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Seminararbeit
Philosophie

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Gut, Reiter, SS 2012

Sophie E. ©
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ID# 36155







Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Der Tod aus den Augen von Kindern

Seminararbeit


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wie viel können Kinder verstehen

2.1. Hier stellt sich jedoch auch die Frage, was bedeutet verstehen?

3. Der Umgang mit dem Tod von Kleinkindern bis Jugendliche

3.1. Kleinkinder

3.2. Vorschulalter

3.3. Fünf – bis neunjährige Kinder

3.4. Zehnjährige und ältere Kinder9

3.5. Jugendliche

4. Trauer

4.1. Die fünf-phasige Konzeption von E. Kübler – Ross

5. Schluss


1. Einleitung

Der Tod ist keineswegs ein Ereignis, das am Ende unseres Lebens eintrifft, sondern ein stetiger Begleiter und Teil unseres Lebens. Kinder hören über den Tod in Unterhaltungen, Medien und Liedern; sie begegnen ihm in der Pflanzenwelt, Tierwelt, in der Familie, Schule oder Freunden.  Dennoch ist der Großteil der Erwachsenen der Meinung, dass Kinder generell zu jung sind um Fragen über den Tod zu stellen oder darüber nachzudenken.

Um die kindliche Unschuld vor unnötigen Schmerz zu schützen werden diesen Fragen aus dem Weg gegangen oder Kinder werden auf eine spätere Antwort vertröstet.

„Heiter, fröhlich und unbelastet – so sollten kindliche Gemüter als Hoffnungsträger für eine bessere Welt idealerweise gestimmt sein.“ 1


Doch Kinder sind dieser Realität bewusster als Erwachsene annehmen, sie haben je nach Alter und Entwicklungsstand verschiedenste Vorstellungen, wie der Tod aussehen mag. Ist es möglich, dass wir Erwachsene und Eltern den Kindern Scheu und Furcht vor dem Tode unbewusst anerziehen, weil wir selbst vermeiden wollen, über diese unausweichliche Wirklichkeit nachzudenken? Mit Sicherheit.

Die Rätselhaftigkeit des Verschwindens oder der Bewegungslosigkeit sollte in jedem Fall vom Erwachsenen erklärt werden, wenn ein Kind fragt.

Manchmal sind die Fragen nicht direkt, sondern durch unklare Ängste gezeichnet. Begriffe wie Feuerbestattung in den Augen eines Kindes mag oft unerklärlich sein, da uns von klein auf anerzogen wird, dass Feuer ein gefährliches und furchteinflößendes Element ist. Selbst viele Erwachsene wissen den hygienischen Hintergrund der Leichenverbrennung um Infektionen zu verhindern nicht.

Ebenso die Redensart: „…Radieschen von unten sehen.“ erklärt manch „Unarten“ von Kindern Pflanzen mitsamt ihrer Wurzel auszurupfen, um nachzusehen ob möglicherweise der liebe Opa unterhalb der Pflanze liegt und die Wurzel tatsächlich von unten sieht.


2. Wie viel können Kinder verstehen?


Dies ist individuell und hängt vom Entwicklungsstand des Kindes, Art des Todes und der emotionalen Nähe des Toten ab.

Ein Ãœberangebot von Informationen, die das Kind nicht verarbeiten kann ist hier nicht ratsam, man sollte durch Fragen und gemeinsamen Nachdenken die bereits vorhandenen Vorstellungen ertasten und korrigieren.

Es gibt auch keine allgemeine Regel, wie man Kinder den Tod eines geliebten Menschen erklärt. Aber auf alle Fälle gilt, es nicht zu verschweigen oder zu sagen, dass es dies sowieso nicht verstehe. Auch Kinder haben ein Recht zu trauern und Anteilnahme zu zeigen wenn ein geliebter Mensch verstorben ist.

Es ist auch nicht hilfreicher, wenn man Märchen oder Fiktion zur Erklärung des Todes heranzieht, die in späterer Zeit wieder zurückgenommen werden muss. Vor allem aber sollte man die Individualität des Kindes mit seiner eigenen Ansicht über den Tod respektieren und helfen es zu verstehen.


1 Martina Plieth; „Kind und Tod“; Verlag Neukirchener, 3. Auflage 2007, Seite 103                      

2.1. Hier stellt sich jedoch auch die Frage, was bedeutet verstehen?


Verstehen bedeutet im Allgemeinen den Sinn der Dinge zu erkennen.

Verstehen ist nicht durch Sinne wahrnehmbar, das heißt es ist kein natürlicher oder empirischer Gegenstand.

Kann man Dinge verstehen, wenn sie einem erklärt werden oder gezeigt werden oder muss man sie erleben um sie wirklich zu verstehen?

Kann man etwas nur wirklich verstehen, wenn man es schon einmal erlebt hat, das heißt das Gefühl erlebt hat wie groß der Schmerz einer Trennung ist, wenn man von einem geliebten Menschen getrennt worden ist?


Man kann meiner Meinung nach keinem Kind oder Menschen erklären, wie es sein wird ohne Oma zu leben, weil man sich in die Beziehung zum Verstorbenen nicht reinfühlen kann und daher auch nicht verstehen kann. Für mich ist es klar, dass ich etwas emotionales nur wirklich verstehen kann, wenn ich es selbst schon einmal erlebt habe. Dinge die ich noch nicht erlebt habe, kann ich auch nur versuchen zu verstehen aber nicht wahrhaftig verstehen.


3. Der Umgang mit dem Tod von Kleinkindern bis Jugendliche


3.1. Kleinkinder


Kleinkinder können sich unter dem Begriff Tod noch nichts vorstellen, jedoch reagieren sie deutlich auf einen Verlust. Dies kann sich durch Reizbarkeit, Abweichungen im Schrei- und Essverhalten und mit Darm- und Blasenstörungen äußern.

Die größte Furcht eines Kleinkindes ist verlassen zu werden.


3.2. Vorschulalter


Noch im Vorschulalter spielt die Angst verlassen zu werden noch immer eine zentrale Rolle.

Sie stellen sich fragen wie, „ Was ist der Tod?“, „Wodurch sterben Menschen?“, „Was passiert mit den Menschen, wenn sie sterben?“; „Wohin gehen sie?“

Kinder in diesem Alter glauben meist nicht, dass der Tod etwas Endgültiges ist.

Oft wird es mit einer Reise aus der man wieder zurückkommt oder Schlaf aus dem man wieder erwacht verglichen.


3.3. Fünf – bis neunjährige Kinder


Da Kinder im Normalfall schon einige Erfahrung gemacht haben, sind sie eher imstande die physikalische Bedeutung des Todes zu verstehen. Es ist etwas Endgültiges für sie und sie lernen zu verstehen dass alle Lebewesen sterben werden. Häufig wird in diesem Alter der Tod personifiziert, wobei das kulturelle und soziale Umfeld eine große Rolle spielt.                                                                                 

Folgend zeige ich verschiedene Zeichnungen im Alter von 8 bis 10 jährigen Kindern und wie sie den Tod sehen.


„Martina, 9 Jahre


Wenn ich auch mal sterbe, aber mein Herz stirbt dann nicht.

Weil immer im Herzen alles gut ist.

Und im Himmel ist auch alles gut.“


2


Martina sieht das Leben spiral- oder schneckenförmig. Wie man sieht hat sie für das höhere Alter einen Krückstock dazu gezeichnet. Das Herz spielt hier auch eine große Rolle und es endet für sie nicht im Sarg, für sie lebt das Herz weiter – die Seele.

Tod scheint für sie nicht etwas Schreckliches zu sein, sondern etwas was zum Leben dazugehört.


2 Tobias Brocher, „ Wenn Kinder trauern“; Kreuz Verlag Zürich, 2. Auflage 1981; Seite 18 und 19



Wenn ich ins Grab falle, denke ich,

dass ich in tausend Fetzen zerfalle.“


3


Diese Vorstellung vom Tod scheint viel gewaltsamer zu sein. Woher ihre Vorstellung stammt, weiß man nicht, aber es kann von Bildern des Krieges stammen. Es erinnert an Granaten und Bomben, die den Menschen in Fetzen reißen.


3 Tobias Brocher, „ Wenn Kinder trauern“; Kreuz Verlag Zürich, 2. Auflage 1981; Seite 26 und 27


„ V., 9 Jahre


Ich möchte nicht sterben, weil der Tod nicht schön ist.

Aber weil alle Menschen sterben, stelle ich mir ein Paradies vor.“


4


Ihre Tröstung mit dem Paradies, nimmt ihr die Angst vor dem Tod. Es gibt zu Essen, Pflanzen, ihren Hasen, das Pferd, Schlittschuhe, Spielzeug und alles wird von der geliebten Sonne überstrahlt.





4 Tobias Brocher, „ Wenn Kinder trauern“; Kreuz Verlag Zürich, 2. Auflage 1981; Seite 34 und 35

„Dörte K.; 9 Jahre


Ich stelle mir vor, dass ich auf einem Regenbogen

in den Himmel klettere –

und dass der liebe Gott mich in ein Baby verwandelt –

und dass ich wieder zur Welt komme,

und immer so weiter, dass ich immer bessere Leben habe.

Wenn ich das hundertmal gemacht habe, fängt alles von vorne an.“


5


Dörte bezieht sich auf den Karma-Glauben, von dem sie möglicherweise aber noch nie etwas gehört hat.

Sie glaubt, dass ihre Seele ewig weiterleben wird und dass es einen endlosen Kreislauf gibt. In der Zeichnung kann man erkennen, dass der Regenbogen als Brücke für den Weg in den Himmel dargestellt wird.





5 Tobias Brocher, „ Wenn Kinder trauern“; Kreuz Verlag Zürich, 2. Auflage 1981; Seite 42 und 43


3.4. Zehnjährige und ältere Kinder


Kinder in diesem Alter haben bereits realistischere Vorstellungen die den Tod betreffen und auch einen besseren biologischen Einblick. Wie Kinder ihren Schmerz bearbeiten hängt vom entgegenkommen der Familie und Freunde ab.

Die Trennung von Leib und Seele ist ab diesem Alter relevant, da er als Trostfaktor fungieren kann.

Je mehr sie ermutigt werden, den Schmerz mit ihnen zu teilen umso leichter können sie den Verlust bearbeiten.


3.5. Jugendliche


Im Gegensatz zu jüngeren befinden sich Jugendliche in einer völlig anderen Situation. Körperlicher Wachstum, Sexualität, Selbstunsicherheit und Ängste lassen fühlen dass die Kindheit zu Ende geht.

Daher ist die Selbstmordphantasie sehr stark ausgeprägt, das gleichsam das Sterben des Kindes enthält.

Das große Interesse an Sterben und Tod bei Jugendlichen zeigt sich auch im vermehrten Missbrauch von Drogen und Alkohol.


4. Trauer


Die Art und die Dauer der Trauer werden durch unterschiedliche Faktoren bestimmt, die individuell als auch gesellschaftlich vermittelt werden. Bewusstes Abschiednehmen erfolgt.

Auch Kinder trauern und man darf ihnen dieses Recht nicht vorenthalten. Kummer und Leid sollte ebenso gezeigt werden wie Glück und Freude.

Jede Trauerreaktion mit ihren einzelnen Etappen ist ein Vorgang personaler und persönlicher Wandlung, der zwar beispielhaft als mögliches Verhaltensmuster aufgefasst werden kann, aber nicht verabsolutiert werden darf. 6


Eltern prägen die Einstellung ihrer Kinder und es ist auch verständlich dass sie sie vor Kummer und Schmerz schützen möchten, jedoch gehören traumatische Ereignisse sowohl zur Kindheit als auch zum Erwachsen werden.

Viele Kinder wirken unberührt, weil sie eine Abwehrhaltung aufbauen.


Die Reaktionen auf Schmerz sind unterschiedlich, manche Kinder erwähnen den Verstorbenen überhaupt nicht hingegen andere von nichts anderem sprechen.


6 Martina Plieth; „Kind und Tod“; Verlag Neukirchener, 3. Auflage 2007, Seite 102

 „Zeig, wie erwachsen du bist. Sei tapfer. Weine nicht“7


Wie kann ein Kind zeigen, dass es erwachsen ist, wenn es noch ein Kind ist?

I

Ist man erwachsen, wenn man nicht mehr weint und tapfer ist?

Körperliche Kraft bedeutet nicht, dass sie auch mental stärker sind als Kinder.

Auch ist weinen menschlich, ob es aus Freude oder Trauer ist, tun es Menschen in jedem Alter.

Dieses Zitat zeigt meiner Meinung nach, wie unfähig manche Eltern mit Erklärungen umgehen. Sie versuchen ihren Kindern nicht annähernd Trauer näherzubringen. Sondern sagen sinn- und nutzlose Sätze wie diesen.


Nichts desto trotz können keine hierarchische Stufungen vorgenommen werden, wie ein Kind trauert.

Es gibt mögliche Phasenkonstellationen, die nicht zeigen wie Kinder richtig oder falsch trauern, dass es ohnehin nicht gibt, sondern eine mögliche Darstellung von Trauerverarbeitung.



ist ein Trauer – Modell auf Kinder bezogen. In den Einzelphasen um subjektive Erfahrungen mit Verlust und Trennung, mit der die Furcht vor Vernichtung (Auslöschung des eigenen Ichs) einhergeht.


Phase 1: Nicht – Wahrhaben – Wollen

Phase 2: Zorn

Phase 3: Verhandeln

Phase 4: Depression bzw. Resignation

Phase 5: Zustimmung bzw. Annahme            8                                


In der ersten kurzen Phase des Nicht-Wahrhaben- Wollens verweigern Kinder oft Verhaltensweisen. Es kann zum sogenannten Ausraster kommen, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Ebenso sind Ess – und Schlafstörungen mögliche Begleitphänomene dieser Phase. Übertreibung und frühkindliche Verhaltensweisen erwecken den Eindruck, dass Kinder in einer anderen Welt sind.


7 Earl A. Grollman; „Mit Kindern über den Tod sprechen“,Verlag Neukirchener, 4. Auflage 2004,  Seite 55

8 Martina Plieth; „Kind und Tod“; Verlag Neukirchener, 3. Auflage 2007, Seite 105

 „ Der fünfjährige Johannes – Christof machte sich große Sorgen darüber, was wohl sein würde, wenn seine Eltern beide auf einmal bei einem Autounfall ums Leben kommen sollten. Er fragte immer wieder, was dann geschähe, und wollte wissen, wer wohl ins Haus käme. Sein Vater beruhigte ihn, indem er darauf verwies, dass die Patentante auf jeden Fall da sein würde.

Johannes – Christof nahm dies zunächst gleichmütig auf und reagierte dann mit einer erneuten Frage; er wollte ganz genau wissen, ob die Patentante auch in der Lage sei, Kakao zu kochen. Als die diesbezügliche Auskunft positiv ausfiel, war der Junge beruhigt.“ 9




„ Anke war fünf Jahre alt, als ihre Katze weggegeben werden musste; die Hauswirtin hatte das so verfügt, weil das Tier angeblich in der Nacht Lärm auf dem Garagenvordach gemacht hatte. – Wochen nach diesem kränkenden und schmerzverursachenden Vorgang erscheint die kleine Katzenliebhaberin mit triumphierenden Ausdruck auf dem Gesicht in der Küche und erzählte ihrer Mutter stolz: `Ich weiß, was ich tu.

Die Frau W. soll Fahrrad fahren. Und dann fällt sie um. Und dann ist sie tot.`“ 10  


Im Verhandeln, der dritten Phase, erweisen sich Kinder überaus geschickt und erfindungsreich. Sie suchen Lösungen um Tode wieder unter die Lebenden zu holen durch magische und mythologische Versuche, aber auch Wunderglaube oder Zauberei. Die Bereitschaft sich zu opfern, wie in gängigen Märchen spielt hier eine große Rolle.



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