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Seminararbeit
Deutsch

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

2,0, Prof. Kellermann, 2011/2012

Alma B. ©
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ID# 39933







Vergleich der Darstellung des Antichristen im „Ludus de Antichristo“ und im „Churer Weltgerichtsspiel“



Vergleich der Darstellung des Antichristen

im „Ludus de Antichristo“ und im „Churer Weltgerichtsspiel“


BA-Studiengang Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft


Inhaltsverzeichnis


1. Einleitung 3

2. Der „Ludus de Antichristo“ 4

2.1 Hintergründe über die Entstehung und den Autor des „Ludus de Antichristo“ 4

2.2 Inhalt des „Ludus de Antichristo“ 5

3. Das „Churer Weltgerichtsspiel“ 6

3.1 Hintergründe über die Entstehung und den Autor des „Churer Weltgerichtsspiel“ 6

3.2 Inhalt des „Churer Weltgerichtsspiel“ 6

4. Vergleich mit Schwerpunkt der Darstellung des Antichristen 8

4.1 Allgemeiner Vergleich 8

4.2 Das Auftreten des Antichristen, seine Begleiter und seine Ziele 9

4.3 Vorgehen des Antichristen um Gefolgsleute zu gewinnen 10

4.4 Der Antichrist und die Propheten 11

4.5 Das Ende des Antichristen 12

4.6 Bibelverweise und biblische Figuren 13

5. Fazit 16

Literaturverzeichnis 17

Selbständigkeitserklärung 18

1. Einleitung


Das Motiv des Antichristen ist fester Bestandteil der modernen Populärkultur. Ob in Horrorfilmen oder in Texten von Rockbands – immer wieder stößt man auf die Figur des Antichristen. Was jedoch zumeist ausbleibt, ist die genauere Einordnung des Motivs in den christlich/historischen Hintergrund.

Der Begriff „Antichrist“ ist griechisch und bedeutet Gegen-Gesalbter oder Anti-Messias1. Er begegnet erst im christlichen Zeitalter. Eine Zerstörerfigur am Ende der Zeit ist archetypisch und tritt auch in nicht-christlichen Religionen auf, wie zum Beispiel Tiamat in der babylonischen Religion oder auch die Midgardschlange der nordischen Mythologie2.

Die Bezeichnung „Antichrist“ findet sich nur in den Johannesbriefen3 des Neuen Testamentes, wo er ein Mensch ist, der falsche Lehren über Christus verbreitet. Außerdem wird der Antichrist in der Bibel auch als „falscher Prophet“, „falscher Apostel“ und ähnliches bezeichnet4.

Antichristthemen wurden schon früh in christlichen Schriften untersucht, so zum Beispiel von Hippolyt von Rom und auch von Augustinus5. Für das geschichtliche und heilsgeschichtliche Denken wurde die Gestalt des Antichristen aber erst im 12. Jahrhundert bedeutsam6 und im 13. Jahrhundert zum Motiv im Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum7.

In dieser Zeit entstand auch der „Ludus de Antichristo“ mit dem sich diese Hausarbeit beschäftigen wird. Das Stück wird verglichen mit dem „Churer Weltgerichtsspiel“, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Vergleich der Darstellung des Antichristen in beiden Spielen liegt.

Zunächst werden kurz die Hintergründe und die Entstehung der beiden Texte vorgestellt, sowie einen Überblick über die Rahmenhandlungen gegeben.

Nach einem allgemeinen Vergleich, wird im weiteren Verlauf das Auftreten des Antichristen, dessen Begleiter, sein Vorgehen um Gefolgsleute zu gewinnen und Gegner abzuwehren, sowie sein Ende beschrieben.

Hierfür wurde eine ausführliche Textanalyse erstellt, in welcher die groben Handlungszüge zusammengefasst und die damit verbundenen Beobachtungen vorgestellt werden.

2. Der „Ludus de Antichristo“


2.1 Hintergründe über die Entstehung und den Autor des „Ludus de Antichristo“

Obwohl das „Spiel des Antichristen“ anonym überliefert ist, lassen sich anhand des Textes Rückschlüsse auf den Autor ziehen. Die Sprache, die der Dichter verwendet, und vor allem seine Kenntnis der Bibel und der Liturgie, lassen auf einen gelehrten Geistlichen schließen, der Beziehungen zu den Mächtigen von Staat und Kirche gehabt haben muss, um den Zeitereignissen selbst so nahe stehen zu können8.

Ebenso wie keiner der bekannten Autoren des 12. Jhs. mit dem Dichter des „Ludus“ identifiziert werden konnte, ist auch der Entstehungsort nicht sicher zu bestimmen9. Die Handschrift clm 19411, in der auch das Antichristspiel überliefert ist, stammt aus dem Kloster Tegernsee.

In der älteren Forschung wurde ein Entstehungszeitraum um 1188 erwogen, im Hinblick auf die zeitgeschichtlichen Anspielungen hat sich aber die Datierung „um 1160“ durchgesetzt10.

Im Spiel selbst finden sich Anhaltspunkte, die für eine Entstehung, entweder in der Regierungszeit Konrads III., in der Zeit nach dem Regierungsantritt Friedrich Barbarossas oder in dessen letzter Epoche sprechen11. So deutet zum Beispiel das Auftreten des Königs von Jerusalem auf diese Zeit hin, da das Königreich Jerusalem um 1099 errichtet und bereits 1187 durch Saladin wieder beseitigt wurde.

Die dramatische Situation im Spiel spitzt sich beim Kampf gegen den König der Franken so zu, dass sie nur auf die Zeit Friedrich Barbarossas bezogen werden kann, da in den Jahren um 1160 eine wenig franzosenfreundliche Stimmung herrschte und man einen deutsch-französischen Krieg befürchten musste12. Desweiteren beschwerte sich der Schriftsteller Geroh von Reichersberg 1161/62 in seiner Schrift „De investigatione Antichristi“ über die Praxis der Aufführungen von Herodes- und Antichristspielen13.

Die 949/54 entstandene Abhandlung „De ortu et tempore Antichrist“ von Adso von Toul diente dem unbekannten Dichter als Hauptquelle14. Er sorgte für eine straffe dramatische Zusammensetzung des vorhandenen Stoffes und schaffte eine feinere persönliche und politische Charakterisierung von Königen und Völkern und deren Beziehungen untereinander15.


2.2 Inhalt des „Ludus de Antichristo“

Das „Spiel des Antichristen“ ist in zwei große Teile gegliedert, die beide von einem Vorspiel eingeleitet werden.

Im ersten Vorspiel tritt eine Personifikation des Heidentums mit dem König von Babylon, die personifizierte Synagoge mit den Juden und die Kirche, begleitet von der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit auf. Jede der Personifikationen hat ihren eigenen Auftrittsgesang16.

Im „Kaiserspiel“ schickt der Kaiser seine Boten zu den einzelnen Ländern, die ihm tribut- und lehnspflichtig werden sollen, um sein Imperium zu sichern. In parallelen Vorgängen dazu werden der König von Frankreich, der König der Griechen und der König von Jerusalem zu Lehensmännern des Kaisers. Nachdem nun die gesamte Kirche dem römischen Reich untertan ist, will der König von Babylon Jerusalem erobern.

Jerusalem jedoch erhält Hilfe vom Kaiser, welcher den babylonischen König besiegt. Anschließend betet der römische Kaiser im Tempel und legt dort die Insignien seiner Herrschaft auf den Altar. Von nun an ist er der König der Deutschen17.

Das zweite Vorspiel beginnt mit der Wiederholung der Auftrittsgesänge. Währenddessen treten im Hintergrund die Heuchler auf18.

Im darauffolgenden sogenannten „Antichristspiel“ tritt dieser gemeinsam mit der Heuchelei und der Ketzerei auf. Der Antichrist fordert, dass die Erinnerungen an Christus zerstört werden und alle Völker stattdessen ihn verehren sollen. Er setzt den König von Jerusalem ab, welcher erkennt, dass er getäuscht wurde. Der Antichrist bekommt indessen seinen Thron im Tempel des Herrn aufgestellt.

Als der Antichrist vom Donner erschlagen wird und zusammenbricht kehren die Könige reumütig zur Kirche zurück, welche sie wieder aufnimmt19.

3. Das „Churer Weltgerichtsspiel“


3.1 Hintergründe über die Entstehung und den Autor des „Churer Weltgerichtsspiel“

Das „Churer Weltgerichtsspiel“ ist als Handschrift überliefert, in welcher vermerkt ist, dass das Spiel im Jahr 1517 aufgeführt wurde. Es wird davon ausgegangen, dass die Handschrift auch in diesem Jahr entstanden ist20.

Für die Herstellung und Aufführung in Chur sprechen einige Indizien: So tritt neben den überregionalen Aposteln und Heiligen auch der Churer Diözesanpatron Florenius auf, sowie die Heilige Ursula, von welcher sich im Churer Domschatz eine Reliqiuenbüste befindet. Außerdem taucht in den wenigen Regieanweisungen zweimal ein Sünder namens „Thomali“ auf, der versucht dem Teufel zu entkommen.

Dies dürfte nur in Chur verständlich gewesen sein, wo 1504 der stadtbekannte Schelm Ulrich Thomali inhaftiert wurde21.

Die Erwähnung der „heylig zit“ im Stück deutet darauf hin, dass das Spiel in Chur zu Ostern 1517 aufgeführt wurde. Wo genau ist unbekannt, durch die zwischen den Akten eingefügten lateinischen liturgischen Gesänge ist es aber naheliegend, dass die Aufführung im Kirchenraum der Churer Kathedrale und unter klerikaler Verantwortung stattfand. Auch vorstellbar für eine entsprechende Aufführung wäre der Vorplatz der Kathedrale22.

Für einen geistlichen Verfasser des Weltgerichtsspiels sprechen unter anderem die Aktgliederung mit liturgischen Zwischengesängen, sowie die Ermahnung zum Gebrauch der Sakramente, die geschichtliche Verarbeitung katechetischer Lehrstücke und die Paraphrasen der Schmerzen Marias. Dies zeigt aber auch, dass der Verfasser mit dem humanistischen Drama vertraut war23. Auch die enge Anknüpfung an Mt. 25,31-46 spricht für einen geistlichen Dichter24.

Die Frage nach der Vorlage des Stückes bleibt offen, es lassen sich aber Gemeinsamkeiten zu anderen Weltgerichtsspielen finden. So vor allem zum Münchener Weltgerichtsspiel von 1510 und dem Weltgerichtsspiel von Ulrich Tengler von 151125.


3.2 Inhalt des „Churer Weltgerichtsspiel“

Das „Churer Weltgerichtsspiel“ lässt sich in fünf Akte gliedern. Jeder wird dabei von einem Prelocutor eingeleitet.

Im ersten Akt des Weltgerichtsspiels bittet dieser das Publikum um Ruhe, berichtet, was der Kirchenlehrer Augustin gelehrt hat und gibt sogar die Beweggründe für die Entstehung des Spieles an. Am Ende spricht er den Propheten Johel direkt an, welcher wie Sophonias, Job, Solomon und Gregorius den Jüngsten Tag verkündet. Jheronimus erklärt dem Publikum die „15 Vorzeichen“, die diesem Tag vorausgehen werden. Mit ihm endet der erste Akt26.

Er fordert außerdem Maria und Petrus auf, gemeinsam mit ihm zu richten27.

Der dritte Akt beginnt mit den klagenden Engeln von Erde, Wasser, Luft, Feuer, Sonne und Mond und geht weiter mit den Selbstanklagen von Judas, Herodes, Pylatus und des reichen Mannes und den Vertretern der sieben Todsünden. Danach ergreift zum ersten Mal der Teufel Sathanas das Wort. Er fasst alle Sünden der Menschen noch einmal zusammen und fordert Gott auf, Gerechtigkeit zu üben28.

Im vierten Akt spricht Christus das Urteil und weist die fünffache Bitte um Strafminderung der verdammten Seelen ab. Er versagt ihnen das ewige Leben und befielt Lucifer die Verdammten in die Hölle zu führen. Bevor Lucifer dies tut, schildert er noch einmal die Qualen, die diese Seelen in der Hölle erleiden werden. Trotz der Fürbitten von Maria und Johannes dem Täufer werden die Verdammten mit Hilfe des Engels Michael in die Hölle geführt, welche daraufhin für immer verschlossen wird29.

Zu Beginn des fünften Aktes preisen die Heiligen in Lob- und Jubelreden Gott, Jesus Christus und die Dreifaltigkeit. Erst dann beginnt das kurze Antichristspiel. Der Antichrist verspricht alle, die ihm nachfolgen, reich zu machen. Auch zu den Juden spricht er und nach und nach bekennen sich alle zu ihm. Erst ein Rechtgläubiger verlangt ein Zeichen seiner Göttlichkeit.

Da aus der Himmelfahrt des Antichristen jedoch ein Höllensturz wird, erkennt das Volk voller Sorge, dass es getäuscht wurde30.

Erst nach dem Sturz des Antichristen treten die Propheten Elyas und Enoch auf, um mit ihren Predigten die Menschen zu Buße und Umkehr zu mahnen31.


4. Vergleich mit Schwerpunkt der Darstellung des Antichristen


4.1 Allgemeiner Vergleich

Bei einem ersten Vergleich der Stücke zeigt sich schnell, dass der „Ludus de Antichristo“ mit vielen sehr genauen Regieanweisungen versehen ist. Diese betreffen sowohl den Bühnenaufbau, wie auch die Kleidung oder das Verhalten der Handelnden und lassen einem Regisseur damit wenig Spielraum.

Eine Besonderheit des Weltgerichtspiels, die der „Ludus“ nicht bietet, stellt der Prelocutor dar. Er bereitet die Zuschauer auf die kommende Handlung vor und erläutert die Intention der folgenden Szene. Diese Figur steht außerhalb der Handlung und kann als Bindeglied zwischen Publikum und Stück gesehen werden32.

Während die Figur des Prelocutors auch in anderen Weltgerichtsspielen auftritt und dort nur den Prolog und Epilog spricht33, leitet er in diesem Spiel jeden neuen Akt ein.

Beiden Spielen gemeinsam sind die einfachen, aber festen rhythmischen Formen. Der Dichter des „Ludus de Antichristo“ legt große Sorgfalt auf die Silbenzahl (Dreizehnsilber mit einer Zäsur nach der 6. oder 7. Silbe)34. Ebenso achtet er auf den Reim, der entweder paarweise oder gekreuzt ist35. Auch das „Churer Weltgerichtsspiel“ reimt sich überwiegend im Kreuzreim und jeder Vers besteht bis auf wenige Ausnahmen aus acht Silben ohne Zäsur.

Ein bedeutender inhaltlicher Unterschied zeigt sich in den Figuren der Spiele. Während im „Churer Weltgerichtsspiel“ kaum politische Personen die Bühne betreten, behandelt der „Ludus de Antichristo“ im „Kaiserspiel“ politische Konflikte und bringt erst ab dem Auftritt des Antichristen religiöse Elemente ins Spiel.



Bevor der Antichrist im „Ludus de Antichristo“ die Bühne betritt, werden die Aufrittsgesänge der Kirche, der Heidenheit und der Synagoge wiederholt. Dabei treten die Heuchler auf, die in aller Stille und Demut die Gunst der Laien für sich gewinnen. Erst dann tritt der Antichrist selbst auf. Aus den Regieanweisungen geht hervor, dass er einen Panzer trägt, welchen er aber zunächst unter anderen Kleidern versteckt36.

Sein Ziel ist es, den Thron des Reiches zu besteigen und die Erinnerung an Jesus Christus zu zerstören. Stattdessen sollen alle Völker ihm untertan sein und ihn anbeten37.

Zu seiner Rechten wird der Antichrist von der Heuchelei begleitet, links von ihm geht die Ketzerei. Ohne diese beiden allegorischen Figuren wäre die Existenz des Antichristen gar nicht möglich: Er will seine Herrschaft auf der Heuchelei gründen und durch die Ketzerei festigen. Die Heuchelei soll außerdem das Volk für den Antichristen gewinnen, während die Ketzerei für die Geistlichkeit zuständig ist38.

Der Antichrist zeigt in diesem ersten Auftritt schon seine Gewaltbereitschaft, indem er seine Oberkleider auszieht und somit seinen Panzer sichtbar werden lässt und den König von Jerusalem mit gezogenen Schwertern absetzt, sich selbst krönen und im Tempel des Herrn auf den Thron setzen lässt39.


Da es, wie bereits erwähnt, im „Churer Weltgerichtsspiel“ nur sehr wenige Regieanweisungen gibt, ist es unklar, ob der Antichrist alleine oder mit Begleitern die Bühne betritt. Ebenfalls offen bleibt, wie der Antichrist aussieht und ob er auch hier durch Panzer und Schwerter einen gewaltbereiten Eindruck macht.

Ähnlich wie im „Ludus de Antichristo“ verlangt der Antichrist die Unterwerfung und Anbetung der Menschen, verspricht ihnen aber auch Reichtum und weltliche Güter40.


4.3 Vorgehen des Antichristen um Gefolgsleute zu gewinnen

Im „Spiel des Antichristen“ spricht der Antichrist zunächst immer durch seine Boten mit den Königen der jeweiligen Länder. Zuerst schickt er die Heuchler zum König der Griechen und lässt erklären, dass er der Welterlöser ist und aus dem Haus Gottes kommt. Um den König der Griechen zu bekehren, lässt der Antichrist diesen durch seine Boten bedrohen: Wenn der König sich weigert dem Antichrist zu dienen, wird er durch das Schwert sterben.

Eingeschüchtert von dieser offenen Gewaltandrohung leistet der griechische König keinerlei Gegenwehr und bietet dem Antichrist seine Krone dar. Er wird daraufhin vom Antichrist mit einem Buchstaben auf der Stirn gezeichnet und erhält sein Land als Lehen zurück41.

Schwieriger wird die Bekehrung beim König der Deutschen. Auch dieser, von den Boten des Antichristen als „ferner Freund“ bezeichnet, wird zunächst mit Geschenken bestochen. Doch anstatt diese, wie zuvor der König der Franken, anzunehmen, leistet der König der Deutschen Widerstand und droht der Heuchelei (und damit auch dem Antichristen) ihre Herrschaft zu zerstören.

Der Antichrist, der seine Herrschaft als fromme Sache bezeichnet, verlangt von den bereits bekehrten Königen gegen den deutschen König zu kämpfen, wozu diese auch bereit sind, da sie überzeugt sind, dass sie für den rechten Glauben kämpfen und daher von Gott beschützt werden43.

Obwohl der König der Deutschen das Heer des Antichristen besiegt, gibt sich dieser nicht geschlagen und erwirkt scheinbare Wunder, wie zum Beispiel die Heilung eines Lahmen und eines Aussätzigen, sowie das Aufwecken eines Toten. Durch diese Scheinwunder lässt sich der König der Deutschen schließlich verführen und erkennt die Weisheit und die Herrlichkeit des Antichristen an.

Auch beim König von Babylon kommt es zum Krieg, nachdem ein Bote des Antichristen die Heiden provoziert, indem er ein Bild des Götzendienstes und Bilderkultes der Heiden umwirft. In diesem Kampf siegt das Heer des Antichristen, der ja nun auch vom deutschen König unterstützt wird. Der Antichrist zeichnet und belehnt den König von Babylon45.

Die letzte, die der Antichrist zu zeichnen verlangt, ist die Synagoge. Der Antichrist lässt sich vor den Juden als Messias ausrufen, der gekommen ist, wie die Propheten es versprochen haben46.

Auffallend an dieser Reihe von Bekehrungen und Belehnungen ist, dass sich der Antichrist gegenüber der Kirche zwar gewalttätig zeigt, sie von ihm und seinen Anhängern geschmäht und geschlagen wird47, er aber keinen Versuch macht, sie oder den Papst zu verführen.


Der Antichrist des „Churer Weltgerichtsspiels“ zeichnet seine Anhänger nicht durch einen Buchstaben auf der Stirn und spricht auch nicht durch Boten, sondern direkt mit ihnen.

Er wendet sich zunächst an Mosse, einen Juden. Mosse, der stellvertretend für alle Juden steht, erkennt den Antichrist sofort als den erwarteten Messias an. Daraufhin verkündet dieser seine neuen Gebote: Er will zum Beispiel, statt des christlichen Sonntags, den jüdischen Sabbath heiligen und dem christlichen Glauben abschwören48.

Wo im „Ludus de Antichristo“ der Antichrist seine Macht auf Heuchelei und Ketzerei stützt, gründet der Antichrist des Weltgerichtsspiels seine Herrschaft auf diese fünf Hauptsünden.

Ein großer Unterschied der beiden Stücke zeigt sich in diesem Handlungsabschnitt. So bringt die Figur des Antichristen im „Churer Weltgerichtsspiel“ die Menschen allein mit Worten dazu, sich zu ihm zu bekehren. Der Antichrist des „Ludus de Antichristo“ braucht dafür Geschenke, Schwerter und Krieg, ebenso wie Scheinwunder.


4.4 Der Antichrist und die Propheten

Die Propheten Elias und Enoch treten im „Ludus de Antichristo“ auf, nachdem der Antichrist die ganze Welt zu seinen Untertanen und Lehnsmännern gemacht hat. Sie sagen, dass Gott in einer Jungfrau zum Mensch geworden ist und so sterblich wurde. Durch den Tod am Kreuz konnte er auferstehen und zum Weltenrichter werden. Nur er wird das Gute vom Bösen trennen50. Damit spielen sie auf das Jüngste Gericht an, welches im „Churer Weltgerichtsspiel“ dem Auftritt des Antichristen und der Propheten vorausgeht.

Die Propheten erklären desweiteren, dass der wahre Christus noch kommen werde und dass der, der sich jetzt so nennt, der Antichristus sei. Nach diesen Worten nehmen sie der Synagoge den Schleier von den Augen und bekehren sie wieder zum wahren Glauben51.

Während dies geschieht, warnen die Heuchler den Antichristen vor den Propheten, die dessen Macht gefährden. Dieser lässt die Propheten und die Synagoge holen, um über sie zu richten. Es folgt ein Streitgespräch, in dessen Verlauf der Antichrist den Propheten Wahnsinn vorwirft und sich selbst erneut als der versprochene Messias ausruft. Die Propheten bezeichnen ihn daraufhin als Lügner und Gotteslästerer.

Nachdem die Synagoge ihr Bekenntnis gesungen hat, müssen sie und die beiden Propheten den Märtyrertod sterben52.


Die Propheten Elyas und Enoch treten im „Churer Weltgerichtsspiel“, entgegen der Antichristtradition, erst nach dem Sturz des Antichristen auf. Ihre Aufgabe ist es nicht, die zum Antichrist bekehrten Menschen wieder zum richtigen Glauben zu führen, sondern das Volk in den letzten Worten des Stückes zur Umkehr und zur Buße zu mahnen. Mit ihnen endet das Weltgerichtsspiel und sie müssen nicht den Märtyrertod erleiden53.


4.5 Das Ende des Antichristen

Nachdem der Antichrist des „Ludus de Antichristo“ die Propheten und die Synagoge hat töten lassen, will er seinen Hoftag halten und lässt aus diesem Grunde alle Könige zusammen kommen. Er kündigt an, dass nun, da alle seine Feinde gefallen sind, überall Friede und Sicherheit herrschen56.

Nach dieser Erklärung donnert es sofort über dem Antichrist und dieser bricht zusammen. Heuchelei und Ketzerei fliehen, während die zuvor zu ihm Bekehrten ihren Irrtum erkennen und reumütig zum wahren Glauben zurückfinden. Die Kirche, die vom Antichristen nie verführt wurde, nimmt die Reuigen wieder auf und stimmt das „Te Deum“ an57.

Mit dem Tod des Antichristen und der Rückkehr zum Glauben endet das Stück überraschend schnell.


Das Ende des Antichristen im „Churer Weltgerichtsspiel“ wird dagegen durch dessen Anhän-ger eingeläutet, welche verlangen in das Reich des Vaters zu kommen, um dort ewig zu leben58.

Nur einer der Menschen erkennt die Falschheit des Antichristen und bezeichnet alle Bekehrten als „Toren“. Der Rechtgläubige sieht, dass Gott und Christus verleugnet werden, der Antichrist aber noch keinen Beweis seiner angeblichen Göttlichkeit erbracht hat59.


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