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Mitschrift (Lernskript)

Vorlesung Literarische Traditionen 3

14.432 / ~43 sternsternsternsternstern_0.2 Monika Z. . 2012
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Mitschrift
Deutsch

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Müller-Kampel

Monika Z. ©
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ID# 21443







Vorlesung Literarische Traditionen 3

Österreichische Komödie


Vertreter: Raimund, Nestroy, Kleist, Gleich, Bäuerle, Meisl, Bauernfeld

Alt-Wiener-Volkskomödie bzw. Spaßtheater

  • entstand Anfang 18. Jh. aus dem barocken Hanswurst (Mischung aus Hoftheater und Wanderbühne)
  • Hanswurststreit: obszöne, derbe Figur war dem kaiserlichen Berater Sonnenfels zu wenig „aufgeklärt“ (belehrte und bildete nicht) → Zensur und Extemporierverbot (Regeldrama und fixierte Verse gefordert, entsprach eher der oktruierten Aufklärung des Josephinismus; Gegensatz in D: Aufklärung von Bürgertum getragen), Philipp Hafner griff vermittelnd ein und bewirkte die Einigung auf einen weniger derben Charakter mit fixiertem Text, der komödiantische Zug ohne Bildungsanspruch blieb.
  • neue Figur: Kasperl (nicht obszön-lustig, sondern auf Geld, Frauen, Essen fixiert)


Vorstadtbühnen (Vorbild: Paris)

·         josephinische Gewerbefreiheit ð „Spektakelfreiheit“

·         Theatermaschinerie: deus ex machina etc.

·         privat gegründete Bühnen zum kommerziellen Erfolg


Bäuerle, Meisl, Gleich („Die großen Drei“)

·         Lustspieler, Possenautoren und Dramatiker ð Vertreter des Wiener Lustspiels

·         ihre Dramaturgie beruht auf Typen, nicht auf Individuen


Gattungen:

·         Zauberspiel (Wiedererkennungseffekt, Zauberwelt, Feen etc.)

·         Besserungsstück (moralisches Spaßtheater, komödiantische Analogie zum Bildungs- und Entwicklungsroman, moralische Katharsis einer Figur)

·         Parodie und Travestie bzw. Mythologische Karikatur


·         Lokalposse: derb-komisches Bühnenstück, auf Verwechslungen, Zufällen und unwahrscheinlichen Übertreibungen aufgebaut, Dialekt, Fokus auf gesellschaftl. Unterschieden


Ferdinand Raimund

  • mischte die Gattungen
  • Kontrastierung von Arm + Reich, Moralische Grundsätze für das Bürgertum (um den Adel zu bekämpfen)
  • Allegorie der Zufriedenheit, biedermeierliche Sozialutopie
  • Fokus auf Geld und Vermögen: fixe Figur des Spekulanten (1840er erster großer Kapitalisierungsschub in Österreich, Spekulationskapitalismus entstand).
  • Kritiker des Materialismus seiner Zeit, vertritt das Individualethische und die biedermeierliche Resignationsethik.



„Der Bauer als Millionär“

  • Verherrlichung der Zufriedenheit
  • allegorische Figuren von Jugend und Alter, Neid, Hass und Zufriedenheit, lebendig gestaltet, wirken ergreifend, erscheinen immer in Verbindung mit dem Schicksal des Bauern Wurzel, Symbole für innere Vorgänge
  • Feenwelt dient nur mehr als Rahmen.


„Der Alpenkönig und der Menschenfeind“

  • Raimunds erfolgreichstes Stück
  • thematische Vorbilder: Shakespeare und Molière
  • Zentrale Themen: Hypochondrie und Misanthropie
  • Geisterwelt im Hintergrund

§  nicht mehr deus ex machina ausschlaggebendes Element, sondern das zweite Ich des Menschenfeindes, Aussage der Spiegelung des Ichs: Selbsterkennung ist Heilung.

§  Inhalt: Der mit sich, seiner Familie und mit der ganzen Welt zerfallene Menschenfeind Rappelkopf zieht sich in eine einsame Köhlerhütte vor der Menschheit zurück. Da schreitet der Alpenkönig ein. Er nimmt die Gestalt R.s an, der selbst in die seines Schwagers verwandelt wird, und spielt nun dem peinlich Überraschten unter Poltern und Wüten dessen menschen­feindliches, misstrauisches, r.isches Wesen vor.

Der Anblick seines Spiegelbildes heilt den Herrn von R., der nun seine Schuld erkennt und dadurch dem Leben wiedergegeben wird.


Nach einigen Misserfolgen wendet sich Raimund wieder dem Besserungsstück zu:

„Der Verschwender“

  • moralischer Aspekt: mit Tugendmoral erreicht man den Seelenfrieden;
  • Mittelpunkt ist das Geld ð Appell an die Bescheidenheit
  • Schicksal „hobelt alle gleich“: der Mensch kann sein eigenes Leben so gut wie gar nicht selbst gestalten. (Schicksal ist immer anders als man es gerne hätte)


Johann Nepomuk Nestroy

  • Karl Kraus sagt über Nestroy: „Er war der erste deutsche Satiriker, bei dem sich die Sprache Gedanken um die Dinge gemacht hat.”
  • Nestroy demaskiert die Sprachmasken, in denen die Individualität erstarrt, indem er die Figuren etwas „heraussprudeln“ lässt, was ihre wahren Charakterzüge verrät.
  • Nestroy war Ironiker, Skeptiker und Existenzialist.

§  schrieb ca. 80 Possen: Handlung sekundär, Künstler versteht sich als „Handwerker“

§  Handlungen schematisch und ohne Originalität. Fokus auf Wort- und Situationskomik, desillusionierender Sprachwitz, Figuren sind Karikaturen ihrer selbst.


 „Der böse Geist Lumpazivagabundus“

§  Inhalt: Der böse Geist Lumpazivagabundus verführt die jungen Leute zu allerlei tollen Streichen. Drei Handwerksburschen sind dazu ausersehen, ihn zu besiegen. Sie gewinnen das „große Los“ in der Lotterie. Der Schuster Knieriem und der Schneider Zwirn veschwenden ihr Geld, lediglich der Tischler Leim weiß etwas damit anzufangen und gründet sein eigenes Heim.


In seiner Gesellschafts- und Bildungssatire „Der Talisman“ beschreibt Nestroy die Wirkung von Vorurteilen am Beispiel von Rothaarigen.


Raimund vs. Nestroy

Raimund vertritt die Moral der biedermeierlichen Resignation und Melancholie. Nestroy hingegen ist ein Satiriker, der einen zynisch-pessimistischen Blick auf die Menschen wirft. Beide aber arbeiten anhand von Vorlagen, denn das Postulat der Innovation hat sich noch nicht durchgesetzt.


Franz Grillparzer


§  meist mit dem Biedermeier in Verbindung gebracht, war aber eigentlich Josephiner

  • Im Gegensatz zu Nestroy und Raimund war er Beamter
  • Barockdrama, aber ohne Maschinenzauber und keine Musik
  • Leben ist Symbol, Gleichnis, Traum
  • Mensch ist Marionette seiner Triebe und Impulse, daraus ergibt sich ein typisiertes Menschenbild, eher destruktiv
  • mythologische Stofftradition (v. a. auch in der Oper)
  • historische Stücke, Geschichte als Wiederholung begriffen, nicht wie in der Aufklärung als Veränderung, Mischung aus Geschichte, Moral, Barock und Typisierung
  • Grillparzer war Antinationalist, dennoch Gattung des nationalen Geschichtsdramas

§  Stoff des Märchen- und Mythendramas „Der Traum ein Leben“ von Voltaire, Klinger und Calderon übernommen (In Form eines Angsttraumes wird ein junger Mann von eitler Ruhmsucht geheilt)

  • Einzige Komödie: „Weh’ dem, der lügt“, nicht in Altwiener Tradition
  • Novelle: „Der arme Spielmann
  • Spätwerke: „Die Jüdin von Toledo“ und „Libussa“.



Bürgerlicher Realismus in Österreich

Adalbert Stifter

  • Stifter schrieb sehr realistische Landschaftsschilderungen. Dies brachte ihm den Vorwurf der Pedanterie ein.
  • Die Daseinsordnung wird vorgeführt – der Mensch ist ein Gefangener seiner Leidenschaften und Triebe
  • Stifter ist stark vom Josephinismus geprägt. Dadurch entsteht in seinem Werk eine Synthese aus realistischer Tradition, Aufklärung, christlich-ständischem Denken und Pessimismus.

„Bergkristall“

  • Es erfolgt eine epische Integration im Sinne einer realistischen Ästhetik (verdichtete Symbolfolge). Große Gefühle und Leidenschaften müssen überwunden werden. Ziele sind die Mäßigung und die Erkenntnis der sittlichen Schönheit
  • Stifter nimmt eine christlich-konservative Grundposition ein. Mit seinem „sanften Gesetz“, das v. a. in Bunte Steine, daraus Bergkristall, manifestiert wurde, fordert er die geduldige Hingabe an das Heranreifen des Menschlichen.
  • Das sanfte Gesetz wird im scheinbar Kleinen sichtbar und ist Grund für eine Revolution.
  • Das Individuelle, Besondere, Leidenschaftliche ist Stifter suspekt.

„Der Nachsommer“:

  • In diesem Bildungsroman geht es um den jungen Heinrich, der sich nach und nach durch Gespräche weiterbildet.
  • Der Roman betreibt eine Wesensschau und Pflege der Dinge.

Ferdinand Kürnberger

  • Kürnberger war ein liberaler Sympathisant der Revolution. (+ Realist)
  • Amerika war zu der Zeit der ersehnte Fluchtpunkt für die Massen, die aufgrund politischer und ökonomischer Gründe auswandern mussten (er selbst war einer von ihnen – musste als liberaler Publizist aus Wien fliehen + erlebt in Hamburg Ausländerschicksale – geht daraufhin nach Amerika und lernt dessen Kapitalismus kennen – er kehrt ernüchtert + enttäuscht zurück). Man sprach von den „Europa-Müden“ (– Politik). Kürnberger zeichnet in seinem Lenau-Roman „Der Amerika-Müde“ ein kritisches Bild vom Amerika-Mythos.
  • „Amerika ist ein Vorurteil.“ Amerika erscheint entgegen der Erwartungen als Ort des Betrugs, der Geldgier und des Handelsgeists (– ein oberflächlicher, leerer Lebensstil).

  • Anzengruber schrieb liberale Tendenzstücke, ausgehend vom Volksstück. Darunter befanden sich Bauerntragödien und -komödien sowie soziale Sittenstücke.
  • Er verwendete eine der Schriftsprache angenäherte Mundart. Dies erzeugt bereits eine gewisse Wirklichkeitsnähe.
  • Anzengruber stand auf der liberalen Seite und war Kulturkämpfer. (gg. die Kirche)

Peter Rosegger

  • Rosegger widmete sich dem Thema des bäuerlichen Raums [volkstümliche Literatur als Stoff und Ausdrucksform]. Er selbst stammt von einem Bergbauernhof in der Steiermark.
  • Sein Werk ist volkskundlich ausgeprägt und zählt zur Unterhaltungsliteratur (zielt auf breites Publikum ab). Rosegger selbst wollte aber nicht bloß künstlerisch, sondern auch volkserzieherisch wirken.
  • In „Jakob der Letzte“ schildert er das Vordringen der Industrie und die Verarmung der Bauern. Dies erinnert ein wenig an den Realismus von Innerhofer.
  • Rosegger gehörte wie Anzengruber zum liberalen Lager. Beide schrieben Mundartdichtung.

Karl Emil Franzos

  • Franzos empfand sich als Statthalter der Geknechteten (egal ob Juden unter Deutschen, Polen unter Russen, Ukrainer unter Polen oder Deutsche im Osten).
  • Er schrieb Betrachtungen über das ostjüdische Schtetl („Vom Dom zur Donau“). Diese Tradition führte später Josef Roth weiter, indem er sich mit Galizien und dem ostjüdischen Schtetl (Städtl) beschäftigte.
  • Franzos verfolgte ein zivilisatorisches Konzept auf der Basis des humanistischen Gesellschaftsmodells des 18. Jh.s
  • Weiters schrieb er österreichische Dorfgeschichten. Er betrieb in seinen Werken Milieuschilderung, Sozialanalyse und Sozialkritik (+ -psychologie).
  • „Der Pojaz“ ist zuerst auf Russisch (russ. 1895, dt. 1905) erschienen und ist eine Ghettogeschichte, die an den deutschen Bildungsroman anknüpft.
  • Der Roman „Ein Kampf ums Recht“ handelt von einem ukrainischen Bauernführer. Er kämpft gegen die Unterdrückung seiner Landsleute und Standesgenossen durch die Adeligen. (Eine Michael-Kohlhaas-Geschichte.)

Leopold von Sacher-Masoch

  • Er prägte den Begriff des Masochismus mit seinem Werk „Venus im Pelz“.  Dies ist eine Literarisierung des Masochismus in Form der Unterwerfung vor einer Domina (Wanda).
  • Weiters schrieb Sacher-Masoch „Galizische Geschichten“ und „Polnische Judengeschichten“.

Marie von Ebner-Eschenbach

  • Sie stammte aus österreichisch-mährischem Hochadel. Trotzdem hatte sie einen scharfen Blick für Ausbeutungsverhältnisse, Armut, Entrechtung, Abhängigkeitsverhältnisse und deren Ursachen. Sie war eine Sozialkritikerin.
  • Ebner-Eschenbach beschreibt realistisch und detailliert die Spannungen zwischen Landproletariat und Feudaladel. Sie schildert ohne Sentimentalität mit Ironie und Zynismus. (Stilmittel des Sarkasmus)
  • Ihre Lösung der sozialen Frage ist aber nicht sozialistisch orientiert, sondern zielt auf eine karitative Grundeinstellung der Reichen ab. Es solle eine sittlich-moralische Erneuerung stattfinden, die bei den Besitzenden und Gebildeten beginnen soll.
  • Sie hat eine Vorliebe für Außenseiter und Menschen niedriger Schichten. Im Gegensatz zum sozialistischen Modell, das eine Idealisierung dieser Menschen vornimmt, strebt Ebner-Eschenbach eine realistische Darstellung an.
  • Der Kurzroman „Božena“ schildert die Treue einer Dienstmagd. Er ist eine Sozialanalyse. [= Meisterstück der Erzählkunst + Sozialanalyse]

  • Erzählung aus „Neue Dorf- und Schlossgeschichten“ spielt in der Zeit der Leibeigenschaft, in der der Herr das Züchtigungsrecht besitzt, Heiraten verbieten kann und die Rechtssprechung innehat.
  • Die Weltfremdheit und Willkür einer ungarischen Schlossherrin führt zum Tode eines ihrer Diener. Sie verbietet ihm die Liaison mit seiner Geliebten und lässt ihn zu Tode prügeln.
  • Zu spät will sie ihn auf Flehen seiner Mutter hin begnadigen, denn der Kammerdiener meldet: „Er laßt die Hand küssen, er ist schon tot“. Dieser Satz ist sehr ironisch, da der junge Mann die Redewendung „Er laßt die Hand küssen“ stets verwendet hat.

Ferdinand von Saar

  • schildert das franzisko-josephinische Österreich mit seinen krisenhaften Untergangserscheinungen. [jede meiner Novellen ist ein Stück österreichische Zeitgeschichte] 
  • Eine psychologische Analyse der Figuren, v. a. Frauen, und Zeitdiagnose durchdringen sein Werk („Schloss Kostenitz“: Freiherr von Günthersheim zieht sich mit junger Gattin Klothilde auf Schloss aus Politik zurück, Armee wird stationiert, Graf macht Klothilde Avanven, infiziert sie mit Typhus, sie stirbt, Überblick über Lebensabend des Gatten und weitere Nutzung des Schlosses)

Bürgerlicher Realismus in Deutschland und der Schweiz

  • Es kommt zu einer Kommerzialisierung des literarischen Lebens. Das Mäzenatentum fällt weg und die Autoren werden abhängig von den Marktmechanismen, v. a. von der Zahl der Käufer. Massenliteratur entsteht.
  • Durch die Alphabetisierung steigt die Zahl der potenziellen Käufer an. Es wird eine höhere Stückzahl produziert, das einzelne Stück wird aber billiger und somit für die breite Masse leistbar. Dadurch fällt der Produktionsdruck in der Auftragsdichtung für die Autoren weg und eine freiere Themenwahl wird möglich.
  • Roman und Novelle erleben einen großen Aufschwung, weil sie am leichtesten lesbar sind. In Deutschland bezogen rund 90 % der Leser ihre Bücher in Leihbibliotheken. Zentrum des Zeitschriften- und Verlagwesens war Leipzig. (auch noch in DDR)
  • Die Erfolgsautoren hatten eine Auflage von bis zu 30.000 Stk., waren Großverdiener.
  • Die Literatur von FONTANE oder KELLER, die heute als anspruchsvoll angesehen wird, war damals jedoch auflagenschwach (500-2.000 Stk.).
  • Ein garantiertes Einkommen erhielten die Autoren mit Einträgen in Zeitschriften, die eine hohe Auflage und eine starke Breitenwirkung erzielten. So setzte die Familienzeitschrift Die Gartenlaube 1875 380.000 Hefte ab und kam auf rund 5 Mio Leser. Darin enthalten waren Fortsetzungsromane, Erzählungen und Novellen, kulturgeschichtliche Berichte und Rezensionen. [KEINE Politik]
  • Die neue „Lesesucht“, v. a. der Frauen, wurde jedoch verunglimpft.
  • Romanreihen, Romanzeitschriften und -sammlungen boomten. Die „Deutsche Romanbibliothek“ vertrieb Trivialliteratur, Schemaliteratur, Unterhaltungsliteratur.
  • „Die Gartenlaube“ prägte v. a. das Liebesromanschema der Unterhaltungsliteratur (z. B. Eugenie MARLITT):
    • Mann und Frau lernen sich kennen und verlieben sich ineinander
    • ein Störfaktor stellt sich dazwischen (beim Aschenputtelschema Standesgrenzen)
    • der Störfaktor wird entfernt
    • die Beiden kommen zusammen
  • Die katholisch-mystische-Erbauungsgeschichte handelt von einer Beziehung einer Frau zu Gott. Die Frau muss sich bewähren, die Vereinigung folgt im Tode.
  • [auch Trivialliteratur kann Ideologisches oder Kritisches enthalten]
  • Der bürgerliche Realismus wird hauptsächlich von Politik und Naturwissenschaften fundiert.
  • Säkularisierung und Materialisierung der Weltanschauung prägen das Denken. Man geht in der Betrachtung vom Jenseits ins Diesseits hinüber.
  • ð Philosophie

  • Feuerbach trat für die Auflösung der Religion in die philosophische Anthropologie ein.
  • In „Das Wesen des Christentums“ (1841) untersucht er die christliche Religion. Er meint, die Bibel sei ein Spiegel derer, die sie verfasst haben und somit ein Spiegel der Gesellschaft dieser Zeit.
  • Die Bibel ist eine Projektion des Menschen in den Himmel: Gesetzgebung, Mensch erschafft Gott als Vaterfigur, Maria als Mutterfigur.
  • Feuerbach übte Einfluss auf die Literatur, Philosophie und das Geistesleben aus. Sein einziges Gesetz war: „Homo homini deus est.“

Arthur Schopenhauer

  • „Die Welt als Wille und Vorstellung“ (1819)
  • Schopenhauer war ein Verächter der Politik, der Geschichte und der Zivilisation. Er wandte sich von Staat und Gesellschaft ab.
  • Die Geschichte ist für ihn ein Kreislauf: Der blinde, ziellose, zerstörerische Wille der Menschen führt zu einem sinnlosen Kampf aller gegen jeden.
  • Er war ein Gegner der politischen Umwälzung der Schweiz, Frauenfeind, Menschenfeind und Hypochonder. Er vermutete überall Krankheiten, Diebe und Mörder.

Charles Darwin

  • Darwins Evolutionstheorie von 1859 hatte einen großen Einfluss. Er wurde jedoch im Laufe der Zeit falsch interpretiert, v. a. von den Nazis.
  • In seiner Auslesetheorie meinte Darwin, die natürliche Auslese hängt auch mit Faktoren wie Geschicklichkeit und Anpassung an die Umweltbedingungen zusammen. Außerdem konstruierte er seine Theorie für das Tierreich.
  • Die Sozialdarwinisten übertrugen diese eins zu eins auf die Sozietät und betrachteten sie nur mehr als das Prinzip vom Überleben des Stärkeren.

  • Nietzsche war weniger prägend für die Zeit. Er war Verfechter eines Heroenkults und zwiespältig.
  • Er war Individualist und Staatsgegner, erhebt aber einen elitären Ideenanspruch. Er kritisiert den epigonalen, sterilen Historismus (i. S. v. Eklektizismus, unzeitgemäße Betrachtungen). Weiters verachtet er den Antisemitismus.
  • Nietzsche glaubt an die Kunst und an die irrationale Vitalität des Menschen

Literatur des Realismus

·         Die Autoren des Realismus strebten NICHT die Gleichsetzung von Dichtung und Wirklichkeit an. Ihr Ziel war die ästhetische Bewältigung von Spannungen zwischen subjektiver Darstellung und objektiver Wirklichkeit.

·         Sie traten für die Darstellung des Wahrscheinlichen ein. Weiters wandten sie sich gegen das nur Subjektive (Romantik) und gegen das nur Objektive (Jungedeutsche, Naturalismus).

·         Konflikte werden poetisch entschärft und ausgeglichen. Im Gegensatz zum europäischen Realismus lauteten die Postulate der Deutschen Realidealismus und Verklärungstheorie.

·         Ein Zuviel an Realismus würde das Ende des Poetischen bedeuten. Die Literaten waren zwar realistisch in Bezug auf Zeit und Ort, aber unrealistisch in Bezug auf Krankheit, Elend, Sinnlichkeit. Körperliches wird nicht dargestellt ® vgl. „Effi Briest“.

  • Gustav Freytag: „Die Technik des Dramas“
  • Freytag betrieb darin eine Normpoetik und eine deskriptive Poetik. Er erstellt eine Typologie des Dichter(/n?)s und der Gattungen.
  • Seine Poetologie ist eine Idee, wie hochwertige Literatur zu produzieren ist.
  • In der Gattungspoetik des 19. Jh.s. steht das Drama an der Spitze.
  • Das klassische Drama dient als Basis (rückwärtsgewandtes System):
    • Ständeklausel
    • symmetrischer Aufbau/Pyramidenschema:
    • Exposition (Vorstellen der Figuren)
    • Aufbau
    • Umschwung
    • Moment der letzten Spannung (fallende Handlung)
    • Katastrophe
  • Die Ideologie der Gründerzeit zielte auf das Unterhaltungsbedürfnis ab. Man produzierte historische Dramen, mythologische Dramen und Lustspiele (Posse, Lokalstück, bürgerlicher Schwank).
  • Adolf Wilbrandt schrieb v. a. historische und mythologische Dramen

Friedrich Hebbel

  • Friedrich Hebbel schrieb poetologische und philosophische Tragödien. Er steht der Revolution von 1848 zuerst sympathisierend gegenüber. In seinen Figuren stellt er ausgeprägte Individuen, v. a. Frauen, dar. Die detaillierte Beschreibung der Individuen und des Subjektiven grenzen ihn vom Trivialen ab.
  • „Maria Magdalene“: am meisten ausgeprägt
  • „Judith“ (1840)
  • „Herodes und Marianne“ (1849)
  • Es geht bei Hebbel immer um Menschen, die sich gegen alle anderen auflehnen. Daraufhin, folgt die Katastrophe und der Untergang des Individuums, das der Mitwelt unterliegt.
  • Er beschreibt die große Macht des Schicksals (anachronistischer Schicksalsgedanke). Man warf ihm vor, den ästhetischen Bedürfnissen nicht nachzukommen. Weiters kritisierte man an ihm historische Willkür.

Otto Ludwig

  • verfolgt das Prinzip der Verklärung:
  • Realistisches Theater soll realistischen Prinzipien folgen. Aber nur hinsichtlich Ort, Zeit, Requisiten und Menschendarstellung. Aufgrund des Verklärungswillens, bleiben Krankheit, physische Gewalt und Sexualität ausgeblendet. (→ poetischer Realismus)
  • „Der Erbförster“ (1850) ist eine schaurig-romantische Schicksalstragödie.
  • Die Arbeiterbewegung dieser Zeit wird anhand des Geschichtsmodells mit anachronistischem Schicksalsgedanken erklärt.
  • Das Drama ist gekennzeichnet durch Missverständnisse, Verwechslungen, Zufälle und grelle Schauereffekte.

Richard Wagner

·         Seine Jünger bezeichnen sich als Wagnerianer.

·         Er war Sympathisant der anarchistischen Revolution und musste 1848 fliehen. In der Folge wanderte er (mit den Jahren) politisch von ganz links nach weit rechts und wurde vom Sozialrevolutionär zum „aristokratischen Schmarotzer“ und Antisemiten.

·         Ludwig II (psychisch krank) finanzierte ihn und errichtete ihm ganze Bauten. In Bayreuth war er Mittelpunkt eines Kreises (Wagnerianer) und wurde wie ein Gott verehrt. Man betrachtete ihn als Meister.

·         Darin betreibt er Gattungsästhetik und Sozialutopie (Änderung der Gesellschaft).

·         Wagner sieht die Sonderstellung der Kunst als Schlüssel für die sozialen Probleme. Er will das „rein Menschliche“ erreichen: „Parzival“ (christl. Mysterienspiel).

·         [Auch Nietzsche sieht die Kunst als Schlüssel, doch aus ideologischen Gründen bricht er nach langer und enger Freundschaft mit Wagner: „Jenseits von Gut und Böse“.]

·         Bei Wagner soll die Trennung von Drama, Theater und Musik durch die Nationaloper aufgehoben werden. Sie soll Menschen im Sinne des „rein Menschlichen“ und Mystischen verbinden.

·         Am Ende vertritt Wagner eine elitäre und rassistische Auffassung und ist durch das Nationale und „Rein-Menschliche“ im Sakralen und im Mythos verhaftet.

Lyrik des Realismus

  • Die Vertreter des Vormärz und des Jungen Deutschlands schreiben politische Lyrik.
  • Das kritische, karikierende, sozial-revolutionäre Lied muss nach 1848 wegen der Zensur und mangelndem Publikum aufgehoben werden. Emigrationsziel der Autoren ist Paris.
  • Mit dem klassischen romantischen Seelen- und Erlebnislied erfolgt ein Rückgriff auf Traditionelles.
  • Die Autoren beschworen das ewig Schöne. Formen sind das Abendlied, Abschiedsverse und Versgesänge.
  • Das klass. romant. Seelen- und Erlebnislied wurde als die reinste Ausführung lyrischer Dichtung angesehen.
  • Friedrich Hebbel: volkstümlich wirkende strophische Liedformen („Ich und Du“)
  • Gottfried Keller: politische Tendenzlyrik, Natur- und Liebeslieder
  • Theodor Storm: Fortsetzer und Vollender klassisch-romantischer Lyriktradition (Goethe, Storm, Claudius, Uhland, Mörike), Gedichte (1852): Themen sind Liebe, Tod, Landschaft
  • Theodor Fontane: Balladen mit eigenem Stil und schottisch-englischen Sujets (historisch), Exotismus: Lust am Fremden, Patriotisch in der Lyrik
  • Emanuel Geibel: ahmt kanonisierte Vorlagen nach: Sonett (im Distichon: 1 Zeile Hexameter und 1 Zeile Pentameter), Mittelpunkt ist das Schönheitsideal, Großteil der Lyrik vertont
  • Conrad Ferdinand Meyer
    • erster symbolischer Sprachartist, Gedichte (1882)
    • Gegenstand wird verdichtet und symbolisch gehoben
    • Autonomiebegriff: Dichtung als Bereich einer eigenen Wahrheit ® pseudo-religiöse und metaphysische Erlösungsfunktion von Literatur (Trivialitäten des Lebens)
    • „Die Regeln der Kunst“: Bezug auf Frankreich, Kunstsoziologie
    • die feinen Unterschiede sind die Geschmacksgewohnheiten
    • berühmteste Ballade: „Die Füße im Feuer“
    • Das Versepos ist eine rückwärtsgewandte Gattung. Sie ist im bürgerl. Realismus sehr beliebt und erfolgreich.

  • Roman, Novelle und Kunstgedichte – Gattungen waren stark mit Entwicklung des Bürgertums verbunden

Wezel

  • Nach Wezel ist der Roman eine bürgerliche Epopöe
  • Seine gattungspoetologische Forderung: Darbietung einer Totalität, einer repräsentativen Welt- + Lebensanschauung.
  • → Schilderung der gesamten Gesellschaft in der individuellen Gegebenheit
  • [diese Idee taucht auch wieder in Hegels „Ästhetik“ auf]

Hegel

  • hat Konflikte zw. Individuum + Gesellschaft betreffend eine repräsentative Position inne
  • unterscheidet Poesie des Herzens (positives Menschenbild) und Prosa der Verhältnisse
  • Mensch wird zur realen Wirklichkeit erzogen (sozialisiert) → Entwicklungsroman
  • Neues Thema: bürgerliche Arbeit (idealisiert) und damit:
  • → Funktion des Geldes für Bürgerliche (Bankwesen)
  • → Funktion des Geldes im kapitalistischen System
  • [v. a. bei Schmidt + Freytag; besonders auch in F]

Otto Ludwig

  • Neuerung: das Realistische wird idealisiert
  • (= Widerspruch! – Kompromiss: real-idealistisch)
  • Resignative Grundhaltung der Erzähler
  • Figuren sind desillusionierend dargestellt [Raabe(?), Fontane]
  • Verklärungspostulat: (ausgehend von den Werten des Besitz- + Bildungsbürgertums)
  • → Realität muss verklärt werden (Körperlichkeit, Sexualität, Krankheit)
  • → Festhalten an einem allgemeinen Humanitätsideal (säkularisiert)
  • [Zeitroman: enger Bezug zur Gegenwart – „verklärt“;
  • Geschichtsroman: historisch – Geschichte wird nicht idealisiert]

  • „Die Ritter vom Geiste“ (1851) = Zeitroman
  • Neuerung: sog. „Roman des Nebeneinander“:
  • → unterschiedliche Perspektiven, → aufgefächerte Handlung, = Versuch der Widerspiegelung der Gesellschaft

Freytag

  • „Soll und Haben“ (1855) = Zeitroman
  • die bürgerliche Arbeit steht hier im Zentrum (Kaufmannsstand)
  • Arbeit dargestellt als Medium der freien Entfaltung der ganzen Persönlichkeit
  • Ideologie des schrankenlosen Kapitalismus (ökonomischer Erfolg =am wichtigsten; → antislawisch + antisemitisch), Zirkulierendes Geld als Weltgeist

Vischer

  • „Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft“ (1879) gehört zur historischen Dichtung
  • = parabolisch: an Geschichte wird etwas für Gegenwart illustriert
  • bzw. germanische Geschichte wird gefeiert
  • = trivialliterarisch: Unterhaltungsfaktor in Zusammenhang mit Parabolischem

Theodor Storm

  • = föderalistischer Demokrat, musste wegen Aufstand ins Preußische [Exil – zum Landvogt gewählt], schrieb kurze Novellen, sentimentale Verinnerlichung des dürftigsten Alltagslebens, biedermeierlicher Stil
  • Milieu des kleinstädtischen Mittelstands wird beschrieben → Zuwendung zu Kleinstadt (Kaufleute, Handwerker), „Immensee“ (1850): Erinnerungsrahmen + Binnenhandlung
  • seine Technik ist die Aufteilung zw. Rahmen und Binnenteil, → Sozialpsychologie wird schärfer
  • [1870er/80er: Literatur hat sich sozialpsychologisch zugespitzt, was eine Gewinn an Realitätsnähe mit sich bringt → Familie, Beziehungen, Alkoholismus (Vorläufer des Naturalismus)]
  • „Viola Tricolor“ (1874), „Carsten Curator“ (1878), „Der Schimmelreiter“ (1888): doppelter Rahmen (2 Manuskripte) (-)anonymer Ich-Erzähler findet (-)Skript eines Schulmeisters
  • → Geschichte von seinem sozialen Aufstieg zum Deichrat: will dem Meer durch einen Deich Neuland abtrotzen
  • ist begabt + ehrgeizig, aber scheitert am eigenen Machtanspruch [= Überhebung] → Dammbruch
  • er repräsentiert den Aufsteiger, den Ehrgeizigen, den Aufklärer
  • → Kritik am gründerzeitlichen Kapitalistentypen, der durch seine Durchsetzungskraft etwas schafft

  • War (Schweizer +) von der Philosophie Feuerbachs beeinflusst, → radikale Anthropologisierung des Christentums, [war in späten Jahren in Zürich – bekam vom Magistrat lebenslängliches Stipendium für seine Beamtenarbeit]

„Der grüne Heinrich“

  • = Bildungsroman in 4 Bänden
  • industrielle Emanzipation + Entwicklung
  • Desillusionierung des Menschen durch Bildung (Mensch wird z. wahren Menschen)
  • Widerspruch zw. Idealen, Sehnsüchten + Wertvorstellungen des Individuums
  • + den gesellschaftlichen Forderungen (= altes Thema aus Sturm + Drang)
  • Schilderung des scheinbar Unbedeutenden, Banalen
  • Inhalt: [1. Fassung:] Maler aus bürgerl. Hause hat hohe Ambitionen, aber endet als Beamter; in Kindheit + Jugend beginnt er nach seiner Phantasie Landschaften zu malen, (als negativ dargestellt) – sammelt Erfahrungen in der Fremde; Er lernt 2 Traumfrauen kennen (sie symbolisieren sein Schwanken): Judith = kräftig, stolz, sinnlich, Anna = durchschnittlich, still, in sich gekehrt → er entscheidet sich nicht – Anna stirbt, Tortchen Schönfund macht ihn mit der Philosophie Feuerbachs bekannt, → er will etwas sozial Sinnvolles leisten: schwört der Kunst ab, da er sich für seine im Sterben liegende Mutter verantwortlich fühlt
  • [2.Fassung:] Er wird Beamter; Judith kehrt aus Amerika zurück + erfreut ihn; Er streicht die kritischen Ansichten (i. B. auf Staat, Kirche + Schule) → distanzierte Betrachtungsweise
  • Erzählverhalten: 1.Fassung: gemischt, 2.Fassung: nur mehr Ich-Form
  • → Roman gegen die Kunst als Ausdruck eines subjektiven Willens (elegischer Künstlerroman)


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