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Erörterung
Geschichte / Historik

Gebrüder-Montgolfier Gymnasium, Berlin

15 Punkte, Eck, 2016

Lisa K. ©
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ID# 63222







hr, 13.Oktober.2016

GK Geschichte Q3


War die Weimarer Republik das Experiment einer perfekten Demokratie, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war?


Die Weimarer Republik umfasst einen Abschnitt der deutschen Geschichte nach Ende des Ersten Weltkrieges. Beginnend mit der Ausrufung am 9. November 1918 endet sie am 30. Januar 1933 mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler und bildet somit den Übergang von der kaiserlichen Monarchie zur Demokratie, die sich letztlich aber in eine nationalsozialistische Diktatur entwickelte.

Aus welchem Grund diese Demokratie scheiterte, ist jedoch bisweilen stark umstritten. Ob Mono-, Multikausalität oder Kausalkette - je nach Betrachtungswinkel lassen sich Ursachen finden, die in ganz unterschiedliche Erklärungen münden.


So stellt sich beispielsweise die Frage, ob die Weimarer Republik das Experiment einer perfekten Demokratie war, das von Beginn an zum Scheitern verurteilt war.

Im Folgenden wollen wir dem näher auf den Grund gehen.


Dazu ist es unabdingbar, zunächst die perfekte Demokratiezu definieren, für die es in unseren Augen keine verbindliche Auslegung gibt. Obwohl Demokratie zu deutsch zunächst Volksherrschaftheißt, gibt es verschiedenste Formen, wie diese Theorie praktisch und wohlgemerkt zweckdienlich umgesetzt werden kann.

Die Form der Demokratie, die uns als die perfekteste” erscheint und auch der folgenden Untersuchung zugrunde liegen soll, ist die aktuelle Form der Demokratie in Deutschland. Nach Artikel 20 unseres Grundgesetzes gehe alle Staatsgewalt vom Volke aus und werde in Form von Wahlen, Abstimmungen und Organen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.


Politische Umbrüche wie die Weimarer Republik beginnen nicht erst mit dem Tag ihrer Ausrufung. Ausnahmesituationen wie der Erste Weltkrieg (1914-1918) hinterlassen Spuren. Somit muss diese Betrachtung zwangsläufig mit den Ausgangsbedingungen, als Grundlage für die folgende demokratische Republik, beginnen.


Wie bereits erwähnt, hinterlässt der Erste Weltkrieg starke Belastungen wirtschaftlicher, politischer und sozialer Art. Hohe Verluste, wie Enteignung und Tod, Erschöpfung sowie das Bedürfnis nach Sicherheit, da Deutschland sich in einem Zustand der Unterdrückung durch die Siegermächte befand, beeinflussen die Stimmung in der Bevölkerung negativ. Insbesondere die Frage nach der Kriegsschuld und der Ursache der Kriegsniederlage Deutschlands erzeugt große Meinungsverschiedenheiten, die die folgende Demokratie immer wieder erschüttern sollen.


Die unmittelbaren Folgen des Krieges fördern jedoch auch sozialistische und demokratische Bestrebungen zu Tage. Innerhalb kürzester Zeit erfasst beispielsweise die 1918 beginnende Novemberrevolution weite Teile des Landes, führt durch die Abdankung Kaiser Wilhelms II., zum Ende der Monarchie und schließlich zur Ausrufung der Republik. Schon im Zuge dieser Umwälzung zeichnen sich Probleme ab, die der Weimarer Republik zum Verhängnis werden sollen: extreme Meinungsverschiedenheiten, die Kompromisse fordern und Mehrheitsbildungen erheblich erschweren.

Um Konflikte mit den alten Eliten zu umgehen und weitere Radikalisierungen zu vermeiden, werden unterschiedliche Konzepte einer neuen Staatsordnung vorgestellt. Während die Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands (MSPD) einer parlamentarischen Demokratie zustimmt, befürwortet die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) eine sozialistische Rätedemokratie und somit die Veränderung der Verhältnisse zugunsten der Arbeiterklasse.

Folgende Aufstände können seitens der MSPD nur mit Unterstützung der regierungstreuen Truppen gewaltsam niedergeschlagen werden. Als jedoch am

15. Januar 1919 auch die führenden Vertreter der neu gegründeten KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) ermordet werden, ist eine Spaltung der Arbeiterbewegung, die schon während des Ersten Weltkriegs ihren Anfang nahm, unausweichlich.


Bei den vorzeitig eingeleiteten Wahlen der Nationalversammlung am 19. Januar wird die MSPD mit 37,9% stärkste Fraktion, gefolgt von Zentrum und Deutsche Demokratische Partei (DDP), die ebenfalls die Republik bejahen. Dem entgegen steht nur eine schwache Minderheit ( Deutsche Volkspartei DVP: 4,4%; Deutschnationale Volkspartei DNVP: 10,3%).

Im Januar 1919 bekennt sich also die Mehrheit der Deutschen zur parlamentarischen Demokratie und unterstützt so den Übergang von einer kaiserlicher Monarchie zur Republik. Diese Wahl ist unbestritten ein demokratischer Akt, der die politischen Veränderungen legitimiert. Insbesondere das erstmals eingeräumte aktive und passive Wahlrecht der Frauen ist hierbei hervorzuheben.


Weitere Unruhen zwingen die Nationalversammlung zu erneuten Zusammenkünften, bei denen der Sozialdemokrat Friedrich Ebert zum ersten Reichspräsidenten der Republik ernannt wird. Gestützt auf eine Regierungskoalition, die Reichskanzler Scheidemann aus MSDP, DDP und Zentrum zusammensetzt, besteht die Weimarer Koalitionnun aus Sozialdemokraten, Linksliberalen und Katholiken.


Obwohl der Erste Weltkrieg bereits im November 1918 mit dem Waffenstillstand von Compiègne zum Stillstand kommt, stellt erst die Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles am 28. Juni 1919 das formale Endedes Weltkrieges dar. Im Rahmen dieses Vertrages wird Deutschland von den Siegermächten die alleinige Verantwortung für den Ausbruch des Krieges zugesprochen (Kriegsschuldartikel 231) und muss unter anderem Gebietsabtretungen von ca. 10 %, militärische Abrüstung und hohe Reparationszahlungen in Kauf nehmen.

Ebenso negativ wirkt sich eine Verschwörungstheorie aus, die als bewusst konstruierte Geschichtsfälschung der militärischen und nationalkonservativen Eliten des Kaiserreichs gilt.

Da die militärischen Niederlage Deutschlands bei vielen Menschen weiterhin auf Unverständnis trifft, findet die Dolchstoßlegende, die durch die Oberste Heeresleitung (OHL) und Hindenburg propagiert wird, großen Zuspruch. Die deutsche Armee wäre im Felde unbesiegtgeblieben, hätten sie nicht oppositionelle Kräfte aus der Heimat von hinten erdolcht. Durch die Abwälzung der Schuld auf Sozialdemokraten und andere demokratische Politiker geraten Unterstützer der Republik erneut in Verruf.

Das Misstrauen gegen die Republik wird verstärkt.


Ob die Weimarer Republik wirklich von Beginn an zum Untergang verurteilt war, lässt sich, neben den Stimmungen und Spannungen im Land, vor allem an der Gesetzgebung, der Weimarer Verfassung, feststellen. Die am 14. August 1919 verkündete neue Verfassung beinhaltet Elemente verschiedener Regierungssysteme, die allerdings überwiegend an einem markanten Kernpunkt festzumachen sind: der Volkssouveränität.

In der neuen Verfassung finden sich verschiedene Elemente ehemaliger deutscher Staatssysteme, aber auch verschiedener internationaler Demokratieformen wieder.


So wird beispielsweise das föderalistische System, das im deutschen Kaiserreich und ebenso zuvor in verschiedenen deutschen Staatsgebilden herrschte, übernommen, allerdings in abgeschwächter Form. Zwar will man den Ländern weiterhin Freiheiten gewähren, doch müssen diese dabei an die neue Realität nach dem Krieg angepasst werden. In Folge dessen werden die Staatskompetenzen erweitert, gleichzeitig die der Länder beschränkt.

So gibt es zur Vertretung der Länderinteressen den Reichsrat als repräsentatives Organ, der jedoch vergleichsweise nur wenig Einfluss auf das politische Geschehen hat und mit Leichtigkeit vom Reichstag überstimmt werden kann.


Das Verhältniswahlrecht an sich als einen der Hauptgründe für das Scheitern zu sehen, ist zu banal. Vielmehr ist es als zusätzlicher Belastungsfaktor einzuordnen.

Eine stärkere Belastung für die Ausübung der Demokratie stellt die Anzahl der Parteien dar, die zur Wahl antreten, sowie das permanente Entstehen von Splitterparteien. Es kommt zu Parteienpluralismus, der durch das Fehlen einer Sperrklausel in Form einer Prozenthürde begünstigt wird und folglich den Einzug von Parteien jeglicher Motivation und Größe ins Parlament ermöglicht.

Die Folge ist eine Einstellung vieler Parteien, die die Handlungsfähigkeit der Regierung einschränkt. Viele Parteien sehen nicht mehr die Notwendigkeit, mit anderen Parteien über ihre politische Zielsetzung und Vorgehensweise zu kommunizieren. Es kommt ihrerseits zu einer Verhärtung der Ansichten und mangelnder Kompromissbereitschaft.


Außerdem ist er unabhängig vom Reichstag. Dem Reichspräsidenten obliegt die Kontrolle über dieses Organ. Demzufolge ist es ihm als Staatsoberhaupt gestattet, den Reichstag aufzulösen (Artikel 25), wenn auch nur einmal aus demselben Grund. Des Weiteren ernennt er die Reichsregierung, somit Reichskanzler und Minister und kann über den nationalen Ausnahmezustand (Artikel 48) entscheiden.

Dies räumt ihm die Möglichkeit ein, über einen bestimmten Zeitraum, zahlreiche Grundrechte außer Kraft zu setzen.


Um der Übermachtdes Reichspräsidenten entgegenzuwirken, hat auch der Reichstag Rechte,. So benötigen die vom Reichspräsidenten ernannten Regierungen das Vertrauen des Reichstags. Auch ist es ihm möglich, durch eine Zweidrittelmehrheit in der Bevölkerung den Reichspräsidenten zu stürzen. Misslingt dieses Unternehmen, wird jedoch der gesamte Reichstag aufgelöst.

Zudem zeigen die Befugnisse des Reichspräsidenten das Misstrauen gegenüber der Parteiendemokratie und den Wunsch nach einem starken Mannim Staat, was ganz im Sinne des Prinzips eines Obrigkeitsstaates ist. Dieser Wunsch herrscht sowohl in den Köpfen der Bevölkerung sowie in denen vieler politischer Persönlichkeiten. Ein System, das auf Demokratieverständnis und Demokratietoleranz von Seiten der Bevölkerung basiert, kann in einer Gesellschaft wie der damaligen, nur schwer funktionieren.


Nach dem Krieg wünschen sich die Menschen Stabilität und Sicherheit, die durch die ständigen Parteistreitigkeiten und Zersplitterungen der großen Parteien nicht gegeben sind. Neben dem Auftreten diverser kleinerer Parteien sind es folglich auch die Streitigkeiten der großen Volksparteien(SPD, Zentrum, DDP), die das Misstrauen in die Demokratie fördern.


So wählt eine Vielzahl von Menschen nationale Parteien wie DNVP oder später die NSDAP, die sich öffentlich gegen das demokratische System aussprechen. Bestärkt wird diese Entwicklung zusätzlich durch die Medien. So ist Medienmogul Alfred Hugenberg Mitbegründer der DNVP und verbreitet rechtes Gedankengut, Demokratiekritik sowie Kritik an etablierten Parteien in Radio und Zeitung - den Massenmedien der damaligen Zeit.


Neben dem Wähleranstieg der rechten Parteien, steigen auch die Prozentzahlen der linken KPD an. Es kommt zu einer Polarisierung, deren Spannungen enormes Konfliktpotenzial mit sich bringen. Die Feindschaft zwischen den beiden Fronten wird durch Straßenkämpfe weit über das ertragbare Maß befördert. An politische Annäherung oder zumindest konstruktiven Dialog ist nicht zu denken.


Hinzu kommen weitere Persönlichkeiten, die wichtige politische Ämter innehaben, jedoch entweder nicht ausreichend Unterstützung bei der Verwirklichung ihrer Ziele und Pläne bekommen oder gar selbst nicht hinter der Demokratie stehen.

So ist es beispielsweise Reichspräsident Hindenburg selbst, der durch extrem konservatives und militärisches Denken und Handeln, demokratische Prozesse durch seine Vollmachten immer wieder blockiert oder zumindest behindert. Generell wurden viele politische Ämter mit den alten Elitender kaiserlichen Zeit besetzt, deren Vorrechte auf diese Weise beibehalten werden. Es herrscht quasi eine Republik ohne Republikaner”.



Als weitere Belastung lässt sich zudem die Inflation anführen, die im Jahr 1923 ihren Höhepunkt findet. Obwohl sich die Wirtschaft in den kommenden Jahren erholt, handelt es sich schlichtweg um eine Erholung auf Pump, da die deutsche Wirtschaft auf internationale Anleihen setzen muss. Dass dies ein Fehler war, zeigt sich spätestens am Einsturz der amerikanischen Börse im Oktober 1929 (Black Friday”), der die wirtschaftliche Situation Deutschlands maßgeblich negativ beeinflusst.

Die 1929 beginnende Weltwirtschaftskrise spitzt sich im Jahr 1932 zu und bewirkt Geldknappheit, Deflation und Massenarbeitslosigkeit. Auch internationale Entwicklungen haben Einfluss auf die Bevölkerung und folglich auf die Demokratie als vorherrschendes System. Schon 1930 zerbricht die Große Koalition an der Reform der Arbeitslosenversicherung, die ebenfalls kaum mehr zu finanzieren ist.

Wie bereits angemerkt, sind dies jedoch alles lediglichFolgen, die aus vergangenen Entwicklungen resultieren.


Fasst man nun die erläuterten Aspekte zusammen, lassen sich vielerlei Ursachen ausmachen, die der Weimarer Republik den Weg erschweren und schon in frühen Zeiten ihr Scheitern begünstigen.


Starke Meinungsunterschiede und Kompromissunfähigkeit ziehen sich durch die gesamte Zeit der Weimarer Republik. Die zunehmende Polarisierung erzeugt große politische Spannungen innerhalb der Parteien sowie untereinander, führt zu Spaltungen und erschwert die Mehrheitsbildung. Das daraus resultierende System politischer und sozialer Kompromisse scheint zwar grundsätzlich demokratisch, ist aufgrund der ständig wechselnden Regierungen und Aufstände jedoch nur bedingt handlungsfähig.

Auch scheint die Auseinandersetzung mit dem Krieg nie zu einem richtigen Abschluss gekommen zu sein. Die Dolchstoßlegende dient als Rechtfertigung der Kriegsniederlage und wird zum Instrument des Missbrauchs.

Charaktere wie Hindenburg oder auch Hugenberg können erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung ausüben. Gerade Hindenburg, in seiner Stellung als Reichspräsident, kann die Verfassung zu seinen Zwecken missbrauchen. Die kontrollierende Instanz fehlt. Zwar ist der direkte Einfluss dieser Persönlichkeiten auf weitere Entwicklungen nicht immer vollständig belegbar, doch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass sie die Möglichkeit hatten, in ihrem Interesse zu handeln.


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