Nathan
der Weise
Gotthold
Ephraim Lessing:
Gotthold
Ephraim Lessing wurde am 22. Januar
1729 als Sohn des Pfarrers Johann Gottfried Lessing in Kamens
geboren.
Er
bekam schon früh Privatunterricht von seinem Vater. Mit 13 besuchte
er eine Fürstenschule in Meißen und absolvierte dort sein Abitur.
Danach studierte er Theologie, Philosophie und Medizin in Leipzig und
Wittenberg. Während seines Studiums in Leipzig findet er großes
Interesse an der Literatur und der Dichtkunst. Er musste Leipzig
jedoch, bevor er sein Studium beenden konnte, verlassen. Er zog nach
Berlin, wo er sich als Redakteur schon sehr mit dem Schreiben von
Stücken beschäftigte. 1751 beendete er sein Medizinstudium in
Wittenberg und wurde freier Schriftsteller.
Im
Jahr 1756 startete er eine Bildungsreise durch Europa, die jedoch
bereits in Amsterdam aufgrund des Krieges (Schlesischer Krieg),
beendet wurde. Er steckte in Geldschwierigkeiten und war deshalb
während der Kriegszeit als Sekretär bei der preußischen Armee
aktiv. 1767 geht er als Dramaturg nach Hamburg an das
Nationaltheater. Dort schrieb er die "Hamburgische Dramaturgie".
In
dem von ihm anonym veröffentlichten "Fragment eines
Ungenannten" waren bereits antichristliche Tendenzen erkennbar.
Die Kirche kritisierte Lessings Schriftstück mit voller Härte. Der
Streit hatte zur Folge, dass Lessing zum Teil nichts mehr
veröffentlichen durfte. Er wehrte sich mit dem Drama "Nathan
der Weise". Von 1770 bis zu seinem Tod verbrachte Lessing seine
Zeit als Bibliothekar in Wolfenbüttel (Braunschweig). Er verstarb am
15.
Februar 1781
im Alter von 52 Jahren aufgrund eines Schlaganfalls und dessen
Folgen.
Heutzutage
gilt Gotthold Ephraim Lessing als wichtigster Dichter der Aufklärung,
der sich mit seinem Ideendrama „Nathan der Weise“ für Toleranz
und Freiheit gegenüber den anderen Weltreligionen einsetzte. Vor
allem mit seinem letzten Werk beeinflusste er die Entwicklung der
deutschen Literatur und des Theaters.
Nathan
der Weise:
„Nathan
der Weise“ ist ein Theaterstück und Ideendrama in 5 Aufzügen/
Akten. Es wurde im Jahr 1779 veröffentlicht und, wie vorhin schon
erwähnt, am 14. April 1783 in Berlin uraufgeführt. Das Besondere an
dem Drama ist die sogenannte „Ringparabel“, die den
Toleranzgedanken und Humanismus widerspiegelt.
Figuren
Bevor
ich etwas über den Inhalt des Dramas erzähle, stelle ich euch die
wichtigsten Figuren des Dramas vor:
Die
Hauptfigur ist ein reicher Jude aus Jerusalem namens Nathan. Er
verkörpert den Inbegriff der Menschlichkeit. Er toleriert die
anderen Religionen, ist offen und großmütig.
Seine
Adoptivtochter Recha wurde von ihm jüdisch aufgezogen und ihr
richtiger Name lautet eigentlich Blanda von Filnek. Sie ist
freundlich
und offen gegenüber anderen Menschen. Ihre
Eltern, die Mutter eine Christin und der Vater ein Muslim, sind beide
kurz nach ihrer Geburt verstorben. Recha hat also einen Bezug zu
allen drei Religionen.
Daja
lebt mit in Nathans Haus und ist Rechas Gesellschafterin. Sie ist
eine Christin und eine der wenigen Personen, die im Verlauf des
Dramas nicht viel an Toleranz dazulernt.
Relativ
am Anfang des Dramas taucht ein junger Tempelherr auf. Sein
Adoptivname lautet Curd von Stauffen. Er ist die Person, die sich im
Laufe der Geschichte am meisten verändert. Anfangs hat er viele
Vorurteile gegenüber Juden, da er als Mitglied eines geistlichen
Ritterordens dem christlichen Glauben angehört und somit nichts mit
Nathan und Recha zu tun haben möchte. Zum Ende stellt sich raus,
dass er eigentlich Leu von Filnek heißt und der Bruder von Recha
ist.
Der
Herrscher Jerusalems ist der Sultan Saldin. Er ist eine von zwei
Realfiguren im Drama, denn er basiert auf die reale
Gestalt „Salah ad-Din“. Als
Muslim ist er den Christen gegenüber allgemein tolerant eingestellt,
allerdings nicht den Tempelherren, welche seinen Glauben radikal
anfechten. Gegen diese kämpft er an und verurteilt sie. Da Saladin
nicht gut im Umgang mit Geld geschult ist, häufen sich immer mehr
Staatsschulden an. Er versucht Nathan mit Hilfe einer List einen
Kredit zu entlocken, doch dieser ´kontert´ mit der Ringparabel, zu
der ich später komme.
Seine
Schwester, ebenfalls dem Islam angehörig, heißt Sittah und ist eine
hilfsbereite, gebildete Frau. Sie ist außerdem die Schachpartnerin
des Sultans und handelt sehr vorausschauend, als der Sultan
Geldprobleme hat.
Der
Klosterbruder spielt zwar nur eine kleinere Rolle im Drama, er war
jedoch derjenige, der Recha als Säugling zu Nathan brachte und sie
nicht dem Patriarchen überließ, dem er damals diente.
Denn
der Patriarch verkörpert in dem Drama die einzige Figur ohne einen
guten, menschlichen Kern. Er
ist intolerant und glaubt an seine eigene Unfehlbarkeit (er würde
also auch nicht vor Mord zurückschrecken). Er
ist ein fanatischer Christ und Bischof und wird als negatives
Beispiel der christlichen Kirche dargestellt. In dem Stück ist er
der Hauptgegner des Sultans. Der
Patriarch ist die zweite Realfigur des Dramas und verkörpert
Lessings Hauptgegner aus Hamburg zu der Zeit in der die heftige
Religionsdiskussion stattfand.
Handlung
Nathan
kommt von einer Geschäftsreise wieder und erfährt, dass sein Haus
abgebrannt ist. Daja berichtet ihm, dass Recha, seine angenommene
Tochter, den Flammen, dank eines jungen Tempelherren knapp entkommen
sei. Der Tempelherr, der eigentlich mit 19 anderen Gefangenen zum
Tode verurteilt war, wurde wenige Tage zuvor von dem Sultan Saladin
begnadigt, da er Saladins Bruder sehr ähnlich sieht. Recha freut
sich über Nathans Rückkehr und spricht von einem Engel, der sie
gerettet habe, und möchte sich bei ihrem Retter bedanken. Nathan
schickt Daja mit einer Einladung zu dem wahren Retter, dem
Tempelherren. Ein Treffen lehnt dieser jedoch strikt ab, weil er sich
weigert mit einem Juden in Kontakt zu kommen. Nathan lässt sich
nicht abschütteln und als er ihn auf der Straße trifft, spricht er
ihn an. Erst ist der Tempelherr kalt und abweisend zu Nathan, mit der
Zeit kann er Nathans offenen und toleranten Charakter nicht mehr
widerstehen.
In
der Zwischenzeit überlegt sich Sultan Saladin, wie er Christen und
Muslime versöhnen kann und kommt auf die Idee seinen Gegnern Geld
anzubieten, damit diese den Frieden annehmen. Das Problem ist nur,
dass der Sultan wenig Geld besitzt und somit einen ´Kreditgeber´
braucht. Sittah, seine Schwester mit der er gerade eine Partie Schach
spielt, schlägt ihm eine List vor, mit der er Nathan überreden
will, ihm Geld zu leihen. Saladin lässt ihn in den Palast rufen und
will von ihm wissen, welcher Glauben ihm am liebsten sei. Nathan,
merkt dass etwas nicht stimmt und antwortet weise mit einer
Geschichte, in dem ein Ring die Gabe besitzt, seinem jeweiligen
Träger die Liebe und Achtung der Menschen zu verschaffen.
Ringparabel
Und
damit kommen wir auch schon zur Ringparabel, dem Höhepunkt, der
Kernaussage des Dramas.
Nathan
kann weder seinen eigenen Glauben als den Wahren bezeichnen, da dies
eine Majestätsbeleidigung darstellen würde, noch den des Sultans,
da er dann erklären müsste warum er selbst Jude ist. Er überlegt
sich eine List, um die drohende Gefahr abzuwenden und erzählt dem
Sultan eine Geschichte/ ein Gleichnis.
Ein
Mann besaß einmal einen Schatz, zu dem auch ein Ring gehörte, den
er so schön fand, dass er beschloss, ihn in der Familie weiter zu
verschenken. Der Ring sollte immer vom Vater an den liebsten Sohn
weitervererbt werden. Dieser wird damit ´Herr des Hauses´ und macht
sich vor Gott und den Menschen angenehm.
Bald
kam der Ring jedoch zu einem Vater mit drei Söhnen, der all seine
Söhne gleichermaßen liebt. Da er keinen von ihnen enttäuschen
will, lässt er zwei perfekte Duplikate anfertigen und vererbt jedem
Sohn einen Ring. Nach seinem Tod behauptet jeder der Söhne das
Original zu besitzen, da keine Fälschung festgestellt werden konnte.
Zur Klärung suchen sie sich einen Richter, der ihnen sagt, er könne
den echten Ring nicht von den anderen unterscheiden, es habe also
keiner das Original. Statt sich an ihrem Streit aufzuhalten, sollten
sie einfach so handeln, als besäße jeder von ihnen den wahren Ring.
Weiter sagt der Richter noch, dass in einigen tausend Jahren wohl
möglich ein weiserer Richter ihnen weiterhelfen könne. Er fordert
sie somit zu einem konstruktiven, freundschaftlichen Wettstreit auf.
Weitere
Handlung
Saladin
ist beeindruckt von dieser weisen Antwort und versteht schnell die
Botschaft der Gleichberechtigung der drei Religionen. Danach bittet
er darum Nathans Freund sein zu dürfen.
In
der Zwischenzeit trifft der junge Tempelherr bei Nathan´s Haus ein.
Da Nathan jedoch noch bei dem Sultan ist, sind nur Daja und Recha
anwesend und der Tempelherr unterhält sich mit ihr. Er erkennt seine
Liebe zu Recha, erzählt dies Nathan, als dieser wieder kommt und
bittet um ihre Hand. Nathan zögert und will erst die Herkunft des
Tempelherrn klären.
Dabei
stellt sich am Ende heraus, dass der Tempelherr der Sohn seines
Freundes und somit der Neffe Saladins ist. Das bedeutet, dass der
Tempelherr und Recha Geschwister sind und Recha die Adoptivtochter
Natans ist. Der Tempelherr ist entsetzt und wendet sich an den
Patrairchen, der Nathan, den Juden, auf dem Scheiterhaufen verbrennen
lassen will. Darum lässt er den Klosterbruder nach Nathan suchen.
Als dieser ihn gefunden hat, übergibt er ihm ein Buch, das
Abstammungsbuch. Dort steht die Wahrheit schwarz auf weiß
geschrieben.
Er
geht mit dem Buch in den Palast des Sultans und zum Ende stellt sich
damit heraus, dass der Tempelherr und Recha denselben Vater haben und
somit Halbgeschwister sind. Der Vater heißt Assad bzw. Wolf von
Filnek und ist der Bruder von dem Sultan Saladin, weshalb der
Tempelherr auch so viele Ähnlichkeiten mit ihm hat.
Schlussfolgerung
Was
sich auf jeden Fall aus Lessings Werk schlussfolgern lässt ist, dass
alle 3 Religionen miteinander verwandt sind, da die verschiedenen
Glaubensrichtungen in einer Familie vereint werden. Lessing ruft zu
mehr Menschenliebe und Humanität auf. Ein Beispiel dafür ist
Nathan´s Adoption von Recha, als sie noch klein war, oder die
Rettung Recha´s aus dem Feuer. Damit wollte Lessing ein
menschliches Zusammenleben schaffen, in der die Glaubenszugehörigkeit
keine Rolle spielt. Früher wurden Juden im Theater meist als
´Witzfiguren´ dargestellt, doch Nathan, als ein vorurteilsfreier,
scharfsinniger Jude, verkörpert das Ideal der Aufklärung.
Interpretation
Ringparabel
Ich
komme jetzt nochmal kurz zu der Ringparabel und zwar zu der
Bedeutung. In dem Wort ´Ringparabel´ steckt unter anderem das Wort
´Parabel´, was wir ja zu gut aus der Mathematik kennen. Hier ist es
ein nebeneinander stellen oder ein Vergleich von den Symbolen, wie
zum Beispiel den drei Ringen, die Lessing in Drama benutzt und deren
Bedeutung.
Im
Wort ´Ringparabel´ wird schon klar, dass der Ring ein Symbol ist.
Sultan Saladin fragt Nathan nach der wahren Religion, also nach dem
Judentum, dem Islam oder dem Christentum. Es gibt 3 Ringe weil jeder
Sohn gleich beschenkt werden soll, insofern ist auch jede Religion
gleichwertig. Die drei Söhne bekommen ihren Ring von dem Vater, der
in einem gewissen Grad Gott widerspiegelt. Die drei Söhne suchen
einen Richter auf, der die Meinung Nathans bzw. Lessings vertritt.
Der Kern Parabel basiert auf die Toleranzidee und markiert den
Scheitelpunkt, also den Ursprung der Parabel. Die Hauptaussage der
Parabel liegt also darin, dass man jede Religion als ´die Wahre´
bezeichnen kann. Es ist nicht von großer Bedeutung welchen Glauben
man besitzt, wichtig ist nur wie man in dessen Angehörigkeit
handelt.
Zeitgeschichtlicher
Hintergrund
Zum
Schluss erzähl ich euch noch etwas über den zeitgeschichtlichen
Hintergrund, der zur Entstehung des Dramas beigetragen hat. Das
Europa des 17. Jahrhunderts wurde durch den Absolutismus geprägt.
Jeder Mensch hatte also einen bestimmten Stand in der Gesellschaft (→
Ständegesellschaft). Im ersten Stand waren die Geistlichen, Könige
und Kaiser, im zweiten die Adligen und im dritten Stand die einfachen
Bürger und Bauern. Dieses System wurde nie wirklich in Frage
gestellt und die Kirche war eng mit den Königen und Fürsten
verbunden.
Im
18. Jahrhundert begannen Teile des Bürgertums in Frankreich diese
Zustände zu kritisieren. Sie wollten Freiheit, Gleichheit,
Erfahrung, wissenschaftliche Erkenntnis und Toleranz und es folgte
die französische Revolution. Nach diesem großen Ereignis erregte
das auch in Deutschland große Aufsehen und Interesse. Die
Aufklärung hatte ihren Ausgang von der Philosophie und erfasste
damit fast ganz Europa. Der wichtigste Philosoph in Deutschland war
Immanuel Kant unter anderem mit dem Satz: Habe Mut, dich deines
eigenen Verstandes zu bedienen. Die Aufklärung gilt als DIE
Epochenzeit der deutschen Literatur- und Theatergeschichte.
Danke
für eure Aufmerksamkeit und ich hoffe es hat euch gefallen.