Übungsaufsatz zu „Iphigenie auf Tauris“, 4.Aufzug/2.+3.Auftritt
Das von Johann Wolfgang von Goethe geschriebene Drama „Iphigenie auf Tauris“ stammt aus der Epoche der Klassik und wurde 1787 veröffentlicht. Es handelt von der Protagonistin Iphigenie, die als Priesterin auf Tauris dienen muss. Einerseits möchte sie in ihre Heimat Griechenland zurückkehren, jedoch fühlt sie sich verpflichtet aus Dankbarkeit gegenüber der Göttin Diana
und dem König Thoas auf der Insel zu bleiben.
Die zu bearbeiteten Textstellen des vierten Aufzugs thematisieren
Iphigenies Konflikt, der darin besteht sich zwischen einer Flucht
oder der Opferung ihres Bruders Orest und seinem Begleiter
Pylades zu entscheiden. Iphigenie, die von der Göttin Diana auf die
Insel gebracht wurde, nachdem ihr Vater sie töten wollte, ist als
Priesterin auf der Insel Tauris tätig. Thoas, der König der Insel,
möchte Iphigenie heiraten, jedoch lehnt Iphigenie den Antrag ab.
Durch seine Frust und seine Enttäuschung beschließt Thoas die
Menschenopferung erneut einzuführen, die anfangs durch Iphigenie
eingestellt wurde. Als Iphigenie erfährt, dass Orest und Pylades
geopfert werden sollen und das auch noch ihre Aufgabe als
Priesterin ist, gerät sie in Unentschlossenheit. Sie könnte mit ihrem
Bruder und Pylades nach Griechenland unbemerkt flüchten und
Diana und Thoas im Stich lassen und anlügen oder die Opferung
durchführen, aber davor versuchen Thoas Entscheidung nochmal zu
ändern. An dieser Stelle treten die zu analysierenden Szenen ein,
beginnend mit einem Dialog zwischen Iphigenie und Arkas, dem
Boten von Thoas, und abschließend mit einem Monolog von
Iphigenie, bei dem ihre zwiespältigen Gefühle betont werden. Das
Drama endet damit, dass Thoas Iphigenie in ihre Heimat zurück
kehren lässt und durch sie seine Anlagen zur Humanität bildet.
Zu Beginn des zweiten Auftritts fordert Arkas, der Vertreter des
Königs, Iphigenie dazu auf, die Menschenopferung zu
beschleunigen. Als Grund gibt Iphigenie an, den Tempel noch
reinigen zu müssen, damit sie mehr Zeit für die geplante Flucht von
Orest und Pylades verschaffen kann. Sie verstellt sich gemäß
Pylades Anweisungen gegenüber dem Boten, um den Fluchtplan
nicht zu gefährden. Im weiteren Verlauf des Dialoges versucht
Arkas erneut Iphigenie von der Heirat mit seinem Vorgesetzten
Thoas zu überzeugen, jedoch bleibt sie bei ihrer Meinung und lehnt
den Antrag ab. Darauffolgend, im dritten Auftritt, ist Iphigenie
alleine und führt einen Monolog, bei dem nur die innere Handlung
essenziell ist. Iphigenie bemerkt, dass Arkas sie verunsichert hat
und sie wird zunehmend kritischer den Plan von Orest und Pylades
zu befolgen. Außerdem führt ihr Arkas vor die Augen, dass sie auch
auf Tauris Menschen verlässt, die ihr viel bedeuten und vielleicht
sogar durch ihre hinterlistige Flucht verletzt und enttäuscht werden.
Dennoch ermahnt sie sich selbst, Ruhe zu bewahren und hofft auf
die richtige Entscheidung.
stilistische Gestaltung hervorgehoben wird, fällt auf das Arkas zu
Beginn des Dialogs seine Funktion als Bote und Vertreter von Thoas
wahrnimmt und Iphigenie befehlerisch auffordert die Opferung zu
beschleunigen. Dieser Befehlston wird an seiner Wortwahl wie
„schnell” (V.1428) oder „geschwind” (V.1442) erkennbar. Er spricht
nur kurze Sätze, um möglichst schnell Informationen zu sammeln,
die er dann Thoas überbringen kann. Sein Ziel ist es, Iphigenie
unter Druck zu setzen und zu überzeugen, jedoch bleibt sie ruhig
und lässt sich von den Befehlen nicht aus der Fassung bringen. Im
weiteren Verlauf öffnet sich Arkas mehr, er wird privater und redet
emotionaler mit Iphigenie (vgl. V.1453 “O”), was ihren Dialog auf
eine ganze andere Kommunikationsebene bringt. Die
sein Satzbau immer ausformulierter. Er bittet Iphigenie Thoas zu
heiraten, sodass die guten Verhältnisse auf der Insel bestehen
bleiben. Dabei verwendet er die dreimalige Interjektion “O”
(V.1453,1475,1500) und bringt somit seinen Wunsch zum
Ausdruck. Iphigenie wirkt das restliche Gespräch lang verwirrt, da
Arkas sie stutzig gemacht hat.
Betrachtet man den Monolog im Anschluss daran, wird deutlich,
dass Arkas einen inneren Konflikt bei Iphigenie ausgelöst hat und
ihr “das Herz im Busen einmal umgewendet” (V.1504f) hat. Sie ist
unsicher und nicht mehr von Pylades Plan überzeugt, worauf sie
erschreckend reagiert (vgl. V.1505 “Ich erschrecke!”). Sie appelliert
in ihrem Monolog an sich selbst weiterhin die Ruhe zu bewahren
(vgl. V.1526 “O bleibe ruhig, meine Seele!”), was ein
tolerante und ehrliche Einstellung ausgezeichnet hat und jetzt
unschlüssig ist wegen ihrer Verstellung gegenüber Arkas. Sie fragt
sich, ob sie nun anfängt “zu zweifeln” (V.1527) und sieht ein, dass
sie sich allein von dem starken Wunsch ihren Bruder zu retten und
damit ihre Familie von dem Tantalidenfluch zu befreien, treiben
lassen hat und ihre zweite Bestimmung, das Volk der Taurer zu
beschützen und zu erziehen völlig vergessen hat. Durch Arkas
wurde ihr klar, dass sie auch dort “Menschen [ .] verlasse” (V.
1524) und verantwortlich für das Wohl der Menschen ist. Ihre
Gefühle schildert sie in dem Monolog durch Vergleiche und
Metaphern, wie beispielsweise “eine Wolke” (V.1511), die sie schon
zu retten schien. Wie aufgewühlt und hin- und hergerissen sie in
Wechsel von Ausrufe- und Fragesätze.
Friedrich Schillers Konzept der “schönen Seele” ist ein klassisches
Merkmal, das auch in Goethes Drama “Iphigenie auf Tauris”
eingesetzt wurde. Das Ziel des damaligen Menschenideals ist es die
Neigung und die Pflicht in Harmonie zu bringen und so als
ästhetisch schön zu handeln. In dem Fall kann Iphigenie als
“schöne Seele” gelten, da sie einerseits Sehnsucht nach ihrer
Heimat Griechenland und ihrer Familie hat, aber andererseits
pflichtbewusst ihren Priesterdienst für Göttin Diana, die sie gerettet
hat, ausführt und sehr dankbar für Thoas ist, der wie ein zweiter
Vater für sie war. Sie steht im Konflikt aufgrund der Entscheidung
die Insel heimlich zu verlassen und somit ihrer Neigung zu folgen
oder weiterhin auf der Insel zu bleiben und so ihre Pflicht zu
wird. Iphigenie spiegelt das Ideal der damaligen Epoche wieder,
indem sie wahrhaftig handelt, sich nicht von ihren Gefühlen
beeinflussen lässt und Gutes für die Menschheit tut. In den zu
bearbeiteten Szenen wird erstmalig deutlich, dass aber auch sie
manchmal Zweifel hat, die sie aber nicht von ihrem Weg abbringen,
da sie im Endeffekt trotzdem die Wahrheit sagt und ein schlechtes
Gewissen aufgrund ihres Verstellens gegenüber Arkas hat. Noch
dazu kommt das Iphigenie durch ihr Handeln Thoas humanisiert
und auch aus ihm ein besseren Mensch macht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Drama „Iphigenie auf
Tauris“ von Johann Wolfang von Goethe eine ideales Beispiel für die
Epoche der Klassik ist. Es umfasst alle bedeutenden Merkmale, wie
selbstverständlich das Menschenbild, die Kerngedanken der
Göttern sowie die typische geschlossene Dramenform.