung. Grundlage dafür sind Integrierte Entwicklungskonzepte, in denen die Probleme und Potenziale in den Stadtteilen identifiziert, Ziele, Maßnahmen und Projekte zur Problemlösung formuliert, Organisations- und Managementstrukturen sowie Verfahren zur  Umsetzung, Fortschreibung und zum Controlling aufgezeigt werden. Somit dienen sie als Orientierungsrahmen und strategisches Instrument für die Programmumsetzung. Integrierte Entwicklungskonzepte sollten das Ergebnis beteiligungsintensiver Prozesse und offen für Veränderungen sein (vgl. Difu 2003: S. 75). Für die Ausarbeitung und Umsetzung dieser Konzepte wird von den Ländern die Einrichtung eines Stadtteilbüros, dem sogenannten Quartiermanagement, angeregt (vgl. ARGEBAU, 2000 Kapitel 3 und 4).

 

2.4. Quartiermanagement

 

Die Ziele und Maßnahmen des Programms „Soziale Stadt“ sind komplex und gleichzeitig gebietsbezogen. Ein Anforderungsprofil für ein derart komplexes Gebietsmanagement ist vom Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung (ISSAB) gemeinsam mit dem Difu erarbeitet und in seiner Gesamtheit als „Quartiermanagement“ bezeichnet worden (vgl. Franke/Grimm 2002). Danach kann Quartiermanagement als strategischer Ansatz zum systematischen Aufbau von selbst tragenden sowie nachhaltig wirksamen personellen und materiellen Strukturen im und für das Quartier verstanden werden. Dazu gehören der gezielte Einsatz kommunaler Ressourcen, die Einbettung des gebietsbezogenen Prozesses in eine gesamtstädtische Entwicklungspolitik, Handlungsfeld- und Ebenenübergreifende Arbeitsweisen sowie Aktivierung und Beteiligung lokaler Akteure. Vorgeschlagen wird, auf der Verwaltungsebene eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzurichten und hier auch einen Gebietsbeauftragten zu nominieren. Es soll auf der Quartierebene ein Vor-Ort-Büro eingerichtet werden, das unter anderem für Netzwerkarbeit und die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren  zuständig sein soll.

 

Die Einrichtung eines Quartiermanagement findet unter anderem in den Richtlinien des Landes Berlin besondere Beachtung:

 

„Zur Realisierung der Zielsetzungen auf der lokalen Ebene ist ein Quartiermanagement einzusetzen, das den Prozess der Quartierentwicklung initiiert und koordiniert. Zu seinen Aufgaben gehören Stadtteilkoordination, Bewohneraktivierung, Projektinitiierung sowie Mitwirkung an der Erfolgskontrolle. Als Bestandteile der Organisationsstruktur auf Quartierebene sind ein Quartierforum für in erster Linie lokale Akteure vorgesehen sowie eine Koordinierungsrunde zur Abstimmung zwischen Trägern, Bewohnerinitiativen, Vertretern des jeweiligen Bezirksamtes und - bei Bedarf - einzelner Senatsverwaltungen einzurichten. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der integrierten Stadtteilverfahren – Quartiermanagement –  ist die übergreifende Zusammenarbeit auf und zwischen den jeweiligen Verwaltungsressorts und -ebenen sicherzustellen. Auf Ebene der Bezirksverwaltungen sollen ein bezirklicher Quartierkoordinator nominiert sowie eine ressort- und ämterübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Außerdem ist auf Senatsebene eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe zu bilden“ (DifU, 2003 S. 173). Siehe dazu auch Abbildung 3.

 

 

 

Um derartig komplexe Systeme und Strukturen in den Gebieten der „Sozialen Stadt“ zu implementieren, reichen die Fördermittel, die dem Programm zur Verfügung stehen nicht immer aus. Daher kommen hier unter anderem weitere Mittel der EU zum Einsatz. Ein wichtiges Partnerprogramm ist dabei das ESF-Bundesprogramm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“ (BIWAQ).

 

 

2.4. Partnerprogramm "Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" (BIWAQ)

 

Mit dem ESF-Sonderprogramm "Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" (BIWAQ) wird seit 2008  das Ziel verfolgt, in Quartieren der „Sozialen Stadt“ Sozialraum orientierte Arbeitsmarktförderung zu betreiben und gleichzeitig zivilgesellschaftliche Strukturen sowie bürgerschaftliches Engagement in Städten und Gemeinden zu stärken. Zielgruppe sind unter anderem Jugendliche, insbesondere auch Migrantinnen und Migranten, die einen besseren Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt erhalten sollen. Denn fehlende berufliche und gesellschaftliche Perspektiven führen zu sozialer Ausgrenzung, die oft Ursache für Fremdenfeindlichkeit ist. Weitere Schwerpunkte sind die Stärkung der lokalen Ökonomie, auch zur Schaffung neuer Ausbildungsplätze, und die Förderung des Gemeinwesens in Städten und Gemeinden in ländlichen Gebieten (vgl. BMVBS, 2011).

 

„Neu im Rahmen der aktuellen 2. Förderrunde BIWAQ ist die Förderung von quartiersbezogener sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung im gemeinnützigen Bereich als eigenständiges Handlungsfeld Quartiersarbeit. Mit Quartiersarbeit soll Langzeitarbeitslosen, die bis jetzt nicht in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden konnten, eine neue Perspektive gegeben werden. Gleichzeitig soll im Sinne eines integrierten Handelns Stadtentwicklungspolitik mit städtebaulichen Investitionen und Arbeitsmarktpolitik vor Ort besser verzahnt werden“ (BWVBS, 2011).

 

In diesem Programm wird auch das Projekt „KreativNetz NeuKölln“ (KNNK) umgesetzt, das von dem Neuköllner Planungsbüro für kooperative Stadtentwicklung „Coopolis“ im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ initiiert wurde.

 

 

 

 

 

3. Das Projekt „KreativNetz NeuKölln“ (KNNK)

 

3.1. Die Initiatoren

 

Initiator des Projekts „KNNK“ ist „Coopolis“, ein Planungsbüro für kooperative Stadtentwicklung, das in den Arbeitsfeldern Netzwerkmanagement, Leerstandmanagement, Bewusstseinsbildung und Forschung/Diskurs tätig ist. Das Unternehmen wurde 2005 unter der Firmierung „zwischen | nutzungs | agentur“ von Stefanie Raab (Dipl.-Ing. Architektur und Moderatorin) und Maria Richarz (Dipl.–Ing. Stadtplanung, Dipl.-Ing. Landschaftsplanung, Coach, Videodesignerin) gegründet. Der Fokus lag zunächst auf dem Arbeitsfeld Leerstandmanagement. Im Kontext der Vermittlung von Räumen in Kooperation mit den jeweiligen Quartiermanagements wurden besonders die Grundsätze von Partizipation in der Stadtplanung berücksichtigt. Zwischen April 2005 und Ende 2007 betrieb die „zwischen | nutzungs | agentur“ beispielsweise im Neuköllner „Reuterquartier“ ein Gewerbeleerstandmanagement mit der Strategie der "Zwischennutzung". Als Ergebnis dieser Arbeit wurde in über 56 Läden und Fabriketagen wieder gearbeitet. Über 200 Arbeitsplätze konnten im Quartier neu entstehen und die Angebotsvielfalt und Lebensqualität im Quartier somit wieder bereichert werden. Vorwiegend kamen die neuen Angebote aus kulturwirtschaftlichen und sozialen Bereichen. Vielfach werden seitdem innovative Dienstleistungen aus den Branchen Medien und Kommunikation, Mode und Design, IT-Wirtschaft, Gesundheit, Kinder- und Jugendarbeit sowie Beratung angeboten. Wesentliches Element der Strategie war die Beratung und Vernetzung von Eigentümern und Nutzern zu neuen Partnerschaften. Dabei wurden neue Möglichkeiten von flexiblen, individuellen Mietverträgen zu lokal angepassten Gewerberaummieten erprobt. Das Projekt konnte nur durch die enge Zusammenarbeit mit den Eigentümern, welche von Gewerbeleerstandproblemen betroffen waren, ermöglicht werden. Im daran anknüpfenden Pilotprojekt "Lokale Kooperationsnetze Eigentümer und Nutzer stärken" unterstützte die „zwischen | nutzungs | agentur“ in Kooperation mit dem Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Berlin-Neukölln und der Wirtschaftsförderung Berlin-Neukölln im Jahr 2008 eine Prozess orientierte Weiterentwicklung der begonnenen Handlungsansätze, mit dem Ziel der nachhaltigen Stabilisierung der Quartiersökonomie (Richarz, 2011). Das Projekt wurde in den Jahren 2009 und 2010 im Rahmen des Förderprogramms „Soziale Stadt“ weitergeführt. Durch die erfolgreichen Erfahrungen mit dem Ansatz der Partizipation und Vernetzung von Akteuren entstand die Idee für ein Netzwerk im Bereich der Kreativwirtschaft, das seit 2010 unter dem Namen KNNK entwickelt wird.

 

3.2. Ziele

 

Das Ziel des Projektes KNNK ist die Bildung branchenspezifischer Kooperationen und Netzwerke zur Stabilisierung der Einzelunternehmen und der lokalen Struktur, die Bewerbung überregionaler Kunden und Märkte und die Einbindung in überregionale Netzwerke in enger Zusammenarbeit mit den Quartiermanagements (QMs) des Bezirks. Mit dem Ansatz „Netzwerkarbeit“ wird eine nachhaltige und strukturelle Verbesserung der marktwirtschaftlichen Chancen für die Einzelunternehmen geschaffen. So können langfristige Entwicklungsmöglichkeiten für neue Betriebe im Bezirk entstehen. Laut der Projektleiterin Judith Utz geht es hierbei besonders um die Stärkung und Ansiedlungsoptimierung der lokalen Ökonomie, vorwiegend der in Neukölln jungen Branchen der Kreativwirtschaft innerhalb des industriellen Sektors Kulturwirtschaft, sowie um die Vernetzung der Akteure untereinander und zu anderen Branchennetzwerken der Kulturwirtschaft wie zum Beispiel Mode und nicht-industrielle Kulturwirtschaft. Ein wichtiges Ziel ist auch die Identifikation und Herausbildung von Wertschöpfungsketten mit Unterstützung der zugezogenen und neu gegründeten Unternehmen durch Beratungsangebote zur Festigung der ökonomischen Basis. Langfristig sollen durch das Projekt Ausbildungsplätze im Bezirk geschaffen und Kontakte zu neuen regionalen und überregionalen Kunden und Netzwerken aufgebaut werden. Durch gezielte öffentlichkeitswirksame Aktionen und Veranstaltungen wird so das Image das Bezirks aufgewertet (vgl. Utz, 2011). Diese Ziele basieren auf einer Problemstellung, die sich ganz konkret an der Situation des Stadtteils Neukölln orientiert.

 

 

3.3. Problemstellung

 

Laut „Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2008“ ist Neukölln ein Bezirk mit multidimensionaler Problemlage. Neukölln hat 305.230 Einwohner, 16,4 % davon sind unter 18 Jahre alt. Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2010 mit 21,2 % um 7 Prozentpunkte über dem Berliner Durchschnitt, hinzu kommen 21,5% von nicht arbeitslosen Empfängern von Existenzsicherungsleistungen nach SGB II und XII (vgl. 2011). Der statistisch ausgewiesene Anteil von Mitbürgern nichtdeutscher Herkunft liegt zwischen ca. 32-38% aus 163 Nationen. In den urban verdichteten Gründerzeitquartieren von Nord-Neukölln liegt das Wanderungsvolumen bei 30,3%, ein Hinweis auf starke Segregationsprozesse (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, 2008 S. 53 f.).  Diese gehen einher mit den Spätfolgen der De-Industrialisierung und dem globalen ökonomischen Strukturwandel. Für viele Bewohner entsteht so ein neuer Zusammenhang zwischen eigener sozialer Lage und den Lebensbedingungen im Stadtteil Nord-Neukölln, der besonders für die heranwachsende Generation ein entwicklungshemmender Faktor ist. In den Quartiermanagement-Gebieten (siehe auch Kapitel 2.4) liegt ein wichtiger Schwerpunkt daher auf der Erhöhung der Bildungschancen. Durch laufende Ansiedlungs-Projekte der „zwischen | nutzungs | agentur“ konnten bisher über 150 neue kleinere Unternehmen für Neukölln gewonnen werden, die dem Bezirk eine neue Bedeutung als Wohn- und Wirtschaftsstandort für die  vielfältigen Branchen der Kulturwirtschaft verleihen und damit die Lebensqualität in den Quartieren verbessern (vgl. Richarz 2011).

 

Der sich verschlechternde Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer und die parallel dazu immer höher werdenden Berufsanforderungen erfordern neue Methoden im Hinblick auf Vernetzung der Marktteilnehmer in einen funktional und sozial heterogenen, urbanen Kontext. Die Dynamik der zunehmenden Globalisierung verstärkt dabei sogar die Bedeutung der regionalen Standortfaktoren für den wirtschaftlichen Erfolg. In gleichem Maße wie Absatzmärkte weltweit zusammen schmelzen, gewinnen elementare Wettbewerbsfaktoren in Produktion und Beschaffung (z.B. Wissen), deren Qualität nach wie vor den Bedingungen der lokalen Infrastruktur unterworfen sind, an Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Um eine Infrastruktur bereit zu stellen, die diesen Entwicklungen zukunftsweisend gerecht wird, soll durch die Verknüpfung von Netzwerk- und Clusterförderung mit einer partizipativen Standortentwicklung die lokale Entwicklung nachhaltig ausgerichtet werden. Das wirtschaftliche Potenzial einer Region liegt zunehmend in den Händen und der Verantwortung der lokalen Akteure, des lokal ansässigen Gewerbes, der im Umfeld befindlichen Unternehmen, sowei Fachleuten aus der Planungspraxis, Forschungseinrichtungen und im besonderen deren Kooperationsmöglichkeiten im Hinblick auf die Realisierung langfristiger gemeinsamer Strategien (vgl. Richarz, 2011). Hieraus lassen sich für das Projekt bestimmte Bedarfe ableiten und entsprechende Maßnahmen entwickeln.

 

 

3.4. Maßnahmen

 

In Nord-Neukölln wurden durch die Leerstandmanagement-Projekte in fünf Quartiermanagement-Gebieten circa 150 Betriebe aus vorwiegend neuen Branchen angesiedelt. Damit dieses Human- und Kreativpotenzial für die einzelnen Akteure und den Bezirk zu einer wettbewerbsfähigen und innovativen Wirtschaftskultur zusammen wächst, bedarf es der Vernetzung und Bildung von  Standort-Bündnissen für unterschiedliche Teil-Branchen. Dies geschieht durch  fachspezifische Workshops, Beratung und Coaching zur Stabilisierung der Unternehmen, Vernetzung mit weiteren Netzwerken der Kulturwirtschaft und Salon-Messen zur Aktivierung neuer Kunden. In vielen dieser Berufe und Aufgabengebiete besteht die fachliche Kompetenz zunehmend auch aus sozialem und kulturellem Kapital. Vor diesem Hintergrund gewinnt für viele dieser Tätigkeitsgruppen der Begriff der “Lokalität“ an grundlegend neuer Bedeutung. “Standortgebundenes Wissen“ ist  eine Wettbewerbschance und ein Innovationsmotor, es soll akkumuliert und publik gemacht werden. Publikationen und die Verbreitung der projektrelevanten Inhalte erfolgen über Buch, Internet, Flyer, Videoporträts (vgl. Utz, 2011).

 

Mehrere Bereiche bilden die Kernelemente einer ganzheitlichen Strategie, die mittel- und langfristig die Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen im Neuköllner Norden gewährleisten soll:

-        Unterstützung und Bildung von sich selbst tragenden Netzwerken, Bündnissen und Kooperationen

-        Optimierung lokaler Wertschöpfungsketten sowie der Kooperationsmöglichkeiten und Marktchancen der Unternehmen

-        Entwicklung interkultureller Kompetenzen

-        kooperative nachhaltige Qualifizierung von Standort und Image

 

Konkrete Maßnahmen hierbei sind:

 

1.      Bestandsanalyse

Hier werden zunächst die Bedarfe in den Branchen/Netzwerken lokalisiert.

2.      Vernetzungsrunden und fachspezifische Workshops

Die Themen gehen auf die konkreten Fragestellungen der Unternehmen vor Ort ein und stärken den Prozess der Vernetzung. So sollen Wertschöpfungsketten aktiviert und verfeinert werden und Möglichkeiten der gemeinsame Akquise und Produktionen geschaffen werden. Es geht verstärkt darum, eine Standortidentität zu entwickeln, gemeinsame Vertriebs- und Beschaffungsformen zu entwickeln und Möglichkeiten zur Verbundausbildung zu erarbeiten.

3.      Stabilisierung der Unternehmen im Quartier

Beratung und Coaching für einzelne Unternehmen: Analyse der aktuellen Situation, Erarbeitung von Business-Plänen, insbesondere strategische Ausrichtung, Finanzplanung und Personalentwicklung sowie Marketingaktivitäten.

4.      „Salon-Messen“

Netzwerktreffen zum Kennenlernen und Vernetzung mit Großunternehmen der Region.

5.      Strukturvernetzung

Workshops und Vernetzungstreffen mit Verwaltungsexperten aus den Bereichen Planung, Kultur und Wirtschaft, Schlüsselakteuren und weiteren Netzwerken der Kulturwirtschaft (vgl. Utz, 2011).

 

Vergleicht man die Ziele des Programms „Soziale Stadt“ (siehe Kapitel 2.2 sowie im Anhang Abbildung 2) mit den Maßnahmen des Projekts „KNNK“, lässt sich feststellen, inwiefern die Programmgrundlagen der Sozialen Stadt durch die Maßnahmen des KNNK in Neukölln wirken.

 

3.5. Bewertung

 

Die Maßnahmen des Projekts KNNK beziehen sich bei Betrachtung des „Leitfadens zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt“ besonders auf den Bereich „lokale Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung“. Durch das Angebot von fachspezifischen Workshops und Netzwerktreffen wird die lokale Wirtschaft gestärkt. Direkte Beratungs- und Coaching Maßnahmen besonders im Bereich Business-Plan tragen zur Schaffung und Sicherung von örtlichen Arbeitsplätzen und Beschäftigungsangeboten bei. Im Bereich „Bürgermitwirkung, Stadtteilleben“ greift das Projekt, indem es eng mit den Quartiermanagements des Bezirks zusammenarbeitet und Ziele aus den stadtteilspezifischen integrierten Entwicklungskonzepten aufgreift. So werden an dieser Stelle auch örtliche Potentiale aktiviert, sowie ein Bürgerbewusstsein für den Stadtteil einwickelt. Die „Soziale, kulturelle, bildungs- und freizeitbezogene Infrastruktur“ wird durch das Projekt unterstützt, indem sich das KNNK auf kultur- und kreativwirtschaftliche Aspekte konzentriert, die zur Stärkung von stadtteilkulturellen Projekten führen und so den sozialen und kulturellen Austausch innerhalb des Bezirks fördern. Die Bereiche „Quartierzentren“, „Wohnen“ sowie „Wohnumfeld und Ökologie“ unterstützt das Projekt hingegen nur indirekt (vgl. ARGEBAU 2000, sowie Abbildung 2).

 

Dieser offensichtliche Schwerpunkt des KNNK macht noch einmal die explizite Förderfähigkeit durch das Partnerprogramm der Sozialen Stadt "Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" (BIWAQ) deutlich, dessen Zielsetzung schwerpunktmäßig in der Arbeitsmarktförderung in den Quartieren der Sozialen Stadt besteht (siehe Kapitel 2.4).

4. Schlußbemerkungen

 

Die politischen Vorgaben und Förderprogramme von EU, Bund und Ländern sowie deren Umsetzung auf der Ebene der kommunalen Politik ist ein spannendes und komplexes Feld. Leider reicht der Rahmen dieser Arbeit nicht aus, um die Mechanismen und Hintergründe ausschöpfend darzustellen. Zum einen wäre es interessant die Synergie von EU-Förderungen und Bund-Länder-Programmen sowie das dazugehörige politischen Funktionensystem genauer zu betrachten. Zum anderen könnte ich mir vorstellen nach Ablauf der ersten Phase des Projekts KNNK und dessen etwaiger Fortschreibung die Wirkungen auf die Situation von Arbeitsmarkt und sozialem Leben im Bezirk Neukölln in Hinblick auf die hier dargestellte Zielsetzung zu evaluieren. Darüber hinaus wäre es interessant die in Kapitel 2.2 genannten Faktoren, die zu den problematischen Entwicklungen im Berliner Bezirk Neukölln aber auch in anderen Bezirken und Städten geführt haben und mit denen die Stadtentwicklungspolitik heute konfrontiert ist, näher zu untersuchen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Literaturverzeichnis

 

ARGEBAU, Ausschuss für Bauwesen und Städtebau und Ausschuss für Wohnungswesen, Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“, Zweite Fassung, Stand 1. März 2000, abgedruckt in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Programmgrundlagen, Berlin 2000 (Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt, Bd.3).

 

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Senatskanzlei, Landesredaktion Berlin.de (   und  Stand 03/2011

 

BBR - Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung:  Städtebaulicher Investitions- und Förderbedarf 2007 bis 2013 in Deutschland, Berlin 2007

 

BMVBS – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: BIWAQ: Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier ( ), (Stand: 03/2011)

 

DifU – Deutsches Institut für Urbanistik: Strategien für die Soziale Stadt, Berlin 2003

 

Franke, Thomas, Rolf-Peter Löhr und Robert Sander: Soziale Stadt – Stadterneuerungspolitik als Stadtpolitikerneuerung. In: Archiv für Kommunalwissenschaften. II. Halbjahresband S. 243–268, Berlin 2000

 

Franke, Thomas, und Gaby Grimm (2000): Quartiermanagement: Systematisierung und Begriffs-

bestimmung. In: Bertelsmann Stiftung, Hans-Böckler-Stiftung, KGSt (Hrsg.): Quartierma-

nagement – Ein strategischer Stadt(teil)entwicklungsansatz. Organisationsmodell und Praxisbei-

spiele, S. 5–12. ver 2002

 

Richarz, M. Dipl.-Ing. Stadtplanung, Dipl.-Ing. Landschaftsplanung, Gründerin „Coopolis - Planungsbüro für kooperative Stadtentwicklung“, Experteninterview 10.03.2011

 

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin: Monitoring Soziale Stadtentwicklung Berlin, Bearbeitung: Prof. Dr. Hartmut Häussermann,  Dipl. Soz.Wiss. Daniel Förste,  Dipl. Geogr. Jan Dohnke, Dipl.-Vwl. Patrick Hausmann. Berlin 2008

 

im Auftrag des BMVBS – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, ( 3_argebau.phtml), Kapitel 3, (Stand 03/2011)

 

Utz, J. Dipl.-Geographie, Projektleiterin „KreativNetz Neuköllln“ KNNK, Experteninterview 15.03.2011

 

 

 

 

 

 

 

6. Anhang

 

Abbildung 1: Gemeinden im Programm Soziale Stadt (2007)

 

 


 

 

Quelle: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn 2010

 

Abbildung 2:

 

Ziele und Maßnahmen für die Entwicklung der Quartiere

Bürgermitwirkung, Stadtteilleben

Ziele

·       Aktivierung örtlicher Potenziale, Hilfe zur Selbsthilfe

·       Entwicklung von Bürgerbewusstsein für den Stadtteil,

·       Schaffung selbsttragender Bewohnerorganisationen und stabiler nachbarschaftlicher sozialer Netze

 

Lokale Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung

Ziele

·       Stärkung der lokalen Wirtschaft,

·       Schaffung und Sicherung von örtlichen Arbeitsplätzen und Beschäftigungsangeboten,

·       Qualifizierung der Arbeitsuchenden.

 

Quartierzentren

Ziele:

·       Stärkung der Nahversorgung,

·       Herausbildung der Zentren als Kristallisationspunkte für das städtische Leben.

 

Soziale, kulturelle, bildungs- und freizeitbezogene Infrastruktur

Ziel:

·       Verbesserung des Infrastrukturangebotes im Interesse des sozialen Ausgleichs.

 

Wohnen

Ziele:

·       Verbesserung des Wohnwertes der Wohnungen, Modernisierung, Instandsetzung, Umbau und ergänzender Neubau,

·       Sicherung preiswerten Wohnraums, (einschließlich von Belegungsrechten für Haushalte, die sich nicht selbst auf dem Wohnungsmarkt versorgen können)

·       Schutz der Bewohner vor Verdrängung

·       Erhalt (bzw. Wiederherstellung) gemischter Bewohnerstrukturen

·       Unterstützung aktiver Nachbarschaften

·       Stärkung der Identifikation der Mieter mit Wohnung und Wohnumfeld

 

Wohnumfeld und Ökologie

Ziele:

·       Verbesserung des Wohnwertes durch Aufwertung des Wohnumfeldes,

·       bessere Nutzung und bessere Gestaltung von Freiflächen,

·       mehr Sicherheit und Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum,

·       bewusstere Berücksichtigung ökologischer Erfordernisse.

 

 

Quelle: Bauministerkonferenz 2005 (ehemals ARGEBAU): „Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative Soziale Stadt“

Abbildung 3: Aufgabenbereiche und Organisation von Quartiermanagement

 

 


 

 

Quelle: Franke/Grimm, Quartiermanagement, S. 5

 


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