Volksrepublik
China
Selbstbild und Fremdbild
einer aufsteigenden Nation
Fachbereichsarbeit aus Geschichte, Sozialkunde und Politischer
Bildung
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 5
2 Geschichte
Chinas im 20./21. Jahrhundert 6
2.1 100 Jahre der Demütigung 6
2.2 Mao 13
2.3 Deng Xiaoping 16
3 Selbstbild
und Fremdbild 19
3.1 Die Entstehung des Selbstbildes
und die Frage der Pressefreiheit 19
3.2 Tibet 23
3.3 Tiananmen-Massaker 35
3.4 Olympische Spiele 2008 in Beijing 38
3.5 Yangtse-Staudamm 42
4 Chinas
Zukunft 46
4.1 Umwelt 46
4.2 Die Folgen der Ein-Kind-Politik 49
4.3 Taiwan/Republik China 50
5 Praktischer
Teil 53: Interview mit Alt-Bürgermeister Alfred Stingl 53
6 Schlussbemerkungen 59
7 Arbeitsprotokoll 61
8 Anhang 63
8.1 Dokumente 63
8.2 Bilder 72
Literatur- und Quellenverzeichnis 73
Vorwort
China. Ein Land, das so fern ist, und doch so nah. Um mit China in
Berührung zu kommen, muss man nicht unbedingt in den Fernen Osten reisen. Denn
China ist heutzutage überall: der Großteil unserer Kleidung oder unserer
technischen Geräte werden dort hergestellt, eine Wirtschaft ohne China wäre undenkbar,
und auf politischer Ebene tanzt die Welt, wie man am Beispiel Taiwan sehen
kann, auch nach Chinas Pfeife.
China mischt in der ganzen Welt mit – und trotzdem: es
interessiert uns nicht. Wenn nicht gerade Aufsehen erregende Dinge, wie die
Olympischen Spiele, passieren, ist China für uns noch immer das Land des ewigen
Lächelns, das von Kommunisten regiert wird, die jeden Menschen umbringen, der
nicht ihrer Meinung ist, und das eine Bevölkerung hat, die ihre Haustiere isst.
Doch wie ist China wirklich?
Ausschlaggebend für mein Interesse an China war ein Vortrag an der
Karl-Franzens Universität, in welchem über die gewaltige Ungleichheit zwischen
Arm und Reich in China referiert wurde.
Reich? In einem kommunistischen Land?
Ich begann, mich näher für die Diskrepanz zwischen der Ideologie und
der wirtschaftlichen Realität zu interessieren. Wie ist es möglich,
kommunistische Politik zu führen, während man das wohl kapitalistischste
Wirtschaftssystem der Erde hat?
Mein Interesse wurde natürlich durch die Aufstände in Tibet im
Jahr 2008/2009 verstärkt. Als ich schließlich das Thema Tibet in meiner Familie
ansprach, stellte sich heraus, dass alle meine Großeltern Heinrich Harrer
persönlich gekannt hatten, und dass er, hätte meine Großmutter eingewilligt,
fast mein Großvater geworden wäre. Nicht nur sein Buch „Sieben Jahre in Tibet“,
das ein Klassiker der Tibetliteratur ist, sondern auch die Verfilmung des
Buches prägen nach wie vor das Bild des alten Tibet. Wegen meines persönlichen
Bezugs zu diesem Thema wird die Tibet-Problematik als eines der drei T-Probleme
Chinas (Tibet, Taiwan und das Tiananmen-Massaker) am genauesten behandelt.
Schließlich fanden 2008 die Olympischen Spiele in Beijing statt,
und der Welt wurde ein einmaliges Beispiel der Selbstdarstellung geboten. Da
ich schon lange den Wunsch hatte, in Geschichte und Politischer Bildung eine
Fachbereichsarbeit zu schreiben, formte sich in mir immer mehr der Wunsch,
diese Arbeit über China zu schreiben. Für die Themenfindung ausschlaggebend war
die chinesische Internetseite german.cri.cn, auf welcher die offiziellen
chinesischen Nachrichten auf Deutsch zu finden sind. Denn die Nachrichten auf
dieser Seite behandelten zwar den gleichen Inhalt wie unsere, stellen sie aber
häufig vollkommen anders dar.
Damit hatte ich mein Thema „Volksrepublik China: Selbstbild und
Fremdbild einer aufsteigenden Nation“ gefunden. Mit Begeisterung stürzte ich
mich in die Arbeit, stieß jedoch bald auf verschiedene Schwierigkeiten, vor
allem, was die Informationsbeschaffung betraf. Die offiziellen chinesischen Internet-Seiten
herauszufinden war schon eine Herausforderung. Meine Versuche, über die
chinesische Botschaft in Wien mehr zu meinem Thema zu erfahren, schlugen fehl,
da ich auch nach mehrmaligen Kontaktversuchen nicht einmal eine Antwort
erhielt.
Aber ich musste auch die Erfahrung machen, dass viele westliche
Quellen das Thema China reißerisch und einseitig behandeln. Mit der Zeit lernte
ich jedoch, objektive Quellen herauszufiltern. Die schwierigste Aufgabe war jedoch,
bei solch aktuellen Themen aufzuhören und irgendwo einen Schlussstrich zu
ziehen.
Ein besonderes Erfolgserlebnis war für mich die Begegnung mit
Alt-Bürgermeister Alfred Stingl, der mich nicht nur mit seiner Geradlinigkeit
und seinem Fachwissen, sondern auch menschlich beeindruckte. In drei Treffen
stand er mir als Interviewpartner zur Verfügung und verschaffte mir mehr
Klarheit vor allem zur aktuellen Situation Tibets. An dieser Stelle sei ihm
herzlichst gedankt.
Mein Dank gilt auch Professor Ernst Steinkellner, der mir durch
seinen Vortrag an der Karl-Franzens-Universität einen besseren Einblick in die
tibetische Geschichte verschafft hat und mir diesen Vortrag freundlicherweise
auch per E-Mail zukommen ließ.
Besonders danke ich auch Frau Prof. Brigitta Sedlnitzky, die nicht
nur mein Interesse für Geschichte schon in der Unterstufe erweckt hat, sondern
auch mein Thema angenommen hat und mir während der Arbeit stets mit Rat und Tat
zur Verfügung stand.
Mein ganz herzlicher Dank gilt meiner ganzen Familie, die den
Ideen für diese Arbeit mit Enthusiasmus begegnet ist und meine Launen ertragen
hat.
Graz, Februar 2010
Foreword
China – a country – so
far away and yet is so near. To come in touch with China, you don’t have to
travel the world, because step by step China has become part of our everyday life.
If it is the T-Shirt you’re wearing or your mobile phone – it’s most likely
that it was produced in China. Economy without China is unthinkable and as a
result of this, international politicians do not act against China’s wishes, as you can see at the example of Taiwan.
And still: we’re not particularly interested in China. If no startling things happen like the Olympic Games of 2008, China is still a mysterious country to us, which is ruled by communists, in which everybody
gets killed, when he dares to criticize the government and where the people are
eating their pets. The question is: are our prejudices
true?
A lecture at the Karl-Franzens University about China raised my interest. In this lecture the gap between the rich and the poor
in China was discussed. Rich? In a communistic country?
I started to get more and more interested in the
discrepancy between China’s politics and its economy. How could it be possible
to be a communistic country, but at the same time to have one of the most
capitalistic economic systems in the world?
When there were turmoils in Tibet at 2008, my interest for China grew even stronger than before. As I started talking to my
family about this, it turned out that apparently both of my grandparents had
known Heinrich Harrer, who had once been the teacher of the Dalai Lama, and
that he, if my grandmother would have agreed, would have become my grandfather.
His book “Seven in years in Tibet”, a classic in the literature about Tibet, and its film adaptation still coin our picture of Tibet. As a consequence of this personal connection,
Tibet is going to be the main focus of my work. The rest of the 3-T-problems
of China (Taiwan, the Tiananmen-massacre and Tibet) will also be discussed in
this paper.
When I found the website german.cri.cn, I
had found my topic. This website contains Chinese news written in German. This
news have the same content as our news, but are seen from a completely different
point of view. So I decided to examine the differences of these standpoints.
It was an interesting journey and I’m glad that
I decided to write this paper. After a year of research and writing, I now do understand
much more about the Chinese culture of today and how it affects our world.
Graz, February 2010
1
Einleitung
Die Vorfälle in Tibet im Jahr 2008 haben gezeigt, dass zwischen
den Darstellungen dieser Geschehnisse in westlichen Medien im Vergleich zu
jenen in chinesischen Medien eine deutliche Diskrepanz herrscht. In dieser
Arbeit soll erklärt werden, wie das Selbstbild Chinas entstanden ist. Anhand
bestimmter Themengebiete wird das Fremdbild, das die westliche Welt von China
hat, mit dem Selbstbild Chinas verglichen.
Für das Verständnis dieses Themas wird zuerst die Geschichte
Chinas von der ausgehenden Kaiserzeit bis zum 20./21. Jahrhundert aus
westlicher Sicht geschildert. Die Grundlage dafür bildet eine im Jahr 2009
erschienene Darstellung von Sabine Dabringhaus erschienen im renommierten C. H.
Beck Verlag. Dieser Überblick arbeitet die Grundlagen für die Entstehung des
chinesischen Selbstbildes heraus, nämlich Nationalismus und fehlende Meinungs-
und Pressefreiheit.
Im zweiten Abschnitt wird die Entstehung des Selbstbilds Chinas
und seine Auswirkungen an den Beispielen Tibet, Tiananmen-Massaker,
Yangtse-Staudamm und Olympische Spiele 2008 gezeigt und mit dem Fremdbild
verglichen. Diese Ausführungen stützen sich nicht nur auf Printmedien, sondern
auch auf aktuelle, zuverlässige Internetquellen und Video-Dokumentationen.
Im dritten Großkapitel werden die Umweltproblematik, die Folgen
der Ein-Kind-Politik und die Taiwan-Frage aus rein westlicher Sicht
dargestellt.
Abgerundet wird die Arbeit mit einem Interview mit
Alt-Bürgermeister Alfred Stingl zum Thema Tibet, das aber auch über diese
Thematik hinaus ein interessantes Bild von China gibt.
Der Anhang gliedert sich in einen Dokumenten- und einen Bildteil.
Er umfasst Quellen, die in den vorhergehenden Kapiteln nur gekürzt
wiedergegeben werden, und das Thema ergänzendes Bild- und Quellenmaterial.
2 Geschichte Chinas im 20./21. Jahrhundert
Um das China von heute zu verstehen, muss man das China von
gestern kennen. Denn nichts hat China derart geprägt wie das 20. Jahrhundert,
in dem es von einem unterdrückten Staat in der Hand der Westmächte (19. Jh.)
zur wirtschaftlichen Supermacht unserer Zeit (seit den 1990er Jahren) wurde.
Die folgende Darstellung erfolgt vor allem aus westlicher Sicht.
In diesem Großkapitel werden die historischen Ereignisse der letzten
200 Jahre vorgestellt, die das China von heute am meisten geprägt haben: die
100 Jahre der Demütigung, die für den Nationalismus in China verantwortlich
sind und Mao Zedong, dessen kommunistische Diktatur bis in die Gegenwart
weitreichende Folgen hatte. Anschließend wird Deng Xiaoping behandelt, der
durch seine Reformen China wirtschaftlich dorthin gebracht hat, wo es heute
steht.
2.1 100 Jahre der
Demütigung
Bis ins 19. Jahrhundert hinein war China das größte Kaiserreich
der Erde. Doch die Zeit, die heute in China als „100 Jahre der Demütigung“
bezeichnet wird, brachte zahlreiche Unruhen sowie kriegerische
Auseinandersetzungen mit sich und hat bis in die heutige Zeit reichende Folgen.
Der Untergang der jahrhundertelang bestehenden Kaiserdynastie
begann bereits mit der Taiping-Bewegung (1851-1864) in Zentralchina, die das
Land in einen Bürgerkrieg stürzte. Es starben insgesamt 30 Millionen Menschen
und weite Teile des Landes wurden zerstört.
Beinahe zeitgleich bedrohten die Nian-Rebellen (1853-1868) und muslimische
Aufständische in den Grenzprovinzen des Südwestens (1855-1873) und des
Nordwestens (1862-1878) die kaiserliche Autorität. Die Aufstände konnten nur
mit Hilfe unabhängiger Provinzarmeen niedergeschlagen werden. Diese
aufrührerischen Bewegungen wurden vor allem durch die fehlenden Reformen und
die daraus resultierenden Missstände und die oft bittere Armut der Bevölkerung
hervorgerufen.
Schlussendlich waren es die Opiumkriege (1839-1842, 1856-1860) und
die anschließenden „Ungleichen Verträge“, die die Kaiserherrschaft zu Fall
brachten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich China nämlich komplett von der
westlichen Welt isoliert und weigerte sich standhaft, die westlichen
Imperialmächte in das Land zu lassen. Die westlichen Imperialmächte waren vor
allem auf der Suche nach Absatzmärkten für Fertigwaren und Quellen für neue
billige Rohstoffe. China jedoch verhinderte so gut wie möglich jeglichen
wirtschaftlichen Einfluss der Imperialmächte und beschränkte den Handel mit dem
Ausland. Doch seit 1800 überschwemmten die Briten den chinesischen Markt mit
Opium und der Großteil der chinesischen Bevölkerung wurde süchtig und krank.
Selbst ein kaiserliches Verbot wurde von englischen Geschäftshändlern
ignoriert, die die Droge weiterhin gegen Seide, Porzellan und Tee verkauften.
Dies führte schließlich zu den Opiumkriegen, die mit der Niederlage Chinas
endeten. Nun diktierten die westlichen Imperialmächte in den „Ungleichen
Verträgen“ ihre harten Friedensbedingungen; China musste mehrere Häfen für den
europäischen Handel öffnen sowie die Handelsbestimmungen und Bewegungsfreiheit
für Ausländer erweitern. Hongkong fiel als Kolonie an England und 1898 musste
China schließlich weitere Gebiete an die westlichen Großmächte (Russland,
Frankreich, England und das Deutsche Reich) abtreten. Von nun an wurde China
rücksichtslos wirtschaftlich ausgebeutet, was zu einem stark ausgeprägten
Fremdenhass in China führte, der auch heute noch deutlich spürbar ist.
Dieser Fremdenhass fand seinen Höhepunkt im Boxeraufstand von 1900, der aber
blutig niedergeschlagen wurde.
Doch die Öffnung Chinas hatte nicht nur negative Folgen für den
Vielvölkerstaat. Durch die zahlreichen Kaufleute, Kolonialbeamten, Gelehrten
und Missionare aus dem Ausland kamen erstmals neue Sichtweisen nach China. So kam
es zum Beispiel zur Entwicklung eines chinesischen Pressewesens, das es bis
dato noch nicht gegeben hatte. Allerdings wurden die ersten Zeitungen von
Missionaren herausgegeben. Erst in den 1870er Jahren wurden die ersten
chinesischsprachigen Zeitungen gedruckt.
Die gebildete Schicht Chinas erwarb neues Wissen in Europa oder
den USA, was zur Folge hatte, dass das bis dahin bestehende konfuzianische
Weltbild zu bröckeln begann.
„Ihre neuen Karrierewege entfernten sich auch von dem
traditionellen kaiserlichen Bildungs- und Prüfungswesen. Die Übernahme
westlichen Wissens führte langfristig zu Veränderungen in zentralen Bereichen
des konfuzianischen Herrschaft- und Gesellschaftssystems.“
Doch dieses Wissen sollte nicht zum Umsturz des Kaiserreiches oder
dergleichen dienen. Vielmehr hatte die chinesische Führung nach den
Opiumkriegen erkannt, dass es höchste Zeit für Reformen war, und dass China
ohne das Wissen des Westens jenem auf Dauer unterliegen würde. Sich Wissen aus
dem Westen anzueignen, es zu überarbeiten und schließlich für eigene Zwecke zu
nutzen, ist seither die Strategie der Chinesen.
So entstand die sogenannte Selbststärkungsbewegung.
„Die Selbststärkungsbewegung (ziqiang yundong) der 1870er bis
1890er Jahre bemühte sich erstmals um eine Anpassung des Konfuzianismus an die
westliche Moderne. Ihre Vertreter waren davon überzeugt, dass sich der
Konfuzianismus ohne tief greifende Veränderungen des Herrschafts- und
Gesellschaftssystems mit westlicher Technologie verbinden lasse. […]
In zahlreichen Provinzen erstanden Infrastrukturprojekte,
Fabriken und Kohleminen, die von Kaufleuten unter der Kontrolle von Beamten
geführt wurden (guandu shangban).“
Allerdings konnten diese ersten Entwicklungsprojekte, die
teilweise nach ausländischem Modell entstanden, nicht landesweit Fuß fassen, da
die konservativen Kräfte Chinas dies zu verhindern wussten.
Es entstand nebenbei aber auch noch eine Bewegung, deren
Mitglieder Anhänger der „Neutextschule des Konfuzianismus“ waren.
Ihre wichtigsten Werke waren unter anderem Schriften der Evolutionstheorie und
des Sozialdarwinismus.
Sie schlossen aus diesen Schriften, dass Chinas Überleben von der Integration
in das internationale Staatensystem abhängig sei.
Hier tat sich besonders Kang Youwei hervor, der ein Reformprogramm
erstellte, das auch während der Zeit der Hundert-Tage-Reform Unterstützung
durch den Kaiser Guangxu fand. Für ihn gab es ein Konzept für den
gesellschaftlichen Fortschritt, das er in drei Stufen charakterisierte:
das Chaos (juluan) = absolute Monarchie
der aufsteigende Frieden (shengping) = konstitutionelle Monarchie
der universale Frieden (Taiping) / die große Harmonie (Datong) =
Republik
Allerdings wurde diese Reforminitiative durch konservative Kräfte
– allen voran die Kaiserinwitwe Cixi – unterlaufen. Dazu kam noch, dass China,
trotz modernisierter westlicher Kriegstechnologie, den Krieg gegen Japan
(1894/1895) verloren hatte, was zum Verlust Taiwans und zum Imperialismus in
China führte. 1898 zettelte die konservative Fraktion am Kaiserhof eine Art
Militärputsch an, wobei die Reformer ihrer Ämter enthoben wurden. Kaiser
Guangxu selbst wurde unter Hausarrest gestellt.
Auf dem Kaiserhof verhärteten sich die Fronten zwischen den
Anhängern der Kaiserinwitwe Cixi und den Anhängern des Kaisers, was nur noch
deutlicher machte, dass dem Staat eine starke Führungsfigur fehlte.
Dies erleichterte den Reformkräften den langsamen Weg zur
Republik.
Ausschlaggebend hierfür war Liang Qichao, der ehemalige Schüler
Kang Youweis, der vor allem durch öffentliche Reden und revolutionäre
Zeitschriften, die er aus dem Exil in China verbreitete, die Qing-Regierung zu
einer Umstrukturierung des kaiserlichen Hofs brachte. So verwarf Qichao auch
die Idee seines Lehrers, den Konfuzianismus zu bewahren. Für ihn stand die
Bildung einer modernen Nation im Vordergrund.
Es fanden radikale Veränderungen am Kaiserhof statt. Die gesamte
Verwaltungsstruktur wurde modernisiert und die kaiserlichen Staatsprüfungen wurden
im Jahre 1905 abgeschafft. Diese Staatsprüfungen hatten verhindert, dass auch
nur irgendjemand ohne diese Prüfung, bei der die gesamten Schriften des
Konfuzius abgefragt wurden, eine höhere Stellung erlangen konnte. In weiterer
Folge entdeckte man die Kraft der Schrift, um das Volk zu beeinflussen.
Aber auch sonst fanden viele Veränderungen statt: mit der
Anti-Opium-Politik wurde der Anbau und der Vertrieb der Droge bekämpft,
Gesundheitsversorgung, Schul- und Polizeiwesen wurden reformiert und Verbote
gegen Glücksspiel, Pfandleihe und Prostitution verhängt.
Trotzdem ging es mit der Qing-Dynastie bergab. China verlor 1885
Vietnam an Frankreich, 1905 die Südmandschurai, 1910 Korea an Japan und 1911
die äußere Mongolei, die ihre Unabhängigkeit erklärte.
Das jähe Ende des Kaisertums kam mit der Abdankung des erst 6-jährigen
Kaisers Puyi am 12. Februar 1912. Doch so plötzlich der Einsturz auch war:
überraschend war er nicht. Nach dem Tod der Kaiserinwitwe Cixi und des Kaisers
Guangxu im Jahre 1908 herrschten vor allem konservative Kräfte am Hof, die die
Macht der Kaiserdynastie stärken wollten. Durch zahlreiche politische Aktionen,
die eben auf dieses Ziel ausgerichtet waren, zogen sie den Zorn der Reformer
auf sich. Die Regierung beging aber auch den Fehler, die nationalistischen
Gefühle der Bevölkerung zu missachten, indem sie vermehrt Geschäfte mit den
Ausländern machte. So kam es, dass der Revolutionär Sun Yatsen ein breites
Publikum für seine Umsturz-Ideen hatte. Mit Auslandschinesen verbreitete er von
Japan aus vor allem im Militär sein Gedankengut. Es kam schließlich zu einer
Armeerevolte, bei der auch viele Soldaten von der kaiserlichen Armee ins
feindliche Lager überliefen. Der Sieg über den Kaiserhof erfolgte selbst für
die Revolutionäre überraschend schnell.
Sun Yatsen war allerdings nur sechs Wochen in der Regierung.
Danach verzichtete er zugunsten von Yuan Shikai auf das Präsidentenamt. Dieser
übernahm dieses Amt im März 1912 zunächst vorübergehend.
1912/13 fanden dann Wahlen statt, die einen deutlichen Sieg für
Sun Yatsens Partei Kuomintang (Nationale Volkspartei, GMD) zeigten. Nun folgte
die „Zweite Revolution“.
Als erstes wurde der Yuan-Kritiker Song Jiaoren, Parteivorsitzender der GMD, im
März 1913 ermordet. Nach und nach wurden schließlich die revolutionären Kräfte
im Land bekämpft und verfolgt.
Unterstützung bekam Yuan schließlich von den Großmächten,
die ihm 25 Millionen Pfund zur Reorganisation gaben. Selbstlos war diese Gabe
sicher nicht.
„Die Großmächte hatten den innenpolitischen Schwebezustand
genutzt, um den chinesischen Seezoll […] fortan ihrer direkten Kontrolle zu
unterstellen und damit die lukrative Handelssteuer der chinesischen Regierung
zu entziehen. In Shanghai zogen die Gerichte der internationalen Niederlassung
auch die Rechtssprechung über rein chinesische Fälle an sich. Beide Maßnahmen schränkten
die Souveränität Chinas weiter ein. Als Garant dieser Privilegien erschien Yuan
Shikai dem Ausland die aussichtsreichste politische Figur in der jungen
Republik zu sein.“
Aber Yuan Shikai hatte nicht nur Feinde. So unterstützten ihn
große Teile der gehobenen Gesellschaft, da er das Land zusammenhielt und sie
dadurch ihre wirtschaftlichen Interessen weiterhin durchsetzen konnten. Den
Preis einer Diktatur waren sie bereit zu zahlen. Nach und nach wollte Yuan die
Republik wieder zu einer Monarchie zurückformen. Er ließ sich vom Parlament zum
Präsidenten wählen, verbot die Partei der Kuomintang, ließ die
Nationalversammlung auflösen und zahlreiche Abgeordnete verhaften, unterstellte
die Presse einer strengen Zensur und führte wieder alte Beamtenränge und
Adelstitel ein.
Als Yuan jedoch im Dezember 1915 die Wiederherstellung der Monarchie mit ihm
als Oberhaupt verkündete, formierte sich der Widerstand gegen den Diktator endgültig.
Das Militär verweigerte seine Unterstützung und im ganzen Land formierten sich
kleine Armeen. Yuan musste sein Vorhaben 1916 schließlich zurückziehen und
verstarb noch im Sommer desselben Jahres.
China erlitt bei den Versailler Verträgen 1919 eine weitere tiefe
Demütigung. Japan hatte nämlich im Ersten Weltkrieg ein Geheimabkommen mit
Frankreich und England aufgesetzt, nach dem Japan als Gegenleistung für seine
Beteiligung am Krieg auf der Seite der Alliierten, das deutsche Pachtgebiet in
Shandong bekommen sollte. Diese Vereinbarung wurde dann über Chinas Kopf hinweg
eingehalten.
Doch hatten die Versailler Verträge auch eine – von Chinas Seite
gesehen – positive Wirkung. Es formte sich ein starker Nationalismus im Land:
Selbstvertrauen war die neue Devise.
1919 fanden zahlreiche Studentendemonstrationen statt, die sich
vor allem gegen den immer größer werdenden japanischen Einfluss im Lande
richteten.
Mit dem Tod Yuans war die politische Lage von Machtkämpfen und
ständigem Wandel geprägt. Dies zeigte sich vor allem in der Regierung in Beijing:
sie wurde von mehr mächtigen als fähigen Kriegsherren geführt, die sich ständig
abwechselten. 1920 entstand eine zweite, illegale Regierung in Canton unter Sun
Yatsen, der Canton mit Hilfe des örtlichen Kriegsherren Ch’en Ch’iung-Ming
besetzt hatte.
1921 wurde die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) von einer
kleinen Gruppe Intellektueller in Shanghai gegründet, der auch der junge
Student Mao Zedong beitrat. Sun Yatsen ging kurz darauf – auf Anraten der
Sowjetunion – ein Bündnis mit der KPCh ein. 1922 zwang ein durch Ch’en
Ch’iung-Ming verübter Putschversuch Sun Yatsen nach Shanghai zu flüchten. 1923
eroberte er jedoch, mit Unterstützung der Sowjetunion, Canton von Ch’en zurück.
Die Kommunisten traten auf Weisung Moskaus der wieder zugelassenen Kuomintang
bei.
1924 wurden am 1. Parteitag der Kuomintang die drei
Volksprinzipien Sun Yatsens (Nationalismus, Demokratie und Lebensunterhalt des
Volkes) als ideologische Grundprinzipien der Kuomintang akzeptiert.
1925 starb Sun Yatsen. 1926/27 ergriff Chiang Kaishek, mit Hilfe
der Sowjets, die Macht und drängte die Kommunisten aus der Kuomintang. Mao
Zedong, der 1926 zum Leiter der Bauernabteilung der KPCh ernannt wurde,
arbeitete einen Plan zur Revolution aus, die vor allem durch die
Bauernbevölkerung durchgeführt werden sollte. Die Kommunisten organisierten
1927 in verschiedenen Städten die sogenannten Herbstaufstände, die jedoch
niedergeschlagen wurden. Mao Zedong und andere Überlebende versammelten sich in
einem Bergversteck. Li Li-San übernahm die Parteiführung.
1928 eroberte Chiang Kaishek schließlich Beijing, wodurch China
politisch geeinigt wurde. Mao Zedong und seine Rote Armee konnten währenddessen
einige andere Gebiete erobern.
1930-34 führte Chiang Kaishek fünf Vernichtungsfeldzüge gegen die
Zentren der Bauernbewegung durch. 1934/35 musste die Rote Armee schließlich
einen groß angelegten Rückzug starten, den man heute unter dem Namen „Langer
Marsch“ kennt. Japan allerdings fürchtete, dass mit einem Sieg der Kuomintang
über die Kommunisten der Sieg Chiang Kaisheks endgültig wäre, was wiederum zu
einer Stärkung des chinesischen Militärs führen hätte können. Deswegen
provozierte die japanische Armee am 7. Juli 1937 den „Zwischenfall an der
Marco-Polo-Brücke“ in der Mandschurei. Hier wurde angeblich ein japanischer
Soldat von Chinesen verschleppt. Als andere japanische Soldaten nach ihm
suchten, kam es zum Kampf. Mit diesem Geschehnis begann der zweite
sino-japanische Krieg, der erst mit Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 endete.
Dieser Krieg führte aber auch zu einer Wiederzusammenarbeit der Kuomintang und
der KPCh.
Es kam immer wieder zu Spannungen zwischen den Kuomintang und den
Kommunisten, die im sogenannten „Zwischenfall der Neuen IV. Armee“ 1941 zu
einem Zusammenstoss der nationalen und kommunistischen Truppen führten. Auf
beiden Seiten gab es schwere Verluste.
1942 beseitigte Mao die letzten Spuren der Opposition und nahm die
Parteiführung ein, um die er seit etwa 1935 verstärkt gekämpft hatte.
Von 1945-49 kam es schließlich zum Bürgerkrieg. Dass dieser, trotz
heftiger Unterstützung der Amerikaner für die Kuomintang, zugunsten der KPCh
endete, hatte mehrere Gründe. Der wichtigste Grund war wohl die massive
Unterstützung durch die Bauernbevölkerung. Die KPCh inszenierten sich
tagtäglich als Verteidiger der Bauern, die den Missständen im Land ein Ende
bereiten wollten. Als zweiter Grund müssen die Guerillakämpfer genannt werden,
die ein neues Nationalgefühl bei der Bevölkerung auslösten und damit wieder
eine große Menge an Menschen von der KPCh überzeugten.
Außerdem verhinderte Mao mit seinen „Drei Regeln der Disziplin“
für die Rote Armee und seinen „Sechs Punkten zur Beachtung“ ein brutales
Vorgehen der Roten Armee gegen die eigene Bevölkerung, welches die nationale
Armee bereits gezeigt hatte.
„Drei Regeln der Disziplin:
…2. Nimm Arbeitern und Bauern nichts weg…“
„Sechs Punkte zur Beachtung:
…
4. Sei ehrlich, wenn du etwas kaufst und verkaufst.
5. Gib zurück, was du entliehen hast.
6. Bezahle für das, was du beschädigt hast.“
All diese Richtlinien brachten der KPCh natürlich wieder Sympathien
der leidenden Bevölkerung ein.
1949 ergab sich die Beijinger Regierung kampflos. Mao Zedong rief
in Beijing am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China aus. Die Nationalisten
flüchteten nach Taiwan, wo sie die Republik China ausriefen, die auch noch heute
besteht. Die Volksrepublik China verfolgt bis heute die Ein-China-Politik, was
dazu führte, dass die Republik China vom Großteil der Staaten noch immer nicht
anerkannt wurde.
2.2 Mao
Anfangs bot die neue Regierung tatsächlich eine Verbesserung für
die chinesische Bevölkerung: die Inflation wurde erfolgreich bekämpft und die
brache Landwirtschaft wieder aufgebaut. Durch Großprojekte wurden die größten
Kriegsschäden behoben und Arbeitsplätze geschaffen. Abgesehen vom Einmarsch in
Tibet folgten nach fast 40 Jahren Krieg friedliche Zeiten.
Anfang der 1950er gab es allerdings schon die ersten
Schönheitsfehler. Es entstand eine neue Gesellschaftsgruppe, die sogenannten
Kader. Diese Beamten schufen sich innerhalb kürzester Zeit eine Reihe von
Privilegien. Dies widersprach nicht nur dem Kern der Staatsideologie, sondern
stieß natürlich auch auf Missfallen in der Bevölkerung. Auch die
Intellektuellen hatten mit Mao ihre Schwierigkeiten. So sollten Kunst und
Literatur der Politik dienen. Die Folge war, dass sich viele Schriftsteller im
Gefängnis wieder fanden, während andere die wohlwollende offizielle
Unterstützung erhielten.
Mit dem ersten Fünf-Jahres-Plan (1953-1957) begann die
Fokussierung auf die Schwerindustrie. Dies führte natürlich zu finanziellen
Engpässen in der Landwirtschaft. Auch die Kollektivierung der Landwirtschaft
konnte dieses Problem nicht lindern.
Mao rief schließlich die „Hundert-Blumen-Periode“ aus, in der es
erlaubt war, die Politik frei zu kritisieren. In dieser Bewegung zeigte sich
der ganze Unmut der Bevölkerung. Die Kritikpunkte waren zahlreich: von den
korrupten Kadern über die Kollektivierung der Landwirtschaft bis zur Zensur
wurden viele Dinge kritisiert.
Die Parteiführung sah sich schließlich einer unmittelbaren
Bedrohung ausgesetzt und läutete abrupt das Ende der Bewegung ein. In einer
Rede im Februar 1957 erklärte Mao, dass nur Kritik erwünscht sei, die den
Sozialismus auf seinem Weg weiterbringen und stärken würde. Mit der nun
folgenden „Anti-Rechts-Bewegung“ wurde die „Hundert-Blumen-Bewegung“ mit Gewalt
gestoppt und viele Kritiker wurden in Arbeitslager verbannt.
Es ist unklar, ob Mao sich der Unzufriedenheit in einem solchen
Ausmaß nicht bewusst war, oder ob er nur die Regimekritiker herausfiltern
wollte.
Im Versuch, die Industrie- und Landwirtschaftsproduktion schnell voranzutreiben,
kündigte Mao Zedong 1958 ein neues Wirtschaftsprogramm, den sogenannten „Großen
Sprung nach vorn“, an. Diese Politik der Bildung landwirtschaftlicher
Produktionsgenossenschaften, der Volkskommunen und der Errichtung tausender
industrieller Produktionsbetriebe auf dem Lande scheiterte. Der erzeugte Stahl,
der aus zusammengeschmolzenen Töpfen und Pfannen bestand, war von schlechter
Qualität, und das Chaos der Umstrukturierung endete in einer Hungersnot, die
schätzungsweise 30 Millionen Opfer forderte.
1953 verstarb Stalin. Sein Nachfolger Chruschtschow, der den
Personenkult rund um Stalin verurteilte, stand von Anfang an auf schlechtem Fuß
mit Mao, ließ sich doch auch dieser in seinem Land wie ein Gott verehren. Auch
spielte Chruschtschow den Konflikt zwischen Kapitalismus und Sozialismus
herunter, sodass Mao den Eindruck hatte, dass sich die Sowjetunion dem Westen
beuge.
Nach dem Chaos, das durch den „Großen Sprung nach vorne“
entstanden war, verweigerte die UdSSR die Mithilfe zur atomaren Rüstung Chinas.
Nach mehreren – auch in der Öffentlichkeit durchgeführten –
Auseinandersetzungen kam es 1965 endgültig zum Bruch zwischen den beiden
Staaten. Erst ab 1973 normalisierte sich das Verhältnis wieder.
Dies und das Versagen des „Großen Sprungs nach vorne“ hatten Maos
Macht geschwächt. Das Land wurde in den Jahren 1961 bis 1966 im Prinzip von Liu
Shaoqi und Deng Xiaoping regiert, die sich vor allem auf die wirtschaftliche
Genesung Chinas konzentrierten. Doch Mao blieb nicht untätig. Die
Wiederherstellung seiner Macht gelang ihm, indem er vor allem die Jugend stark
beeinflusste und selbst alt-eingesessene Mitglieder der Partei, die ihn
kritisierten, ausschaltete. 1966 verordnete er schließlich die Kulturrevolution.
Die Jugend wurde mobilisiert und zu Verbänden der „Roten Garde“ formiert. Sie
sollten die „Vier Relikte“ (alte Kultur/Sitten/Gewohnheiten/Denkweisen)
auslöschen und den sogenannten „Neuen Menschen“ schaffen.
Überall musste ein Bild von Mao aufgehängt sein. Auf sämtlichen
Reklameschildern im Land sollten seine Zitate zu lesen sein. Sämtliche Kritik
wurde rücksichtslos vernichtet. Private und finanzielle Gewinne mussten dem
Staat abgegeben werden. In allen Straßen sollten Lautsprecher aufgehängt
werden, die die Bevölkerung zur Einhaltung von Verhaltensregeln veranlassen
sollten. Kinder sollten von klein auf die Lehren Maos lernen. Luxusartikel
sollten verschwinden und Intellektuelle sollten in den Dörfern arbeiten. Kunst,
die nicht politische Themen behandelte, sollte verschwinden und Bilder, die der
Lehre Maos widersprachen oder nicht entsprachen, wurden verboten. Bücher, auf
die dasselbe zutraf, wurden verbrannt.
Die Rotgardisten waren erbarmungslos, aber erfolgreich.
„Wer nicht mitmachte, musste damit rechnen, zu den Gegnern
gezählt zu werden. Viele persönliche Rechnungen wurden in dieser Zeit
beglichen, Menschen in den Tod getrieben, die sich bis zuletzt als die
loyalsten Bürger der Volksrepublik China begriffen hatten. […] Die Feinde
wurden in „Kuhställe“ gepfercht, tagtäglich zum Studium der Mao-Zedong-Ideen
und der Tageszeitung aufgefordert und immer wieder den „Massen“ zur Kritik
vorgeführt, um sie auf diese Weise zur Selbstkritik zu zwingen. Keine Härte war
dabei hart genug: Schüler ließen ihre Lehrer stundenlang auf Glasscherben
knien, Studenten verlangten von ihren Professoren, sich während der nicht enden
wollenden Kritikversammlungen mit dem Kopf nach unten und den Händen nach oben
vor ihnen zu verbeugen. […] Der Klassenkampf war endlich greifbar geworden.“
Die Revolution geriet außer Kontrolle und überzog bald das ganze
Land. Obwohl Mao die Kulturrevolution 1969 für beendet erklärte, ging sie noch
bis zu seinem Tod 1976 weiter. Das Chaos, das Mao so fürchtete, hatte im Land
Fuß gefasst.
Noch vor Maos Tod, am 9. September 1976, hatte Maos vierte Ehefrau
Jiang Qing, die für Kunst und Literatur zuständig war, großen Einfluss im Land.
Mit Zhang Chunqiao, Yao Wenyuan und Wang Hongwen zusammen bildete sie die
berüchtigte Viererbande. Unter ihrer Leitung wurden zahlreiche Bibliotheken und
Kunstwerke zerstört. Nachdem die Kulturrevolution beendet war, wurde sie von
der Öffentlichkeit als eiskalte Frau abgestempelt, die den alten verwirrten Mao
für ihre Gier nach Macht ausgenutzt hatte. Einen Monat nach Maos Tod wurde die
Viererbande festgenommen und 1981 zum Tod auf Bewährung verurteilt. 1983 wurde
das Urteil in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt. 1991 wurde Jiang
Qing aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Zehn Tage später wählte sie den
Freitod.
Die 10 verlorenen Jahre, wie die Kulturrevolution heute auch
genannt wird, verursachte einen riesigen Verlust an chinesischen Kulturgütern
und kostete hunderttausenden Menschen das Leben. Noch heute können die
Opferzahlen nur geschätzt werden.
2.3 Deng Xiaoping
Maos Nachfolger Deng Xiaoping sah sich in der schwierigen Lage,
das vollkommen zerrüttete Land wieder aufzubauen. 1978 gab er die neuen
Richtlinien, die sogenannten „Vier Modernisierungen“ in den Bereichen
Landwirtschaft, Industrie, Landesverteidigung und Wissenschaft aus. Es folgte
eine Zeit der politischen und wirtschaftlichen Öffnung und Liberalisierung. So
wurden zum Beispiel die Fehlurteile, die zwischen 1949 und 1976 gefällt wurden,
aufgehoben. Die Intellektuellen fühlten sich nun wieder in ihrem Mitspracherecht
bestärkt. Mit der Zeit forderten sie die Einhaltung der Menschrechte und mehr
Demokratie. Hier tat sich vor allem der chinesische Bürgerrechtler Wei
Jingsheng hervor. Er forderte eine fünfte Modernisierung: „Die Ausübung der
Macht durch die arbeitenden Massen selbst.“
Nun jedoch fühlte sich die KPCh bedroht, und so wurden die „Vier
Grundprinzipien“, die sich seit 1982 bis heute auch in der Verfassung finden,
1979 ausgerufen. Ab nun galt das Festhalten an der Führung der KPCh, am
Sozialismus, an der Diktatur des Volkes und an den Mao Zedong-Ideen.
Wei Jingsheng wurde währenddessen verhaftet und zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Heute lebt er in den USA.
Um der Bevölkerung das Gefühl von mehr Demokratie zu verleihen,
wurden Mitte der 1980er Jahre Direktwahlen bei der Wahl des Dorfkomitees
ausgerufen, wobei bei wichtigen politischen Fragen noch immer die örtlichen
Parteisekretäre das Sagen hatten.
Deng erkannte die Wichtigkeit des Privateigentums in Sachen
Landwirtschaft. Er setzte eine Reform an, in der die Volkskommunen abgeschafft
wurden und die Bauern eine Privatparzelle zugeteilt bekamen. Die
Verantwortlichkeit der Bauern wurde vertraglich festgehalten und die
Marktwirtschaft schrittweise eingeführt. Die Reform war ein voller Erfolg: die
Landwirtschaftsproduktion überholte sogar die Industrieproduktion.
Auch im städtisch-industriellen Bereich gab es eine Reform:
„Planwirtschaft ergänzt durch Marktelemente“ lautete die offizielle
Formulierung.
Nach und nach fand eine wirtschaftliche Öffnung nach außen statt und die
städtische Industrie wurde reformiert. Ab 1981 wurden auch Einzelbetriebe
erlaubt, was zu einer enormen Explosion von Unternehmungsgründungen führte, die
dazu oft noch sehr erfolgreich waren. Die Geschichte mancher Chinesen aus
dieser Zeit liest sich wie die Geschichte von Aschenputtel. Allerdings
bedeutete diese Öffnung auch mehr Freiheit für die Betriebe und eine Freigabe
der Preise. Dies führte zu einer gewaltigen Inflation, die zeitweise bei 30
Prozent lag. Zwischen den Selbstständigen und den Angestellten wuchs eine
riesige soziale Kluft.
Ebenfalls ein Problem war das explosionsartige
Bevölkerungswachstum: gegenüber 1950 hatte sich die Bevölkerungszahl mehr als
verdoppelt. 1979 wurde schließlich die Ein-Kind-Politik eingeführt, die im
vierten Kapitel genauer behandelt wird.
1985 wurde eine Bildungsreform eingeleitet, die vor allem gegen
den weit verbreiteten Analphabetismus kämpfte. Es wurde die neunjährige
Schulpflicht eingeführt und die Autonomie der Hochschulen gefördert.
Um der Inflation Herr zu werden, legte die Regierung mit Erfolg
einen extremen Sparkurs ein, allerdings auf Kosten der Wirtschaft, was zu einer
Massenarbeitslosigkeit führte. 1990 wurden die Sparmaßnahmen deswegen wieder
gelockert.
Trotz des Erfolgs von Dengs Reformen machte sich eine tiefe
Unzufriedenheit in der Bevölkerung breit, die ihren Keim vor allem im extremen
Korruptionswesen und Amtsmissbrauch hatte. Diese Unzufriedenheit erreichte
ihren Höhepunkt im Jahr 1989, dem Jahr des 40-jährigen Jubiläums der Entstehung
der Volksrepublik China und der Aussöhnung zwischen Russland und China. Diese
Unzufriedenheit mündete im Tiananmen-Massaker, das im dritten großen Kapitel
genauer behandelt wird.
Am 1. Juli 1997 wurde Hongkong wieder an China zurückgegeben. Die
Stadt Hongkong wurde zu einer Sonderverwaltungszone und genießt heute einen
hohen Autonomiestatus. Seit dem Generationswechsel in der Führungsspitze im
Jahre 2002 öffnete sich die Partei erstmals auch für andere
Gesellschaftsschichten, wodurch auch die privaten Unternehmer Mitglied der
Partei werden konnten. Seit Deng steht die Politik im Widerspruch zur
Wirtschaft: Kommunismus gegen Kapitalismus. Denn egal, um wie viel offener die
Partei auch geworden sein mag, ändert sich doch nichts an dem Fakt, dass die KPCh
über allem steht. Es scheint, als würde wie zu Kaiserzeiten an dem Motto
„chinesisches Gedankengut als Grundlage, westliches Gedankengut zum Nutzen“
festgehalten.
3 Selbstbild und Fremdbild
3.1 Die Entstehung
des Selbstbildes und die Frage der Pressefreiheit
Um die Entstehung des Selbstbildes Chinas zu verstehen, muss man
sich nicht nur des bereits im Geschichte-Überblick behandelten Nationalismus
bewusst sein, sondern vor allem auch die stark eingeschränkte Presse- und
Meinungsfreiheit in der Volkrepublik China beleuchten.
In Artikel 33.3 der Verfassung der Volkrepublik China heißt es
ausdrücklich:
„[…] Der
Staat respektiert und beschützt die Menschenrechte.“
Zum Thema Meinungsfreiheit findet sich Artikel 19 der allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte:
„Jeder hat
das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht
schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien
jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu
suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“
Hält sich China wirklich an die Menschenrechte oder herrscht die
Pressefreiheit nur auf dem Papier? Durch die Internet-Polizei und andere
staatliche Zensurorgane wird versucht, jegliche Kritik am Staat zu
unterdrücken, wie aus zahlreichen Beispielen hervorgeht. So wurden in den
ersten beiden Wochen des Jahres 2010 zum Beispiel 69 Online-Dissidenten,
2 Medien-Assistenten
und 30 Journalisten inhaftiert. Abgesehen vom letzten Punkt – im Iran wurden
bereits 36 Journalisten verhaftet – wurden in keinem anderen Staat mehr
Pressemitglieder verhaftet als in China.
Grundsätzlich durchläuft alles Geschriebene oder Gefilmte die
Zensur. In dieser Zensur wird jedes Wort, das die Volksrepublik China
kritisiert, gelöscht. Auch die ausländischen Blätter werden auf ihren Inhalt
geprüft und nur wenige schaffen es ins Land, und auch hier nur in die absoluten
Spitzenhotels in Großstädten.
Die nationalen Zeitungen beziehen ihre – bereits zensierten – Informationen
meistens von der großen staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Doch die
Situation ist dabei, sich zu verbessern. Im Gegensatz zu früher, als
beispielsweise Unfälle, die in der Volksrepublik tagtäglich passieren,
totgeschwiegen wurden, darf heute darüber berichtet werden. Allerdings müssen sich
die Journalisten der ständigen Überwachung durch den Zensor bewusst sein.
Doch mit Einzug des Internets erweist sich die Kontrolle als
immer schwieriger. Mit dem „Great Firewall of China“ werden Seiten geblockt,
die zu viele Wörter der „schwarzen Liste“ aufweisen. Enthält also eine Seite
viele dieser Schlüsselwörter, wird sie geblockt. Viele Seiten jedoch sind
dauerhaft geblockt, wie zum Beispiel wikipedia.org oder news.bbc.co.uk.
Aber auch diese „dauerhaft“ gesperrten Seiten werden ab und zu zumindest
teilweise zugelassen.
Wer dennoch auf solchen und verbotenen Seiten surft, wird
protokolliert. Die Verfasser bzw. Gründer solcher Seiten müssen sich auf
Verfolgung, Einschüchterung oder Gefängnis gefasst machen. So wurde zum
Beispiel der freie Journalist Liu Xiaobo zu 11 Jahren Haft verurteilt, weil er
auf seiner Webseite zu mehr Meinungsfreiheit aufgerufen hatte. Oft werden
solche Web-Seiten auch gesperrt. Eine neue zu eröffnen kostet umgerechnet 500
Euro.
Die deutsche Literaturnobelpreisträgerin des Jahres 2009 Herta Müller hat sich Anfang
Februar 2010 in einem offiziellen Schreiben an das Nobelpreiskomitee dafür
eingesetzt, dass der Menschenrechtler Liu Xiaobo den Friedensnobelpreis
verliehen bekommt, da er „[…] trotz aller Drohungen des
Regimes in China und der Gefahr für sein Leben unbeirrt für die Freiheit des
einzelnen Menschen eintritt.“
Doch die chinesische Polizei greift auch auf ein altbewährtes
Mittel zurück: Zermürbung. Durch anonyme Drohanrufe, Provozierung, plötzlich
eintreffende Schläger-Trupps und Hausarrest werden Menschenrechtler wie zum
Beispiel Hu Jia, der mittlerweile sein 3. Jahr im Gefängnis verbringt, unter
enormen psychischen Druck gesetzt, und es wird versucht, ihn und seine Frau zum
Schweigen zu bringen.
Bei „kritischen“ Jahrestagen, wie zum Beispiel dem Jahrestag des
Falls der Berliner Mauer, werden zahlreiche Seiten wie etwa Twitter gesperrt.
Ein chinesischer Diplomat meint zu den Vorwürfen:
"Im
Kampf gegen den Terrorismus und andere kriminelle Akte haben alle Staaten das Recht,
zur Wahrung der Sicherheit des Staates und der Interessen seiner Bürger Inhalte
bestimmter Internetseiten zu filtern. Und ich denke, alle Länder sind im
Begriff, eben das zu tun."
Trotzdem schaffen es viele, den Firewall zu durchbrechen, und
zwar mithilfe von Internetseiten wie beispielsweise picidae.net, die
nicht nur durch ein eigenes Programm Chinesen auf verbotene Internetseiten
zugreifen lassen können, sondern auch dem Westen veranschaulichen, welche
Seiten wie gesperrt werden.
China macht sich das Internet aber auch stark zu Nutzen. Auf
Seiten wie anti-cnn.com werden ausländische Nachrichten als falsch
dargestellt und die Menschen gegen die ausländischen Journalisten aufgehetzt.
Vor allem bei den Unruhen in Tibet 2008 wurden die westlichen Nachrichten
besonders angegriffen. Nicht nur Webseiten, sondern auch die staatlichen
Fernseh-Nachrichten und die Zeitungen berichteten über eine angeblich falsche
Berichterstattung. Eine Dokumentation von ZDF zeigt, dass die Propaganda
greift: befragte Chinesen gaben an, dass ausländische Medien über China nicht
objektiv berichten würden und dem Image Chinas schadende Berichte verboten
werden sollten.
Google.cn hat nun auf Grund der eingeschränkten
Meinungsfreiheit, der Zensur und chinesischer Hacker-Angriffe angekündigt, sich
aus China zurückzuziehen. Obwohl diese Entscheidung auch viele geschäftliche
Gründe hat – Google hatte nicht sonderlich viel Erfolg in China und das
Engagement in China war immer recht umstritten gewesen – zwingt es jetzt viele
andere Unternehmen wie Yahoo! oder Microsoft, darüber nachzudenken, ebenfalls
mitzuziehen. Denn auf die Forderung Googles, die
Zensur einzuschränken, geht China nicht ein, da es die Problematik ganz anders
sieht.
"China
verwaltet das Internet nach dem Gesetz und unsere Maßnahmen entsprechen
internationaler Praxis", sagte Jiang. "Wir heißen ausländische
Internetfirmen willkommen, in China gemäß den Gesetzen tätig zu sein."
Ungeachtet der massiven Zensur in China beschrieb die Sprecherin das Internet in
China als "offen".“
China bestreitet weiterhin seine Verwicklung in die
Hacker-Angriffe.
Der US-Präsidetn Barack Obama fordert eine Erklärung von Seiten Chinas zu
den angeblichen Hacker-Angriffen und seine Außenministerin Hillary Clinton rief
Internetunternehmen dazu auf sich den Zensurbestimmungen autoritärer
Regierungen im Ausland zu widersetzen. China warf Clinton darauf vor, einen
Informationsimperialismus zu verfolgen und forderte Amerika auf, die Freiheit
des Internets nicht dazu zu nutzen, um falsche Anschuldigungen gegenüber China
zu erheben.
Microsoft-Gründer Bill Gates hingegen, kritisiert den
Konkurrenten Google, da er findet, dass man sich den Gesetzen des jeweiligen
Landes anpassen muss und die Zensur in China die Bevölkerung vor gefährlichen
Inhalten schützen soll.
Auch Twitter will plant sich, auf Grund der Zensur, aus China zurückzuziehen.
Sogar SMS-Nachrichten werden kontrolliert. So wurden
beispielsweise am Jahrestag des Tiananmen-Massakers am 4. Juni 2005 in den
SMS-Systemen der Handybetreiber Texte mit Stichwörtern wie zum Beispiel
„Tiananmen“ oder SMS mit den Zahlen „4“ und „6“ gar nicht gesandt.
China liest überall mit. Doch das Internet bietet zu viele
Schlupflöcher für sogenannte Online-Dissidenten. Wird einer verhaftet, tauchen
zehn neue wieder auf. Das Internet bietet zwar viele Propaganda- und
Manipulationsmöglichkeiten, doch die kritischen Stimmen und auch Unruhen nehmen
zu. Ob das Internet einen Durchbruch in Sachen Pressefreiheit in China schafft,
bleibt abzuwarten.
3.2 Tibet
Wenn man außerhalb Chinas Menschen zur
aktuellen Situation in Tibet befragt, werden sie alle zum selben Schluss
kommen: China, das dämonische Kommunistenland, ist wieder einmal Schuld an den
Unruhen in Tibet. Befragt man Menschen in China, wird die Schuldzuweisung auf den
„politischen Exilanten“
Dalai Lama fallen.
Es stellt sich also die Frage, wie viel
Wahrheit im Selbst- bzw. im Fremdbild liegt. Ist der Dalai Lama ein unschuldig
verfolgter Friedensnobelpreisträger oder ein gefährlicher Politiker, „der sich
seit langem im Ausland um Chinas Spaltung bemüht.“
Faktum ist, dass Tibet unter Dschingis
Khan mit China vereint war. Und schon hier spalten sich die Sichtweisen. Nach
tibetischer Sicht stand Tibet somit nur unter dem Einfluss von Mongolen und den
Mandschu, allerdings nie unter dem der Han-Chinesen. China jedoch bezieht sein
„Herrschaftsrecht“ darauf, dass (aus seiner Sicht) China und Tibet unter der
Herrschaft von Dschingis Khan vereint wurden. Allein dieses „Missverständnis“
sorgt für genug Zündstoff zwischen Tibet und China. Dass sich die Beziehung der
beiden Länder weiter verschlechtert hat, ist zu einem nicht unerheblichen Teil
Schuld der westlichen Großmächte
um 1900. Denn der 13. Dalai Lama musste 1904 in die Mongolei fliehen, da es
zwischen Russland und Britisch-Indien zum Kampf um Tibet kam, der erst 1907 im
Vertrag von Petersburg, in dem auch die Souveränität Chinas über Tibet
festgelegt wurde, sein Ende fand. 1910 musste der gerade erst zurückgekehrte
Dalai Lama wieder fliehen – diesmal aber vor den chinesischen Truppen. Diese
drangen in Tibet ein, um ihren Machtanspruch zu bestärken. Dieser Umstand wird
von der chinesischen Regierung nicht erwähnt.
Da die Quing-Dynastie 1911
zusammenbrach, konnte eine stärkere Bindung Tibets an das Kernland Chinas
verhindert werden.
1913 kehrte der Dalai Lama aus seinem
indischen Exil zurück und bestärkte nochmals seinen Anspruch sowohl auf die
religiöse als auch auf die politische Herrschaft in Tibet. Um seine Position zu
stärken, veranlasste er auch unzählige Reformmaßnahmen, um ein modernes
Regierungssystem zu schaffen. Mit Erfolg: der chinesische Einfluss war fortan
nur mehr auf ein Minimum reduziert.
In der Simla-Konvention 1913/1914, die
zwischen Tibet, China und Britisch-Indien abgeschlossen wurde, sollten sowohl Tibets
Status als auch seine Grenzen festgelegt werden.
„Obwohl die
Vereinbarungen weite Zugeständnisse von Seiten der Tibeter beinhalteten und
statt einer vollständigen Unabhängigkeit nur eine weitgehende Autonomie für
Tibet vorsahen, verweigerte schließlich die chinesische Regierung ihre
Unterschrift aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über den Grenzverlauf.
Damit blieb Tibets Status ungelöst. China verhinderte mit diplomatischen
Geschick, dass Tibets faktische Unabhängigkeit international anerkannt wurde.“
Die chinesische Regierung lässt hier ein
paar geschichtliche Fakten
aus. So heißt es auf der offiziellen
Seite der chinesischen Botschaft in Österreich:
„Im Jahr
1911 brach in China die Xinhai-Revolution aus, die zur Gründung der Republik
China (1912-1949) führte, in der sich Han, Mandschuren, Mongolen, Hui, Tibeter
und andere Nationalitäten vereinigten. Die Zentralregierung führte die
Verwaltung in Tibet weiter auf der in den Dynastien Yuan, Ming und Qing
gelegten Basis durch. Im Jahr 1912 richtete die Zentralregierung das Amt für
mongolische und tibetische Angelegenheiten ein (1914 [sic.] umbenannt in „Rat
für mongolische und tibetische Belange“, das verantwortlich war für die lokalen
Angelegenheiten in Tibet. Ferner setzte die Zentralregierung Beamte in Tibet
ein.“
Kein einziges Wort über die
Simla-Konvention oder über die Tatsache, dass die äußere Mongolei nach
Abdankung der Quing-Dynastie 1912 ihre Unabhängigkeit erklärt hat.
Der 13. Dalai Lama starb 1933. Der 14.
Dalai Lama Tendzin Gyatsho wurde 1935 geboren, 1940 in Lhasa inthronisiert und
1949 von den Kuomintang anerkannt.
Der tibetischen Regierung gelang es bis
1949 jedoch nicht, ihre staatliche Eigenständigkeit gegenüber China
durchzusetzen oder international anerkannt zu werden. Die Regierung scheiterte an diesem
Vorhaben aus zahlreichen Gründen: einerseits schon wegen der geographischen
Isolierung zwischen daran uninteressierten Nachbarn, andererseits durch das
endgültig geschwundene Interesse der englischen Regierung. In der UNO stand das
zu erwartende Veto der Russen und der chinesischen Nationalisten gegen eine
staatliche Anerkennung. Die USA sahen die Lösung der Tibet-Frage als Aufgabe
Englands und Indiens an, die Engländer wiederum als Aufgabe Indiens. Und Indien
unter Premierminister Nehru tendierte zum Erhalt eines Pufferlands zwischen
seiner eigenen Nordgrenze und China, wollte aber China nicht verärgern. So hatte Beijing freie Hand, seine Gebietsansprüche gewaltsam
durchzusetzen.
In der offiziellen Propaganda sprach man
von der „Befreiung Tibets“ durch die Volksarmee.
„Die
Gründung des neuen Tibets. Im Jahr 1949 wurde die Volksrepublik China
gegründet. Ausgehend von den historischen und aktuellen Verhältnissen beschloß
[sic.] die Zentrale Volksregierung Richtlinien zur friedlichen Befreiung
Tibets.“
Es wird aber weniger das Wohl der
tibetischen Bevölkerung gewesen sein, das China zu diesem Feldzug gegen Tibet veranlasste.
Zu dieser Zeit war bereits der Kalte Krieg im Gange, und ein strategisch derart
wichtiges und großes Gebiet der chinesischen Peripherie den kapitalistischen
USA oder auch nur sich selbst zu überlassen, war undenkbar. Mao versprach dem 14.
Dalai Lama zunächst die Anerkennung der autonomen Regierungsgewalt und sprach
auch von einer schrittweisen „sozialistischen Umgestaltung“. Das
17-Punkte-Abkommen, das im Mai 1951 von einer vom Dalai Lama nach Beijing
geschickten Delegation auf Druck unterzeichnet wurde, sollte den geplanten
Einmarsch chinesischer Truppen vorbereiten. Später berichtete der Dalai Lama,
dass er das Abkommen nur unterzeichnet habe, um sein Volk vor der vollkommenen
Zerstörung zu bewahren. Die
USA forderten den Dalai Lama zur Widerrufung des 17-Punkte-Abkommens auf und
boten ihm dafür sogar Asyl, doch der Dalai Lama hatte sich zur Zusammenarbeit mit
China entschlossen, womit er allerdings ziemlich alleine dastand, da zahlreiche
Mitglieder der tibetischen Oberschicht zu diesem Zeitpunkt bereits ins Exil
gegangen waren.
Auf der offiziellen Seite der
chinesischen Botschaft in Österreich findet sich hingegen folgende Schilderung:
„Die
geistliche und weltliche Bevölkerung Tibets aller Ebenen und die tibetische
Lokalregierung unterstützen das Abkommen entschieden, hieß es im Telegramm des
Dalai Lama.“
Sicher ist, dass der Dalai Lama die Lage
unterschätzte und mit zu viel Optimismus an die Sache heranging. Er reiste 1954
nach Beijing, wo er sich des Öfteren mit Mao traf, von dem er sich vor allem
einen Modernisierungsschub Tibets erhoffte. Tibet war nämlich zu diesem
Zeitpunkt ein schlecht organisiertes Land, das vor allem unter dem weitverbreiteten
Analphabetismus litt. Es gab 1951 insgesamt nur 20 staatliche Schulen und 96
kleinere private Einrichtungen, in denen gerade einmal 3200 Tibeter die
Elementarbildung erhielten, allerdings wurden sehr viele Kinder, vor allem
Buben, in den Klöstern unterrichtet.
Noch im selben Jahr wurde von der chinesischen Regierung ein chinesisches
Grundschulsystem eingeführt.
Trotzdem verschlechterte sich die
China-Tibet Beziehung ab 1955 dramatisch, da in den Provinzen Sichuan und
Quinghai die sozialistische Landwirtschaftsreform eingeführt wurde, was zu
erheblichen Widerständen führte, die aber blutig niedergeschlagen wurden. Zu
dieser Zeit flüchteten auch Rebellen nach Lhasa und sorgten dort für eine
allgemeine anti-chinesische Stimmung in der Bevölkerung. 1959 hatten sich dann
die Aufstände auch auf Lhasa ausgebreitet.
Der Dalai Lama berichtet in seiner
Autobiographie, dass die Chinesen ihn Mitte März 1959 zu einer Tanzvorstellung
einladen wollten, die wahrscheinlich ein Hinterhalt war.
„Zwei Tage später, am Tag vor der Aufführung, erschienen einige
Chinesen in der Wohnung des Kusung Depön, des Befehlshaber meiner Leibwache,
und sagten, sie wären beauftragt, ihn ins Hauptquartier zu Brigadekommandeur Fu
zu bringen […]. Der Brigadekommandeur eröffnete ihm, dass die chinesischen
Behörden von uns verlangten, auf die üblichen Förmlichkeiten meiner Besuche zu
verzichten. Er bestand darauf, dass mich keine tibetischen Soldaten
begleiteten, höchstens […] zwei oder drei unbewaffnete Leibwachen. Und er fügte
hinzu, dass die ganze Sache absolut geheimgehalten werden solle.“
Da ein Hinterhalt sehr wahrscheinlich
war und die Volksbefreiungsarmee ganz Tibet besetzte, musste der Dalai Lama
nach Indien fliehen.
Hier berichtet die chinesische Regierung
sehr ähnlich, wobei aber die Flucht des Dalai Lama ausgelassen wird.
„Im März
1959 entfesselten die meisten Galoins der tibetischen Lokalregierung und eine
reaktionäre Clique der Oberschicht eine bewaffnete Rebellion zur Spaltung des Vaterlandes,
zur Aufrechterhaltung der feudalistischen Leibeigenschaft und zum Kampf gegen
demokratische Reformen. Die Zentrale Volksregierung erteilte der in Tibet
stationierten Volksbefreiungsarmee den Befehl, die Rebellion entschieden
niederzuwerfen. Am 28. März gab Ministerpräsident Zhou Enlai Order, die
tibetische Lokalregierung aufzulösen. Mit den Befugnissen der Lokalregierung
wurde das Vorbereitungskomitee des Autonomen Gebiets Tibet betraut. Sodann
entsprach die Zentrale Volksregierung dem Willen des tibetischen Volkes,
demokratische Reformen durchzuführen und das feudale System der Leibeigenschaft
abzuschaffen. Alle Leibeigenen und Sklaven wurden befreit.“
An diesem Beispiel sieht man sehr
deutlich, wie unterschiedlich ein und dieselbe Situation beschrieben wird: auch
wenn die groben Punkte, wie zum Beispiel der Fakt, dass es Aufstände gab,
übereinstimmen, könnten die Einzelheiten und der Ton nicht verschiedener sein.
Während die westliche Beschreibung die Aufstände als solche des gesamten
tibetischen Volkes ausweist, und die Ursache auf die chinesische Einmischung in
das Land zurückführt, weist China jegliche Schuld von sich und überträgt diese
auf einige wenige Leute, die die Aufstände geführt haben. Auffallend ist in
dieser chinesischen Textstelle vor allem die immer wiederkehrende Wiederholung
der Schlagworte „demokratische Reformen“, „Leibeigenschaft“ und „Befreiung“.
Mit März 1959 endet die tibetische Geschichte auf der offiziellen Tibet-Seite
der chinesischen Botschaft in Österreich.
Kein einziges Wort über die Flucht des
Dalai Lama 1959, oder über die Verwüstung tibetischen Kulturguts. Während der
Kulturrevolution wurden nämlich systematisch Klöster, Besitztümer des
tibetischen Adels und andere kulturelle Bauten zerstört. Diese Umstände werden
von der chinesischen Regierung verschwiegen.
Hiermit widerspricht sich China
schließlich selbst, denn im 17-Punkte-Abkommen wurde Tibet garantiert:
„[…] keine
Veränderungen des politischen Systems in Tibet und der besonderen Stellung und
Kompetenzen des Dalai Lama vorzunehmen, die Sitten und Gebräuche der
tibetischen Bevölkerung zu respektieren, die Religionsfreiheit zu
gewährleisten, gesellschaftliche Reformen durch Vereinbarungen mit der
tibetischen Führung durchzuführen und eine Politik der regionalen Autonomie der
Nationalitäten zu praktizieren.“
Unter Deng Xiaoping entspannte sich aber
die Lage anfangs. So wurden 1978 tibetische Gefangene entlassen, es wurde der
tibetischen Bevölkerung Reisefreiheit gestattet und eine Verbesserung des
Lebensstandards sowie mehr kulturelle Freiheiten versprochen. 1982 wurde dann
schließlich eine tibetische Delegation von der chinesischen Regierung in
Beijing empfangen. Hier kam es allerdings zu keiner Annäherung, da die
gegenseitige Wahrnehmung Welten von einander entfernt war. So schwebte der
Delegation der tibetischen Exilregierung eine „Ein-Land-zwei-Systeme“ Lösung
vor, während die chinesische Regierung Tibet als „befreit“ betrachtete und
Tibet als einen Teil Chinas sah und bis jetzt sieht.
Der Dalai Lama wendete sich schließlich
an die westlichen Länder, um von ihnen Unterstützung zu bekommen. Im September
1987 sprach er erstmals vor dem Menschenrechtsausschuss des US-Kongresses, wo
er China der illegalen Besetzung Tibets und schwerer Menschenrechtsverletzungen
bezichtigte.
Beijing war, wie zu erwarten, entrüstet,
während in Lhasa zahlreiche Mönche gegen die chinesische Besatzung
protestierten. Obwohl die Aufstände teilweise brutal niedergeschlagen wurden
und es zu dutzenden Verhaftungen kam, hielten die Demonstrationen weiter an.
Im Januar 1989 starb das zweite
religiöse Oberhaupt der Tibeter, der Panchen Lama. Nun heizte sich die
Situation erst recht auf. Sowohl China als auch Tibet suchten nach einem
Nachfolger, was schließlich zu weiteren Ausschreitungen in Lhasa führte. Als der
Dalai Lama auch noch den Friedensnobelpreis am Jahresende bekam, lief das Fass
über. Das Kriegsrecht über Lhasa wurde verhängt und China kehrte zu seiner
harten Linie gegenüber Tibet zurück.
In den 1990er Jahren nahm der Konflikt
noch mehr an Schärfe zu. Grund dafür waren unter anderem die zunehmende Popularität
des Dalai Lama im Westen sowie auch der Generationswechsel in der tibetischen
Exilregierung. Die junge Regierung war in der Emigration aufgewachsen und
erwies sich als deutlich kompromissloser als ihre Vorgänger. Beijing verstärkte
seine Militärpräsenz in Tibet, um, nach Aufhebung des Kriegsrechts im Jahr
1990, Aufstände zu verhindern.
Außerdem wurden immer mehr Han-Chinesen
nach Tibet gebracht, was zur Folge hatte, dass diese Han-Chinesen den Großteil
der führenden Positionen einnahmen und somit viel mehr vom
Wirtschaftsaufschwung profitierten als die tibetische Bevölkerung. Durch diese
Sinisierung
verlor Tibet nach und nach seine politische und seine kulturelle
Sonderstellung. Nur in den Dörfern, in denen 85% der tibetischen Bevölkerung
lebten, konnte die tibetische Kultur bewahrt werden. Studenten und
Regierungsmitgliedern ist es bis heute verboten, an religiösen Zeremonien
teilzunehmen. Diese Sinisierung erschwerte den Dialog zwischen China und Tibet.
All dies war schließlich genug Zündstoff
für die Demonstrationen im März 2008, die auch durch die westlichen Medien
mitverfolgt wurden und zu vielen Debatten rund um China führten. Angefangen
haben diese Unruhen am 10. März 2008, dem 49. Jahrestag des Tibetaufstandes von
1959. Anfangs fanden gewaltlose Demonstrationen buddhistischer Mönche statt,
bei denen die Rückkehr des Dalai Lama und die Unabhängigkeit Tibets gefordert
wurden. Diese Proteste wurden von der chinesischen Besatzung vorerst noch
geduldet. Am 14. März begannen die Ausschreitungen brutaler zu werden und vor
allem in Lhasa richteten sich die Aggressionen gegen die Han-Chinesen. Ihre
Geschäfte wurden geplündert oder in Brand gesetzt. Laut der chinesischen
Regierung starben bei diesen Auseinandersetzungen 13 Menschen, zum Großteil
Chinesen.
Die chinesische Regierung zitiert den Bürgermeister von Lhasa:
„Diese
Handlungen zielen einzig darauf ab, das glückliche und stabile Leben der
Menschen in Tibet aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die Regierung ist aber in
der Lage, die Stabilität für die Menschen zu bewahren.“
Daraufhin wurden, wie Krisin Kupfer in
der Wochenzeitung „Profil“ berichtet, wahllos Tibeter festgenommen und der
Bevölkerung der traditionelle Schmuck durch die „Sicherheitsbehörden“
entwendet.
Die Demonstrationen weiteten sich
schließlich auf die ganze Stadt aus, worauf eine große Delegation von
chinesischen Sicherheitskräften noch am selben Tag in der Stadt eintraf und
anfing, in den Straßen der Stadt zu patrouillieren. Die drei größten Klöster
wurden abgeriegelt und Polizeikräfte setzten auch Tränengas gegen die wütende
Bevölkerung ein, die sowohl Polizei, Feuerwehr als auch Rettungssanitäter
angriff. Touristen und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen wurde dringend
geraten, das Land zu verlassen oder vorerst nicht das Hotel zu verlassen. Die
Polizei suchte mittlerweile via Fernsehen, Yahoo und der Internetseite sina.com
nach Demonstranten.
Abb. 7 Abb.
8 Abb. 9
Kristin Kupfer beobachtete Panzer, die
durch die Stadt fuhren, jeweils mit zwei Flaggen bestückt, auf denen
geschrieben stand:
„Separatismus ist Unglück, Stabilität
ist Glück“.
Die Autorin dieser
Quellenstelle wurde zusammen mit Georg Blume übrigens am 20. März 2008 als
letzte ausländische Journalistin des Landes verwiesen.
China versuchte, die
Aufstände zu vertuschen:
„Die chinesische Zensur
blockierte derweil alle Fernsehberichte über die Unruhen, die der amerikanische
Nachrichtensender CNN und die britische BBC über Satellit nach China
ausstrahlten. Sobald der Bericht anfängt, wird der Bildschirm schwarz und ist
der Ton weg. Danach geht das Programm normal weiter.“
Am 16. März 2008 demonstrierten viele
Tibeter – darunter auch zahlreiche Mönche – in Aba, wobei nach Angaben der
exiltibetischen Regierung mindestens 80 Menschen durch chinesische
Sicherheitskräfte erschossen wurden und Tränengas gegen die Protestierenden
eingesetzt wurde.
Das Internetvideoportal YouTube wurde gesperrt
und auch ausländische Webseiten wurden umgehend blockiert, sobald sie kritisch
über die Unruhen berichteten.
Erst am 20. März veröffentlichte die amtliche chinesische Nachrichtenagentur
Xinhua unter Berufung auf Polizeiquellen ein Statement, demzufolge lediglich
vier Personen nur verletzt worden waren.
Kristin Kupfer hingegen berichtet:
„„56 Autos
sind ausgebrannt, 13 unschuldige Menschen sind verbrannt oder erschlagen worden,
14 Polizisten und sechs Militärpolizisten sind schwer verletzt, an 300 Stellen
und in 214 Läden hat es gebrannt“, sagt Xiang Baping, der Vorsitzende der
autonomen Region Tibet.“
Der Kommentar der chinesischen Regierung
zu den Unruhen lautet:
„Die Clique des Dalai Lama
hat die Proteste angezettelt und organisiert“.
Auch in den Nachbarprovinzen Sichuan,
Gansu und Qinghai marschierten an die 300 Tibeter mit dem Bild des Dalai Lama,
das offiziell verboten ist,
durch die Straßen. Auch hier gab es zahlreiche Tote – zum Großteil Mönche.
Abb.
10
Der Dalai Lama reagierte bestürzt auf
diese Ereignisse und forderte beide Seiten zur Gewaltlosigkeit auf. Falls
dieser Aufforderung nicht nachgekommen würde, drohte er mit dem Rücktritt als
Oberhaupt der tibetischen Exilregierung.
Er beschuldigt China allerdings auch eines „kulturellen
Genozids“.
China lehnte eine internationale Untersuchung
der Geschehnisse ab und wies auch einen unabhängigen Gesandten der Vereinten
Nationen ab, da es keine Einmischung in „innere Angelegenheiten“ wünscht. Stattdessen machte
China den Dalai Lama für die Unruhen verantwortlich und warf ihm weiters vor,
die internationale Öffentlichkeit durch „eine Menge Lügen in die Irre zu
führen“
– der chinesischen Bevölkerung wurden indessen dessen Friedensaufrufe
verschwiegen.
Auch vor dem Nationalen Volkskongress
wurde der Dalai Lama nicht nur für die Unruhen, sondern auch für die Todesopfer
und die schweren Zerstörungen verantwortlich gemacht. Der chinesische
Ministerpräsident Wen Jiabao wies sämtliche Vorwürfe in Sachen Tibet als
„Lügen“ zurück.
„Die
chinesische Regierung hat erneut Vorwürfe zurückgewiesen, China betreibe in
Tibet einen Völkermord. Schuld daran, dass nun in Tibet Unruhe herrscht, sei
nicht die chinesische Regierung, sondern der Dalai Lama.
So sagte
Chinas Premier auf einer Pressekonferenz zum Abschluss des Nationalen
Volkskongresses in Beijing: "Bei den Vorfällen verwundete und tötete eine
kleine Gruppe Menschen unschuldige Menschen mit grausamen Methoden. Sie haben
Fahrzeuge umgeschmissen und öffentliche Gebäude zerstört, sie haben die Häuser
einfacher Menschen in Brand gesetzt und Geschäfte und Schulen. Wir haben genug
Beweise, dass die Dalai-Lama-Clique die Unruhen organisiert, vorsätzlich
geplant, gesteuert und angestachelt hat. Das beweist: Die Beteuerungen des
Dalai Lama, dass er keine Unabhängigkeit Tibets fordert, sondern einen friedlichen
Dialog sucht, sind Lügen.“
Erst am 26. März wurden – in einer
geführten Gruppe – wieder Journalisten ins Land gelassen. Tibetische Mönche
nutzten die Situation, um während einer Rede eines Regierungsmitgliedes
abermals lautstark gegen die chinesische Politik und für den Dalai Lama zu
protestieren. Die Journalisten wurden darauf von ein paar
Regierungsangestellten von den Mönchen weggedrängt.
Am 25. April wurde in einem knappen
Statement erklärt, dass die chinesische Regierung zu einem Dialog mit dem Dalai
Lama bereit sei. Es wurde allerdings sehr drauf geachtet, bei diesem Statement
nicht allzu viel Hoffnung aufkommen zu lassen. Die Voraussetzungen für einen
Dialog mit dem Dalai Lama sind nach wie vor dieselben:
„Der Dalai
Lama ist nicht eine einfache Persönlichkeit aus dem geistlichen Kreis, sondern
ein politischer Exilant, der sich seit langem im Ausland um Chinas Spaltung
bemüht. Die Politik der Zentralregierung für die Kontaktaufnahme und die
Verhandlungen mit dem Dalai Lama ist konsequent und eindeutig: er muß
seine Ansicht über die Unabhängigkeit von Tibet aufgeben, die Aktivitäten zur
Spaltung des Vaterlandes einstellen und eindeutig erklären, daß Tibet ein
untrennbarer Bestandteil und Taiwan eine Provinz Chinas sowie die Volksrepublik
China die einzige legitime Regierung ist, die das ganze China vertritt.“ [sic.]
Die tibetischen Proteste lösten weltweit
Demonstrationen aus, unter denen vor allem die chinesischen Botschaften der
jeweiligen Länder zu leiden hatten. Es wurde, vor allem von Frankreich, auch
zum Olympia-Boykott aufgerufen, der aber nach langen Diskussionen der
westlichen Regierungsmitglieder und des Olympiakomitees abgelehnt wurde. Die
Regierungschefs hielten sich insgesamt bedeckt, forderten jedoch beide Seiten
zur Gewaltlosigkeit auf.
Am 26. Jänner 2010 nahm die chinesische
Regierung jedoch völlig überraschend Kontakt mit der Exil-Regierung Tibets auf.
China hatte zuvor eine Arbeitskonferenz über Tibet abgehalten, in der vor allem
die Bedeutung Tibets für die nationale Sicherheit hervorgehoben wurde. In
dieser Konferenz beschloss man unter anderem auch die tibetische Bevölkerung
verstärkt am Wirtschaftsaufschwung teilhaben zu lassen. Diese Ankündigungen
ziehen jedoch keinerlei Veränderungen in der bisherigen Tibet-Politik nach
sich. Hu Jintao bezeichnete diese als „völlig korrekt“. Experten fürchteten
jedoch, dass die Gespräche mit China keine Verbesserungen mit sich bringen
werden, da China die Kontrolle über das tibetische Hochland und die
buddhistischen Klöster durch die Behörden weiter verschärften. Weiters wurde ein
so genannter „Hardliner“ als neuer Gouverneur von Tibet eingesetzt. China erklärte die
Gespräche für gescheitert und betonte nochmals, dass es nicht den geringsten
Spielraum für Zugeständnisse gäbe.
Dies zeigte sich auch deutlich, als
Barack Obama am 18. Februar mit dem Dalai Lama zusammentraf. Schon im Vorfeld
hatte China Warnungen ausgesprochen, dass die, durch die geplante
Waffenlieferung der USA an Taiwan ohnehin schon abgekühlte Beziehung der beiden
Staaten sich noch mehr verschlechtern würde.
Trotz dieser Kritik hielt der amerikanische US-Präsident Barack Obama an dem
angekündigten Treffen mit dem Dalai Lama fest. Um China jedoch nicht
vollständig zu verärgern, empfing er den Dalai Lama im Kartenraum des Weißen
Hauses, und gab somit dem Treffen eine informelle Note. Journalisten waren
während des Treffens nicht zugelassen. Beide Seiten ließen verlauten, dass das
Gespräch ausgesprochen gut verlaufen sei und der Dalai Lama betonte weiters,
dass Barack Obama ihm seine Unterstützung zugesagt hätte.
Die Lösung des Tibet-Problems steht
weiterhin aus. Die internationalen Politiker versuchen einen Konflikt mit China
zu vermeiden, da die wirtschaftliche Abhängigkeit mittlerweile sehr groß ist.
Solange die internationale Öffentlichkeit nicht geschlossen gegen China
auftritt, kann China es sich leisten, die Situation abzuwarten.
3.3 Tiananmen-Massaker
Bereits 1986/87 hatte es vermehrt Demonstrationen gegeben, für
die später der ehemalige Generalsekretär Hu Yaobang parteiintern verantwortlich
gemacht wurde. Als er am 15. April 1989 starb, gab es spontane Trauerfeiern an
den Hochschulen, die sich schließlich auch auf den Platz des Himmlischen
Friedens ausbreiteten. Hier forderten die Studenten eine Rehabilitierung von Hu
Yaobang und Maßnahmen gegen die weit verbreitete Korruption im Lande. Die
Studenten verfassten eine Petition, in der sie sieben Forderungen an die
Regierung stellten. Die Regierung sollte:
„1. Hu Yaobongs Ansichten über Demokratie und Freiheit als
korrekt bestätigen, 2. eingestehen, dass die Kampagne gegen geistige
Verschmutzung und bourgeoise Liberalisierung falsch gewesen seien, 3. Informationen
über das Einkommen führender Politiker und ihrer Angehörigen veröffentlichen,
4. das Verbot für privat betriebene Zeitungen aufheben und das Recht der freien
Meinungsäußerung zulassen, 5. die Mittel für das Bildungswesen erhöhen und
Intellektuelle besser bezahlen, 6. die Beschränkung für Demonstrationen in Beijing
beenden und 7. demokratische Wahlen abhalten, um Regierungsvertreter abzulösen,
die irrige politische Entscheidungen getroffen haben.“
Die Petition wurde nicht angenommen. Weitere Demonstrationen
folgten, und durch den Besuch des russischen Staatspräsidenten Gorbatschow war
ausreichend ausländische Presse anwesend, um die Geschehnisse zu dokumentieren.
Die Studenten traten in den Hungerstreik und gaben auf einer internationalen
Pressekonferenz ihren offiziellen Standpunkt bekannt.
Die Situation spitzte sich immer mehr zu, bis schließlich am 19.
Mai 1989 die Armee in die Stadt einrückte. Anfangs versuchte die Bevölkerung
die noch unbewaffneten Truppen aufzuhalten, indem sie beispielsweise die Reifen
der Armeelastwagen zerstachen. Am 20. Mai wurde die Satellitenverbindung der
Auslandspresse unterbrochen, die mit der Abreise Gorbatschows des Landes
verwiesen wurde. Einige Studenten verließen darauf die Demonstrationen, aber
der Großteil der Studentenschaft blieb. In der Nacht des 2./3. Juni versuchte
das Militär abermals den Platz des Himmlischen Friedens zu besetzen, scheiterte
aber an dem friedlichen Widerstand der Studenten. Zu diesem Zeitpunkt wurde
noch keine Gewalt eingesetzt, aber die Regierung sprach immer schärfere
Warnungen aus. Am 3. Juni rückten die Soldaten schließlich voll ausgerüstet
vor. Als sie mit Steinen beworfen wurden, schossen sie mit scharfer Munition
zurück, wobei mehrere Personen schwer verletzt beziehungsweise getötet wurden.
Die Situation eskalierte. Am 4. Juni 1989 schritt die Armee auf
dem Tiananmen-Platz ein. Nach ein paar Schüssen stoben die Studenten in alle
Richtungen davon, wobei sie die Armee bereits in den umliegenden Gassen
erwartete.
Zu dieser Zeit entstand auch das World Press Photo 1989, das
einen einzelnen Studenten zeigt, der sich vor die Panzer stellt. Die
geschätzten Todeszahlen gehen weit auseinander, je nachdem, ob sie von China
oder vom Westen stammen.
Das offizielle China berichtet von 300 toten und 5000 verletzten Soldaten sowie
2000 verletzten Zivilisten. Amnesty International hingegen nimmt eine Opferzahl
von 700-3000 Toten an, das chinesische Rote Kreuz spricht von 2600 toten
Zivilisten.
Abb.
11
Es kam zu zahlreichen Verhaftungen und Todesurteilen. Andere
führende Studenten wurden gezielt daran gehindert, Arbeit zu finden. Der
Politiker Zhao Ziyang wurde parteiintern für die Ereignisse verantwortlich
gemacht und lebenslänglich unter Hausarrest gestellt.
Daraufhin wurde ein Waffenembargo von der EU und den USA gegen
China verhängt, das auch heute noch in Kraft ist.
Heute versucht die chinesische Regierung jegliche Erinnerung an
die Geschehnisse des Juni 1989 zu unterbinden. So war es mir trotz mehrfacher
Anfragen unmöglich, eine offizielle Stellungnahme der chinesischen Botschaft in
Österreich zu den Ereignissen zu bekommen. Chinesen, die weiterhin auf die
Ereignisse am Tiananmen-Platz aufmerksam machen, werden vom Staat weiterhin
verfolgt. Am 20. Jahrestag des Massakers wurden in China zahlreiche Seiten wie
Twitter oder Facebook gesperrt.
3.4 Olympische
Spiele 2008 in Beijing
Die Olympischen Spiele 2008 in Beijing sollten eine groß
angelegte Image-Verbesserung Chinas bewirken. Sie scheiterte in den Augen des
westlichen Betrachters.
Bereits als China als ein möglicher Ort für die Austragung der
Sommerspiele 2008 gehandelt wurde, gab es weltweit Proteste. Es wurde die
Nicht-Einhaltung der Menschenrechte kritisiert sowie weiters, dass China die
meisten Todesstrafen pro Jahr auf der Welt vollstreckt. Das europäische
Parlament formulierte die Kritikpunkte bezüglich der Kandidatur Beijings als
Austragungsort der Olympischen Spiele 2008 in einer Entschließung:
„A. in
der Erwägung, dass die seit Jahrzehnten praktizierte Unterdrückung der Meinungsfreiheit
und der Freiheit, für Demokratie zu demonstrieren, in der Volksrepublik China
trotz internationaler Proteste fortdauert,
B. in
Anbetracht der Unterdrückung religiöser, ethnischer und sonstiger Minderheiten,
insbesondere der Tibeter, Uiguren und Mongolen sowie der Falun-Gong-Bewegung,
[…]
1. ersucht
das Internationale Olympische Komitee, Leitlinien einschließlich der Achtung
der Menschenrechte und demokratischen Grundsätze festzulegen, die generell für
Länder gelten sollen, die die Olympischen Spiele ausrichten;
2. bedauert,
dass die Volksrepublik China es nachweislich versäumt, allgemeine Menschen-,
bürgerliche und politische Rechte, einschließlich der Religionsfreiheit, zu
achten, und vertritt daher die Auffassung, dass diese negative Bilanz und die
Repression in Tibet sowie in Xinjiang und der Südlichen Mongolei es nicht
angebracht erscheinen lassen, die Kandidatur Beijings für die Olympischen
Spiele 2008 zu berücksichtigen;
3. fordert
das Internationale Olympische Komitee in jedem Fall auf, ein gründliches
Umweltverträglichkeitsgutachten zu erstellen, in dem insbesondere die
wiederholt verzeichnete Wasserknappheit, die Auswirkungen des Massentourismus
und die sozialen Auswirkungen in der Region um Beijing analysiert werden; […]“
Die Wahl der IOC-Evaluierungs-Kommission fiel trotzdem auf Beijing.
Nach Berlin (1936), Mexico-Stadt (1968), Moskau (1980), Los Angeles (1984) und Seoul
(1988) sorgte die Wahl des IOC wieder für politische Kontroversen.
Für China begann damit die Zeit der Arbeit und Großvorhaben.
Insgesamt wurden 40 Milliarden Dollar in Infrastrukturprojekte investiert, die
von geschätzten 30.000 Arbeitern realisiert wurden. An sich wollte die
chinesische Regierung alle Bauarbeiten im Jahr 2007 fertig gestellt haben, doch
erwies sich das bald als unmöglich, da die Kosten explodierten, es zahlreiche
technische Probleme und Probleme in der Stahlproduktion gab. Für den Bau der
riesigen Olympiastätten wurden laut China 3.000 Familien umgesiedelt, was
wiederum 155 Millionen Euro gekostet haben soll.
Die Zahlen, wie viele Menschen tatsächlich umgesiedelt wurden, könnten
unterschiedlicher nicht sein. Laut China sind 6037 Personen umgesiedelt worden.
COHRE (Centre on Housing Rights and Evictions), eine Internationale
Organisation mit Sitz in Genf, hingegen behauptet, dass es 1,25 Millionen
Zwangsumsiedlungen gab.
Allerdings muss man beachten, dass zu dieser Zeit ohnehin viele veraltete
Stadtteile abgerissen wurden. Arbeiten, die wahrscheinlich auch ohne die
Olympischen Spiele durchgeführt worden wären.
Die zahlreichen Protestierenden gegen die Umsiedlungen wurden
umgehend von der Beijinger Polizei verhaftet.
Bereits im April 2006 wurde bekannt gegeben, dass zahlreiche
lokale Gesetze und Verordnungen erlassen werden, um nicht erwünschte Personen
von Beijing fernzuhalten. Darin sind Einwohner ohne Wohnberechtigung in Beijing,
Wanderarbeiter, geistig Behinderte und Bettler inkludiert.
Weiters wurden sämtliche Proteste verboten, die Überwachung anderer Parteien
verschärft und Regimekritiker stärker verfolgt. Die Bewohner wurden dazu
aufgerufen, sich während der Spiele zu Hause aufzuhalten.
Aber auch die Beijinger Polizei wurde ein paar Neuerungen
unterzogen. Die Polizisten sollten sich in Zukunft besser benehmen, weniger
fluchen, ihr arrogantes Verhalten ablegen und keine Personen ignorieren, die
ein Verbrechen melden wollen. Verstöße gegen diese Verhaltensregelungen würden
bestraft werden.
Während der Olympischen Spiele ist es der ausländischen Presse,
zumindest offiziell, erlaubt, mit jeder beliebigen Person zu sprechen.
Der Fackellauf, der unter dem Motto „Reise der Harmonie“
abgehalten wurde, stellte sich als Gegenteil seiner Botschaft heraus. Schon in
Griechenland, wo die Fackel entzündet wurde, gab es Proteste, die sich dann
auch in London und Paris fortsetzten. In Paris waren die Proteste derartig
groß, dass der Lauf am 7. April von der Polizei unterbrochen werden musste.
Auch in San Francisco, wo man bereits die Route geändert hatte, um etwaigen
Protesten zu entgehen, gab es wieder großes Aufsehen, als die offizielle
Fackelläuferin eine Tibet-Fahne aus dem Ärmel riss. Die Fahne wurde ihr von den,
den Fackellauf begleitende, chinesischen paramilitärischen Sicherheitskräften
entrissen, und die Läuferin wurde so schnell wie möglich durch jemand anderen
ersetzt.
Auch in Japan, Buenos Aires und Tansania kam die chinesische Regierung durch
zahlreiche Proteste ins Kreuzfeuer der Kritik.
Doch nach den zunächst weit verbreiteten Boykottdrohungen nahmen
trotzdem so viele Staaten wie noch nie an den Olympischen Spielen in Beijing
teil.
Sowohl die Eröffnungs- als auch die Abschlussfeier waren Spektakel der
Superlative, in denen die Chinesen vor allem auf ihre lange Geschichte
hinwiesen. Stolz berichtete Radio China International (=CRI), von der erfolgreichen
Austragung der Spiele: Laut den chinesischen Nachrichten ist es China gelungen,
sich selbst international souverän zu präsentieren.
„In den
vergangenen Tagen haben weitere ausländische Spitzenpolitiker per Schreiben die
erfolgreiche Austragung der Olympischen Spiele in Beijing gewürdigt.“
„In einem
Interview mit CRI sagten einige Mitglieder der palästinensischen
Olympia-Delegation am Donnerstag, die Beijinger Spiele seien eine nicht
wiederholbare Legende.“
„Der
französische Präsident Nicolas Sarkozy sagte, die Olympischen Spiele in Beijing
hätten ihn tief beeindruckt. Die Eröffnungsfeier habe der Welt die
traditionelle Kultur der chinesischen Zivilisation umfassend präsentiert. Der
Slogan "Eine Welt, ein Traum" sei ebenfalls bei der Eröffnung
widergespiegelt worden. Der mazedonische Präsident Branko Crvenkovski betonte,
die ganze Welt bewundere die organisatorischen Arbeiten der Spiele in Beijing.
Die ausgezeichenten Leistungen dabei hätten alle Völker der Welt ebenfalls tief
beeindruckt. Die Spiele in Beijing seien ein neues Vorbild bezüglich der
Olympia-Bewegung und hätten ein neues Kapitel in der Geschichte der Olympischen
Spiele aufgeschlagen. Das chinesische Volk könne stolz darauf sein.“
Zahlreiche Statements wie diese berichteten dem In- und Ausland
über die durch und durch erfolgreiche Austragung der Olympischen Spiele.
Kritik von ausländischen Journalisten wurde erfolgreich
untergraben. So entstanden Seiten wie anti-cnn.com. Dies ist eine
Webseite, auf der der ausländischen Berichterstattung zahlreiche Fehler
unterstellt werden, die China absichtlich in einem schlechten Licht darstellen
sollen. Die Hetz-Propaganda greift. Auf der Seite wurden außerdem die
Telefonnummern und Adressen ausländischer Journalisten ins Netz gestellt, worauf
diese zahlreiche Drohanrufe bekamen.
Dass dies von der chinesischen Regierung geduldet wurde, zeigt die einfache
Tatsache, dass die Internet-Polizei noch nicht eingegriffen hatte.
Innerhalb Chinas wurden die Olympischen Spiele als der große
Erfolg verbucht, während in der westlichen Hemisphäre der Eindruck von
Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung nur größer
wurde.
3.5 Yangtse-Staudamm
Eines der wohl am meisten kritisierten Projekte Chinas ist der
Yangtse-Staudamm, der seit 2006 fertiggestellt ist.
Der Yangtse ist der längste Fluss Asiens und der drittlängste der
Erde. Obwohl er seit jeher eine der wichtigsten Erwerbs- und Nahrungsquellen
Chinas ist, sorgte er durch immer wiederkehrendes gefährliches Hochwasser für
Todesopfer und für die Verwüstung großer Landstriche. So starben zum Beispiel
1998 beim Hochwasser 3.000 Menschen und der Sachschaden betrug 20 Milliarden
Euro.
1992 hatte die Regierung grünes Licht für den Bau des
Drei-Schluchten-Damms gegeben und 1994 begannen die Bauarbeiten.
Es sprechen viele Argumente für diesen Bau: neben der Prävention
vor weiteren todbringenden Hochwassern wird auch die Schifffahrt verbessert und
mit den Wasserkraftwerken ist für eine saubere Energieerzeugung gesorgt.
Außerdem können trockene Gebiete Nordchinas mit Wasser versorgt werden und mit
dem Bau und der Instandhaltung des Damms wird für Arbeitsplätze gesorgt.
Die Nachteile des Damms sind aber ebenfalls zahlreich:
Umweltschützer warnen seit Baubeginn nicht nur vor den Folgen des Dammbaus, sondern
bezweifeln auch dessen Aufgabenerfüllung. Durch den Bau des Damms sind
zahlreiche Arten ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. Insgesamt sind es 2.862
Pflanzenarten, 335 Fischarten und 22 Tierarten, die auf der Roten Liste
aussterbender Tierarten stehen, wie z. B. der China-Alligator. Bedroht war auch
der Chinesische Flussdelfin Baiji, der seit 2006 nicht mehr gesichtet wurde.
Die Tiere sind vor allem durch die Vergiftung des Flusses, die vor allem durch
die Müllhalden der Städte entsteht, in Gefahr.
Als in einem chinesischen Radio-Interview die Sprache auf die Gefährdung des
Yangtse-Alligator kam, wurde der Gesprächspartner ausgeblendet und die Sendung
beendet.
Die Fischindustrie spürt die Ausmaße der Veränderungen am stärksten: Die
Ökosysteme im Fluss sind vollkommen auf die Überschwemmungen des Flusses
angewiesen, da diese für den benötigten Wasser- bzw. Nährstoffnachschub sorgen.
Deshalb kommt es zur Austrocknung einiger Feuchtgebiete, wodurch die Fische
ausbleiben. Aber auch die veränderte Strömungsgeschwindigkeit und Temperatur
bedrohen viele Fischarten.
Umweltschützer verweisen auch gerne darauf, dass die Ursachen für
das immer wiederkehrende Hochwasser mit dem Bau des Damms noch lange nicht
beseitigt sind. Denn ein gravierender Grund für das Hochwasser ist die
Abholzung der Wälder am Rande des Flusses, die früher das Wasser der Regenfälle
zum großen Teil aufgenommen und ein Hochwasser verhindert haben. Heute fließen
die Ergüsse der Regenfälle direkt in den Fluss und sorgen für ein gewaltiges
Ansteigen des Wasserspiegels. Weiters wird kritisiert, dass der Fluss durch die
Trockenlegung einiger Seen seine Rückhalteräume verloren hat. Außerdem hat die
Talsperre keinen Einfluss auf die Nebenflüsse, die ebenfalls für Hochwasser
sorgen könnten. Weiters meinen Experten, dass der Damm keine extremen
Hochwasser zurückhalten könne. Überdies wird von Experten befürchtet, dass der
Yangtse durch die Wasserumleitungen austrocknen könnte, wie es auch beim Gelben
Fluss geschieht.
Erste Anzeichen weisen darauf hin, dass dies schon in naher Zukunft passieren
könnte.
Die chinesische Regierung betont aber immer wieder die zwei
umweltfreundlichen Ziele des Damms: saubere Energie durch Wasserkraftwerke und
die Verhinderung des Hochwassers. Doch diese zwei Ziele stehen im Widerspruch
zueinander. Für einen maximalen Energiegewinn müsste das Staubecken gefüllt,
zur Prävention des Hochwassers allerdings leer sein. Auch das Argument der
sauberen Energie wird schnell zunichte gemacht. Durch die Biomasse, die im See
durch die Unterwassersetzung zerfällt, wird ein große Menge Methan freigesetzt,
das ein deutlich gefährlicheres Treibhausgas als CO2 ist. Allerdings
ist das Ausmaß dieses Prozesses von Stausee zu Stausee unterschiedlich.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Fluss Unmengen an
Treibsand und Sediment mit sich führt, was wiederum die Selbstreinigung des
Flusses verhindert und die Staukapazität des Damms reduziert. Das Problem der
Versandung bei großen Dämmen ist weltweit bekannt. Flussabwärts fehlen
schließlich die Sedimente, was zu einer Verringerung der Nährstoffe der Böden
der anliegenden Felder führt. Darüber hinaus wurde die ursprüngliche Abtragung
des Flussbodens durch die Sedimente natürlich ausgeglichen, während jetzt der
Fluss Gefahr läuft, sich zu vertiefen, wodurch der Wasserspiegel sinken würde.
Durch die Sedimentierung während der Trockenzeiten ist die propagierte bessere
Schiffbarkeit nicht möglich, da in diesem Teil des Flusses größere Schiffe
nicht vor Anker gehen können.
Neben den ökologischen Auswirkungen wurde aber auch die
Umsiedlung zahlreicher Menschen und Dörfer kritisiert, wie auch die Zerstörung
uralten Kulturguts. Insgesamt liegen 39 Kultur- und Landschaftsstätten unter
Wasser und sollen für den Tauchtourismus genützt werden.
„Forscher
[…] entdeckten über 1.200 historische Stätten, wobei zahlreiche Funde ca. 6.000
Jahre alt sind […]Skulpturen, Gräber, Tempel, Felsmalereien und Jadehöhlen.“
Die umgesiedelten Menschen würden nur schlecht entschädigt werden
für ihr verloren gegangenes Hab und Gut, heißt es.
Ein chinesischer Journalist, der kritische Texte im Internet verfasst, sagt,
dass die Entschädigungszahlungen auf dem Preisniveau von 1993 festgelegt
wurden. Damit kann man sich in China heute kaum noch etwas kaufen. Hinzu kommt
noch, dass die chinesischen Neubauten für die Umgesiedelten einfach nicht
leistbar sind.
Und selbst, wenn man eine dieser Wohnungen bekommt, ist es fraglich, ob man
wirklich entschädigt wird. Schnell und unsauber wurden die Häuser gebaut, was
dazu führt, dass nicht nur die Wände sehr dünn, sondern auch die Treppenhäuser
nicht sonderlich stabil sind. Die Hochhäuser erscheinen nicht gerade
erdbebensicher.
Insgesamt mussten 1,6 Millionen Menschen umgesiedelt werden, also 300.000 mehr
als geplant.
Weiters wurden Millionen Yuan von Beamten veruntreut.
Korruption ist allerdings ein allgemein weit verbreitetes Problem in China.
Auf offiziellen deutschsprachigen chinesischen Seiten findet man
kaum etwas über die Problematik des Riesenprojekts. China scheint jedoch zumindest
die Verschmutzung des Sees teilweise zuzugeben und auch ernst zu nehmen.
„Seit 2003
veröffentlicht das Staatliche Umweltschutzamt jährlich Daten über den
Fortschritt bei der Verhütung und Bekämpfung der Verschmutzung der wichtigsten
Flüsse und Gewässer im ganzen Land. Seitdem der Drei-Schluchten-Stausee am
Yangtse am 10. Juni 2003 gefüllt wurde, weist die Wasserqualität im Stausee
keine messbare Veränderung auf. Um die Wasserqualität weiterhin zu
gewährleisten, hat die Regierung geplant, in den zehn Jahren von 2001 bis 2010
etwa 40 Milliarden Yuan für die Verhütung und Behandlung von
Wasserverschmutzung im Drei-Schluchten-Stausee und dessen Zulauf einzusetzen.
Gemäß dem ”Programm für die Verhütung und Bekämpfung der Wasserverschmutzung im
Drei-Schluchten-Stausee und dessen Zulauf” soll die Wasserqualität im
Drei-Schluchten-Stausee und in den wichtigsten kontrollierten Abschnitten des
Zulaufs bis 2010 im Wesentlichen die staatliche Norm für die zweite Kategorie
der Oberflächenwasserqualität erreichen, und das Ökosystem im Stausee deutlich
verbessert werden.“
Weiters soll der Artenvielfalt durch die zuständigen
Regierungsabteilungen Chinas große Beachtung geschenkt werden. Von Misserfolgen
und dem Aussterben von Fischarten im Yangtse wird nicht berichtet.
Natürlich ist China nicht das einzige Land, in dem sehr große
Staudämme gebaut werden, wobei sehr oft dieselben Probleme entstehen.
Allerdings gab es noch nie einen Staudamm in solchen Dimensionen und niemals
waren von den Auswirkungen so viele Menschen betroffen.
4 Chinas Zukunft
4.1 Umwelt
Maos berühmtes Zitat „Lass den hohen Berg
sein Haupt beugen, mache den Fluss gefügig“, haben sich die Chinesen sehr zu
Herzen genommen. Wirtschaft kommt vor Umwelt. Doch diese Politik führte zu
zahlreichen Umweltproblemen, die der chinesischen Regierung ernsthafte Probleme
bereiten. Wie jedes Land auf dem Weg zur Industrialisierung hat auch China mit
saurem Regen, schlechter Luft, abgeholzten Wäldern und sterbenden Flüssen zu
kämpfen. Doch während all diese Probleme in anderen Industriestaaten
nacheinander erfolgten, muss sich China mit diesen Problemen gleichzeitig
auseinandersetzen.
Die chinesische Regierung gibt große Mengen Geld für die Umwelt
aus, doch trotzdem wird kritisiert, dass sie noch immer zu wenig zu tut, und dass
die zahlreichen Umweltgesetze, die ins Leben gerufen wurden, zu lasch
gehandhabt werden.
Da die Umweltprobleme Chinas sehr komplex und weit gefächert sind,
möchte ich mich hier vor allem auf das Problem „Wasser“ konzentrieren, das
China große Sorgen bereitet. Während Experten vor zukünftigen Kriegen um Wasser
warnen, geschieht dies in China bereits jetzt.
Am Zhang Fluss streiten sich die Provinzen Henan und Hebei schon seit Jahrzehnten
um das Wasser des Flusses und beschuldigen sich gegenseitig, Wasser illegal
abzuleiten. Sogar Waffen wurden eingesetzt.
Vor allem vor und während der Olympischen Spielen zeigte sich die
Wasserknappheit sehr deutlich. Denn Beijing, das mitten in die Wüste gebaut
wurde und somit ohnehin schon mit den Wasservorräten zu kämpfen hat, wurde vor
und während der Olympischen Spiele intensiv bewässert. Viele Städte, die in der
Nähe eines Flusses angesiedelt sind, mussten Wasser an Beijing weiterpumpen.
Doch selbst diese Städte leiden bereits ohne diesen Umstand an Wassermangel.
Da diese Wasser-Pipelines oft rissig sind, geht auf diese ebenfalls viel Wasser
verloren.
Vor allem die Bauern leiden unter der Austrocknung des Landes.
Durch die zunehmende Wasserknappheit können sie keinen Reis mehr anbauen und
müssen auf Weizen umsteigen. Dieser bringt ihnen noch weniger Geld ein.
Das zweite große Problem mit dem Wasser ist dessen Verschmutzung.
„Fünf der sieben größten
Flüsse in China führen Wasser, das zu über 70 Prozent für Menschen ungenießbar
ist. So sind 90 Prozent der städtischen Gewässer mehr oder weniger verschmutzt.
Menschen erkranken an Hepatitis und bekommen Leber- und Magenkrebs. Jährlich
sterben vor allem in den Städten unzählige Menschen aufgrund der schlechten
Wasserqualität.“
Dieses Problem besteht nicht nur aufgrund der oft giftigen Abfälle
der Fabriken, sondern auch durch die intensive chemische Düngung des Bodens
durch die Bauern, die diesen Dünger aufgrund des Wassermangels einsetzen.
Durch den Wassermangel, die stetige Verschmutzung der Flüsse,
Landflucht der Bauern und den Boom der Städte gibt es immer weniger
landwirtschaftlich nutzbare Flächen. Jährlich geht diese landwirtschaftlich
nutzbare Fläche um 500.000 Hektar zurück.
Durch den wachsenden Wohlstand der Bevölkerung können sich jedoch immer mehr
Menschen Fleisch leisten und wollen dieses dann natürlich auch kaufen. Somit
steigt die Anzahl des Viehs und damit auch des Getreideverbrauchs. Getreide,
das China irgendwann nicht mehr aufbringen wird können.
Die Mittelschicht wird immer größer und könnte China in einigen
Jahren von Grund auf ändern. Denn mit dem wachsenden Wohlstand steigen auch die
Ansprüche und Wünsche, zum Beispiel ein Auto, aber auch ein Haus im Grünen und
ein gesundes Leben. Doch durch die massive Umweltverschmutzung ist ein Haus im
Grünen oder eine gute Gesundheit nicht mehr möglich. Dieser Umstand könnte das
derzeitige Desinteresse der Mittelschicht an der Politik ändern.
Wenn sich nicht bald drastisch etwas ändert, wird die
Mittelschicht gegen die derzeit herrschenden Umstände protestieren, was zu
einem Stopp des Aufschwungs in Chinas führen könnte. Sollte China seine
Umweltpolitik nicht rigoros ändern, wird ein Wachstum, wie es derzeit besteht,
nicht mehr möglich sein. Denn den Protest niederzuschlagen, könnte sich China
höchstwahrscheinlich nicht leisten, da es erstens nicht ohne die Mittelschicht
auskommt, und es sich zweitens nicht leisten kann, international so schlecht
dazustehen, vor allem da China durch seine Umweltpolitik international bereits stark
kritisiert wird. Dies zeigte sich auch beim Weltklimagipfel in Kopenhagen 2009,
bei dem China international einer Blockade-Haltung in zentralen Themen
beschuldigt wurde.
China hingegen konterte, dass sich die Industrieländer ihrer „historischen
Verantwortung“ in Sachen Klimaschutz bewusst werden sollten und es an den
Industriestaaten
läge ihre Treibhausgase in großen Maßen zu verringern. Chinas Klimaziele hingegen
entsprächen vollkommen den Anforderungen der Klimarahmenkonvention an
Entwicklungsländern, als das sich China, trotz wirtschaftlichen Aufschwungs
noch immer sieht.
Doch langsam scheint sich China seiner Verantwortung bewusst zu
werden. Im Jänner 2010 legten 55 Länder – darunter auch China – ihre Klimaziele
für 2020 dem Klimasekretariat in Bonn vor. China möchte bis 2020 seinen Kohlendioxid-Ausstoß
um 40 bis 45 Prozent verringern, den Anteil alternativer Energien auf 15
Prozent steigern und den Waldanteil im Land auf 40 Millionen Hektar vergrößern.
Allerdings sind diese Ziele unverbindlich.
Die in diesem Kapitel durch die Umweltverschmutzung genannten
Probleme und ihre Folgen, werden China dazu zwingen seine Umweltpolitik
drastisch zu verändern. Diese Änderungen und die Überalterung der Gesellschaft
werden sehr wahrscheinlich dazu führen, dass China an wirtschaftlicher Macht
verliert.
4.2 Die Folgen der
Ein-Kind-Politik
1979 wurde die Ein-Kind-Politik verordnet, die auf Grund des
explosionsartigen Bevölkerungswachstums eingeführt wurde. Allerdings war diese
Politik anfangs nur wenig erfolgreich: immer mehr Chinesen hatten es zu einer Art
Wohlstand gebracht und konnten sich die Geldstrafen, die man bei der Geburt von
einem zweitem Kind zu zahlen hatte, leisten. Wenn die Familie – meistens Bauern
– nicht zahlen kann, wird an der Frau eine Zwangsabtreibung vorgenommen. Seit
2002 sind solche Zwangsabtreibungen verboten, die bei einem bereits vorhanden
Kind, nicht verheirateten Paaren oder einem nicht vorhandenen Antrag für ein
Kind, durchgeführt worden sind. Doch auf dem Land werden diese von den
ansässigen Kadern, bei nicht aufgebrachtem Schmiergeld, trotzdem weiterhin
durchgeführt. Diese Politik führte zu den sogenannten „schwarzen Kindern“, die
offiziell gar nicht existieren. Sie besitzen keinerlei Papiere, was dazu führt,
dass sie weder medizinische Versorgung noch eine Schulausbildung bekommen.
Menschenrechtsorganisationen gehen von circa 25 Millionen solcher Kinder aus.
Die Probleme der Ein-Kind-Politik haben aber mittlerweile auch die Regierung
erreicht. Obwohl es einen Bevölkerungszuwachs von jährlich 8 Millionen gibt,
wird die Gesellschaft immer älter. Außerdem wurden und werden neugeborene
Mädchen oder weibliche Embryonen immer wieder getötet, da traditionellerweise
nur der Sohn die Versorgung der Eltern im Alter übernimmt. Dies führte dazu,
dass schon heute mehr als 24 Millionen Männer keine Frau gefunden haben
beziehungsweise keine finden werden können.
Die Regierung reagierte mit einem Gesetz, das die Geschlechtsbestimmung vor der
Geburt verbietet. Doch das Gesetz greift nicht. Experten warnen vor den Folgen
des Frauenmangels: eine aggressivere Gesellschaft und ein starker Anstieg der
Verbrechensrate, vor allem bei Vergewaltigungen, Zwangsprostitution,
Frauenhandel und Frauenraub. Um dem entgegenzuwirken, hat die chinesische
Regierung eine landesweite Kampagne gestartet, die die Position von Mädchen und
Frauen stärken soll. So wird die Geburt einer Tochter mit finanziellen
Altersabsicherungen und Häusern belohnt.
4.3 Taiwan/Republik
China
1949 kam es durch den Rückzug der Kuomintang und der Vertreter der
Republik China unter Chiang Ka-shek nach Taiwan zur Abspaltung der Insel vom
Festland. Mao Zedong rief daher im selben Jahr auf dem Festland die
Volksrepublik China aus. Bis zum 25. Oktober 1971 war aber die Republik China
der offizielle Vertreter Chinas in der UNO. Taiwan war auch bis Anfang der
1970er Jahre von den USA unterstützt und beschützt worden. Als es dann aber zu
einer Annäherung zwischen der Volksrepublik China und den USA kam, geriet
Taiwans Status als internationaler Vertreter Chinas in der UNO immer mehr ins
Wanken.
1971 kam es bei den Vereinten Nationen auf Antrag Albaniens zu
einer Abstimmung über die Resolution 2758 der UN-Generalversammlung, durch die
eben der Status Taiwans neu geklärt werden sollte. Bevor jedoch der Antrag
verhandelt wurde, trat die Republik China aus Protest aus der UNO aus. Seit
diesem Zeitpunkt ist die Volksrepublik China offizieller Vertreter Chinas in
der UNO. Dies hatte zur Folge, dass die Volkrepublik China, bei der Aufnahme
diplomatischer Beziehungen mit anderen Staaten von diesen den Abbruch der
diplomatischen Beziehungen der internationalen Staatengemeinschaft mit mit der
Republik China, also Taiwan, forderte. Nach dem Ende des Kalten Krieges strebte
Taiwan allerdings wieder die Mitgliedschaft in der UNO an – bis heute
vergeblich.
Taiwan schaffte es jedoch, sich wirtschaftlich stark zu
profilieren, da wirtschaftliche Kontakte jenseits der politischen Unklarheiten
und Krisen bestehen blieben und ausgebaut wurden. Somit konnte bis heute eine
Übernahme Taiwans durch die Volksrepublik China verhindert werden.
Taiwan wendete die sogenannte Dollar-Diplomatie an. Es gewährte
armen Ländern Entwicklungshilfe, die Taiwan im Gegenzug dafür politisch anerkannten.
Seitdem kämpfen die Volksrepublik und Taiwan regelrecht um diplomatische
Beziehungen. Heute wird Taiwans staatliche Souveränität aber lediglich von nur
23 Staaten anerkannt.
Während die Volksrepublik eine Ein-China-Politik vetritt, bildet
sich in Taiwan die Zwei-China-Theorie, die die friedliche Koexistenz des
Festlandes mit der Republik anstrebt. Um die Situation zwischen den beiden
Ländern nicht abermals, wie bei den Konflikten um die Küsteninseln (1949-1955;
1958-1959), eskalieren zu lassen, wurde die Politik der Fünf-Nein eingeführt,
die besagt, dass solange Taiwan von der Volksrepublik China nicht akut
militärisch bedroht würde, folgende Prinzipien gelten würden:
„• Taiwan wird nicht die formale Unabhängigkeit erklären.
• Taiwan wird
die offizielle Staatsbezeichnung („Republik China“) nicht ändern.
• Taiwan wird
keinen Artikel in die Verfassung aufnehmen, der die Beziehungen zur
Volksrepublik China als „zwischenstaatliche Beziehungen“ bezeichnet (sog.
Zwei-Staaten-Theorie).
• Taiwan wird kein
Referendum über den zukünftigen politischen Status Taiwans abhalten.
• Taiwan wird die
Richtlinien für die „Nationale Wiedervereinigung“ nicht abschaffen.“
1992 fand das erste Treffen hochrangiger Beamter beider Länder
statt. 1995 kam es allerdings wieder zu Konflikten, da Taiwan die Aufnahme in
die UNO wieder anstrebte, der Präsident der Republik einen Ehrendoktortitel in
den USA annehmen durfte und Taiwan einige Kampfflugzeuge erwarb. 1995 und 1996
gab es deswegen von Seiten der Volksrepublik nicht nur Proteste deswegen,
sondern auch ernste Drohmanöver der Luftwaffe und der Marine der Volksrepublik.
Durch Entsendung von US-amerikanischen Flugzeugträgern in die Nähe von Taiwan
konnte die Volksrepublik China jedoch zur Beendigung der Krise gebracht werden.
Trotzdem blieb die Beziehung extremen Schwankungen unterworfen,
wobei die USA als Vermittler auftrat. 2005 verabschiedete die Volksrepublik das
sogenannte Anti-Abspaltungsgesetz, das besagt, dass Abspaltungen vom Festland
verhindert werden sollen und dabei im Notfall auch militärische Mittel
angewendet würden, was sich somit direkt gegen das „separatistische“ Taiwan
richtet.
Die Volksrepublik erhöhte die Raketenanzahl an der Küste zu Taiwan.
Mittlerweile sind insgesamt 800 Raketen auf Taiwan gerichtet.
2006 löste der Präsident Taiwans Chen Shui-bian den Nationalen
Wiedervereinigungsrat auf, der 1990 gegründet wurde, um der Volkrepublik
Taiwans Willen zur Wiedervereinigung zu zeigen. Die Auflösung dieses Rates
wurde nicht nur vom Festland, sondern auch von den USA aufs schärfste
verurteilt, da dies als ein weiterer Schritt zur Unabhängigkeit Taiwans gesehen
wurde.
Seitdem konzentriert sich Beijing vor allem auf die Verhinderung
der Unabhängigkeit Taiwans und nicht auf die Wiedervereinigung mit diesem.
Dies sorgte auch für eine leichte Verbesserung der Beziehungen, da Taiwan somit
als mehr als nur eine abtrünnige Provinz Chinas gesehen wurde.
Seit 2008 gibt es direkte Charter-Flüge zwischen den beiden
Ländern, was als Meilenstein zur Verbesserung des Klimas zwischen der
Volksrepublik und Taiwan gewertet wird.
Im selben Jahr fand auch ein Treffen hoher Beamter beider Länder statt, bei dem
für 2010 die Errichtung von Polizeistationen der Volkrepublik China auf Taiwan
beschlossen wurde.
Im Februar 2010 kam es zur Verschlechterung der USA-China
Beziehungen, da die USA Taiwan Kampfhubschrauber und Luftabwehrraketen verkaufen
will. China droht nun mit Wirtschaftssanktionen gegenüber den Firmen, die die
Waffen liefern und deutet an, dass China – sollte es zu den Waffenverkäufen
kommen – die USA bei internationalen Problemen nicht unterstützen werde. Die
USA steckt nun in einer Zwickmühle: auf der einen Seite möchten sie China auf
ihrer Seite wissen, um den Iran von seinem Atomprogramm abzubringen oder die
Verbreitung von Nuklearwaffen zu verhindern, auf der anderen Seite möchten sie
China auch vor einem Angriff auf Taiwan abschrecken, da sie im Falle eines
Krieges verpflichtet sind Taiwan beizustehen. Dazu haben sich die USA 1979
vertraglich verpflichtet. Der US-Kongress muss nun bis Anfang März 2010
Stellung beziehen.
Ob sich Taiwan dem Festland jemals wieder anschließen wird, hängt
vor allem von der wirtschaftlichen Macht beider Länder und von den
innenpolitischen Entwicklungen der Volkrepublik ab.
5 Praktischer Teil
Interview mit Alt-Bürgermeister Alfred Stingl
Herr Bürgermeister, wann und warum war der Dalai Lama in Graz?
1995 kam er das erste Mal nach Graz. In diesem Jahr fand auf dem
Schlossberg eine große interreligiöse Begegnung statt, zu der der Dalai Lama
auch eingeladen war. Es ist ja ein Teil der inhaltlichen Position des
Buddhismus keine Religion vereinnahmen zu wollen, sondern jeden Menschen
seine Religion leben zu lassen, von der er überzeugt ist. Der Buddhismus möchte
ja nicht missionieren, sondern respektiert die anderen Religionen. Das hat man
auch bei diesem Treffen in Graz sehr deutlich gespürt.
Sein zweiter Besuch war dann im Jahr 1998, als in Graz die 2.
interreligiöse Begegnung auf dem Schlossberg stattfand. Im Rahmen dieses
Aufenthaltes hat der Dalai Lama auch den Menschrechtspreis der
Karl-Franzens-Universität verliehen bekommen. Als ich den Dalai Lama im Rathaus
empfing, wurde ich zuvor vom Vorsitzenden der Buddhisten, Herrn Manfred Klell,
in Graz gefragt, ob ich den Dalai Lama die Idee nahe bringen könnte, ein
Kalachakra – das Wort bedeutet „Rad der Zeit“ und ist ein Weltbuddhistentreffen
– in Graz zu veranstalten. Da im Buddhismus Symbole ja eine bedeutende Rolle
spielen, überreichte mir der Dalai Lama als Antwort auf meine Frage, einen
Apfel in einem Silberbecher. Der Apfel, sagte er, symbolisiere Fruchtbarkeit.
Nach einigen Monaten erhielten wir die Zusage des Dalai Lama.
Wir trafen dann des Öfteren zusammen, wobei ich ihm immer vom
Fortschritt der Vorbereitungen zu berichten hatte. Vom 11. – 23. Oktober fand
dann schließlich dieses Weltbuddhistentreffen statt und es war ein riesiger Erfolg!
Es kamen um die 16 – 17 000 Menschen aus der ganzen Welt. Mit diesem Ereignis
wurde ja auch die damals neue Stadthalle eröffnet.
Zuletzt habe ich den Dalai Lama im Jahr 2006 in St. Veit an der
Glam getroffen, als das „Heinrich Harrer Buddhistenzentrum“ in Hüttenberg
eröffnet wurde. Wir stehen aber noch immer in Briefkontakt. Erst zu Beginn des
Jahres 2010 erhielt ich einen sehr persönlich gehaltenen Brief.
Wie würden Sie den Dalai Lama als Person beschreiben?
Um den Dalai Lama zu verstehen, muss man sich die buddhistische
Religion anschauen. Der Buddhismus an sich ist eine sehr lebenszugewandte
Religion, deren Rituale für uns im Westen nicht einfach zu verstehen sind. Im
Buddhismus glaubt man zum Beispiel, dass jeder Mensch ein Stück Frieden in sich
trägt und somit zum Frieden auf der Erde beitragen kann. Wenn man den Frieden
in sich selbst findet, überträgt man ihn auch auf andere.
Diese lebenszugewandte und friedliche Einstellung hat auch der
Dalai Lama verinnerlicht. Er lebt uns Frieden vor. Er ist aber auch ein
großartiger Analytiker der Weltgeschehnisse und ein menschlich abgeklärter
Philosoph. Eine weitere Eigenschaft, die ich sehr an ihm schätze, ist, dass er
einem wirklich zuhört und sorgfältig überlegt, bevor er antwortet.
Man kann den Dalai Lama wohl als ausgesprochen heiteren Menschen
bezeichnen, der unglaublich gerne lacht, und seine stille Heiterkeit kommt aus
der Tiefe seiner Persönlichkeit. Da er ein äußerst bescheidener Mensch ist,
freut er sich über die kleinsten Dinge und schätzt dabei vor allem Zeichen der
menschlichen Zuneigung.
Ein kleines Beispiel: Als wir den Dalai Lama zuletzt in Kärnten
trafen, überlegten meine Frau und ich, welches Geschenk wir ihm mitbringen
könnten, da ich ihm nicht wieder ein Buch über Graz schenken wollte. Meine
Frau, die den Dalai Lama ebenfalls persönlich kennenlernen konnte, wusste, dass
er gerne Süßes aß und beschloss daher, einen Gugelhupf für ihn zu backen. Als
wir ihm schließlich diesen gaben, freute er sich so sehr darüber, wie andere
Menschen sich nur über ein Schmuckstück freuen würden.
Bekamen Sie denn keine Probleme von chinesischer Seite, als
Sie den Dalai Lama einluden?
Oh ja. Beim ersten Besuch des Dalai Lama haben der damalige
Landeshauptmann Dr. Josef Krainer und ich den Dalai Lama vom Flughafen
abgeholt. Die chinesische Botschaft hat sich sehr daran gestoßen, dass wir
einen roten Teppich für ihn auflegen ließen. Auch als die Stadt Graz eine
tibetische Fahne am Rathaus hisste, wollten die offizielle Stellen Chinas in
Österreich, beziehungsweise der Botschafter, dies unter allen Umständen
verhindern!
Wurde Ihnen auch gedroht?
In einem gewissen Sinne ja. Vor dem zweiten Besuch des Dalai Lama
kam der chinesische Botschafter in mein Büro ins Rathaus. Er war sehr
freundlich und höflich, seine Botschaft jedoch unmissverständlich. Er hat
schließlich in die Innentasche seines Sakkos gegriffen, einige Unterlagen
herausgezogen und gesagt, dass auf seinen Unterlagen die führenden Unternehmen
in Graz stehen, die mit China Handelsgeschäfte betreiben würden. Ob ich eine
Störung der Geschäftsverbindungen verantworten könne, hat er mich gefragt.
Woher haben Sie den Mut genommen trotzdem weiterzumachen?
Schließlich ist China ein einflussreiches Land.
Ich werde Ihnen das gleiche sagen, was ich dem Herrn Botschafter
geantwortet habe: Ich respektiere, dass Sie ihren Protest im Namen Ihrer
Regierung so ausdrücken müssen, aber die Chinesen brauchen auch von uns etwas:
zum Beispiel unsere Technologie. Wir brauchen die Wirtschaftsbeziehungen, Sie
die Technologie. Und da sind wir uns wohl einig? Er meinte daraufhin: „Nein, da
sind wir uns nicht einig, und ich muss Sie leider im Namen meiner Regierung zur
„unerwünschten Person“ in China erklären.“
Wir in Graz sollten einige, vom Botschafter formulierte, Punkte
erfüllen: 1. den Dalai Lama ausladen, 2. das Weltbuddhistentreffen absagen, und
3. das Aufstellen von tibetischen Symbolen (zum Beispiel Fahnenmasten mit der
tibetischen Flagge) in der Öffentlichkeit unterlassen. Ich fragte ihn: „Haben
Sie noch einen Punkt?“ (lacht)
Ich erklärte ihm, dass 1. der Dalai Lama eingeladen bleibt – denn
wen wir einladen, entscheiden wir und nicht Beijing –, 2. das
Weltbuddhistentreffen stattfinden wird und wir 3. auch in Zukunft die
tibetische Fahne im Stadtgebiet am Tibet-Tag, am 10. März, hissen werden.
Meine Erfahrung war, dass, wenn man eine politisch-moralische
Position vertritt, die noch dazu im Einklang mit den Menschenrechten steht, man
am längeren Ast sitzt. Wenn man die Position vertritt, dass jedes Volk ein
Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung sowie auf seine eigene Religion,
Sprache und Kultur hat, also de facto wesentliche Inhalte der Menschenrechte,
dann ist man der Stärkere.
Was sagen Sie denn dann dazu, dass beispielsweise Obama 2008 sein
Treffen mit dem Dalai Lama absagt?
Ich bin fest überzeugt, dass Präsident Obama sicher ein Mann mit
Grundwerten ist, dessen Politik sich am Humanismus orientiert. Sein Problem
gerade zu dieser Zeit war aber, dass das viele Geld, das er durch die
Wirtschaftskrise in die amerikanischen Banken pumpen musste, von China
kreditiert wurde. Er konnte sich eine Auseinandersetzung mit China also nicht
leisten. Grundsätzlich werden die Fragen der Menschenrechte „off the records“
angesprochen. Das passiert dann meistens in einem 4-Augengespräch oder bei
einem Essen im kleinsten Kreis. Ich bin auch überzeugt, dass Bundespräsident
Fischer das bei seiner jüngsten China-Reise angesprochen hat. Obamas Problem
war halt wirtschaftlich. Trotzdem: Für eine werteorientierte Politik ist das
eigentlich schlimm. Aber auch in anderen Ländern, wie zum Beispiel in manchen arabischen
Ländern, wie dem Iran oder auch in Russland sind Menschenrechte ein höchst
problematisches Thema. In solchen Ländern wird das dann immer als „innere
Angelegenheit“ bezeichnet.
Trotzdem ist das nicht richtig, denn die Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte ist 1948 von der UNO beschlossen worden. Gerade jene Staaten,
die im UNO-Sicherheitsrat sitzen – also auch China – hätten die Verpflichtung,
auch bei Menschenrechten Fortschritte zu erzielen. Und Tibet ist da ein
Paradefall, wo – abgesehen von ein paar formellen Schritten – nichts vorangeht.
Mittlerweile möchte die tibetische Exilregierung gar nicht mehr
die volle Souveränität Tibets, sondern lediglich eine Autonomie in einigen
Eckpunkten erreichen. Eine Art „Südtirollösung“. Also zum Beispiel
Zweisprachigkeit bei den Behörden. Vor allem wird aber die freie
Religionsausübung gefordert, damit niemand mehr auf Grund seiner Religion
verfolgt werden kann, wie es ja jetzt der Fall ist. Auch der Schutz ihrer
Kultur und ihres Kulturerbes ist ihnen wichtig und sie wollen verhindern, dass
weiterhin Mönche eingesperrt und gefoltert werden, wie es ja ebenfalls
passiert. Und das im 21. Jahrhundert! Eigentlich sollten diese Formen
menschlichen Zusammenlebens, ebenso wie die Grundfreiheiten, selbstverständlich
sein. China selbst würde sich einen großen Vorteil verschaffen: zum Beispiel
weniger Proteste und weniger Aufstände, wie sie in letzter Zeit passiert sind,
und ein höheres Ansehen in der Welt.
Wie sehen Sie die Chance Tibets, genau das oder sogar mehr zu
erreichen?
Man soll niemals nie sagen. Denn China macht ja auch große
Transformationsprozesse durch. Denn dadurch, dass dieses Land eine der
stärksten Wirtschaftsmächte ist und in der UNO eine große Rolle spielt, ist
China kein unbekanntes Land hinter einer großen Mauer mehr. China ist ein
politischer und ökonomischer Machtfaktor in der globalisierten Welt. Deshalb
wird die Führung vielleicht in langsamen Schritten anerkennen, dass Tibet
einmal ein eigenständiges Land und autonom war, bis es 1949 gewaltsam durch
China annektiert wurde, und der Dalai Lama deswegen die Flucht ergreifen
musste.
Wie kann man Ihrer Meinung nach Tibet dabei helfen?
Sehr wichtig ist es, dass man hinsichtlich des Tibet-Problems
nicht resigniert und immer wieder deutlich macht, dass das mit den
Menschenrechten nicht geht. Immerhin sind davon 6 Millionen Tibeter betroffen!
Da geht es nicht mehr um die unbedingte Notwendigkeit von Gebietsansprüchen,
sondern um ein ganzes Volk, das systematisch mit seiner Geschichte, Religion,
Kultur und Sprache ausgelöscht wird.
Die derzeitige Politik Chinas ist ja, abzuwarten, bis sich das
Problem in den nächsten Jahrzehnten durch chinesische Assimilation und
Machtausübung von alleine löst.
Der Dalai Lama denkt auf Grund seines Alters nach, ob es nicht
einen Sinn machen würde, das Ritual der Suche eines künftigen Dalai Lamas zu
ändern. Erst wieder ein Kind zu suchen und zu warten, bis dieses durch
Erziehung und höchste Bildung handlungsfähig wird, könnte ein Problem
darstellen. Denn dazwischen gäbe es möglicherweise ein Vakuum. Es kann also
sein, dass sich die Findung eines künftigen Dalai Lama ändern wird.
Wird sich China nicht dagegen stellen?
Das scheint so zu sein – ein Dalai Lama, den China bestimmt. Sie
haben ja mittlerweile selbst ein Kind „gefunden“, von dem aber niemand so genau
weiß, wo es im Moment ist. Die Chinesen hätten ja gerne einen von ihrem Staat
geistig und politisch geprägten, und damit auch lenkbaren Dalai Lama.
Die entscheidende Frage – und hier kommen wir auch auf Ihre
vorige Frage zurück – wird also sein: Welchen Dalai Lama wird die
Weltgemeinschaft als tibetisches Oberhaupt akzeptieren?
Im Jahr 2008 haben viele Staaten mit einem Boykott der
Olympischen Spiele gedroht. Schlussendlich nahmen aber so viele Staaten wie nie
zuvor teil. Hätten Sie persönlich einen Boykott unterstützt?
Die Olympischen Spiele im Nachhinein zu boykottieren wäre ein
Unsinn gewesen. Doch das IOC hätte schon vor der Vergabe der Spiele an
China in einem Vertrag explizit die Einhaltung der Menschenrechte einfordern
müssen. Stattdessen gab es nur eine Protokollanmerkung im Anhang, in der
lediglich festgehalten wird, dass „die Frage der Menschenrechte von China
beachtet werden soll“.
Im Allgemeinen versucht China als ökonomische und politische
Macht die humanistischen Werte zu übergehen. Das ist nicht akzeptabel. Nur ein
mit Geduld geführter, langfristiger Dialog zwischen China und der
Weltgemeinschaft, am besten über eine starke und aktive UNO sowie mit den G20-Industrienationen,
kann zu einer Veränderung führen. Ein Krieg der Worte wird nichts lösen.
Was könnte Österreich Ihrer Meinung nach mehr für Tibet tun?
Von den politischen Spitzen auf allen Ebenen sollte es ein
gemeinsames deutliches Zeichen für die Wiedererlangung der Autonomie Tibets
geben. Aber auch schon kleine Zeichen, wie zum Beispiel den Tibet-Tag am 10.
März zu beachten, wäre ein Zeichen der Solidarität mit Tibet. Dutzende Städte
und Gemeinden in Österreich tun das schon, zum Teil in Zusammenarbeit mit
buddhistischen Organisationen – so auch in Graz.
Auch viele österreichische Politiker sind mit dem Dalai Lama
durch viele Jahre hindurch immer wieder zusammengetroffen. Das soll so
bleiben!
Und hier verstehe ich die Politiker in Europa und auf anderen
Kontinenten nicht, für die es ein Problem ist, den Dalai Lama zu empfangen! Was
ist falsch daran, einen Friedensnobelpreisträger, der über keinerlei Armee und
entscheidende weltliche Macht verfügt, zu empfangen?
Wenn viele wirklich einflussreiche Politiker den Dalai Lama
empfangen würden, wäre das ein eindeutiges Zeichen! In Wirklichkeit kann es
sich China nicht leisten, mit Europa oder anderen großen Staaten zu brechen, da
es noch immer die Weltgemeinschaft braucht. Das sahen wir am Beispiel Frankreich:
All die Androhungen, man würde wirtschaftliche Beziehungen brechen, haben sich
schlussendlich in Luft aufgelöst. Außerdem könnten wir die von China so
geschätzte Phrase „innere Angelegenheiten“ anwenden, denn wen zum Beispiel
Frankreich oder andere Staaten und auch Österreich, einlädt – vor allem, wenn
es jemand so friedvoller ist, wie der Dalai Lama – dann ist das wohl die innere
Angelegenheit eines jeden souveränen Staates. Es ist also für die Zukunft mehr
Mut, Haltung, Konsequenz und Beachtung für die Frage Tibet und für das
Schicksal des tibetischen Volkes angebracht.
Das Interview wurde in dieser Form von Alt-Bürgermeister
Alfred Stingl autorisiert.
Nachbemerkung zum Interview:
Am 18. Februar 2010 empfing Barack Obama den Dalai Lama.
6
Schlussbemerkungen
Das Selbstbild und das Fremdbild Chinas klaffen weit auseinander,
die Wahrheit steckt dazwischen. Um diese herauszufinden, habe ich diese Arbeit
geschrieben und habe Chinas Weg von einem Kaiserreich zu einer kommunistischen
Diktatur und bis zum heutigen Zeitpunkt behandelt, wobei man aber auch heute immer
noch nicht von einer Demokratie sprechen kann. Es herrscht weiterhin ein
Ein-Parteien-System und die KPCh führt das Land mit straffen Zügeln. Obwohl ich
mir der parteiischen und oft anti-chinesischen Darstellung Chinas durch
westliche Medien durchaus bewusst bin, kann ich nicht umhin, diesen mehr
Glauben zu schenken. Denn die fehlende Pressefreiheit in China und die
Verfolgung derer, die sie zu umgehen versuchen, hinterlässt keinen Eindruck von
Glaubwürdigkeit.
Dies zeigte sich auch während der Olympischen Spiele im Jahr 2008,
als China mit allen Mitteln versuchte, Kritik am eigenen Land zu vermeiden.
Zwar wurden viele Beschränkungen für ausländische Journalisten aufgehoben, doch
berichteten zahlreiche Journalisten von Behinderungen durch die chinesische
Staatsmacht und der offensichtlichen Angst der Bevölkerung vor der
omni-präsenten Polizei.
Während der Olympischen Spiele kam es zu zahlreichen Unruhen in
Lhasa, wodurch der Westen wieder auf die immer noch ausstehende Lösung des
Tibet-Problems aufmerksam gemacht wurde. Das seit Jahrzehnten von China annektierte
Land steht vor dem kulturellen Genozid, gegen den sowohl die Bevölkerung als
auch die in Dharamsala residierende Exilregierung ankämpfen.
Taiwan kämpft ebenfalls um eine internationale Anerkennung als
souveräner Staat, doch das wirtschaftlich einflussreichere China verhindert das
mit aller Macht. Ob sich Taiwan in den nächsten Jahrzehnten dem Festland anschließen
wird, hängt vom wirtschaftlichen Überleben der Insel ab.
China ist mittlerweile zu einer der größten Wirtschaftmächte der
Welt aufgestiegen und Experten schätzen, dass es in den nächsten paar Jahren
auch Amerika überholen wird. Doch wie lange wird diese Phase andauern?
Zahlreiche Probleme innerhalb des Landes lassen vermuten, dass sich dieser
Zustand nur für die nächsten 20 bis 30 Jahre halten wird. Denn dann wird durch
die Überalterung der chinesischen Gesellschaft nicht mehr die nötige Menge an
Arbeitskräften vorhanden sein, die diesen immensen Wirtschaftsaufschwung tragen
müssten.
Es stellt sich auch die Frage, ob das chinesische Volk eines Tages
genug von der immensen Umweltverschmutzung hat und eine rigorose Veränderung in
der Umweltpolitik und des Umweltschutzes fordern wird. Sollte die chinesische
Regierung dann tatsächlich mehr Rücksicht auf die Umwelt nehmen, wird ein
Wirtschaftwachstum wie heute nicht mehr möglich sein.
Durch das Interview mit Alt-Bürgermeister ist mir vor allem eines
klar geworden: WIR müssen etwas tun! Denn so sehr wir China auch kritisieren
mögen, sind es schließlich doch wir, die China die Macht geben, zu tun und zu
lassen, was es will. Zu verknüpft sind die wirtschaftlichen Kontakte, um einen
Streit mit China zu riskieren, und genau hier liegt der Fehler. Denn noch kann China
es sich nicht leisten mit Europa und anderen großen Staaten zu brechen. Noch
haben wir also die Chance, Ländern wie Tibet zu ihrer Unabhängigkeit zu
verhelfen.
China hält uns einen Spiegel vor, denn es ist nicht nur China, für
das die Wirtschaft Vorrang gegenüber den Menschenrechten hat, sondern
offensichtlich sind das auch wir. Für bessere Wirtschaftsbeziehungen
akzeptieren wir die Menschenrechtsverletzungen in China. Es fehlt heute an
einer werteorientierten Politik, die gegen Menschenrechtsverletzungen nicht nur
in China sondern auch in anderen Teilen der Welt auftritt.
7
Arbeitsprotokoll
Herbst 2008:
|
Besuch eines Vortrags über China
an der Karl-Franzens-Universität
|
Winter 2008:
|
Findung der offiziellen chinesischen
Nachrichten-Webseite in deutscher Sprache von Radio China International german.cri.cn
|
Frühjahr 2009:
|
erstmalige Besprechung des
FBA-Themas mit Fr. Prof. Sedlnitzky
|
März 2009:
|
Erste Recherchen über Tibet im
Internet und Fachlektüre
|
Sommer 2009:
|
Beschluss des Themas
|
August 2009:
|
Literaturrecherche, Einlesen in
die verschiedenen Themen der Fachbereichsarbeit
|
September 20009:
|
Planung der Disposition
|
17. 09. 2009:
|
Abgabe der Disposition
|
Oktober 2009:
|
Recherche auf der offiziellen
Webseite der chinesischen Botschaft in Österreich
|
Oktober 2009:
|
Aufnahme der Arbeit am
Geschichte- und Tibetkapitel
|
November 2009:
|
weitere Recherchen zum
Tibet-Kapitel, Recherchen für das Problem der Umweltpolitik in China
|
04. 11. 2009:
|
1. Treffen mit Fr. Prof.
Sedlnitzky
|
04. 12. 2009
|
1. Anfrage bei der chinesischen
Botschaft in Österreich um Material zum Tiananmen-Massker – keine Antwort
|
Dezember 2009:
|
Fertigstellung des Tibets-Kapitels
und des Überblicks der neueren Geschichte Chinas, Beginn der Arbeit am
Kapitel: Enstehung des Selbstbildes. Entwurf des Kapitels Olympische Spiele
2008
|
10. 12. 2009:
|
Anfrage bei Alt-Bürgermeister
Stingl wegen eines Interviews
|
21. 12. 2009:
|
2. Treffen mit Fr. Prof.
Sedlnitzky
|
25. 12. 2009
|
2. Anfrage bei der chinesischen
Botschaft in Österreich um Material zum Tiananmen-Massker – keine Antwort
|
Weihnachtsferien 2009/2010
|
Fertigstellung des 2. und 3. Großkapitels
(Geschichte Chinas im 20./21. Jahhundert; Selbstbild und Fremdbild)
|
30. 12. 2010:
|
Bestätigung des Interview-Termins
mit Alt-Bürgermeister Stingl
|
Jänner 2010:
|
Überarbeitung des 1. und 2.
Großkapitels
|
18. 01. 2010:
|
1. Interview-Treffen mit
Alt-Bürgermeister Stingl
|
27. 01. 2010:
|
3. Treffen mit Fr. Prof.
Sedlnitzky
|
Februar 2010:
|
Überarbeitung des 3. Großkapitels
|
05. 02. 2010:
|
2. Treffen mit Alt-Bürgermeister
Stingl, Übergabe des Interviews mit der Bitte um Autorisierung
|
08. 02. 2010:
|
3. Treffen mit Alt-Bürgermeister
Stingl, Rückgabe des Interviews
|
09. 02. 2010:
|
Überarbeitung des Interviews
|
Semesterferien 2010:
|
Bildrecherche, Zusammenstellung
des Anhangs, Überarbeitung aller Großkapitel
|
22. 02. 2010:
|
Aktualisierung der Kapitel:
Entstehung des Selbstbildes und die Frage der Pressefreiheit, Taiwan und
Tibet
|
24. 02. 2010:
|
Abgabe der Fachbereichsarbeit
|
8 Anhang
8.1
Dokumente
1: zu Kapitel 2.4
A. in
der Erwägung, dass die seit Jahrzehnten praktizierte Unterdrückung der
Meinungsfreiheit und der Freiheit, für Demokratie zu demonstrieren, in der
Volksrepublik China trotz internationaler Proteste fortdauert,
B. in
Anbetracht der Unterdrückung religiöser, ethnischer und sonstiger Minderheiten,
insbesondere der Tibeter, Uiguren und Mongolen sowie der Falun-Gong-Bewegung,
C. angesichts
der häufigen Verhängung der Todesstrafe mit Berichten zufolge über Tausend
Hinrichtungen in China jedes Jahr sowie des weit verbreiteten Einsatzes von
Folter seitens der chinesischen Polizei und Militärs,
D. unter
Hinweis darauf, dass die Volksrepublik China den Internationalen Pakt über
bürgerliche und politische Rechte immer noch nicht ratifiziert hat,
E. in
der Erwägung, dass die chinesische Regierung trotz des andauernden politischen
Dialogs zwischen der Europäischen Union und der Volksrepublik China keine
bedeutenden Initiativen im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte
ergriffen hat,
F. besorgt
über Umwelt- und Tierschutzprobleme in der Volksrepublik China,
G. unter
nachdrücklichem Hinweis darauf, dass die Pläne in Zusammenhang mit der
Kandidatur Beijings für die Olympischen Spiele 2008 die Zerstörung eines
Großteils der Altstadt und die obligatorische Umsiedlung der Bewohner in die
umliegenden Gebiete beinhalten würden,
H. unter
Hinweis darauf, dass das Internationale Olympische Komitee am 13. Juli 2001 in
Moskau die Stadt benennen soll, die die Olympischen Spiele 2008 ausrichten
wird,
1. ersucht
das Internationale Olympische Komitee, Leitlinien einschließlich der Achtung
der Menschenrechte und demokratischen Grundsätze festzulegen, die generell für
Länder gelten sollen, die die Olympischen Spiele ausrichten;
2. bedauert,
dass die Volksrepublik China es nachweislich versäumt, allgemeine Menschen-,
bürgerliche und politische Rechte, einschließlich der Religionsfreiheit, zu
achten, und vertritt daher die Auffassung, dass diese negative Bilanz und die
Repression in Tibet sowie in Xinjiang und der Südlichen Mongolei es nicht
angebracht erscheinen lassen, die Kandidatur Beijings für die Olympischen
Spiele 2008 zu berücksichtigen;
3. fordert
das Internationale Olympische Komitee in jedem Fall auf, ein gründliches
Umweltverträglichkeitsgutachten zu erstellen, in dem insbesondere die
wiederholt verzeichnete Wasserknappheit, die Auswirkungen des Massentourismus
und die sozialen Auswirkungen in der Region um Beijing analysiert werden;
4. ersucht
das Internationale Olympische Komitee, die Kandidatur Beijings erneut zu prüfen,
wenn die Regierung der Volksrepublik China ihre Menschenrechtspolitik und ihre
Politik zur Förderung der Demokratie und des Rechtsstaats grundlegend geändert
hat;
5. beauftragt seine
Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den
Parlamentspräsidenten der Mitgliedstaaten und dem Internationalen Olympischen
Komitee zu übermitteln.
2: Auszug aus einem deutschsprachigen Forum von CRI zu
Kapitel 3.4 und 3.1
Beispiel für das Selbstbild Chinas, Propaganda und den
chinesischen Nationalismus
(entsprechende Passagen werden unterstrichen)
Baltext
Betreff des Beitrags: Deutscher Sportfunktionär:
Olympia in China war ein Fehler
Verfasst:
2009-08-09 7:55
|
Das frühere Mitglied des deutschen Nationalen Olympischen
Komitees (NOK), Manfred von Richthofen, inzwischen Ehrenvorsitzender
publizierte in der Süddeutschen Zeitung vom 7. August 2009 in der Rubrik
"Außenansicht", der die Volksrepublik China in einer Weise diffamiert,
die mich als Auslandsdeutscher empört. Der Adlige, Neffe des Weltkrieg
1-Fligers Baron von Richthofen, schreibt u.a. "Lehren aus Beijing,
Lehren aus Sotschi: Das IOC darf Olympia nur noch an Länder vergeben, die die
Menschenrechte achten. " Der deutsche Sportfunktionär, früher selbst im
IOC, inzwischen Ehrenpräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mischt
sich als Oberrichter unverfroren in chinesische Angelegenheiten
ein. So urteilt er über die Olympiade 2008: "Viele Bewohner von Beijing
mussten ihre Häuser für den Bau von Sportstätten räumen, ganze Armenviertel
wurden plattgewalzt. Wanderarbeiter mussten teils unter unmenschlichsten
Bedingungen auf den Olympia-Baustellen arbeiten, sie hatten weder geregelte
Arbeitszeiten noch geregelten Lohn, manche wurden wie Sklaven gehalten. Die
Medien, allen voran das Internet, wurden trotz gegenteiliger Versprechungen
der Regierung streng zensiert. Die Pressefreiheit, die die Organisatoren gemäß
der Olympischen Charta unbedingt verpflichtet waren, zu garantieren, wurde in
vielerlei Hinsicht eingeschränkt." Zu Sotschi schreibt von Richthofen:
"Bei der Vorbereitung dieser Winterspiele zeichnen sich ähnliche
Menschenrechtsverletzungen ab wie in China. Das IOC sollte dies aber nicht
einfach so hinnehmen." Wir müssen als Deutsche solchen Unruhestifter wie
Manfred von Richthofen heftig widersprechen. Lesen Sie selbst den Artikel in
der renommierten deutschen Tageszeitung SZ:
Ich möchte nun meinen Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung anfügen und bitte
CRI um Veröffentlichung: "Wer hier Lehren zu ziehen hat, Herr von
Richthofen, das sind in erster Linie Sie selbst. Verschonen Sie Chinesen
und Russen sowie den Rest der Welt mit Ihrem kolonialistisch anmutenden
Zeigefinger des europäischen Oberlehrers. Die Zeiten des imperialen
Deutschland Ihres Onkels sind endgültig vorbei. Bevor Sie mit dem Finger auf
China zeigen, sollten Sie sich im Namen der deutschen Aristokratie für die
kaiserlich-deutsche Kanonenbootpolitik und die rassistische Diskriminierung
entschuldigen, die im deutschen Schutzgebiet Kiautschou mit seiner Hauptstadt
Tsingtau von 1895 bis 1914 herrschte. Es ist noch keine hundert Jahre her,
da haben die Vorfahren Ihrer aristokratischen Freunde die Menschenrechte in
China mit Füssen getreten. Setzen wir Ihre Vorschläge um, dann wäre dies
das definitive Ende der Olympischen Idee. 1,3 Milliarden Chinesen und 143
Millionen Russen würden und können sich wehren und nebenbei Ihre eigene
Olympiade organisieren. Sie und Ihre politischen Freunde brauchen
offensichtlich einen neuen "Kalten Krieg". Wenn Ihnen jetzt die
Süddeutsche Zeitung Platz für Ihre "Außenansicht" einräumt, spricht
das nicht für Sie, sondern gegen die Redaktion. Für mich sind Sie ein
Berliner Sportlehrer geblieben, der seine Karriere einem imperialen
Kriegernamen verdankt. "
Ich kann mich nur beim chinesischen Volk für diese nachträgliche
Difffamierung einer wundervoll organisierten und eindrucksvollen Olympiade
entschuldigen und bitte alle deutschen Hörer von CRI dies ebenfalls zu tun.
Meine chinesischen freunde ermuntere ich dazu, sich offiziell beim DOSB zu
beschweren. Manfred von Richthofen sollte als dessen Ehrenpräsident
zurücktreten.
|
Bernhard
Betreff des Beitrags: Re: Deutscher
Sportfunktionär: Olympia in China war ein Fehler
Verfasst:
2009-08-10 23:33
|
Ich halte den Kommentar für Baltext jedoch auch für
unsachlich und überzogen.
|
Baltext
Betreff des Beitrags: Re: Deutscher
Sportfunktionär: Olympia in China war ein Fehler
Verfasst:
2009-08-11 0:22
|
In der "Süddeutschen Zeitung" bleibt die Ansicht
des Herrn von Richthofen, des Neffen des "Roten Baron" ebenfalls
nicht unwidersprochen. Das spricht für die Leser dieser liberalen Zeitung. Es
muss anerkannt werden, dass mein Leserbrief in voller Länge von der SZ
abgedruckt worden ist. Viele Deutsche erfuhren zum ersten Mal, aus welcher
Familie von Richthofen stammt. Hier ein lesenswerter5 Beitrag von canwillow,
der auch für dieses Forum von CRI von Interesse ist:
Olympische Idee, Menschenrechte und deren Interpretation
Ich möchte vorausschicken, dass mir die politischen Verhältnisse in China und
Russland nicht unbedingt als traumhaft erscheinen, gestatte mir aber an die
Binsenweisheit zu erinnern, dass beide Staaten (historisch durch allerlei
Eroberungen zustandegekommen) ethnisch eher sehr indifferent sind.
In den europäischen Staaten bestand dieses Problem in durchaus geringerem
Maße, ebensowenig wie im vorderen Orient und erst die Herausbildung
(bürgerlicher!) Nationen begann irgendwann von ungefähr 300 - 200 Jahren
wesentliche bis antagonistische nationale Differenzen zu schaffen.
Menschenrechte hingegen sind immer auf ein jeweiliges Individuum hin
definiert (wenn ich mich nicht völlig täusche, war und ist dies eine der
grundlegenden Ideen der Aufklärung) und sind demzufolge extrem anfällig
gegenüber Dominanz- und Machtinteressen.
Man kann das so lösen, wie es die bürgerliche (kapitalistische)
'Vorzeigenation' USA, welche zudem noch weitgehend, z.B. sprachlich,
erzwungen wurde) mit den Ureiwohnern der von ihr beanspruchten Landflächen
getan hat - wobei die 'Mütter' aller übrigen bürgerlichen Staatlichkeit
(Großbritannien, Frankreich, ...) es anderwärts nicht viel besser machten.
Kurz gesagt: ich persönlich wäre eher vorsichtig solchen Staaten wie Russland
und China, deren Entwicklung und Geschichte von der unseren erheblich
abweicht, irgendwelche prinzipiellen Vorwürfe zu machen - ich fürchte
nämlich, dass starre Prinzipien weit mehr Porzellan zerschlagen, als sie
jemals formen könnten ...
|
o. A.: Deutscher Sportfunktionär: Olympia in China war ein
Fehler. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
3: Beitrag aus einem deutschsprachigen Forum von CRI zu
Kapitel 3.1, 3.2
Beispiel für chinesisches Selbstbild, Tibet-Problem und
Zensur in China
(entsprechende Passagen werden unterstrichen)
Lobito
Betreff des Beitrags: Zensur und
Menschenrechte
Verfasst:
2009-11-25 1:03
|
Bisweilen strapazieren diverse Zeitgenossen aus Politik
und Wirtschaft die chinesische Gastfreundschaft, indem sie ueber
„Menschenrechte“ und „Zensur“ fabulieren, oder das chinesische Strafrecht
anprangern. Dazu ein paar grundsaetzliche Gedanken.
So segensreich die Erfindung des Internet bezueglich Information und
Kommunikation auch sein mag, birgt sie doch ein nicht zu unterschaetzendes
Risiko, indem Jeder fast jeden Muell einstellen kann, mit teils fatalen
Folgen. Betrug, Abzocke, politischer wie religioeser Extremismus,
Kinderpornographie usw. vergiften die leider leicht manipulierbaren Nutzer.
Solange also Provider, Suchmaschinen etc. nicht Willens sind, ihre Angebote
zu filtern, was zwar technisch aufwaendig, aber durchaus machbar ist, bleibt
es Aufgabe der Administration eines Landes, seine Buerger vor derlei
Aergernissen zu schuetzen.
Nichts anderes geschieht in China!!
Dazu ein Beispiel: Waehrend der sogenannten „Tibet“-bzw. „Uiguren“-Konflikte
wurde von im Ausland lebenden, separatistischen Kraeften dieser
Volksgruppen via Internet ganz unverhohlen zur Gewalt aufgerufen, um
„buergerkriegsaehnliche Zustaende“ (wie westliche Medien es gern gehabt
haetten) zu provozieren. Gluecklicherweise gelang es der Exekutive, dieser
Gefahr durch besonnenes und umsichtiges Verhalten zu begegnen. Wie sich
dann spaeter auch herausstellte, waren diesen Unruhen (entgegen der
reisserischen Berichterstattung des Westens) wesentlich mehr Han als
Angehoerige anderer Volksgruppen zum Opfer gefallen. Es ist also durchaus
legitim, hetzerische und kriminelle Internetseiten zu blockieren, um Schaden
vom Volk abzuwenden.
Womit wir auch schon gleich beim Thema „Menschenrechte“ waeren. Zu diesen
gehoeren logischerweise auch „Menschenpflichten“ nämlich Toleranz,
gegenseitiger Respekt und die Akzeptanz vom eigenen Standpunkt abweichender
Meinungen. Wer also meint, anderen das eigene Weltbild bzw. seine religioese
Ueberzeugung aufzwingen zu muessen, notfalls mit Gewalt, gehoert ausgebremst
und entsprechend sanktioniert. Da sind der „freien Entfaltung“ dann doch
Grenzen gesetzt. In diesem Zusammenhang also von einer Verletzung der
Menschenrechte zu sprechen, wenn zersetzerische Elemente in ihre Schranken
verwiesen werden, ist schlichtweg Bloedsinn.
Wer in China Kritik an politischen Entscheidungen sachlich und in
angemessener Form vortraegt, hat nichts zu befuerchten. Im Gegenteil! Der
momentane, innovative Weg zu positiven Veraenderungen im Lande waere ohne
staendigen Dialog und der Konsenzfindung zwischen unterschiedlichen
Standpunkten innerhalb der Fuehrung gar nicht zustande gekommen. Chinas,
sagen wir mal „administrative Demokratie“ hat die gewaltige Aufgabe,
ein 1,3-Milliarden-Volk, bestehend aus 53 ethnischen Gruppen, in eine
sichere, lebenswerte Zukunft zu fuehren. Da ist kein Platz fuer
separatistische Bestrebungen, schon gar nicht fuer Extremismus gleich
welcher Art und Form.
Kommen wir zum letzten Punkt: Das ebenfalls gern angeprangerte chinesische
Strafrecht. Aus Sicht der deutschen Kuscheljustiz mag dies etwas
rustikal anmuten, ist aber durchaus effektiv und wird auch von der Masse der
Bevoelkerung akzeptiert, wie ich aus vielen Gespraechen entnehmen konnte.
Kriminalitaet und gegen die Allgemeinheit gerichtetes Verhalten werden als
asozial eingestuft und ohne Ansehen der Person abgestraft, wie uns einige
Beispiele aus der Vergangenheit zeigen. Im Gegensatz zu anderen Laendern gibt
es in China nämlch keine Klassenjustiz.
Abschliessend sei noch bemerkt, dass die chinesische Gesellschaft, basierend
auf der konfuzianischen Lehre, das Allgemeinwohl ueber das des Individuums
stellt, eigentlich die Grundlage fuer einen funktionierenden Kommunismus. Der
dialektische Materialismus, aus Sicht der hegelianischen Marxisten, nicht aus
der dogmatischen sowjetischen Interpretation marxscher Texte heraus, laesst
durchaus eine Uebernahme positiver kapitalistischer Errungenschaften zu,
solange sie dem Volk in seiner Allgemeinheit dienen!
Nichts anderes geschieht in China!
|
o. A.: Zensur und Menschenrechte. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
4: Auszug aus einem deutschsprachigen Forum von CRI zu
Kapitel 3.2
Beispiel für Tibet-Problem und Selbstbild Chinas
(entsprechende Passagen werden unterstrichen)
Grufti
Betreff des Beitrags: Re: Ausstellung ueber
den Wandel in Tibet
Verfasst:
2009-03-05 15:36
|
Doudou hat geschrieben:
. Wenn die Leibeigenen nicht gehorsam waren, wurden sie
auch streng bestraft oder sogar getötet.
Grufti hat geschrieben:
und was bitte, ist der große Unterschied zu heute ????
|
Lito
Selbstverständlich ganz anders als früher!
Warst du mal selbst in Tibet? Oder informierst du dich über Tibet nur
durch westliche Medien?
|
quietschen
Du fragst nach dem Unterschied zwischen früher und heute?
Früher waren die Leibeigenen quasi Besitz der Leibherren und konnten
willkürlich, ja nach Laune und Geschmack des Leibherren, bestraft oder
getötet werden. Diese Taten seitens des Leibherren blieben unbestraft.
Vor rund 50 Jahren wurde die Leibeigenschaft in Tibet aufgehoben. Heute
gelten Recht und Gesetz im Autonomen Gebiet Tibet, die einzuhalten sind.
Und Recht und Gesetz müssen nicht nur in Tibet eingehalten werden, sondern
auch in Deutschland.
|
Grufti
Wenn ich recht informiert bin, existiert in China für über
70 Verbrechen die Todesstrafe...
und wenn-- nicht nur Tibeter -- "nicht gehorsam" waren, werden
Leute in China ebenso "streng bestraft oder sogar getötet"... das
meinte ich mit meiner Frage nach dem "Unterschied"..
|
szngougou
Der Unterschied liegt daran, ob der Leibeigenschaftsherr
oder das Gesetz das letzte Wort hat.
Früher wurden die Leibeigenen von dem Leibeigenschaftsherr bestraft, weil sie
zu dem Befehl der autoritären Leibeigenschaftsherren nicht gehorsam waren.
Heute wird man bestraft, weil man gegen das Gesetz(oder Vorschrift) verstößt.
Noch mal.Das ist der klare Unterschied: Leibeigenschaftssystem oder
Rechtssystem.
Kennst du das ja den Unterschied und die Entwicklung nicht?
Todesstrafe ist ein anderes Thema, das ist auch innere Angelegenheit eines
Landes, die nicht durch andere Länder eingemischt werden darf. In den USA
vollstrecken z.B. 38 Bundesstaaten die Todesstrafe.
|
o. A.: Ausstellung über den Wandel in Tibet: Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
5: Pressebrief der chinesischen Botschaft
in Österreich. Kapitel 3.2
Botschaft der Volksrepublik China in der Republik
Österreich
Pressemitteilung zur Situation in Tibet und zur Tibet-Frage
17. Oktober 2002
Tibet ist seit mehr als 700 Jahre fester Bestandteil des chinesischen
Territoriums. Dies ist eine von der internationalen Gemeinschaft,
einschließlich der österreichischen Bundesregierung anerkannte Tatsache.
In Tibet herrschte bis zu den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts das System der
Leibeigenschaft mit seinen politischen und religiösen Implikationen wie im
europäischen Mittelalter, das durch die Vereinigung von Politik und Religion
gekennzeichnet ist. Die Beamten, Klöster und Adligen, die nicht einmal 5% der
Bevölkerung in Tibet ausmachten, besaßen sämtliches Ackerland,
Weideland,Waldgebiet und Bergland und das meiste Vieh, hingegen hatten die
Leibeigenen und Sklaven, die 95% der Bevölkerung ausmachten, keinelei
Produktionsmittel. Sie hatten weder Land noch persönliche Freiheit und lebten
von ihrer Arbeit auf dem Gut eines Leibeigenenhalters, der über das Recht
verfügte, über Leben oder Tod seines Leibeigenen zu entscheiden.
Nach der friedlichen Befreiung Tibets am 23. Mai 1951 wurde in Tibet die
nationale Gebietsautonomie durchgeführt. Das ist ein System, nach dem die von
nationalen Minderheiten bewohnten Gebiete unter der einheitlichen Führung der
Zentralregierung Selbstverwaltungsorgane gründen,um ihre eigenen
Angelegenheiten zu verwalten. Die wichtigsten Leiter der Organe sind Tibeter.
Das Autonomie Gebiet Tibet hat die Vollmacht, entsprechend der lokalen
politischen,wirtschaftlichen und kulturellen Situation Autonomie-Vorschriften
und spezielle Vorschriften auszuarbeiten, selbständig den lokalen Wirtschaftsaufbau
und die kultuelle Entwicklung zu planen und zu verwalten.
Nach der friedlichen Befreiung 1951,insbesondere seit der Reform und
Öffnungspolitik Chinas haben sich gewaltige und tiefgreifende Veränderungen
in Tibet vollzogen. Das Bruttosozialprodukt ist von 1951 bis 2000 um 30fache
angestiegen. Über 95% der tibetischen Bauern und Hirten können sich
ausreichend bekleiden und satt essen. Die zentrale Regierung und die lokalen
Regierungen anderer Landesteile haben ununterbrochen Hilfsprojekte in Tibet
durchgeführt, wodurch Tibet heute ein völlig neues Antlitz bekommt. Es wurden
nicht nur moderne Industriezweige wie Verkehrswesen und Telekommunikation
gegründet, sondern auch vorhandene Landwirtschaft, Viehwirtschaft und der
Handel erfuhren eine nie dagewiesene schnelle Entwicklung. Parallel zur
schnellen Entwicklung der chinesischen Wirtschaft erhöht sich auch der
Lebensstandard der Bevölkerung in Tibet. In diesem ersten Halbjahr ist ein
Bruttoinlandsprodukt von über 6,5 Mrd.Yuan erwirtschaftet worden, 13,1% mehr
als vor einem Jahr. Die Zuwachsrate liegt über dem Durchschnitt des Landes.
Tibet wird weiterhin die Reform und Öffnung vorantreiben. Bis 2005 wird das
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf das führende Niveau in Westchina ansteigen
.
Am 8. Februar 2001 genehmigte die Zentralregierung den Bau der Eisenbahnlinie
Qingzang mit einer Länge von 1925 km, wovon 960 km über 4000 m verlaufen
werden. Das wird die erste Eisenbahnlinie in Tibet sein, die Lhasa
voraussichtlich in 6 Jahren mit der Hauptstadt der Provinz Qinghai und damit
mit den Eisenbahnnetzen im ganzen Land verbinden wird. Sie wird bei der
Entwicklung Tibet eine bedeutende Rolle spielen und die wirtschaftliche
Entwicklung in Tibet und auch den Tourismus und kulturellen Austausch zwischen
Tibet und dem Ausland fördern.
Nach der ersten Bevölkerungsstatistik gab es 1953 in Tibet rund eine Million
Menschen. Der 5. Volkszählung vom November 2000 zufolge leben 2,6163
Millionen in Tibet. Das machen 92,2% der tibetischen Bevölkerung aus. Eine so
hohe Wachstumsrate der Bevölkerung ist in der tibetischen Geschichte
beispiellos. Es gab Ende 2000 155 300 Han-Chinesen in Tibet. Das sind 5,9%
der ganzen Bevölkerung Tibets. Die anderen Nationalen Minderheiten haben mit
49 900 einen Anteil von 1,9%.
Der Lamaismus ist die wichtigste Religion in Tibet und damit zugleich auch
ein wichtiger Bestandteil des Alltagslebens. In Tibet stehen heute über 1700
Tempel zur Verfügung. Überall, wo Menschen leben, gibt es einen Ort für ihre
religösen Aktivitäten. Das Bedürfnis der Gläubigen nach einem normalen
religiösen Leben ist dadurch garantiert. In den meisten Tempel in Tibet wird
ein demokratisches System praktiziert. Die wichtigen Führer werden von den
Mönchen in freier Abstimmung gewählt. Dadurch soll neben der Glaubensfreiheit
auch die Gleichberechtigung aller Gläubigen gewährleistet werden.
Die Lage der Menschenrechte in Tibet hat also einen großen Sprung nach vorn
gemacht. Es ist nicht schwer, diesen Schluß zu ziehen, wenn man keine
Vorurteile gegenüber der chinesischen Regierung hat.
Der Dalai Lama ist nicht eine einfache Persönlichkeit aus dem geistlichen
Kreis, sondern ein politischer Exilant, der sich seit langem im Aulsland um
Chinas Spaltung bemüht. Die Politik der Zentralregierung für die
Kontaktaufnahme und die Verhandlungen mit dem Dalai Lama ist konsequent und
eindeutig: er muß seine Ansicht über die Unabhängigkeit von Tibet
aufgeben, die Aktivitäten zur Spaltung des Vaterlandes einstellen und
eindeutig erklären , daß Tibet ein untrennbarer Bestandteil und Taiwan eine
Provinz Chinas sowie die Volksrepublik China die einzige legitime Regierung
ist, die das ganze China vertritt.
Die Wahrung der Einheit des Landes, der Kampf gegen Separatismus und die
Verstärkung der Geschlossenheit der verschiedenen Nationalitäten sind die
grundlegenden Voraussetzungen der Erfolge des Aufbaus von Tibet. Die Wahrung
der Nationalen Einheit und die Solidarität unter allen Nationalitäten
entsprechen eben den Grundinteressen der gesamten einschließlich der
tibetischen Bevölkerung.
|
o. A.: Pressemitteilung zur Situation in Tibet und zur Tibet-Frage.
Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010]
8.2
Bilder
1:
Privatbesitz Dr. Alfred Kunz. Tibetische Widmung Heinrich
Harrers an meine Großmutter Gertrude Kunz in einer Ausgabe seines Buches
„Sieben Jahre in Tibet“.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Selbstständige
Publikationen
Dabringhaus, Sabine: Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert. München:
C. H. Beck oHG 2009.
Dalai Lama: Das Buch der Freiheit. Bergisch Gladbach: Gustav
Lübbe Verlag 1990.
Goldstein, Melvyn C.: Tibet and China in the Twentieth Century. In: Rossabi, Morris (Hg.): Governing China’s
Multiethnic Frontiers. Seattle: WA 2004.
Griessler, Margareta: China – eine Annäherung. 1. Auflage. Wien:
Holzhausen Verlag 2007.
Gutowski, Achim: Der Drei-Schluchten-Staudamm in der VR
China – Hintergründe, Kosten-Nutzen-Analyse und Durchführbarkeitsstudie eines
grossen Projektes unter Berücksichtigung der Entwicklungszusammenarbeit.
Bremen: Institute for World Economics and International
Management 2000.
Hirn, Wolfgang: Herausforderung China – Wie der chinesische
Aufstieg unser Leben verändert. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2005.
Nathan, Andrew/Link, Perry: Die Tiananmen-Akte – Die
Geheimdokumente der chinesischen Führung zum Massaker am Platz des Himmlischen
Friedens. München – Berlin: Propyläen 2001.
Seinitz, Kurt: Vorsicht China! Wie das Reich der Mitte unser
Leben verändert. Aktualisierte und erweiterte Ausgabe. München: Deutscher
Taschenbuch Verlag 2008.
Vospernik, Cornelia: China live – Alltagsleben zwischen
Tradition und Hightech. Wien: Verlag Kremayr & Scheriau 2008.
Weigelin-Schwiedrzik, Susanne: Die Rolle Mao Zedongs nach
Eroberung der Macht durch die KPCh. Vorlesungsmanuskript 2000/2001.
Zeitungen
und Zeitschriften
Engelhardt, Torsten: Chinesische Wasserspiele. In: Die
Zähmung des „Langen Flusses“. In: GEO 6/Juni 2003.
o. A.: Nobelpreis-Forderung. In: Kleine Zeitung vom 08. 02. 2010,
S. 43.
Pflug, Sandra: Auf Wiedersehen Kinder. In: Wienerin 241/Oktober
2009.
Internetadressen
Bork, Henrik: Mit buddhistischer Bitterkeit. Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Fähnders, Till: Skepsis vor Tibet-Gesprächen. Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Lorenz, Andreas: Obama riskiert Eiszeit mit China.Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Internetzensur in China. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Pressemitteilung
zur Situation in Tibet und zur Tibet-Frage. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Tibet im Überblick – Nationale Gebietsautonomie. Online
im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o.A.: Bürgermeister: Lhasa ist nun wieder ruhig. Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Mönche protestieren vor ausländischen Journalisten. Online
im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Ausländische Spitzenpolitiker würdigen Olympische
Spiele in Beijing. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Beijinger Spiele von internationalen Persönlichkeiten
gelobt. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Ausländische Spitzenpolitiker gratulieren China zu erfolgreichen
Olympischen Spielen. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Eines der vom Aussterben bedrohten Wildtiere in China
– der Yangtse-Alligator. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Obama will Erklärungen aus China. Online im Internet:
URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Twitter zeigt China-Zensur die Zähne. Online im Internet:
URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Tendzin Gyatsho (Dalai Lama). Online im Internet:
URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: EU wirft China Blockade-Haltung vor. Online im Internet:
URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: China kritisiert Ziele der Industrieländer. Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: 55 Länder legen Klimaziele vor. Online im Internet:
URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Zhou, Lea: Kleine Insel – großer Faktor. Online im Internet:
URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Internetadressen
im Anhang:
o. A.: Deutscher Sportfunktionär: Olympia in China war ein
Fehler. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Zensur und Menschenrechte. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Ausstellung über den Wandel in Tibet: Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Zensur und Menschenrechte. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Video-Dokumentationen
ORF: Weltjournal: Enthüllungsjournalismus in China, 13. 01.
2010.
ORF-Weltjournal: Umsiedlung in China, 13. 01. 2010.
ZDF-Dokumentation: Um jeden Preis – Chinas Führung und die
Olympischen Spiele, 2008.
Bildnachweis
Abbildungen auf dem Titelblatt von links nach rechts:
Abb. 1: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 2: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 3: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 4: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 5: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 6: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Restliche Abbildungen:
Abb. 7,8,9: Internet portals carry images of wanted Lhasa
riot suspects. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 10: „Überall, wo Tibeter wohnen, kommt es zu
Aufständen“. Online im Internet: URL:
25.11.2009 [Stand: 21. 02. 2010].
Abb. 11: Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Eigenständigkeitserklärung
Ich, , erkläre hiermit, diese Arbeit selbst und
ohne Anwendung nicht erlaubter Hilfsmittel verfasst und außer der angegebenen
Literatur keine weitere verwendet zu haben.
……………………
…...…………………………….
Datum
Vgl.: Sabine
Dabringhaus: Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert. München: C. H. Beck oHG
2009, S. 29, 30.
Sabine Dabringhaus: Geschichte Chinas im 20.
Jahrhundert. S. 31.
Sabine Dabringhaus: Geschichte Chinas im 20.
Jahrhundert. S. 47.
Vgl.: o. A.: Twitter zeigt China-Zensur die
Zähne. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Pressemitteilung zur Situation in Tibet und
zur Tibet-Frage. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010]. Komplettes
Dokument im Anhang.
Vgl.: o.
A.: Pressemitteilung zur Situation in Tibet und zur Tibet-Frage. Online im
Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o.A.: Bürgermeister: Lhasa ist nun wieder ruhig.
Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Vgl.: o. A.: Henrik Bork: Mit buddhistischer
Bitterkeit. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o.A.: Pressemitteilung zur Situation in Tibet
und zur Tibet-Frage. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Ausländische Spitzenpolitiker würdigen
Olympische Spiele in Beijing. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Beijinger
Spiele von internationalen Persönlichkeiten gelobt. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
o. A.: Ausländische Spitzenpolitiker gratulieren
China zu erfolgreichen Olympischen Spielen. Online im Internet: URL:
[Stand: 14.01.10].
Vgl.: Kurt Seinitz: Vorsicht China! Wie das Reich der
Mitte unser Leben verändert. S. 255.
Vgl.: Andreas Lorenz: Denkmal für die Genossen.
Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Vgl.: o. A.: Eines der vom Aussterben bedrohten
Wildtiere in China – der Yangtse-Alligator. Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Achim Gutowski: Der Drei-Schluchten-Staudamm in der
VR China – Hintergründe, Kosten Nutzen Analyse und Durchführbarkeitsstudie
eines grossen Projektes unter Berücksichtigung der Entwicklungszusammenarbeit. Bremen:
Institute for World Economics and International
Management 2000, S. 42.
Vgl.: Alexandra Rigos: Die Zähmung des „Langen
Flusses“. In: GEO 6/Juni 2003, S. 42.
Vgl.: ORF-Weltjournal: Umsiedlung in China. 13. 01.
2010.
Vgl.: Kurt Seinitz: Vorsicht China! Wie das Reich der
Mitte unser Leben verändert. S. 255.
Vgl.: Alexandra Rigos: Die Zähmung des „Langen
Flusses“. In: GEO 6/Juni 2003, S. 36,44.
Vgl.: o. A.: EU wirft China Blockade-Haltung vor.
Online im Internet: URL:
[Stand: 21. 02. 2010].
Quellen & Links