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Was ist Giftmord?

Die Figur der Giftmischerin und der mit ihr verbundene Giftmordkomplex sind seit Jahrhunderten von großem Interesse für die Literatur. Ab 1734 begann der Jurist Gayot de Pitaval Fallgeschichten von Giftmischerinnen zu sammeln. Im Folgenden wird das Charakteristikum des Giftmordkomplexes um 1800 und sein Einfluss auf die Giftmischerinnen, die Michael Niehaus als „Viergespann“1 des Neuen Pitaval bezeichnet, näher beleuchtet.

2Der Giftmord ist gekennzeichnet durch das Fehlen einer offensichtlichen Gewalttat – er setzt lediglich eine Kausalkette in Gang, die die Tat unsichtbar werden lässt. Dies wiederum versetzt den Täter in eine Subjektposition; er tritt bloß als derjenige auf, der die Kausalkette in Schwingung versetzt.

Seiner Unsichtbarkeit wegen ist der Giftmord vor 1800 oftmals ein politisches und genealogisches Verbrechen. Erst im 19. Jahrhundert wird der Giftmord durch Obduktion und chemische Analyse nachweisbar. Der Wiederholungscharakter ist zentral für dieses Verbrechen und meint die mehrmalige Tötung mittels Gift.

Ebenfalls von Bedeutung sind die Verabreichung des Tötungsmittels in kleineren Dosen und der Experimentiercharakter dieses Verbrechens.

Bei der Darstellung des Giftmordkomplexes geht es Niehaus in weiterer Folge auch um die Verknüpfung zwischen dem Giftmord und der Wahrsagerei: „Wer Gift verabreicht, befindet sich in der Subjektposition dessen, der vorhersagen kann, denn er kann seine Prophezeiungen – die nichts als vergiftete Worte sind – selber wahr machen.“3

„Was das Wirken der Zwanziger charakterisiert, sind nicht die drei Vergiftungen mit zielgerichtet tödlichem Ausgang, sondern die zunehmenden Verabreichungen nicht tödlicher Dosen.“6

7Was Anna Margaretha Zwanziger und Gesche Gottfried gemein ist, ist die Verharmlosung ihrer Verbrechen, was als Beispiel für die bloße Ingangsetzung der Kausalkette dient. Dies ist auch der Grund dafür, dass sie ihre Schuld nicht einsehen. Ein dramatisches Bild, das einer Aufarbeitung bedarf, ist nicht vorhanden.

Es soll deutlich werden, dass alle Giftmischerinnen gleich funktionieren. Sie alle begehen mehrere Verbrechen mit Gift; sie alle bedienen sich eines unsichtbaren Mittels. Doch schlussendlich bleibt nicht nur das Mittel unsichtbar, denn auch das Motiv der Verbrecherinnen bleibt uns verborgen.


Giftmord-Komplex: Seite 2, Seite 4 (auch am Beispiel Brinvillier), Seite 4/5


Viergespann der Giftmischerinnen: Brinvillier (Erbschaftspulver, 135; Experimentiercharakter 136; feudal 139), Ursinus (bürgerlich) , Anna Margaretha Zwanziger (vlt mit Brinvillier, wollte ins Gutbürgerliche, wichtig: kleine Dosen Zitat 141), Gesche Gottfried


Zitat Nummer 4: Brinvillier kommt auf der Seite nicht vor. Ist das ein Problem?


1 Michael Niehaus: Schicksal sein. Giftmischerinnen in Falldarstellungen vom Pitaval bis zum Neuen Pitaval. In: IASL 31 (2006). S. 138.

2 Die folgenden Angaben beziehen sich auf: Niehaus: Schicksal sein. S. 134 und S. 136.

3 Ebd., S. 137.

4 Vgl. Ebd., S. 138.

5 Vgl. Ebd., S. 136.

6 Ebd., S. 141.

7 Die folgenden Angaben beziehen sich auf: Niehaus. Schicksal sein. S. 148.


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