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510.231 Literarische Kultur des Mittelalters

SS 2009

Proseminararbeit

Walther von der Vogelweide

Ich hân ir sô wol gesprochen


vorgelegt von

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

1.                  EinleitungS. 4

2.                  Sprachliche EbeneS. 5

2.1 ParaphraseS. 5

3. Inhalt und Form des TextesS. 6

3.1 Inhalt/ThematikS. 6

3.1.1 AufbauS. 6

3.1.2 Perspektive/PersonalS. 6

3.1.3 Zeit/RaumS. 7

3.2 FormS. 7

3.2.1 Metrische Analyse: Strophen, Versbau, RhythmusS. 7

3.2.2 Metrische Transkription der ersten StropheS. 7

4. Rhetorische und stilistische AnalyseS. 8

4.1 WortwahlS. 8

4.2 SatzbauS. 10

4.3 Klang S. 11

4.4 BildlichkeitS. 12

5. ÜberlieferungssituationS. 12

6. FazitS. 13

LiteraturverzeichnisS. 15

Primärliteratur S. 15

SekunderliteraturS. 15


Vorwort


Die folgende Proseminararbeit wurde im Laufe des Proseminares „Literarische Kultur des Mittelalters“ bei erarbeitet. Als Primärtext diente die kritische Ausgabe der Minneklage „Ich hân ir sô wol gesprochen“ (L 40,19) von Walther von der Vogelweide, bearbeitet von Christoph Cormeau. Als Hilfsmittel wurden, das Lehrveranstaltungsskriptum, diverse Sekundärliteratur sowie der Fragekatalog von Horst Joachim Franks, verwendet.
1. Einleitung

Folgende Proseminararbeit behandelt die Minneanklage „Ich hân ir sô wol gesprochen“ von Walther von der Vogelweide. Betrachtet werden inhaltliche und formale Aspekte sowie die Überlieferungssituation.
Das zu behandelnde Gedicht kritisiert die „Hohe Minne“. Walther hat einen Weg gefunden dieses Thema, auch in Bezug auf die Form (Stilmittel, Wortwahl, Satzbau usw.), lyrisch umzusetzen.


2.                  Sprachlichen Ebene


2.1 Paraphrase

Die Paraphrase des Textes „Ich hân ir sô wol gesprochen“ von Walther von der Vogelweide ist eine erweiternde oder erläuternde Wiedergabe eines Textes in derselben Sprache. Sie soll vor allem den Sinn des Textes verständlich machen, man kann sie daher mit einer Interpretation vergleichen oder sie als freie Prosa-Umschreibung einer Verdichtung bezeichnen.


Ich habe so viel Gutes über sie gesagt


Ein Mann klagt bei Frau Minne darüber, dass seine Angebetete seine Liebe nicht erhört.

1)     Ich habe so viel Gutes über sie gesagt und ihr damit einen guten Ruf verschafft und was ist der Dank dafür? Sie behandelt mich schlecht. Als ich sie mit Lob überschüttet und sie geehrt habe, war ich wohl nicht ganz bei Verstand. Sie hat mich deswegen sogar verspottet. Das ist Eure Schuld, Frau Minne.

2)     Aber das ist noch nicht alles, Frau Minne. Verliert ja kein schlechtes Wort über mich, immerhin war ich es der um Eure Ehre gekämpft hat. In diesem Kampf stehe ich allerdings als Verlierer da. Ihr habt mich verwundet und sie ist heil davon gekommen. Ihr geht es gut, aber mir nicht.

3)     Herrin, denkt daran. Ich weiß, dass Ihr noch mehr Pfeile habt, aber dieses Mal schießt sie bitte in ihr Herz. Damit sie den gleichen Schmerz fühlt wie ich.

Warum Königin, könnt Ihr die Wunden nicht uns beiden zufügen, oder wenigstens meine heilen? Soll nur ich alleine zu Schaden kommen?

4)     Ich gehöre Euch, Frau Minne. Schießt dorthin wo noch Widerstand herrscht. Helft, dass ich sie für mich gewinne, dass sie, ach Herrin, nicht entkommt. Wenn nicht, dann sind auch wir beide geschieden und dann wird auch kein.....

Im Gedicht fällt keine Silbe vor der ersten Hebung, deswegen gibt es keinen Auftakt. Das Grundschema ist: 4a 5b 4a 5 b im Aufgesang und 4c 3d 3d 4c im Abgesang.


3.2.2 Metrische Transkription der ersten Strophe

Betonte Silbe = X

Unbetonte Silbe = x


X x X x X x X x 4a wv

X x ùux X x X x X x 5b wv

X x X x X x X x 4a wv

`

_ X x ^ X x X x X x 5b wv


X x X x X x X 4c v

X x úux x X x 3d v

X x úux X x 3d v

X x X x ^ X x x X 4c v


Bei „sî iu“ in der 1 Strophe handelt es sich um eine Synalöphe. Diese Variante wurde angewendet um ein Zusammentreffen zweier Vokale am Wortende bzw. Wortanfang zu vermeiden.
In der fünften und achten Zeile ist der letzte Takt des Versschemas gefüllt. Es handelt sich somit um eine volle Kadenz, da der Vers mit einer Hebung endet.


Laut Kasten/Kuhn bestehen über die Rhythmisierung der Strophe unterschiedliche Ansichten. Wenn keine Töne überliefert sind, ist es sehr schwierig den genauen Rhythmus eines Gedichtes festzustellen. Schweikle hat z.B. stützt sich z. B. auf ein anderes Rhythmus-Schema als Kasten/Kuhn, er geht von folgender Form aus:
“Achtzeilige Stollenstrophe aus Fünf- und (im Abgesang) Viertakter mit fünftaktiger Schlussbeschwerung.

Schema: Aufgesang: 5ka 5mb 5ka 5mb; Abgesang: 4mc 4kd 4kd 5mc“


4.                  Rhetorische und stilistische Analyse:

4.1              Wortwahl:

Es gibt keine „richtige“ bzw. allgemein gültige Übersetzung von mittelhochdeutschen Texten sondern immer mehrere Varianten. Texte sind meistens in mehreren Fassungen überliefert, wie auch bei dieser Minneanklage, die in Handschrift ABCE und fragmentarisch in U* vorkommt. Teilweise gibt es Abweichungen unter den verschiedenen Handschriften, da nicht immer das gleiche Original als Vorlage diente.

Oft zieht man bei der Sinnerfassung eines mittelhochdeutschen Textes voreilige Schlüsse, da viele Wörter mit dem Neuhochdeutschen übereinstimmen. Die gleiche Form der Wörter lässt aber nicht immer auf den gleichen Sinn schließen. Ein Beispiel dafür ist das Wort „sanfte“ (L 40,19, II, 8). Im Neuhochdeutschen bedeutet dieses Wort „sanft“, „fein“ oder „gutmütig“, allerdings erkennt man bereits aus dem Kontext, dass es sich hier um einen Zustand handelt.

Auch das Wort „gerochen“ (L 40,19, I, 3) kann zu Missverständnissen führen. Hier ist keine Sinneswahrnehmung gemeint, wie im Neuhochdeutschen angenommen werden kann, sondern der Akt der Rache.

Der Ausdruck „in den dingen bin ich wunt“ (L 40,19, II, 5) findet sich laut Schweikle auch bei Mo.....

Substantive wie „strâle“ (L 40,19, III, 2), „herze“ (L 40,19, 3, 4) und „wunden“ (L 40,19, III, 6) kennzeichnen die Thematik des Textes. Diese Wörter alleine lassen bereits darauf schließen, dass es sich in dem Gedicht um eine unerfüllte und auch schmerzliche Liebeserfahrung handelt.

Definite Artikel (der, diu, daz) kommen öfter vor als indefinite Artikel (ein, eine). Bereits genannte Substantive werden, anstatt sie zu wiederholen, meistens durch definite Artikel ersetzt. Da nicht all zu viele Nomen im Text vorkommen, führt der häufige Ersatz durch Artikel auch nicht zu Komplikationen im Bezug auf das Textverständnis.

Die Anzahl der Adjektive ist gering, die Thematik wird eher durch den Gebrauch der Aktionsverben unterstützt. Nur die Adjektive „unstaete“ (L 40,19, II, 4) und „edeliu“ (L 40,19, III, 5) beziehen sich direkt auf ein Substantiv. Das Adjektiv „edeliu“ ist ein schmückendes Beiwort. Gleich, wie das Adjektiv „unstaete“, dient es einer wertenden Beurteilung.

Walther ist in diesem Text sehr sparsam mit den Adjektiven umgegangen. Es gibt auch keine Steigerungsformen. Durch die geringe Anzahl der Adjektive wirkt der Text sehr klar, die Klage wird quasi auf den Punkt gebracht.

Auch Interjektionen finden sich im Gedicht:„Neinâ“ (L 40,19, 4, 4) ist ein „nein“ das durch den Partikel –â verstärkt wird. Auch „owê“ ist ein typischer Ausruf.


4.2              Satzbau

Bei der Analyse des Satzbaus muss immer im Auge behalten werden, dass es sich beim Primärtext um eine kritische Ausgabe von Cormeau handelt. Diese Textfassung entspricht gerade in formaler Hinsicht weder dem Erscheinungsbild der Überlieferungsträger, noch eines angenommenen Autortextes, der „die gemeinsame Vorlage aller erhaltenen Handschriften“ darstellt.

Alle Aussagen über die formale Gestaltung des Textes müssen daher unter Vorbehalt getroffen werden, da Strophierung, Versumbruch und Interpunktion der kritischen Ausgabe, auf die Arbeit von Cormeau zurückzuführen sind.

In der Regel führt die Satzbewegung fast im ganzen Gedicht über das Ende der Verszeile hinaus. Trotzdem finden alle Sätze ihren Abschluss an der Versgrenze, welche durch Satzzeichen gekennzeichnet ist. Wenn am Ende der Verszeile kein Satzzeichen steht, wird der Anfang der nächsten Verszeile durch eine Konjunktion eingeleitet. Daraus kann man schließen, dass sich Walther von der Vogelweide an ein strenges Satzbaumuster gehalten hat, von dem er nicht abweicht um sein Können unter Beweis zu stellen.

Der Satzbau des Gedichtes verfolgt als.....

Wiederholungen sind Kennzeichen für die Mündlichkeit eines Textes. Die stetige Wiederaufnahem des Ausdrucks „Frowe Minne“ lässt daher auch auf eine gewisse Oralität der Minneklage schließen. Sätze, die diesen Eigennamen enthalten sind sich vom Aufbau her auch sehr ähnlich. Generell kann gesagt werden, dass der Satzbau einem einheitlichen Schema folgt. Unterschiede können nicht festgestellt werden.


4.3 Klang
Im Inneren der Verse kommen keine Reime vor. Auch Alliterationen sind im Text nicht vorhanden. Im Text kommen überwiegend „dunkle“ Vokale wie „o“ vor. Es ist anzunehmen, dass diese Vorgehensweise von Walther die Ernsthaftigkeit der Klage des Gedichtes verdeutlichen soll. Ein Gleichklang der Vokale liegt in der ersten Strophe „Ich hân ir sô wol gesprochen“ (L 40,19, I, 1) und in der zweiten Strophe „In den dingen bin ich wunt“ (L 40,19, II, 5) vor.

Auch eine Anapher kommt im Text vor „rihtent mir und rihtent über mich“. Bei einer Anapher „werden aufeinanderfolgende Sätze, Satzglieder oder Verse durch das gleiche Wort, eine gleiche Wortgruppe oder gleiche Wortteile beschlossen.“

Klangmalerei ist sonst, außer bei den Reimen am Ende der Verszeilen, nicht ersichtlich.


4.4 Bildlichkeit

Die Minneanklage weist eine eher geringe Bildlichkeit auf. Walther hat sich bei diesem Gedicht eher auf die Mündlichkeit konzentriert. Beim Lesen der Strophen entstehen beim Rezipienten nur sehr wenige Bilder.
Eine Metapher lässt sich trotzdem ausfindig machen. In der Strophe 3. wird folgendes gesagt:“ ich weiz wol, ir habt noch strâle mê. mugent irs in ir herze schiezen […]“ (L 40,19, III, 2, 3).

Diese Zeilen erinnern sofort an „Amor“. Dieser fungierte in der römischen Mythologie als Gott der Liebe. „Amor“ bringt durch seine „Liebespfeile“ Menschen dazu, sich ineinander zu verlieben und genau dieses Schema greift Walther in seiner Minneanklage auf. Allerdings trifft Amors Pfeil nur das männliche lyrische Ich, und verletzt ihn dadurch, dass seine Auserwählte in nicht erhört.

Er ist verwundet und der Dame ist das vollkommen gleichgültig.
In der zweiten Strophe wird ein Kampf erwähnt, bei dem der Liebende verwundet wurde:“ In den dingen bin ich wunt“ (L 40,19, II, 5). Bei diesem Kampf handelt es sich aber nicht um eine Schlacht im herkömmlichen Sinn, sondern um die Bemühungen des lyrischen Ichs seine Herzensdame zu erobern. Walther vergleicht hier das „Werben“ des männlichen lyrischen Ichs mit einem Kampf.
Auch der „Gerichtscharakter“ ist bei der Minnea.....

In der Handschrift C und A ist das Lied mit vier Strophen, in der Handschrift B mit drei Strophen und in der Handschrift E mit fünf Strophen, überliefert. „Das Fragment U* bewahrt die zweite Fassung E entsprechender Schlussstrophen.“
Die Forschung schreibt Walther die vierstrophische Fassung in Handschrift A zu. In der Handschrift C lässt sich eine andere Reihenfolge erkennen.

Die vierte Strophe erscheint an späterer Stelle, auf diese Stelle wird aber beim Schluss der dritten Strophe, durch eine Anmerkung, verwiesen. Die Reihungen der Handschriften A, B und C stimmen überein, gleich wie der Wortlaut. Handschrift E und U gehen wahrscheinlich auf eine andere Überlieferung zurück. Zu dieser Annahme ist man gelangt, da bei der Handschrift E nach der dritten Strophe der Reihung ABC, eine weitere Strophe eingeschoben worden ist.

Auch bei der Handschrift U* ist diese „Einschubstrophe“ überliefert.
Diese Strophe wurde allerdings von Forschern als unecht erklärt. Grund dafür waren stilistische Abweichungen.

Die folgende Tabelle wird zum besseren Verständnis angeführt


C B A E U*
132 46 38 28 -
133 47 39 29 -
134 48 40 30 -
378 - 41 32 18
31 17


6.                  Fazit


Diese Minneanklage zeigt, dass ein Dichter auch ohne unzählige Floskeln, Großes vollbringen kann. Walther von der Vogelweide beherrschte seine Handwerkskunst. Die Form und der metrische Aufbau unterstreichen die Thematik der Minneanklage. Walther bringt den Frust des männlichen lyrischen Ichs, dieser hat nämlich die Nase voll vom ewigen, sinnlosen Werben, auf den Punkt.

Gleichberechtigung wird verlangt, aber nicht wie heutzutage üblich von einer Frau, sondern von einem verzweifelten Mann. Um diese Thematik lyrisch umzusetzen greift Walther auf einen schnörkellosen, klaren Stil zurück, der den Text auch dem heutigen Leser angenehm und verständlich macht. Danke Walther!


Literaturverzeichnis


Primärliteratur:


Walther von der Vogelweide. Leich, Lieder, Sangsprüche. 14., völlig neu bearb. Aufl. der Ausgabe Karl Lachmanns mit Beiträgen von Thomas Bein und Horst Brunner hrsg. v. Christoph Cormeau. Berlin, New York: de Gruyter 1996, S. 79f.


Sekund.....


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