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Seminararbeit
Soziologie

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

2009/2010

Esther P. ©
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ID# 2283







KRISLAND

Wie das Bankensystem einer kleinen Ökonomie im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise kollabieren konnte

Hausarbeit im Rahmen des Seminars

„Ökonomie der Entwicklungsländer: Internationales Finanzsystem und Verschuldung“

Von Univ.-Lektor Mag. Dr. Karl A. Kumpfmüller MA

Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte

im SS 2010


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Masterstudium Soziologie

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 2

1.1. Island – eine kurze Einführung in das Land aus Eis und Feuer 3

2. Vorbedingungen für die isländische Finanzkrise 5

2.1. Selbstüberschätzung als primäre Ursache für Aufstand und Niedergangs eines Landes? 5

2.2. Einführung in die Geschichte des isländischen Wirtschaftsystem 5

3. Die Isländische Finanzkrise 7

3.1. Aufstieg und Fall des isländischen Bankensektors 7

3.2. Carry Trade - das riskante Spiel mit der isländischen Währung 8

3.3. Island schmilzt 9

3.4. Chronologie der Ereignisse 10

3.5. Islands Regierung und ihr Versagen 11

3.6. Die IceSave – Geschäfte 12

4. Abschließende Schlussbemerkung 13

5. Literaturverzeichnis 14


1. Einleitung


„Island ist ein kleines Land, das einfach keine Ruhe geben will: Erst die Finanzkrise, jetzt der Vulkanausbruch. Bleibt die bange Frage, was der Isländer als nächstes plant.“

Diese etwas provokanten Schlagworte wurden von Matthias Wulff am 17. April 2010 in der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ verfasst. Ohne Zweifel – über Island wurde in den letzten zwei Jahren vor allem aufgrund zwei Großereignissen vermehrt berichtet: Die Finanzkrise und der Vulkanausbruch haben dem Land viele (auch negative) Schlagzeilen beschert.

Davor konnte man aus der nördlichen Atlantikinsel jedoch stets Positives vernehmen: die 320 000 Einwohner konnte auf eine sehr hohe Lebensqualität, auf eine enorme Künstler-, Schriftsteller- und Musikerdichte, auf ein überdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen und auf das älteste durchgehend, tagende Parlament, das Althing, verweisen.

International hatten die Isländer einen Status einer gut ausgebildeten, jungen, mutigen und egalitären Bevölkerung. IsländerInnen gelten als sehr erfinderisch und einfallsreich, was beispielsweise die Nützung der eigenen vorhandenen Naturressourcen betrifft, die dem Land u.a. eine autarke Elektrizitätserzeugung ermöglichen. Wichtige Faktoren, die die Isländer zu einem stolzen, selbstbewussten Volk gemacht haben.

Dieses Selbstbewusstsein und die Tatsache, dass die wirtschaftliche Situation des Landes so gut wie noch nie zuvor war, waren mitentscheidend für die zukünftigen und folgenreichen Entwicklungen im Finanzsektor. Isländische Unternehmen und Banken expandierten, die Investitionen im Inland verstärkten sich, die Erwerbstätigkeit war auf einem hohen Level, und die Isländer konnten sich viele Luxusgüter wie teure Urlaube und Immobilien aufgrund der starken isländischen Währung leisten.

Doch der Schein trug: die Bevölkerung lebte über ihre Verhältnisse, ihr Luxus wurde durch billige Fremdwährungskredite finanziert. Das Bankensystem war auf die zehnfache Größe der Wirtschaftsleistung des Landes angewachsen. Hohe Renditen für Auslandsinvestoren lockten Hedge-Fonds, die voraussahen, dass das System bald kollabieren könnte. Sie haben den Aktienmarkt leerverkauft, und den fragilen Markt weiter destabilisiert.

Die gesamte Wirtschaft drohte in sich zusammenzufallen, doch die isländische Regierung wartete ab, sie war zu stolz um Hilfe beim internationalen Währungsfonds anzusuchen. Schließlich mussten die isländischen Banken mit einem Notfallgesetz verstaatlicht werden, um die gesamte Volkswirtschaft vor noch größerem Schaden zu bewahren und noch Geld der SteuerzahlerInnen retten zu können.

Doch diese Maßnahme traf zum Teil schon zu spät ein: Island war zuvor mit sogenannten IceSave-Konten in Großbritannien tätig. Für hunderttausende BritInnen waren die hohen Zinsen auf Sparkonten verlockend. Im Zuge der Finanzkrise sah sich die britische Regierung gezwungen, die Geldeinlagen zu sichern. Mithilfe eines Anti-Terrorgesetzes wurden die Konten der isländischen Privatkunden und Unternehmen eingefroren.

Die isländische Bevölkerung war wütend, einerseits auf die britische Regierung, die die friedlichen IsländerInnen als TerroristInnen abstempelte, anderseits auf die eigenen BankmanagerInnen, die hochriskante Geschäfte am Finanzsektor getätigt hatten. Erstmalig in der Geschichte Islands gingen die Leute auf die Straße und demonstrierten.

Man versucht nun, den Finanzskandal aufzuarbeiten und Verantwortliche vor Gericht zu stellen. Die BewohnerInnen selbst wollen sich auf ihre eigentlichen Werte zurückzubesinnen: „Die Isländer müssen HYPERLINK " \t "_blank" zurück zu ihren Ursprüngen, sich auf HYPERLINK " \t "_blank" Fisch- und Schafszucht spezialisieren, um ihr Land wieder aus dem Schlamassel zu holen.“

Anschließend wird der systemtische Untergang des Bankensystems herausgearbeitet und versucht Mitverantwortliche der Finanzkrise aufzuzeigen.

1.1. Island – eine kurze Einführung in das Land aus Feuer und Eis

Erstmalig besiedelt wurde das Land von norwegischen und keltischen EinwanderInnen im 9. und 10. Jahrhundert. Über 300 Jahre war Island unabhängig, bis es von Norwegern und Dänen wiederbesetzt wurde. Erst 1944 hat der Inselstaat eine völlige Unabhängigkeit erhalten.

Derzeit wohnen ca. 320 000 EinwohnerInnen auf der Atlantikinsel, wobei sich die Zahl in den letzten zwei Jahren verringerte, was sich vor allem durch die Rückwanderung der osteuropäischen Immigranten erklären lässt. Eine hohe Alphabetisierungsrate, eine hohe Lebenserwartung, und eine soziale Kohäsion unter den Isländern sind weltweit beispielhaft.

Islands Wirtschaft ist geprägt durch das skandinavische Modell einer sozialen Marktwirtschaft mit kapitalistischen und „freien- Markt-Prinzipien“ mit einem ausgeprägten Wohlfahrtssystem. Vor der Finanzkrise 2008 konnte das Land hohe Wachstumsraten, niedrige Arbeitslosenzahlen und ein hohes Volkseinkommen verzeichnen. Die wichtigsten Exportgüter sind Fisch und Fischprodukte, Aluminium und Ferrosilicon.

In den letzten Jahren hat sich eine Spezialisierung des Dienstleistungssektors und Informationssektors herausgebildet. Viele Unternehmen sind im Bereich Software-Produktion, Biotechnologie und Tourismus tätig. Geothermalische Energiequellen und Wasserkraft sind wichtigste Bestandteile in der Stromerzeugung.

Betrachtet man wichtige makroökonomische Werte zeigen sich seit Beginn der Wirtschaftskrise folgende Auffälligkeiten:

Die Inflationsrate (Abb.2), die in Island schon immer großen Schwankungen

aufgrund der Exportabhängigkeit ausgesetzt war, erreichte im Jahr 2009 aufgrund der Finanzkrise und der massiven Währungsabwertung ihren Höhepunkt mit beinahe 20 Prozent. Mittlerweile ist die Inflationsrate gesunken, beträgt jedoch noch immer fast 8%.

Auch die Arbeitslosigkeit hat sich im Zuge der Krise stark erhöht.

Im zweiten Quartal 2009 erreichte man am isländischen Statistikamt

einen Wert von fast 10 %, was für isländische Verhältnisse beträchtlich

ist. Mittlerweile hat sich die Wirtschaft wieder etwas erholt. Einige ehemalige Bankangestellte, die ihren Job während der Krise verloren haben, sind nun als ReiseführerInnen tätig. (vgl. Gros/Sagmeister 2010)

Generell war Islands Erwerbsquote schon immer sehr hoch, der Anteil an jüngeren und älteren Personen, sowie Frauen an der gesamten Erwerbstätigkeit ist vorbildhaft. (vgl. Jónsson 2009, Gros/Sagmeister 2010)

Wirft man also einen allgemeinen Blick auf die Wirtschaftsentwicklung

des Staates, so lässt sich sagen, dass diese bis 2000 durchaus stabil war.

Doch ab 2001 kam es zu ersten Überhitzungserscheinungen, das ganze

Finanzsystem wurde nach und nach unbeständiger bis es 2008 seinen Tiefpunkt erreichte. Doch wie kam es dazu, welche Determinanten waren mitentscheidend für diese Krise? Will man diese Fragen beantworten, muss man einerseits einen Blick in das Gesellschaftssystem und in die Gesellschaftsstruktur des nordischen Volkes, und andererseits in die Verhältnisse und Entwicklungen der Wirtschaftsstruktur werfen.

2.1. Selbstüberschätzung als primäre Ursache für Aufstand und Niedergangs eines Landes?

Die isländische Gesellschaft mit ihren Ansichten und Einstellungen hat mit der amerikanischen einiges gemeinsam: Egalität, Selbstvertrauen und Mut sind Wertvorstellungen, die man mit den amerikanischen durchaus vergleichen könnte. Selbst Skandinavier, die einstigen Gründerväter Islands, sehen in den IsländerInnen kindliche Naivität und Selbstüberschätzung.

Disziplin, Planung und Detailgenauigkeit ist für Isländer ein Fremdwort. (vgl. Jónsson 2009: 11 f.) Laut dem Chefvolkswirt der isländischen „Kaupthing“ Bank Ásgeir Jónsson sind findet man eine Erklärung für die Finanz – und Wirtschaftskrise Islands 2008- 2010 in der eigenen Selbstüberschätzung. War es vor 1000 Jahren der Wille nach Autonomie von der dänischen und englischen Kolonialherrschaft, ist es heute die „Gier nach Finanzgewinnen im Ausland“. (Jónsson 2009: 18) In den Jahren des Wirtschaftsbooms 2003-2005, stieß man in einer kleinen Ökonomie wie Island schnell an seine Grenzen, der Siedepunkt war erreicht, die Arbeitslosenquote lag bei einem Prozent, es gab kaum Chancen auf weiteres Wachstum.

2.2. Einführung in die Geschichte des isländischen Wirtschaftsystems

Island konnte im Verlauf des 20. Jahrhunderts einige Bankgründungen verzeichnen: Die Geburt der „Islandsbanki“ 1904 (eine halb - staatliche Bank) war der Startschuss für den internationalen Handel. Nun hatte man Zugang zu ausländischen Kapital und konnte in den Fischereisektor investieren, der lange Zeit die wichtigste Wirtschaftsbranche des Landes war. 1930 musste die Bank jedoch aufgrund erster Schwierigkeiten, u. a. auch durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöst, voll verstaatlicht werden.

Zu diesem Zeitpunkt standen bereits zwei Banken (Islandsbanki, nunmehr Fischereibank, und die Landesbanki - die Zentralbank) unter staatlicher Führung. Ein drittes Finanzinstitut wurde von der Regierung 1932 gegründet – die Agrarbank. In den frühen 50iger und 60iger Jahren folgten zwei weitere: eine Industriebank und eine Geschäftsbank. Diese Neugründungen hatten zur Folge, dass isländische Bankangestellte 1990 bereits die größte Quote der ArbeitnehmerInnen in ganz Skandinavien ausmachten. (vgl. Jónsson 2009: 20 ff.) In dieser Zeit findet man auch die Entwicklung von Privatisierungen und Liberalisierung des isländischen Finanzmarktes, die durch den Thatcherismus der 70iger Jahre beeinflusst war.

Die in Island vorherrschende Bevölkerungsstruktur - eine hohe Geburtenrate - und ein daraus resultierendes, hohes Angebot an Arbeitskräften konnte zu einem soliden Wirtschaftswachstum führen. Die potenziellen Erwerbsbeteiligten erhielten eine fundierte Ausbildung und konnte somit effizient eingesetzt werden. Aus diesen Entwicklungen heraus ergaben sich niedrige Arbeitslosenzahlen, viel Arbeitseinsatz (oftmals mehr als 50 Stunden pro Woche) und eine hohe Erwerbsquote an Frauen, Jugendlichen und über 50-jährigen. (vgl. Jónsson 2009: 31 f.) Die Regierung konnte durch eine strikte Steuerpolitik und durch neues vielversprechendes Wachstum die Auslandsschulden bis 2005 praktisch begleichen. (vgl. Abb.4) 2007 wird Island mit einem HDI Wert von 0,968 zum best-entwickelten Land „gekürt“: nirgendwo waren die Werte für Bildung, Pro - Kopf Einkommen und Lebenserwartung so hoch wie hier.

Viele Faktoren, die dafür sprachen, dem Land zu einem Triple-A-Bankenrating zu verhelfen. (vgl. Gros/Sagmeister 2010: 85 ff.) Das zu dem Zeitpunkt unter starren Wirtschaftsverhältnissen („Eurosklerose“) leidende Deutschland war es dann, das Island bereitwillig Kredite ausstellte. Die deutschen SparerInnen haben im letzten Jahrzehnt einen Großteil von Europas Banken mitfinanziert.

3. Die Isländische Finanzkrise

3.1. Aufstieg und Fall des isländischen Bankensektors

Die Gründung der isländischen Bank „Kaupthing“ 1982 war ein weiterer Schritt in Richtung Internationalisierung des Kapital – und Finanzmarktes. Die neue Investmentbank war auch mitverantwortlich für die Börsenerrichtung in Reykjavik, die 1986 ihren Betrieb aufnahm. Die Bank konnte innerhalb kürzester Zeit in den europäischen Aktienhandel einsteigen und seine Filialen expandieren. 2002 wollte auch die isländische Regierung diesen Weg des globalen Aktienhandels einschlagen und rief zum Verkauf ihrer Anteile der verbleibenden zwei Staatsbanken auf.

Nach diversen Fusionen blieben schließlich drei Großbanken übrig: Die Kaupthing, die Bunadarbanki (die Agrarbank) und die Landesbanki, welche fortan extensives Investmentbanking und internationale Expansion am europäischen Markt betrieben. Die Isländer waren mit dieser Strategie über Jahre hinweg höchst erfolgreich, sie gründeten Brokerhäuser in Finanzzentren wie New York, der Schweiz oder auch in Kopenhagen und Stockholm. (vgl. Jónsson 2009: 36 ff.)

Die Strategien und Geschäftsmodelle der Betriebe war zunächst sehr erfolgreich: sie konnten hohe Renditen an Aktionäre auszahlen und neue, gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen. (vgl. Jónsson 2009: 68) In der Zeit zwischen 2005 und 2007 machten „Finanzanlagen rund 85 Prozent der Marktkapitalisierung der ICEX-15 [die isländische Börse – Anmerkung der Verfasserin] aus.“ Langsam begann die Wirtschaft eine Blase zu bilden, da u.a. die Marktkapitalisierung der Börse „Mitte 2007 das Dreifache des BIP“ betrug. (Jónsson 2009: 69)

Ähnliche Beispiele, die man auf isländische Verhältnisse übertragen könnte, gab es auch in den frühen 80iger Jahren in den USA, und in den späten 80igern und frühen 90iger Jahren in Skandinavien, als das Bankensystem dereguliert wurde. Die Rolle der Regierung ist dabei ambivalent: einerseits gibt sie explizite und implizite Garantien, also haftet im Grunde für die Banken, andererseits kontrolliert sie ihre Aktivitäten kaum.

Durch diese Garantien können Banken riesige Aktienfonds ansammeln und dadurch entsteht eine Spekulationsblase.(vgl. Daniellson/Zoega 2009: 4)

Die Aktiva der Banken waren zwischenzeitlich 9-mal so groß wie das jährliche BIP (Ende 2007). Nun lief man jedoch Gefahr, dass diese Kredite niemals alle getilgt werden können, was im Februar 2006 erstmals auch international für Aufsehen sorgte. Es stellte sich jedoch heraus, dass das nur eine Vorwarnung für den Verlauf der späteren Spekulationsblase war: „der globale Liquiditätsüberschuss“ hielt zu dem Zeitpunkt „noch ein weiteres Jahr“ an. (Jónsson 2009: 62)

Anders als der Volkswirt Ásgeir Jónsson, der im Bankenzusammenbruch vor allem auch internationale SpekulantInnen zur Erklärung heranzieht, sehen die beiden Ökonomen Jon Daniellson und Gylfi Zoega in dem Artikel „The collapse of a country“ drei Hauptursachen: 1. Haben Islands Banken nicht die ausreichende Erfahrung eines Bankenlandes wie beispielsweise die Schweiz. 2. Gab es gewisse politische Interessen, als der Bankensektor privatisiert wurde, und 3. Wurde wenig bis keine Kontrolle von den zuständigen Behörden wie etwa der Finanzmarktaufsicht ausgeübt.

3.2. Carry Trade - das riskante Spiel mit der isländischen Währung

Ende 2005 musste die isländische Zentralbank die Leitzinssätze stark erhöhen, (nämlich auf 10,5%) um die von der Kauphting-Bank verursachte Inflation zu bekämpfen. Dazu muss man wissen, dass die Bank in den Hypothekenmarkt eingestiegen war und sich damit Immobilienpreise stark erhöhten.

Außerdem sind in der isländischen Konsumpreisindex-Berechnung Wohnungskosten besonders stark gewichtet sind, daher stieg auch das allgemeine Preisniveau. (vgl. Jónsson 2009: 55)

Die Leitzinserhöhung hatte mehrere Folgen für den Kapitalmarkt: Einerseits wurden inländische Kredite für die isländische Bevölkerung immens teuer, sodass sie auf Fremdwährungskredite umgestiegen sind - und hierfür zum Teil nur niedrige Zinsen zahlen mussten. Andererseits lockten die hohen Zinsen ausländische Investoren mit ihrem Kapital an, was schlussendlich zu einem Carry Trade führte.

Dieses funktioniert nach folgender vereinfachten Darstellung:von SpekulantInnen werden Kredite in Währungen mit sehr niedrigen Zinsen (z.B. Japanischer Yen oder Schweizer Franken) aufgenommen, mit diesem Geld investiert man in isländische Währung, für die man einen viel höheren Zinssatz als anderswo bekommt. Die Differenz aus Kredit und Investition ist der Gewinn, der bei dieser Veranlagung groß und sehr verlockend sein kann. (vgl. Gros/Sagmeister 2010: 86 ff.) Das Endergebnis war eine hohe Nachfrage nach isländischen Anleihen vor allem von Privatpersonen, wie etwa „belgische Zahnärzte und italienische Witwen“, die keine „Ahnung von Wechselkursrisiken hatten, (…) aber gierig auf isländische Zinssätze (waren).“ (Jónsson 2009: 56) Zwischenzeitlich wurden die „hot money inflows“ auf ca. 50 % des BIP geschätzt.

3.3. Island schmilzt

2006 erlitten diese Finanztransaktionen mit der Geysir-Krise bereits erste Rückschläge: die isländische Währung wurde um 10 Prozent abgewertet, wodurch Hedge-Fonds große Verluste erzielten und sich aus dem Markt zurückgezogen hatten. Wie kamen die verschuldeten isländischen Banken nun zu ihrem Geld? Sie haben sich auf Retail-Funding konzentriert: Über Online-Spargeschäfte haben sie neue KundInnen erworben und neue Märkte auf dem europäischen Kontinent erschließen können.

Diese sogenannten IceSave-Konten versprachen hohe Zinsen und waren damit vor allem in Großbritannien und den Niederlanden sehr beliebt. (vgl. Gros/Sagmeister 2010: 89) Am europäischen Markt machte man sich große Sorgen über dieses Retail-Funding: Die IceSave-Konten wurden mit staatlicher Einlagensicherung angehoben, daher befürchtete man im Krisenfall, dass die Regierung diese Garantien vielleicht nicht gewähren könnte.

Die Spareinlagen im September 2008 betrugen immerhin 95% des BIPs von Island. (ca. 6,5 Mrd. Pfund Sterling) Auch Österreichs Banken haben in Summe rund drei Milliarden Euro in Island veranlagt, wovon die Hälfte bis zum heutigen Zeitpunkt noch offen ist. Immerhin haben die rund 300 PrivatkundInnen aus Österreich ihre Ersparnisse nach dem Bankencrash zurückerstattet bekommen. (vgl. Pfluger 2010)


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