Aufgabe 8. Dezember
(3) Was ist Hobbes´ Begründung für den
Satz: die Natur hat jedem ein Recht auf alles gegeben?
Bei der Neustrukturierung von Staaten wie es momentan beispielsweise
im Irak geschieht, wird häufig die Frage diskutiert, welche Staats-
und Regierungsform die friedvollsten Lebensumstände gewähren kann.
Dabei spielt nach wie vor die Philosophie von Hobbes eine
wichtige Rolle, nach dem ein Zustand ohne Regierungsgewalt einen
Krieg aller gegen alle bedeuten würde. Dies erklärt er anhand eines
Menschenbildes welches er mitunter in dem Kapitel 1 „Vom Zustand
der Menschen außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft“ darstellt.
Hobbes behauptet, der Mensch würde den Willen haben Anderen zu
schaden, sei es um seinen Besitz und seine Freiheit zu verteidigen
oder sei es um seine Ehrsucht zu befriedigen.( S.80 Abs.4) Daher
würden die Menschen einander fürchten. Diese Furcht führt er zum
einen auf den allgemeinen Willen einander zu schaden zurück, zum
anderen darauf, dass die Menschen im Naturzustand, in welchem es
keinerlei Gesetze oder Vereinbarungen geben würde, gleich gestellt
wären und jeder jeden töten könnte. Aufgrund dieser Situation
müssten sich die Menschen im Naturzustand schützen um gut leben zu
können und die dafür nötigen Mittel erlangen und die dafür
erforderlichen Handlungen praktizieren. ( S.81 Abs. 7-8)
Die Behauptung, dass die Natur jedem ein Recht auf alles gegeben hat
begründet Hobbes mit der „natürlichen Notwendigkeit“ (S.81
Abs.7 Zeile 7 ), welche es einem jeden abverlangt sich selbst zu
schützen insofern, dass er sich selbst so viele Vorteile wie möglich
verschafft und Übel von sich abwendet. Dieses Handeln gemäß der
Notwendigkeit, welche so selbstverständlich ist wie jene „durch
welche ein Stein zu Boden fällt “ ( Hobbes Abs. 7 Zeile 9), ist
nach Hobbes vernünftig. Dieses vernünftige Handeln wiederum wird
nach Hobbes allgemein als Recht definiert : „Was aber nicht gegen
die rechte Vernunft geht, nennt jedermann richtig und mit Recht
gehandelt“ (Hobbes Abs.7 Zeile 14). Im Naturzustand handelt
folglich jeder rechtens, der versucht mit der Aneignung von Mitteln
den größtmöglichen Nutzen für sich zu gewinnen. Ob anderen dabei
Schaden zugefügt wird, spielt nach Hobbes bei der Frage nach Recht
oder Unrecht keine Rolle, da es im Naturzustand keine von Menschen
geschaffenen Gesetze oder Übereinkünfte darüber gibt, welche das
Handeln als Recht oder Unrecht definieren (S.83 Abs.9 ) .
Letztendlich kann nach Hobbes nur jeder für sich darüber
entscheiden ob sein Handeln richtig ist oder falsch, da nur jeder
selbst weiß auf welche Art er den größten Nutzen erlangen kann
(S.81 Abs. 9 ) . Da im Naturzustand, wie schon erwähnt alle Menschen
gleich sind, haben demnach alle das Recht sich aller Mittel zu
bedienen um ihre Ziele zu erreichen.
Beispiel für das Handeln im Naturzustand:
Person A versucht seine Ehrsucht zu befriedigen indem er seinen
Besitz vergrößert. Dafür möchte er sich den Besitz von Person B
aneignen. Person B versucht seinen Besitz vor Person A zu schützen
und muss sich dafür Mittel, wie beispielsweise eine Waffe, von
Person C beschaffen, um Person A gegebenenfalls zu erschießen. Weder
Person A noch Person B handeln dabei unrecht, da es kein von Menschen
geschaffenes Gesetz gibt, welches das Schaden der Person B durch A
oder das Schaden der Person C durch B verurteilt. Person A und B
handeln beide vernünftig, da es für Hobbes als natürliche
Notwendigkeit gilt seine Bedürfnisse zu befriedigen und sich selbst
vor Unheil zu schützen. Jedoch hält Hobbes das Handeln von Person A
für tadelnswerter, da jener aus „eitler Ehrsucht“ ( Hobbes Abs.
4 ) handelt, wohingegen Person B lediglich versucht sich zu
verteidigen : „Den Willen zu schaden haben im Naturzustand alle
Menschen; er entspringt jedoch nicht immer aus demselben Grunde und
ist nicht gleich tadelnswert. (...) Bei diesem entsteht der Wille zu
schaden aus eitler Ehrsucht und Überschätzung seiner Kraft; bei
jenem aus der Notwendigkeit, seinen Besitz und seine Freiheit gegen
den anderen zu verteidigen“ ( Hobbes S.80 Abs.4).
Mir stellt sich zu dem letzten Punkt die Frage, weshalb Hobbes eine
Unterscheidung zwischen den Handlungen von Person A und Person B
macht und dabei das Handeln von Person A als tadelswerter als das von
Person B beurteilt. Hobbes müsste für diese Unterscheidung eine
allgemein gültige Moral voraussetzen, welche es im Naturzustand
jedoch nicht gäbe, da jeder sein eigener Richter wäre, der über
richtig und falsch bestimmen könnte. Ist es demnach nicht
widersprüchlich dem Menschen eine „natürliche Notwendigkeit“,
die ihm dazu treibt seinen eigenen Nutzen zu maximieren,
vorauszusetzen und ihn andererseits dafür zu verurteilen, wenn er
diese verfolgt ? Nun möchte ich auf die Behauptung Hobbes :„die
Natur hat jedem ein Recht auf alles gegeben“ zurückzukommen.
Dieses Recht wäre jedoch selbst im Naturzustand nicht zulässig,
wenn es ein Einvernehmen über richtig und falsch geben würde.
Behauptet Hobbes nun also, dass bestimmte Handlungen zwar vernünftig,
jedoch allgemein als tadelnswert gelten würden, dann würde er
dieses Recht aufheben, da nun nicht mehr jeder selbst über Recht und
Unrecht entscheiden könnte, da es einen gemeinsamen Konsens darüber
gibt was Recht und was Unrecht ist. Dieser Konsens wäre zwar kein
von Menschen gemachtes Gesetz, jedoch eine natürliche Übereinkunft,
die Hobbes dann so wenig leugnen könnte wie die natürliche
Notwendigkeit.