Traumatologische
Notfälle und ihre Erstversorgung
Traumatologische Notfälle und ihre Erstversorgung
Was versteht man unter traumatologischen Notfällen?
Unter
den sogenannten traumatologischen Notfällen versteht man folgende
Verletzungsmuster, die durch eine Unfallmechanik zustande kommen:
Jede Gewalteinwirkung auf den menschlichen Körper
durch Aufprall, Sturz etc. birgt ein mehr oder weniger starkes
Verletzungsrisiko.
Diese äußere Einwirkung ist maßgeblich von der
Geschwindigkeit (Verkehrsunfälle) bzw. von der Höhe (Sturz) abhängig.
Solche Unfallmechanismen bezeichnet man als
„Hochrasanztraumen“
Solche Verletzte werden von den Sanitätern immer als
Schwerverletzte behandelt, bis von einem Arzt (-> Notarzt) das Gegenteil
bewiesen ist.
Für
den Ablauf der Rettung eines Patienten ist also sein aktueller Zustand
verantwortlich.
Dies
ist vor allem bei Verkehrsunfällen zu beachten. (Bergung durch Feuerwehr)
Bei
einer Rettung aus einem z.B. verunfallten Fahrzeug muss immer gewährleistet
sein, dass keine zusätzlichen Verletzungen entstehen, („Safety-First“-Rettung)
bzw. akute Lebensgefahr bestehen.
Hier
wird keine Rücksicht auf die Verletzungen genommen.
Bei
diesen „Hochrasanztraumen“ ist immer eine Versorgung mit höchster Vorsicht zu
beginnen, da aufgrund der Unfallmechanismen immer von einer Wirbelsäulen,-
und/oder Halswirbelsäulenverletzung zu rechnen ist.
Daher
wird immer ein sogenanntes „Stiff-Neck“ (=Halskrause) angelegt. Dies minimiert
die Folgeverletzungen an der Halswirbelsäule.
Außerdem
wird zur Bergung eine Schaufeltrage und zum Abtransport eine Vakuummatratze
verwendet umso das Risiko einer Becken- bzw. Wirbelsäulenverletzung aufgrund
der Rettung vom Unfallort zu minimieren.
Am
Einsatzort erfolgt weiters noch die Blutstillung, die korrekte Lagerung,
frühzeitige Sauerstoffgabe zur Vermeidung eines Schocks und eine effiziente
Wärmeerhaltung. (auch im Sommer)
Unfallmechanik
Besonders
erläutern und hervorheben möchte ich nun einige Straßenverkehrsunfälle:
Besonders
hier sind die Kenntnis der Unfallmechanik und die Einschätzung der Schwere der
Verletzungen für den Patienten oftmals überlebenswichtig.
Fußgänger-Kraftfahrzeug-Unfall:
Sobald
eine Person in aufrechter Körperhaltung von einem Kraftfahrzeug angefahren
wird, lassen sich drei Vereltzungsphasen voneinander unterscheiden:
·
Phase 1: primärer Anprall
Hier entstehen Unterschenkelverletzungen
(hervorgerufen durch die Stoßstange): Platz- und Quetschwunden vorwiegend
entlang des Schienbeins. Außerdem können an den Knochen oftmals keilförmige
Brüche beobachtet werden. Je nach Körpergröße und Höhe des Fahrzeugs kann es
weiters zu Quetschungen des Gesäßes und Beckenfrakturen kommen. Besonders zu
beachten sind hier innere Blutungen und ob es zu Einblutungen in das Becken
kommt. Das Becken kann ein Blutvolumen von bis zu 8 Litern aufnehmen. Hier
besteht also akute Lebensgefahr.
Beckenbrüche kommen besonders häufig bei
kleinwüchsigen Erwachsenen und bei Kindern vor.
Die Höhe der Stoßstange trifft bei diesen Menschen
näher im Beckenbereich.
·
Phase 2: Aufschlagen des
Rumpfes und des Kopfes an Teilen des Fahrzeuges
Schädelbrüche, Schädigungen der Wirbelsäule und
Verletzungen des Rumpfes sind die Folge. Die inneren Organe bewegen sich noch
mit unverminderter Geschwindigkeit weiter (Trägheitsgesetz) bis es zum Aufprall
kommt. Z.B.: am Lenkrad.
Dadurch kommt es zu Organschädigungen im der Brust-
und der Bauchhöhle.
·
Phase 3: Abgleiten oder Abwurf
vom Kraftfahrzeug, Aufschlagen auf den Boden:
Rumpf und untere Gliedmaßen sind wenig betroffen; es
kommt hier häufig zu Armbrüchen und Kopfverletzungen.
Kraftfahrzeuginsassenverletzungen:
Personen,
die vorne im Fahrzeug sitzen, erleiden häufig Kniescheibenbrüche, Brüche der
Oberschenkelknochen, Brüche und Ausrenkungen im Bereich der Sprung-, und
Hüftgelenke.
Die
Halswirbelsäule wird bei einem Frontalzusammenstoß nach vorne gebeugt
(Überdehnung der Nackenmuskulatur und der Sehnen mit daraus folgenden
Verletzungen an den Halswirbeln) oder bei fehlender Kopfstütze nach hinten
überdehnt.
Bei
angegurteten Fahrzeuginsassen lassen sich, je nach Geschwindigkeit, aufgrund
des Sicherheitsgurtes mehr oder minder starke Prellmarken an der Schulter, über
dem Schlüsselbein und schräg über dem Brustkorb feststellen. Als häufige
Verletzungen treten hier meist Schlüsselbein-, Rippen- und Brustbeinbrüche auf,
aber auch innere Verletzungen im Brust- und Bauchbereich (besonders bei hohen
Geschwindigkeiten).
Bei
nicht angegurteten Fahrzeuginsassen stößt der Kopf gegen die Windschutzscheibe,
gegen deren Rahmen oder gegen die Sonnenblende. Der Brustkorb wird gegen das
Lenkrad gepresst (-> Rippenbrüche, Brustbeinbruch, Organverletzungen). Die
im Rückraum befindlichen Personen werden im Fahrzeug herumgewirbelt bzw. nach
vorne geschleudert.
Bei
seitlichen Kollisionen sind Kopfverletzungen durch das Aufschlagen des Kopfes
gegen die seitlichen Fahrzeugteile häufig. Hier wird das Verletzungsrisiko
durch die Airbags jedoch deutlich reduziert.
Verletzungen von Motorradfahrer:
Motorradfahrer
sind aufgrund der geringen Fahrstabilität auf zwei Rädern, wegen der fehlenden
Knautschzone und wegen den hohen Geschwindigkeiten besonders gefährdet in
Verkehrsunfälle verwickelt zu werden.
Viele
Verunfallte tragen Schädel-Hirnverletzungen davon. Oft kommen ach
Knieanprallverletzungen, Prellungen an Schulter und Hand, Beinquetschungen
aufgrund des Fußrasters. Weiters ist die Halswirbelsäule Extrembewegungen
ausgesetzt, was zu Stauchungen und Schlimmstenfalls zu Wirbelverletzungen
führt.
Trägt
der Motorradfahrer keine entsprechende Schutzkleidung mit Protektoren, so sind
auch noch großflächige Abschürfungen bzw. Ablederungen möglich.
Hierbei
ist bei der Versorgung auf die erhöhte Infektionsgefahr und auf den damit
resultierenden Blutverlust zu achten (Infusionsgabe).
Auf
jeden Fall ist bei diesen Unfällen der Sturzhelm abzunehmen, da weder eine
korrekte Beurteilung des Zustandes noch geeignete Sanitätshilfemaßnahmen
möglich sind.
Unfälle von Radfahrern:
Bei
einem Radfahrer-Kraftfahrzeug-Unfall lassen sich häufig als Verletzungsphasen
(wie bei Fußgänger) der primäre Anprall, die Aufladung und der Abwurf mit Sturz
voneinander abgrenzen.
Bei
Kollisionen mit festen Hindernissen (z.B.: Mountainbiker gegen Baum) treten
häufig Schädelverletzungen und stumpfe Verletzungen des Bauches und des
Brustkorbes auf.
Freizeit- und Sportunfälle:
Je
nach Sportart gibt es unterschiedliche Verletzungsmuster.
Bei
einem Reitunfall etwa sind die Schulterregion, die oberen Extremitäten und die
Wirbelsäule besonders gefährdet. Unfälle beim Skilaufen und beim Fußballspielen
führen meist zu Verletzungen an den unteren Extremitäten. Inlineskater,
Skateboarder und Rollerfahrer erleiden in erster Linie Unterarm- und/oder
Handgelenksbrüche sowie Knieverletzungen und Abschürfungen, was durch
entsprechende Schutzausrüstung jedoch vermieden werden könnte. Dies gilt auch
für die immer wieder auftretenden Kopfverletzungen.
Beurteilung eines verunfallten Patienten:
Hier
steht der aktuelle Zustand des Patienten und eine mögliche Lebensbedrohung im
Vordergrund.
Diese
Beurteilung läuft in zwei wesentlichen Schritten ab:
·
Den Ersten Eindruck
·
dem traumatologischen Notfallcheck
Der erste Eindruck:
Das
Ziel dieser Ersteinschätzung ist es, dem Patienten Behandlungsprioritäten
zuzuweisen.
Begonnen
wird mit dem Gesamteindruck, den der Patient bietet. Dabei soll so auf den
Patienten zugegangen werden, dass er sich nicht erschrickt und somit durch
ruckartige Bewegungen vermieden werden und somit auch keine Folgeverletzungen
entstehen.
Die
Beurteilung „kritisch verletzt“ bzw. „instabil“ erfolgt meist aufgrund einer
Blickdiagnose (Gesichtsfarbe, offensichtliche schwere Verletzungen)
Bewusstsein
und spontane Lebenszeichen:
Die
Bewusstseinslage gibt einen ersten Hinweis auf seinen Zustand.
o Patienten ansprechen, sanft schütteln – ist Patient
bei Bewusstsein?
-
Patient reagiert nicht auf
Ansprache – bewusstlos (-> stabile Seitenlage)
-
Patient reagiert auf Ansprache
Qualität der Bewusstseinslage: orientiert (zeitlich,
örtlich, zur Situation), klar, schläfrig (=somnolent), unruhig (agitiert),
ängstlich
Reagiert
der Patient auf Ansprache und Berührung nicht, ist von einer schweren
Beeinträchtigung des Patienten auszugehen! (-> eventuell auch neurologische
Folgeschäden)
A
– Airway | Atemwege:
o Sind die Atemwege frei? (-> drohende
Sauerstoffunterversorgung ?!)
-
Wenn nicht -> Atemwege
freimachen und freihalten
ð Mund ausräumen, absaugen, Kopf überstrecken
B
– Breathing | Beurteilung der Atmung:
o Keine normale Atmung, keine Lebenszeichen =>
Wiederbelebung starten:
Zyklen der Wiederbelebung:
Erwachsener:
30 Herzdruckmassagen mit beiden Händen in der Mitte
des Brustkorbes. Anschließend 2 Beatmungen, die im Sanitätswesen mit einem
Beatmungsbeutel und unter Gabe von 15l Sauerstoff pro Minute erfolgen.
Außerdem wird ein halbautomatischer Defibrillator
verwendet.
Dieser gibt je nach Art des Herzstillstandes einen
elektrischen Schock ab, um das Herz zur Wiederaufnahme seiner Tätigkeit
anzuregen (z.B. bei Kammerflimmern)
Kind:
5 Initialbeatmungen mit Beatmungsbeutel. Anschließend
15 Herzdruckmassagen mit 2 Beatmungen. Auch hier wird ein Defibrillator
verwendet, wobei jedoch auf die Elektrodenanbringung geachtet werden muss.
Säugling: (< 1. Lebensjahr)
5 Initialbeatmungen mit Baby-Beatmungsbeutel (8l
Sauerstoff pro min), anschließend erfolgen 5 Herzdruckmassagen mit 2 Fingern in
der Mitte des Brustkorbes.
o Atmung vorhanden – Qualität der Atmung beurteilen:
-
Atemfrequenz (Schätzung ist in
dieser Phase ausreichend)
Normal (12-15 Atemzüge pro Minute)
Zu schnell – tachypnoisch (> 30 Atemzüge pro
Minute)
Zu langsam – bradhypnoisch (< 10 Atemzüge pro
Minute)
-
Atemtiefe (Atemzugsvolumen)
-
Bewegung des Brustkorbes
(symetrisch, beidseitig, ansonsten ev. Rippenfraktur)
-
Abnorme Atemgeräusche
(angestrengt, brodelnd…)
-
Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
(=Zwerchfell, Intercostalmuskulatur =Zwischenrippenmuskulatur))
o Beurteilung der Hautfarbe:
-
Normal (rosig)
-
Blass, bläulich (zyanotisch ->
deutet auf ev. Sauerstoffmangel, bzw auf einen Schockzustand hin)
Liegt
die Atemfrequenz unter 10 Atemzügen pro Minute bzw. über 30 Atemzüge pro
Minute, so muss man mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Atmung rechnen.
Eine sofortige Sauerstoffgabe mit einer entsprechenden Lagerung (Atemnot:
erhöhter Oberkörper) sind unerlässlich.
C
– Circulation | Kreislauf:
o Sichtbare starke Blutungen
o Beurteilung des Pulses (primär am Handgelenk)
-
Tastbar – nicht tastbar
-
Pulsfrequenz
Normal (60-100 Schläge pro Minute)
Zu schnell – tachykard (> 140 Schläge pro Minute)
Zu langsam – bradykard (> 40 Schläge pro Minute)
-
Rhytmisch/ arrhytmisch
o Beurteilung der Haut
-
Normal (rosig und warm)
-
Blass, kalt, schweißig (=Zeichen
eines Schocks)
Wenn
der Puls am Handgelenk nicht mehr tastbar ist, an der Halsschlagader jedoch
schon noch, muss von einer schweren Kreislaufveränderung ausgegangen werden
(-> lebensbedrohlich)
Eine
Pulsfrequenz von unter 40 Schlägen pro Minute bzw. über 140 Schlägen pro Minute
liegt außerhalb der Norm und man kann von einer schweren
Kreislaufbeeinträchtigung ausgehen.
Dies
und kalte, schweißige und bläuliche Haut sind Zeichen eines Schocks, der ohne
richtige Behandlung (Sauerstoffgabe, richtige Lagerung, Wärmeerhaltung und
psych. Betreuung) lebensbedrohlich werden kann, da die inneren Organe nicht
mehr ordnungsgemäß durchblutet werden.
Weiters
ist auf die Versorgung der Verletzungen (Blutstillung etc.) und die ständige
Überwachung der Vitalparameter (Puls, Blutdruck etc.) zu achten.
Sobald
sichergestellt ist, dass der Patient in seiner Lebensfunktion nicht (mehr)
bedroht ist, können weitere Untersuchungen erfolgen.
D
– Disability | Defizit – neurologischer Status:
o Patient ansprechbar – ist er zeitlich und örtlich
orientiert?
o Gibt es neurologische Ausfälle (Kribbeln,
Gefühllosigkeit in den Extremitäten…)
o Schmerzen?
E
– Exposure | Entkleiden/traumatologischer Notfallcheck
Der
traumatologische Notfallcheck soll durch eine systematische Untersuchung von
Kopf bis Fuß sicherstellen, dass jede durch den Unfall hervorgerufene
Schädigung erkannt wird. Erst jetzt kann eine korrekte Versorgung des Patienten
sichergestellt werden.
Dabei
ist jedoch zu beachten, dass das Schamgefühl des Patienten gewahrt bleibt
(Zuschauer entfernen, Entkleiden nur so weit nötig).
Besonders
zu beachten sind die Stellen, an denen der Patient Schmerzen empfindet bzw. an
Gefühllosigkeit leidet. (-> ev. Verletzung an der Wirbelsäule)
Der traumatologische Notfallcheck:
Gliederung
und Durchführung:
Kopf:
o Vorsichtiges Abtasten des Gesichtsschädels
o Umfassen des Hinterkopfes um eventuelle Blutungen
festzustellen.
o Inspektion der Gehörgänge (Blut-> ev. Schädel-Hirn-Trauma)
o Pupillenkontrolle
o Inspektion von Mund und Nase
Hals:
o Vorsichtiges Abtasten der Halswirbelsäule
o Auf gestauchte Halswirbel achten
Brustkorb
(Thorax):
o Vorsichtiges Abtasten der Schlüsselbeine und Schultern
o Des Brustbeins
o Auf Prellmarken achten
Bauch
(Abdomen)
o Vorsichtiges Abtasten des Bauches
o Auf gespannte Bauchdecke achten (-> innere
Verletzungen)
o Auf Prellmarken achten
Becken:
o Vorsichtiges Abtasten des Beckens
o Auf Instabilität achten (ev. Beckenbruch)
Obere
Extremitäten:
o Vorsichtiges Abtasten der Arme
o Kontrolle von Motorik, Durchblutung, Sensibilität
(MDS-Schema)
-
Motorik: Patienten auffordern, die
Finger zu bewegen
-
Durchblutung: Puls tasten,
Hautfarbe kontrollieren, Temperaturveränderung und Schwellung beachten!
-
Sensibilität: Hat der Patient ein
taubes Gefühl? Spürt er die Berührung überall?
Untere
Extremitäten:
o Vorsichtiges Abtasten der Beine
o MDS-Kontrolle (wie oben)
Das
nun folgende Thema tritt aufgrund von zunehmender Geschwindigkeit im
Straßenverkehr leider immer häufiger auch im Zusammenhang mit anderen
Verletzungen auf.
Das
sogenannte Schädel-Hirn-Trauma
Es
besteht immer ein Verdacht auf ein SHT sobald nach einer Gewalteinwirkung auf
den Kopf Bewusstseinsstörungen auftreten.
Da
dies häufig im Rahmen des Rettungsdienstes auftritt, möchte ich dieses näher
behandeln:
Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
Symptome
nach einem SHT sind:
-
Kopfschmerzen
-
Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen
-
Bewusstseinsstörungen
Das
SHT wird in einige grobe Verletzungsmuster eingeteilt, wobei die Symptome grundlegend
immer dieselben sind:
Schädeldachbruch:
Ein
geschlossener Schädeldachbruch sowie Knochenrisse im Schädeldach sind kaum zu
erkennen. Es kann jedoch eine Eindellung sichtbar sein, falls es zu einer
Verschiebung von Bruchstücken kommt.
Offene
Schädeldachbrüche können anhand von Knochensplittern, manchmal auch am Austritt
von Hirngewebe erkannt werden. Eindeutige Eindellungen sind oft aufgrund einer
Schwellung nicht richtig zu sehen.
Schädelbasisbruch:
Austritt
von Blut, selten auch von Liquor (klare Hirnflüssigkeit), aus Mund, Nase oder
Ohr weist auf einen Schädelbasisbruch hin. Manchmal entwickelt sich in der
Augenhöhle ein Bluterguss. (wird einseitig als Monokel- bzw. beidseitig als
Brillenhämatom bezeichnet.)
Gesichtsschädelverletzungen:
Diese
Verletzungen nehmen aufgrund der verbesserten Sicherheitssysteme (Gurt etc.)
ab. Durch Blut, Fremdkörper oder Zähne kann die Atmung behindert sein. Deshalb
muss das Freimachen und Freihalten der Atemwege im Vordergrund stehen.
Ausgeschlagene
Zähne werden am besten in einer Zahnrettungsbox oder in einem geeigneten
Behälter mit NaCl gelegt und ins Krankenhaus mitgeführt.
Verletzungen des Gehirns:
Diese
werden in primäre und sekundäre Verletzungen eingeteilt.
Primäre
Verletzungen des Gehirns sind mechanische Verletzungen als direkte Folge eines
Traumas.
Es
kann hierbei je nach Stärke der Gewalteinwirkung zu Gedächtnislücken bis hin zu
neurologischen Defiziten infolge einer lokalen Gewebszerstörung kommen.
Falls
Gehirnmasse austritt, kann es außerdem sehr leicht zu Infektionen kommen. Falls
es zu Gehirnblutungen kommt, treten oft schwerste neurologische Defizite auf.
Als
sekundäre Verletzungen bezeichnet man innere Verletzungen des Gehirns infolge
eines Anstiegs des Hirndrucks. Zu einer Steigerung des Hirndrucks kommt es,
wenn Hirngewebe für eine gewisse Zeit zu gering durchblutet wird.
Nun
kommt es zu biochemischen Reaktionen, die das Gehirn anschwellen lassen.
Traumatische Hirnblutung:
Hiervon
spricht man, wenn es zum Zerreißen von Blutgefäßen im Gehirn kommt. Es kann zu
Blutungen ins Hirngewebe kommen (intracerebrale Blutung) oder zu einer Blutung
zwischen Schädeldach und Gehirn (epidurales, subdurales Hämatom)
Hirndrucksteigerung:
Darunter
versteht man den Anstieg des Hirndrucks über den Normwert.
Ursachen
sind schwere Hirnverletzungen oder ausgedehnte Blutungen.
Weil
sich das Gehirn aufgrund der Schädelknochen nicht ausdehnen kann, kommt es zu
einem Druckanstieg auf das Gehirn, wodurch es zu Quetschungen und
Durchblutungsstörungen kommt.
Als
Folge davon kann es zu Störungen des Bewusstseins, der Atmung und des
Kreislaufs kommen.
Hier
muss man besonders auf die Vitalparameter (Atmung, Blutdruck,etc.) achten. Der
Patient soll weiters Kopfbewegungen vermeiden. Außerdem ist ein
erschütterungsarmer Transport ratsam (->Schmerzlinderung)
(Ev.
Notarzthubschrauber anfordern)
Halswirbelsäulentrauma, Wirbelsäulentrauma:
Diese
erleidet man ab Stürze von ca. 1,5m, bei Schleudervorgängen und bei direkter
Gewalteinwirkung.
Typische
Verletzungsmuster sind Brüche einzelner oder mehrerer Wirbelkörper und/oder
Verrenkungen.
Dabei
kann es zu Schädigungen des im Wirbelkanal verlaufenden Rückenmarks kommen.
Eine Quetschung, Einblutung oder Durchtrennung führt zu einer
Querschnittslähmung. Von der Verletzung abwärts kommt es zu
Lähmungserscheinungen.
Besonders
gefährdet sind Zweiradfahrer, Patienten die aus einem Fahrzeug geschleudert
werden und Patienten, die aus einer Höhe von mindestens 1,5m abstürzen.
(Kletterer). Patienten sollen erschütterungsarm transportiert werden
Symptome:
Schmerzen
im Bereich der Wirbelsäule, Kraftlosigkeit bis hin zu Bewegungsunfähigkeit,
Taubheitsgefühl und Empfindungslosigkeit.
Maßnahmen:
Kontrolle
der Lebensfunktionen, lebensrettende Maßnahmen (stabile Seitenlage etc.)
HWS-Schienung, Schaufeltrage, Vakuummatratze, traumatologischer Notfallcheck,
Absaugbereitschaft (falls Pat. erbricht)
Brustkorbverletzungen:
Verletzungen
des Brustkorbes sind besonders gefährlich, da hier lebenswichtige Organe (Herz,
Lunge) sitzen.
Man
unterscheidet hier zwischen geschlossenen (stumpfe) und offenen
Brustkorbverletzungen.
Geschlossene Brustkorbverletzungen:
Hier
kann es aufgrund von einer Gewalteinwirkung zu Brustkorbprellungen bzw.
Brustkorbquetschungen mit Weichteilverletzungen, Rippenbrüchen,
Lungenverletzungen und zu Blutansammlungen im Brustkorb (Hämatothorax) bzw. im
Herzbeutel (Herzbeuteltamponade) kommen.
Hämatothorax:
Entsteht
durch Verletzungen der Lunge oder durch Verletzungen großer Lungengefäße. So
kommt es zu einer Blutansammlung im Brustkorb und damit zu einer
Beeinträchtigung der Atmung und zum Schock.
Rippenbruch,
Serienrippenbruch:
Rippebruch:
1 oder 2 Rippen sind gebrochen. Serienrippenbruch: Mehrere Rippen (ab 3) sind
in einer Linie untereinander gebrochen. Dies kann zu einer Instabilität der
betroffenen Brustkorbseite führen. Dabei bewegt sich beim Einatmen der
Brustkorb nach innen und beim Ausatmen nach außen.
Pneumothorax:
Bei
einer Verletzung (Anspießung durch gebr. Rippe) der Lunge kann Luft aus den
Atemwegen in den Pleuraspalt gelangen und eine Luftansammlung kann entstehen.
Nun wird das Zwerchfell verdrängt und somit wird der Blutrückfluss der großen
Venen verhindert (-> lebensgefährlich)
Offene Brustkorbverletzungen:
Diese
Verletzungen entstehen durch Schuss-, Stich- und Pfählungsverletzungen.
Hier
kann es zur Öffnung des Brustkorbes kommen. Ein besonderes Problem stellt der
offene Pneumothorax dar.
Offener
Pneumothorax:
Bei
einer offenen Brustkorbwand kann Luft in den Brustfellraum eindringen und die
Lunge der betroffenen Seite „fällt zusammen“. -> Lungenflügel nicht mehr
funktionsfähig.
Symptome:
Austritt von schaumigem Blut aus der Wunde
Zyanose
(Blaufärbung des Gesichtes)
Halsvenenstauung
Bei
der Versorgung muss darauf geachtet werden, dass eine keimfreie Wundversorgung
mit einer luftundurchlässigen sterilen Wundauflage stattfindet. Außerdem soll
mit der flachen Hand Druck auf die verletzte Stelle ausgeübt werden. Weiters
sind Sauerstoffgabe (10-15l/min) und Patientenberuhigung unablässig (-> zu
ruhiger Atmung anhalten)
Bauchverletzungen:
Beckenverletzungen:
Entstehen
häufig durch Verkehrsunfälle, Sturz aus großer Höhe u.Ä. Dabei werden die
knöchernen Strukturen (Darmbein, Steißbein etc.), aber auch große Gefäße und
Nerven sowie im Becken liegende Organe (z.B. Harnblase) verletzt.
Beckenverletzungen können nur aufgrund der Unfallmechanik und
Schmerzsymptomatik vermutet werden.
Sie
treten häufig in Verbindung mit Verletzungen der Bauchorgane auf.
Symptome:
starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich von
Becken
und Beinen.
Besonders
gefährlich sind auftretende starke innere Blutungen
Hier
ist eine besonders schonende Bergung vom Unfallort erforderlich.
(->
Schaufeltrage, Vakuummatratze)
Stumpfe Bauchverletzungen:
Durch
stumpfe Gewalteinwirkung auf den Bauch kann es zu Verletzungen innerer
Bauchorgane kommen. Dies ist häufig aus dem Unfallhergang zu erkennen.
Symptome
:Starke Bauchschmerzen und Prellmarken
Bretthart
gespannte Bauchdecke und Abwehrhaltung
Übelkeit,
Brechreiz, Erbrechen
Auch
hier kann es zu lebensbedrohlichen inneren Blutungen kommen
Hier
ist beim Transport besonders auf die Wünsche des Patienten einzugehen.
(->
Lagerung nach Wunsch des Patienten)
Offene Bauchverletzungen:
Entstehen
bei einer Gewalteinwirkung durch einen scharfen oder spitzen Gegenstand. Wenn
es zu einer Öffnung der Bauchdecke kommt, spricht man von einer offenen
Bauchverletzung. Es kann zum Austreten von Darmschlingen kommen.
Bei
der Versorgung müssen die Eingeweide belassen werden und dürfen nicht zurück in
den Bauchraum gepresst werden. Sie sind mit einer großen sterilen Wundauflage
zu bedecken und mit einer kristalloiden Lösung (z.B. Ringer-Lösung) feucht zu
halten. Zusätzlich ist einer Rettungsdecke über den betroffenen Bereich
auszubreiten.
Bei
solchen Verletzungen ist auch auf eventuelle starke Blutungen zu achten.
Pfählende
Gegenstände sind zu fixieren und zu belassen.
Beim
Transport ist eine schonende Fahrweise angebracht.
Verletzungen an den Gliedmaßen:
Verletzungsarten:
-
Quetschungen, Prellungen
-
Meniskusverletzungen
-
Muskelzerrungen, Muskelrisse
-
Sehenzerrungen, Sehnenrisse
-
Bänderzerrungen, Bänderrisse
-
Gelenksverletzungen:
Verstauchungen, Verrenkungen, Bandverletzungen
-
Knochenbrüche (offen, geschlossen)
Die
Schwere der Verletzungen hängt von der Art und dem Ort der Verletzungen ab. Vor
allem bei Brüchen großer Knochen (Oberarm, Unterarm, Ober-, Unterschenkel,
Becken) kann ein Blutverlust ins Gewebe beträchtlich sein und einen
bedrohlichen Schock verursachen.
Quetschungen:
Die
häufigsten Symptome sind Schmerzen, eine Schwellung und ein Bluterguss.
Die
betroffene Gliedmaße soll hochgelagert, gekühlt und ruhig gestellt werden.
Gelenksverletzungen:
Man
unterscheidet zwischen Verstauchung und Verrenkung.
Verstauchung:
Eine
Verstauchung entsteht, wenn die gelenkbildenden Knochen durch Gewalteinwirkung
kurz gegeneinander verdreht oder verschoben werden, aber sofort wieder in ihre
ursprüngliche Stellung zurückkehren.
Symptome
sind wie bei einer Quetschung.
Es
kann jedoch zu einer Einblutung ins Gelenk, einem Einriss der Gelenkskapsel
oder einem Riss der Bänder kommen.
Auch
hier muss die Extremität hochgelagert, ruhiggestellt und gekühlt werden.
Weiters sollte eine MDS-Kontrolle durchgeführt werden.
Verrenkung:
Verrenkungen
entstehen wenn die gelenkbildenden Knochen durch Gewalteinwirkung ihren
Zusammenhalt verlieren und in dieser abnormen Stellung bleiben. Bewegungen sind
nicht mehr möglich. Keinesfalls dürfen Einrenkversuche unternommen werden!
Erst
nach einem Röntgen können begleitende knöcherne Verletzungen ausgeschlossen
werden und das Gelenk kann eingerenkt werden.
Symptome:
Schmerzen, Schwellung und Bluterguss
Abnorme
Stellung des Gelenks
Störung
von Motorik, Durchblutung, Sensibilität
Auch
hier kann es zu Einblutungen ins Gelenk kommen.
Die
Extremität muss in der vorgefundenen Lage stabilisiert werden.
Knochenbrüche:
Man
spricht dann von einem Knochenbruch, wenn die Kontinuität des Knochens durch
Gewalteinwirkung unterbrochen wird. Dadurch entstehen mindestens 2 Bruchstücke.
Bei
geschlossenen Frakturen findet man keine Verletzung der Haut. Dennoch kann es
zu ausgedehnten Weichteilverletzungen kommen
Besonders
bei Frakturen großer Röhrenknochen und des Beckens führen zu erheblichen Blutverlust.
Offene
Knochenbrüche haben eine Verbindung nach außen über eine offene Wunde. Offene
Frakturen werden nach Schweregrad (1 – geringer Weichteilschaden bis 4 –
Amputation)eingeteilt.
Symptome:
Schmerzen und Schwellung
Bluterguss,
Bewegungseinschränkung
Abnorme
Stellung, Stufenbildung, Verschiebung
Störung
von Motorik, Durchblutung, Sensibilität
Wunden
mit/ohne starker Blutung (-> Gefäßverletzungen)
Besonders
zu beachten sind eine eventuelle Infektion, der starke Blutverlust, auch bei
geschlossenen Frakturen und Schädigungen von Nerven, Gefäßen und Muskelgewebe.
Bei
der Versorgung muss die Blutung gestillt werden, eine Schienung muss erfolgen,
eine MDS-Kontrolle und eine eventuelle Amputatversorgung
Ruhigstellung/Schienung:
Eine
Ruhigstellung bzw. Schienung der verletzten Extremität trägt viel zur
Schmerzlinderung bei. Außerdem wird die Gefahr weiterer Schäden verringert.
Um
die Durchblutung nicht zu behindern, werden Kleidung und Schmuck rund um die
betroffene Gliedmaße entfernt.
Brüche
des Unterarms werden mit einem Armtragetuch ruhiggestellt.
Gleiches
gilt für den Oberarm.
Zur
Ruhigstellung des Handgelenks werden Schienen verschiedenster Ausführungen
verwendet. Zusätzlich sollte ein Armtragetuch angelegt werden.
Bei
jeder Schienung sind die benachbarten Gelenke mitzuschienen, da sonst keine
ausreichende Schienung gewährleistet werden kann.
Zur
Schienung des Unterschenkels werden meist Vakuumschiene oder Luftkammerschiene
verwendet.
Bei
Frakturen des Oberschenkelhalses oder des Oberschenkels wird der Patient
mittels Schaufeltrage auf die Vakuummatratze gelegt und so stabilisiert.
Nach
der Schienung ist eine erneute MDS-Kontrolle durchzuführen.