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  510.207: KS Wissenschaftliches Arbeiten

(Komik in der Literatur des Mittelalters)


Till Eulenspiegel

Hampelmann, Wirtshausname, Karnevalsfigur, Schulbuchheld?


Proseminararbeit

Abgabedatum: 24.5.2012


Inhaltsverzeichnis


1 Einleitung 2

2 Schwankliteratur .3

2.1 Definition 3

2.2 Entwicklung 3

2.3 Stoffliche und formale Kennzeichen 4

4 Der Autor Hermann Bote 5

4.1 Die Autorenfrage .5

4.2 Botes Leben .5

3 Die Figur des Till Eulenspiegel . 6

3.1 Eulenspiegels Erscheinungsbild und Charakter .6

3.2 Aspekte der Komik im Till Eulenspiegel .8

3.2.1. Eulenspiegels Wortgehorsam 8

3.2.2. Fäkalische Sprache und Gestik .8

3.2.3. Einordnung der Figur 9

5 Rezeption damals und heute .9

5.1 Zur Aufnahme und Kritik des Buches 10

5.2 Eulenspiegel im Kinderzimmer und als Schullektüre 10

6 Zusammenfassung .11

7 Literaturverzeichnis 12


1 Einleitung

Die Figur des Till Eulenspiegel ist jedem ein Begriff. Dennoch hat sich von den eigentlichen Historien über diesen Schwankhelden bis in unsere Zeit viel verändert. Das heutige Klischeebild des Spaßmachers und Narren entspricht nicht der Darstellung des frühen 16. Jahrhunderts. Eulenspiegels Autor Hermann Bote hat damals mit seiner Figur einen weitaus negativ behafteteren Charakter erschaffen.

Wie es trotzdem dazu kam, dass Eulenspiegel heute als harmloser Narr in Kinderbüchern zu finden ist, soll diese Arbeit etwas klarer machen.

Das zweite Kapitel ist dem Autor Hermann Bote aus Braunschweig gewidmet. Seine Geschichte und die Zeit in der er lebte, hilft den Text besser zu verstehen. Obwohl er sich eher zur oberen Gesellschaftsschicht zählte und deren Ideal vertrat, wurde das Werk keinesfalls nur positiv aufgenommen.

Als Basis für das Textverständnis muss freilich auch eine Einteilung in die Gattung  Schwankliteratur erfolgen und diese muss grundlegend nach ihren Wesenszügen untersucht werden. Ein kurzer geschichtlicher Überblick über die Gattung scheint mir auch von Nöten.

Weiters wird die Figur des Helden näher beleuchtet. Seine Lebensgeschichte wird in groben Zügen wiedergegeben und die Aspekte der Komik des Werks werden herausgearbeitet. Einige Beispiele sollen veranschaulichen nach welchem Schema eine Historie um Eulenspiegel Gelächter verursacht, beziehungsweise ob sie dies überhaupt für jedermann tut. Mehrere Grundformen des Komisch zeichnen sich klar ab und bieten so die Möglichkeit zur Analyse.

Das letzte Kapitel widmet sich voll und ganz der Rezeption des Werkes, da solche großen Unterschiede nicht überall in der Literatur zu finden sind. Von der Erstveröffentlichung bis in die Romantik wurde Till Eulenspiegel von Geistlichen und Gelehrten eher verachtet als geachtet. Das Volk hingegen fand schon damals Gefallen an dem listigen Charakter.

Erst ab der Biedermeierzeit änderte sich dies grundlegend. Zu guter Letzt gibt diese Arbeit einen kleinen Ausblick in die Rezeption in der heutigen Zeit, in der Eulenspiegel oftmals aus Lesebüchern herausblickt.

Dass ein Werk über Jahrhunderte hinweg so sehr polarisiert, kann wohl nur durch so einen vielschichtigen und widersprüchlichen Charakters, wie Till es war, entstehen.



2 Schwankliteratur

Till Eulenspiegel steht voll und ganz in der langen Tradition der Schwankliteratur. Er ist einer der am gründlichsten untersuchten und  am meisten diskutierten Texte seiner Gattung.

2.1 Definition

Der Begriff Schwank kommt aus der Sprache des Fechtens und bedeutet so viel wie Streich, Schwung oder Hieb.[1] Das englische Wort swank heißt unter anderem Angeber, Protz und Protzerei, was doch teilweise Parallelen zur deutschen Bedeutung aufweist. Werner Wunderlich bezeichnet die Schwankliteratur als eine Gattung,

die Tabus im Triebbereich verletzt und damit zur Sprache bringt, die moralische oder soziale Normverletzungen bloßstellt oder die komische Vorfälle des Alltags auf derb-witzige Weise dem Verlachen preisgibt, zumeist in lehrhafter Absicht.[2]


Straßner vergleicht den Begriff mit einzelnen sprachlichen Feldern. So steht der Schwank im Sinn des Witzes neben den Begriffen Spaß und Spott, im Sinn des Lächerlichen neben Posse und Quatsch, im Sinn des Dramatischen neben den Formen der Burleske, Farce, Komödie oder Posse, aber auch neben dem Lustspiel und dem Spektakel.[3]

2.2 Entwicklung

Die Schwankliteratur entwickelte sich aus mittelhochdeutschen Mären heraus, in denen Figurentypen wie der Arme, der Reiche, der Feige, der Mutige, der Listige oder der Dumme ihre Konflikte sozialer, aber auch moralischer Art lösen mussten. Einzelne Episoden reihten sich zu einer Schwankkette aneinander, die so einen Schwankhelden im Mittelpunkt erhielt, wie es schon bei den höfischen Epen (aventiuren) der Fall war.[4] Till Eulenspiegel, aber auch Klaus Narr, Hans Clauert und Neidhart Fuchs wären Beispiele für einen solchen Helden.

Die Schwankliteratur wurde auch zum Ventil der Autoren, um satirische Zeitkritik zu betreiben und auf Missstände ihrer Gesellschaft gezielt hinzuweisen. Der Weg von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit und natürlich die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern trug erheblich dazu bei, dass die Schwankliteratur besonders in den Städten eine stärkere Verbreitung als zuvor erlebte.

Stoffe für die kritischen Prosaschwänke gab es zu genüge, ausgelöst durch die große Kluft der Bauern zu den Adeligen, Missstände in der Kirche oder andere Konfliktpunkte.

Ganze Sammlungen  von Schwankliteratur entstanden, die immer wieder in neuen Varianten zusammengesetzt wurden. [5]

2.3 Stoffliche und formale Kennzeichen

Das Lachen über das Erzählte ist nicht unbedingt als Gattungsmerkmal anzusehen, manch einer wird auch Mitleid für den im Schwank Unterlegenen empfinden. Die Komik der Handlung alleine macht einen Schwank also noch nicht aus. Der Stoff stammt meist „aus den triebgebundenen Bereichen menschlichen Lebens [ .], teils aus der Tabuzone [ .]“[6] oder aus Konflikten, die durch das Zusammenleben entstanden sind.[7] Der Wirklichkeitsgrad der Stoffe ist umstritten, man kann von einer leichten Übertreibung der Tatsachen ausgehen, jedoch sind sich Wissenschaftler nicht einig, ob sich der Schwank eher dem Unmöglichen oder der Realität verpflichtet.[8]  Sicher ist jedoch die Eigenschaft der Zeitbezogenheit und der hohe exemplarische Charakter sowie eine Allgemeingültigkeit der Erzählung.

Schwänke haben einen relativ eng begrenzten Rahmen, wenn man sie mit anderen Formen vergleicht.[10]

Folgende Schwanktypen sind auch in den Eulenspiegelhistorien wieder zu finden:

·          Ausgleichstyp

Zwei Parteien stehen sich gegenüber, wobei die Eine von Beginn der Handlung an einen Vorteil gegenüber der Anderen inne hat. Die andere Partei kehrt den Spieß um und zeigt somit ihre Überlegenheit. Die meisten Schwänke funktionieren nach diesem Schema.

·         Steigerungstyp

Die erste Partei verschafft sich einen Vorteil, den die zweite umzukehren versucht, was aber nicht gelingt. Die Überlegenheit der ersten Partei steigert sich noch weiter.

·         Spannungstyp

Zwei Parteien stehen sich gegenüber, die ein Faktum unterschiedlich interpretieren. Die verschiedenen Auffassungen erzeugen eine starke Spannung. Nur wenige Schwänke zählen zu diesem Typ.[11]

Logischerweise lässt sich nicht jeder Schwank in eine der drei großen Gruppen einordnen. Der Wettbewerb wird nicht immer in der gleichen Intensität ausgetragen, folglich heben sich die einzelnen Parteien auch nicht immer gleich stark voneinander ab. Teilweise besteht der gesamte Schwank sogar nur aus einem kurzen Streich oder einer Aussage.[12]

Das Till Eulenspiegelbuch wird von Werner Wunderlich als ein „Zyklus von Prosaschwänken“[13] bezeichnet, der alle großen Lebensabschnitte des Schwankhelden umfasst. Es wäre, nach Wunderlich, aber falsch, von einem Schwankroman zu sprechen, da keine fortlaufende innere Handlung zu erkennen ist. Die Handlung zerfällt vielmehr in einzelne Teile der Historie um Till Eulenspiegel.[14] Dennoch findet sich eine „fast durchgängige personale Erzählersicht auf Welt und Zeit, Gesellschaft und Menschen [ .]“.[15]

4 Der Autor Hermann Bote

4.1 Die Autorenfrage

Seit dem Jahr 1880 beschäftigt sich die Literaturwissenschaft eingehender mit der Frage, welche Werke man Hermann Bote zuschreiben kann. Viele Spekulationen konnten bis heute noch nicht bewiesen werden, weshalb viele Werkzuweisungen abgelehnt werden. Wunderlich nimmt eine Einteilung vor, in der er alle gesicherten Werke und Schriften Botes auflistet. Der 1510/11 erschienene Vlenspiegel befindet sich unter diesen sechzehn Publikationen.

Bote verfügte über ausreichende Lateinkenntnisse und war in vielen anderen Bereichen wie etwa der Geographie oder dem Finanzwesen durchaus bewandert. Deutsche, französische und italienische Schwankliteratur war ihm mit Sicherheit bekannt, da er Motive und Stoffe in den Eulenspiegelhistorien einzusetzen wusste.

Wenn man Botes Aufzeichnungen Glauben schenken kann, dann begann er bereits im Jahr 1500 mit den Eulenspiegelhistorien. Abgesehen von schon vorhandenen Vorlagen aus den benachbarten Ländern, wäre es auch denkbar, dass ein Briefwechsel als schriftliche Quelle diente. Botes Leistung war sicherlich, dass er mit Eulenspiegel einen unverwechselbaren Schalkcharakter schuf.

Als Zollschreiber bekam er den Zorn der Handwerker über die schlechten Verhältnisse oft zu spüren, weshalb er nicht gerade eine Freundschaft zu diesen entwickelte. Das spiegelt sich auch im Eulenspiegel wieder, da Handwerker in den Historien immer mit den gleichen negativen Eigenschaften besetzt sind. [16]

Die soziale und politische Lage während seiner Amtszeit verschlechterte sich in Braunschweig immer weiter und gipfelte 1513/14 im „Aufruhr der Armut[17]“. Bote wurde gefangen genommen und misshandelt und eine Hinrichtung stand ihm bevor, dies wurde aber durch die Altstädter verhindert. [18] Bote geht es in seinen Werken immer um die Beibehaltung der Ständeordnung.


3 Die Figur des Till Eulenspiegel

3.1 Eulenspiegels Erscheinungsbild und Charakter

Man sollte meinen, dass durch den Bekanntheitsgrad und die zahlreichen Bearbeitungen bis in die heutige Zeit die Figur des Till Eulenspiegl äußerst differenziert überliefert ist. Doch das Eulenspiegel-Motiv ist so stark abgeändert und für Kindererzählungen retuschiert worden wie kaum ein anderes. Umso schwieriger scheint es, ein wahrheitsgetreues Charakterbild zu skizzieren.

Eulenspiegel scheint um die Wende zum 14. Jahrhundert geboren zu sein und war vermutlich das einzige Kind von Claus Eulenspiegel und Ann Wibcke. Seinen Vornamen erhielt er von seinem Taufvetter Till von Utzen. Die Mutter wünschte sich, dass er ein Handwerk erlerne, da sie in höchster Armut lebten. Doch Eulenspiegels Wandertrieb führte ihn schnell in eine Vielzahl an deutschen Städten (unter anderem Marburg, Nürnberg, Leipzig, Lübeck, Bremen, Oldenburg, Frankfurt an der Oder, Erfurt, Wismar, Frankfurt am Main) und sogar in einige angrenzende Länder.

Es ist anzunehmen, dass Till Eulenspiegel äußerlich eine eher unauffällige Erscheinung war, doch behalf er sich deswegen mit anderen Mittel: Er ritt einen Falben, eine seltene Farbe bei Pferden und kleidete sich besonders auffällig.[20]

Seine Streiche plante er oft lange im Vorhinein, vor allem dann, wenn er einen Rückzug vorzubereiteten hatte.  Eulenspiegel war nämlich, wenn er spontan reagieren musste, nicht für seine Schlagfertigkeit berühmt.

Seine Motivation war nie nur die Lebensfreude oder der pure Spaß am Abenteuer und auch nicht die Belustigung der Zuschauer. In fast allen 95 Erzählungen fügt er seinem Gegenspieler ernstzunehmenden Schaden zu, da seine Streiche so gut wie immer auf wahrer Boshaftigkeit beruhten. Um immer für neue Skandale zu sorgen, misshandelte er sein eigenes Pferd oder holte Tote vom Galgen.

Ernsthaften Auseinandersetzungen ging er gekonnt aus dem Weg, weshalb man nicht von einem typischen Held sprechen kann.

Was ihm aber immer wieder zu Gute kam, war seine absolute Schwindelfreiheit, seine Klugheit und seine Begabung in vielen handwerklichen Metiers. So fand er über die Wintermonate auch immer wieder einen Schlafplatz, da er in den unterschiedlichsten Häusern als Geselle diente, obwohl er als sehr arbeitsscheu galt.[21]

Mit Ende Vierzig erkrankte er an einem chronischen Leiden, vermutlich handelte es sich um eine Lungenkrankheit, sodass er von da an an das Krankenbett gefesselt war. Seine Schalkhaftigkeit soll er aber sogar  kurz vor seinem Tod noch nicht abgelegt haben. Im Jahr 1350 starb Eulenspiegel und wurde stehend beerdigt. Seinen Grabstein schmückt eine außergewöhnliche Inschrift.[22]

Diesen Stein soll niemand haben,

Eulenspiegel staht hie begraben.[23]

3.2 Aspekte der Komik im Eulenspiegel

Die Eulenspiegelhistorien sind durch schwanktypische Elemente der Komik geprägt.[24] Für die Titelfigur selbst gilt das ebenfalls, denn Eulenspiegel zeichnet sich schon alleine durch die Vieldeutigkeit seines Namens aus. Hinzu kommt der Aspekt, dass er in der ersten Historie gleich dreimal getauft wurde. Schon vor Beginn seiner eigenen Streiche wird also die sprachliche wie die soziale Norm verletzt.[25]

Im Vordergrund der zahlreichen Historien steht die Sprachkomik. Typisch für den Titelhelden ist sein Spiel mit der Sprache, das er bis zur Perfektion betreibt.[26] Auch die Situationskomik spielt eine erhebliche Rolle. Gegenspieler machen sich durch Eulenspiegels Streiche in einzelnen Situationen lächerlich. Meist sind seine Gegner von vornherein mit verschiedenen typischen Charaktereigenschaften ausgestatten.

3.2.1 Eulenspiegels Wortgehorsam

Wunderlich beschreibt Eulenspiegels Spiel mit der Sprache wie folgt: „Der buchstäbliche Gehorsam gegenüber metaphorischer oder allegorischer Rede, entlarvt das Machtwort als Ohnmachtswort“[28]. Redewendungen und Fachbegriffen der Handwerker, bei denen Eulenspiegel arbeitet, werden von ihm absichtlich missverstanden und wortwörtlich genommen. So kam es vor, dass Eulenspiegel beim Bierbrauen einen Hund namens Hopff statt Hopfen siedete (18. Historie)[29] oder als Bäckerknecht wortgetreu Eulen und Meerkatzen buk (19. Historie)[30].

3.2.2 Fäkalische Sprache und Gestik

Einerseits brachte Eulenspiegels  häufig verwendete Fäkalsprache ihm zu Lebzeiten bis in die Gegenwart stets Gelächter ein, nämlich bei denen, die, möglicherweise gerade ihrer Bildung wegen, „das kotige Chaos dieser Welt wahrnehmen“[31]. Andererseits aber verursachte diese Eigenheit bei vielen Ärgernis über diese Entkultivierung und das Animalische in ihm.

Wunderlich schreibt über den Titelhelden: „Mit Gestank und Kot reagiert Eulenspiegel auf die Laster und Schwächen der Welt, die diese zynische Behandlung selbst heraufbeschwört.“[32] Manchmal gelingt es ihm sogar, Gewinn aus seinem Handeln zu erzielen. So beim polnischen König, der ihm 20 Gulden dafür schenkte, dass er seine eigenen Exkremente verspeiste (24. Historie).[33]

Ein Zeitgenosse Botes definierte einst sehr hart, was einen Schalk auszeichnet: „Müßiggang und Menschenunwürdigkeit“.[36]

5 Rezeption damals und heute

Wir treffen Eulenspiegel heute in der Literatur, der Malerei und Bildhauerei, im Film oder der Oper, im Ballett oder im Puppenspiel. Die Figur unterzieht sich schon lange einem Loslösungprozess vom eigentlichen Buch. Die Bandbreite ist immens, so finden wir Eulenspiegel heute auf Banknoten oder als Wirtshausname oder als Verkleidung im Karneval.[37] Er ist zu einer positiven Identifikationsfigur geworden und steht oftmals gar nicht mehr im Zusammenhang mit seinem geschichtlichen Ursprung.

Bereits im 16. Jahrhundert verbreiteten sich die Bücher schnell, zahlreiche Ausgaben in unterschiedlichen Sprachen erschienen.[38] Hinzu kam bestimmt, dass Bücher, wenn auch immer noch teuer, immer erschwinglicher wurden und so eine weitere Verbreitung stattfinden konnte, als dies beispielsweise im 14. Jahrhundert der Fall gewesen wäre.[39]

5.1 Zur Aufnahme und Kritik des Buches

Offensichtlich haben Theologen, Gelehrte und Poeten den schlechten Einfluß des Eulenspiegel-Buches auf Sitte und Moral sowie auf den literarischen Geschmack für weitaus wirkungsvoller gehalten als die von Bote einmal beabsichtigte Abschreckung und Aufklärung.[40]


Solch romantische Sichtweise wurde rasch popularisiert und in bieder-spießiger Vorstellung imstilisiert. Volksbücher wurden zum Inbegriff volkstümlich-lustiger Scherzliteratur. Biedermeierliche Nacherzählungen wie die Jahrmakrtsausgabe ( .) versuchten in künstlich antikisierender Schreibart Eulenspiegel als harmlosen Possenreißer zurechtzustuzen ( .).[43]


Den Zorn des Mittelalters und der frühen Neuzeit, den Eulenspiegel vor allem bei der Kirche auslöste, ist in den letzten Jahrhunderten in dieser Ausprägung nicht mehr zu finden. Viel eher wird Eulenspiegel als eine Art Nationalheld gefeiert, dessen Charakter und Handlungsweise, auf jede Zeit und Gesellschaft umgemünzt, noch immer funktioniert. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde er von Roloff als typisch arisch dargestellt, der im Dienste des Landes handelt.

Von den Germanisten der DDR wurde die Figur, wenn auch nicht in einem so negativen Kontext, ebenfalls für ihre Ideologien herangezogen. Oft erfährt Eulenspiegels Charakter eine starke Rationalisierung und sein vielschichtiges Wesen wird eher einseitig beschrieben.[44]

Das markanteste Beispiel bietet wohl der Geschichtsprofessor Roloff. In seinem Jugendbuch aus dem Jahr 1942 tritt Eulenspiegel als blonder, blauäugiger Junge auf, der undeutsches Verhalten und Heuchler bestrafte.[45]

Auch Pädagogen empfahlen es oft, Eulenspiegel in den Unterricht mit einzubeziehen, um einen erzieherischen oder psychologischen Effekt zu erzielen. Die Wertschätzung der Literatur zog hier eindeutig den Kürzeren. In den meisten Lesebüchern sind Lausbubengeschichten zu finden, die durch eine moralische Belehrung vervollständigt werden. Originaltexte hingegen findet man kaum. [46]

6 Zusammenfassung

Die Historien um Till Eulenspiegel zählen zur Schwankliteratur des späten Mittelalters, beziehungsweise der frühen Neuzeit. Die Gattung des Schwanks bot den Verfassern die Möglichkeit Kritik an der Gesellschaft auszuüben. Der Autor Hermann Bote, ein Zollschreiber aus Braunschweig, schrieb in seinen Aufzeichnungen nieder, dass er im Jahr 1500 begann die Eulenspiegelhistorien zu verfassen.

Von seiner Entstehungszeit an, fanden vor allem Geistliche die Historien rund um ihn gottlos und verdorben. Höhere Gesellschaftsschichten mieden Geschichten solcher Art, die als Volksbücher bezeichnet wurden. Erst mit der Romantik wurden die Historien verharmlost und akzeptiert.

Faszinierend ist der Aspekt, dass der Charakter des Eulenspiegel anscheinend auch heute noch eine Art Identifikationsfigur zu sein scheint. Er ist der erfolgreiche Einzelkämpfer gegen die Gesellschaft, der alle austrickst und am Ende als Überlegener hervorgeht. Das macht ihn damals wie heute zum Sympathieträger des Volkes.

7 Literaturverzeichnis


Arendt, Dieter: Eulenspiegel - ein Narrenspiegel der Gesellschaft. Stuttgart: Klett 1978. (= Literaturwissenschaft – Gesellschaftswissenschaft. 37.)

Kerner, Dieter: Till Eulenspiegel. Ein Beitrag zur Psychopathologie. In: Eulenspiegel-Interpretationen. Der Schalk im Spiegel der Forschung 1807-1977. Hrsg. von Werner Wunderlich. München: Fink 1979. S.93-97.

Straßner, Erich: Schwank. Zweite Auflage. Stuttgart: Metzler 1968. (=Sammlung Metzler. 77.)


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