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Seminararbeit
Soziologie

Universität zu Köln

Professor Wagner

Dominique B. ©
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ID# 20822







Ursachen für sinkende Fertilitätsentscheidungen, 2012


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Definitionen 5

2.1 Fertilität 5

2.2 Kinderlosigkeit 5

3. Theorien zur Fertilität und zum generativen Verhalten 6

3.1 Einführung: Ein kurzer Überblick 6

3.2 Die ökonomische Theorie der Fertilität 7

3.3 Hypothesen 8

4 Empirische Befunde 10

4.1 Deutschland 10

4.2 Frankreich 12

5 Diskussion und Fazit 13

6 Literaturverzeichnis 15


1 Einleitung

In den letzten Jahren hat die Diskussion um die Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme an Schärfe gewonnen. Im Zentrum dieser Diskussion steht oftmals die Problematik sinkender Fertilitätsraten sowie mögliche Ursachen aus denen sich immer häufiger Menschen gegen eine Elternschaft entscheiden (González/Jurado-Guerrero 2006; Billari/Kohler 2004; Heaton/Jacobson 1999).

In den vergangenen 30 Jahren ist in beinahe allen Industrienationen ein Bevölkerungsrückgang beobachtet worden. Während in den 60iger Jahren des 20.Jahrhunderts das Bevölkerungswachstum in der dritten Welt und die „Baby-Boomer“ Generation noch Sorgen bereiteten vor einer Bevölkerungsexplosion, wurde diese Befürchtung nun von der Angst vor einem erheblichen Bevölkerungsrückgang und den daraus folgenden Implikationen ersetzt (Morgen/Taylor 2006).

Die letzten drei Jahrzehnte zeigten, dass geringe Geburtenzahlen u.a. die Alterung der Bevölkerung erheblich beschleunigen und eine sinkende Zahl an Arbeitskräften hervorrufen. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklungen wirken sich katastrophal aus, denn sowohl das wirtschaftliche Potenzial eines Landes als auch die sozialen Sicherungssysteme sind angewiesen auf ausreichend nachrückende Generationen (Morgen/Taylor 2006).

Aus diesen Gründen ist die Ursachenforschung des Fertilitätsrückgangs von großer Bedeutung für unsere Gesellschaft.

Zu berücksichtigen ist, dass diese Entwicklungen in unterschiedlicher Ausprägung stattfinden. Während in einigen Ländern ein relativ moderater Rückgang zu beobachten ist, sinken in anderen Ländern die Geburtenraten sehr stark. Besonders auffällig ist hierbei der große Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich.

Die Total Fertility Rate TFR (zusammengefasste Geburtenziffer) betrug zwischen den Jahren 2000 und 2005 durchschnittlich 1,32 für Deutschland und 1,87 für Kinder; das entspricht einer „Halbwertszeit“ für die Bevölkerungszahl von 46 Jahren bzw. 196 Jahren ( Morgan/Taylor 2006: 377).

Das Ziel dieser Hausarbeit ist es, mögliche Ursachen für die unterschiedlichen Fertilitätsraten in Deutschland und Frankreich zu untersuchen. Vor allem individuelle Handlungsmuster deutscher und französischer Frauen, die das Fertilitätsverhalten beeinflussen, sollen erkannt werden.

Ferner muss berücksichtigt werden, dass die Entscheidung zur Kinderlosigkeit bzw. der Aufschub der Mutterschaft auf einen späteren Zeitpunkt im Lebenslauf nicht nur auf Individualmerkmalen basiert (Hank 2003), sondern auch das Resultat institutioneller Regelungen sein kann.

Die Ursachenforschung kann dabei helfen, institutionelle und strukturelle Eigenschaften der französischen Familien- und Sozialpolitik, die sich positiv auf das Fertilitätsverhalten auswi.....

Als ersten Schritt gilt es gewollte von ungewollter Kinderlosigkeit abzugrenzen.

Unter ungewollter Kinderlosigkeit ist ein unerfüllter Kinderwunsch, welcher durch medizinische oder psychische Faktoren verursacht wird, zu verstehen (Carl 2002: 29). Die biologisch bedingte Unfruchtbarkeit (Konietzka/ Kreyenfeld 2007: 15) gilt hier als hauptsächlichste Ursache.

Im Gegensatz dazu beruht die gewollte Kinderlosigkeit auf dem Wunsch kein Kind zu bekommen. Von zentraler Bedeutung ist die Willens- und Handlungsfreiheit (Carl 2002: 29), deren Resultat in diesem Fall die bewusste Entscheidung gegen eine Elternschaft ist. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass als Folge der Verschiebung der Elternschaft auf einen späteren Zeitpunkt im Lebenslauf, gewollte Kinderlosigkeit zu ungewollter werden kann (Konietzka/ Kreyenfeld 2007: 15 f).

Des Weiteren ist es wichtig zu beachten, dass befragte Personen Kinderlosigkeit oftmals unterschiedlich verstehen. Strittig ist beispielsweise die Frage, wer als kinderlos gilt. Ob nur biologische Kinder gemeint sind oder auch nicht-leibliche Kinder des Partner mit inbegriffen werden oder Kinder, die nicht mehr im elterlichen Haushalt leben, ist meist unklar (Carl 2002: 30).

In dieser Arbeit wird nur auf die gewollte Kinderlosigkeit eingegangen, die als Resultat spezifischer Handlungsmuster erklärt werden soll.

3. Theorien zur Fertilität und zum generativen Verhalten

3.1 Einführung: Ein kurzer Überblick

Vor dem Hintergrund rückläufiger Bevölkerungsentwicklungen gibt eine Vielzahl von Theorien, die sich mit den Ursachen zu geringer Fertilitätszahlen befassen.

Die Unterschiede dieser Theorien sind überwiegend auf Annahmen unterschiedlichen Fortpflanzungsverhaltens gegründet. Im Folgenden werde ich auf einige Theorien eingehen, die sich alle mit einem Kosten- und Nutzenaspekt auseinander setzen.

So versucht der Value-of-Children-Ansatz nach Hoffman und Hoffman Diskrepanzen im generativen Verhalten anhand interkultureller Unterschiede zu erklären. Potenzielle Eltern beurteilen den Wert von Kindern sowie die Vor- und Nachteile des Kinderkriegens anhand sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Merkmale.

Je nach Sozialschicht weichen die Bewertungen voneinander ab (Carl 2002: 38f.). Unterschieden werden dabei der ökonomisch-utilitaristische Nutzen von Kindern, der psychische Nutzen sowie der sozial-normative Nutzen (Hill/Kopp 2006). Somit sind Handlungsmuster des Fertilitätsverhaltens überwiegen sozialschichtspezifisch begründet.

Einen weiteren Erklärungsansatz stellt die Wohlstandstheorie von Lujo Brentano dar, welche die Fertilität als willentliche Entscheidung beschreibt (Hill/Kopp 2006: 194f.). Brentano widerspricht Malthus und sagt, dass es keinen Fortpflanzungstrieb gibt. Stattdessen sieht er Fertilität als Resultat aus Geschlechtsbedürfnis und Kinderliebe.

Er behauptet, dass mit zunehmendem Wohlstand einer Gesellschaft sowohl die Heiratsziffer als auch die Kinderzahl pro Ehe sinkt. Als Erklärung führt er die veränderte Stellung der Frau in der Gesellschaft an. Außerdem nennt er die „Verfeinerung der Kinderliebe“ (Brentano 1909, zitiert nach Kopp 2002) als zweiten Grund (Hill/Kopp 2006: 19.....

Becker sieht Kinder als Konsumgüter an bzw. Produktionsgüter, wenn sie über ein eigenes Einkommen verfügen. Ferner sind sie als normale und nicht inferiore Güter anzusehen, woraus ein positiver Einkommenseffekt folgt. Im Konkreten bedeutet dies, dass mit steigendem Einkommen die Anzahl an Kindern steigt oder aber die Aufwendungen für die Kinder sich erhöhen, d.h. ihre Qualität steigt (Hill/Kopp 2006; Kopp 2002).

Folgt man dieser Argumentation, so würde das eine höhere Kinderzahl für einkommensstarke Eltern bedeuten. Beobachtungen von gegenteiligen Entwicklungen hat Becker mit weiter verbreiteten Kenntnissen über kontrazeptive Mittel, die rückläufige Kindersterblichkeit und einer Steigerung der Kosten für Kinder begründet. Eine vollständige Erklärung dieser Problematik bieten diese Argumente aber nicht (Hill/Kopp 2006; Kopp 2002).

Um diese Schwäche der Argumentationskette zu schließen, hat Mincer ein weiteres Element zu dieser Theorie hinzugefügt. So hat er das Haushaltseinkommen als Summe aus dem Einkommen des Mannes und dem Einkommen der Frau betrachtet. Demnach hat der Verdienst des Mannes einen positiven Einkommenseffekt.

Für den Lohn der Frau gilt dasselbe, wobei jedoch berücksichtigt werden muss, dass die Frau in der Regel die Kindererziehung übernimmt und somit ein Verdienstausfall im Falle einer Mutterschaft entsteht. Dieser negative Effekt der Opportunitätskosten überwiegt den positiven Einkommenseffekt der Frau (Hill/Kopp 2006).

3.3 Hypothesen

Auf Basis der ökonomischen Theorie der Fertilität lassen sich einige Annahmen bezüglich des Fertilitätsverhaltens der Frau formulieren.

1.  Je mehr Zeit eine Frau im Bildungssystem verbringt, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich für ein Kind entscheidet.

Dies hängt damit zusammen, dass die Opportunitätskosten mit dem Bildungsniveau steigen (Hank 2003).

2.  Je höher das Einkommen ist, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau sich für ein Kind entscheidet.

Auch hier fallen hohe Opportunitätskosten im Falle einer Mutterschaft an. Je höher das Einkommen einer Frau ist, umso höher ist der Verdienstausfall, der durch die Kindererziehung entsteht (Hank 2003).

3.  Die Wahrscheinlichkeit zur Mutterschaft ist geringer, je niedriger das .....

4 Empirische Befunde

Im folgenden Abschnitt werde ich einige der empirischen Ergebnisse vorstellen, die Maria-José González und Teresa Jurado-Guerrero in ihrer vergleichenden Analyse über europäische Muster der Kinderlosigkeit herausgearbeitet haben.

Es handelt sich um die Ergebnisse einer multivariaten Analyse, mit dem Ziel individuelles Fertilitätsverhalten im Ländervergleich anhand verschiedener Variablen zu erklären. Konkret wurde die Wahrscheinlichkeit, die eine Frau aufweist, ein Kind zu bekommen in Abhängigkeit bestimmter Individualmerkmale untersucht sowie die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Lebenslauf kinderlos ist.

4.1 Deutschland

Quelle:González, Maria-José, Jurado-Guerrero, Teresa 2006: Remaining childless in affluent economies


Tabelle 1 illustriert die Ergebnisse der Untersuchung für Deutschland.

Zunächst ist festzustellen, dass in Modell 1 und Modell 2 der Einfluss von Arbeitslosigkeit sowie von Beschäftigungsverhältnissen, die zwischen drei und sechs Jahren dauerten, einen signifikant positiven Effekt auf die Wahrscheinlichkeit ein Kind zu bekommen, ausüben. Dies ist insofern überraschend, da trotz hoher direkter Kosten die Entscheidung für ein Kind gefällt wurde (Gonzáles/Jurado-Guerrero 2006).

Andererseits haben Frauen mit einem niedrigen Einkommen geringere Opportunitätskosten. Dies deckt sich mit der Annahme aus Hypothese 2.

Verheiratete Frauen weisen ebenfalls ein hohes Risiko auf schwanger zu werden. Das Gleiche gilt für arbeitslose Frauen, deren Partner berufstätig sind. Gonzáles und Jurado-Guerrero versuchen, dies anhand des deutschen Sozialsystems zu erklären. So verweisen sie auf die staatliche Sicherung von Arbeitslosen und benennen diese als potenzielle Anreize trotz des Fehlens eigener finanzieller Mittel sich für ein Kind zu entscheiden (Gonzáles/Jurado-Guerrero 2006).

Des Weiteren ist ein starker Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit ein Kind zu bekommen und dem Vorhandensein von Wohneigentum festzustellen. Dies könnte mit dem hohen Grad an finanzieller Sicherheit zusammenhängen, .....

Die Wahrscheinlichkeit ein Kind zu bekommen steigt signifikant an, wenn Frauen sich in einer Partnerschaft befinden, in der sowohl der Mann als auch die Frau zum gemeinsamen Haushaltseinkommen beitragen. Auch dieses Merkmal steht im Gegensatz zum deutschen „Hausfrauenmodell“ (Gonzáles/Jurado-Guerrero 2006).

Ferner bekommen französische Frauen, die sich in einer Partnerschaft befinden eher ein Kind, wenn sie ein niedriges Bildungsniveau haben, ein hohes Einkommen erzielen oder beide Partner berufstätig sind (Gonzáles/Jurado-Guerrero 2006).

5 Diskussion und Fazit

Betrachtet man die unterschiedlichen Ergebnisse des generativen Verhaltens von Frauen in Deutschland und Frankreich im Vergleich, so ist zunächst festzustellen, dass einige übereinstimmende Muster zu beobachten sind.

So besteht zunächst sowohl für deutsche Frauen als auch für Französinnen eine positive Korrelation zwischen dem Familienstand und der Wahrscheinlichkeit ein Kind zu bekommen. Da in der Regel ein größeres Maß an finanzieller Sicherheit geboten wird, könnte dies eine Ursache für diese Beobachtung sein.

Ferner ist auffällig, dass Französinnen, die sich in einer Partnerschaft befinden, in der beide Partner berufstätig sind, ebenfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit haben ein Kind zubekommen. Für deutsche Frauen ist solch ein positiver Effekt nur beobachtbar, wenn sie verheiratet sind.

Die Ursache hierfür könnte vor allem das traditionellere Verständnis der Mutterrolle in Deutschland sein. So wird die Kindererziehung als Aufgabe der Frau gesehen und von vielen Frauen nur ungern anderen Personen überlassen. Dementsprechend geben viele Frauen im Falle einer Mutterschaft ihren Beruf zunächst auf, um sich dem Kind zu widmen. In Frankreich existiert dieses traditionelle Verständnis nicht.

So wird dem Staat eine große Verantwortung zugeschrieben, bei der Kindererziehung „mitzuwirken“. So wir die Bereitstellung von ausreichend Krippenplätzen oder ähnlicher Einrichtungen als essentielle Aufgabe der Familienpolitik gesehen. Als Folge diesen Verständnisses reformierte der französische Staat bereits in den achtziger Jahren seine Familienpolitik umfassend. So wurden zahlreiche finanzielle Anreize für Familien mit Kindern geboten und insbesondere für Frauen die Möglichkeiten einer Mutterschaft und gleichzeitigen Erwerbstätigkeit erleichtert (Onnen-Isemann 2003).

Im Gegensatz dazu wurde in Deutschland die Bedeutung von Ehe und Familie immer wieder hervorgehoben und als alternativlose Form bezüglich des Kinderkriegens und der Kindererziehung angesehen. Familienpolitische Maßnahmen förderten massiv das Modell des „Brotverdienerhaushalts“. Eine folge davon ist, dass Frauen in Deutschland im Zuge einer Mutterschaft oftmals ihre Erwerbstätigkeit aufge.....

Hill, Paul B., Kopp, Johannes 2006: Familiensoziologie. Grundlagen und theoretische Perspektiven. Wiesbaden 2006. Verlag für Sozialwissenschaften

Konietzka, Dirk, Kreyenfeld, Michaela 2006: Kinderlosigkeit in Deutschland. Theoretische Probleme und empirische Ergebnisse. S. 11-41 in:Konietzka, Dirk, Kreyenfeld, Michaela (Hrsg) 2007: Ein Leben ohne Kinder. Wiesbaden. Verlag für Sozialwissenschaften

Kopp, Johannes 2002: Geburtenentwicklung und Fertilitätsverhalten. Konstanz. Verlagsgesellschaft mbH

Morgan, Philip S., Taylor, Miles G. 2006: Low Fertility at the Turn of the Twenty-First Century. Annual Review of Sociology Vol.32: 375-400

Onnen-Isemann, Corinna 2003: Familienpolitik und Fertilitätsunterschiede in Europa. Aus Politik und Zeitgeschichte Bn 44

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