Textinterpretation:
„Unverhofftes
Wiedersehen“
von
Johann Peter Hebel
In
der 1811 veröffentlichten Erzählung „Unverhofftes Wiedersehen“
von Johann Peter Hebel geht es um eine Frau, die acht Tage vor ihrer
Trauung ihren Verlobten wegen eines tragischen Unfalls im Bergwerk
verliert. Zur Hochzeit hatte sie ihm ein schwarzes Halstuch mit rotem
Rand gesäumt. 52 Jahre später wird der Leichnam des Mannes
gefunden: er ist aufgrund des Vitriolwassers noch unverwest. Seine
Witwe identifiziert ihn und lässt ihn mit dem schwarzen Halstuch,
das sie eigentlich zur Hochzeit gesäumt hat, begraben.
Die
Erzählung enthält keine Absätze und ist chronologisch aufgebaut.
Es
sind zeitdeckende Elemente, wie z.B. Dialoge, und zeitraffende
Elemente, wie z.B. zwischen den Zeilen 17 und 28, in denen der Autor
viele historische Ereignisse aufzählt, die in den letzten 52 Jahren
passiert sind, vorhanden. Durch diese Aufzählung will uns der Autor
zeigen, wie lang 52 Jahre wirklich sind.
Ebenfalls
vorhanden sind Voraus- und Rückblicke. Ein Vorausblick befindet sich
in den Zeilen 9-10: „… da meldete sich der Tod“, da man erahnen
kann, dass jemand sterben wird.
Am
Ende der Erzählung befindet sich ein Rückblick (Zeilen 46-48), als
die Verlobte erzählt, wann und wie ihr Mann verschwunden ist.
Die
in der Erzählung verwendete Sprache ist eher gehoben und poetisch,
obwohl sie im zweiten Teil sachlich ist.
Der
Satzbau der Erzählung ist eine Mischung aus dem parataktischen und
hypotaktischen Stil. Der parataktische Stil wird bei der Aufzählung
der historischen Ereignisse verwendet, während im restlichen Text
meistens der hypotaktische Stil vorhanden ist.
Es
sind auch viele Stilfiguren vorhanden, wie z.B. Alliterationen (Zeile
28: „Der Müller mahlte“), Antithesen (Zeile 61: „…kühlen
Hochzeitbett“), Parallelismen (Zeile 13: „…guten Morgen, …
guten Abend“), Euphemismen (Zeile 61: „Schlafe nun wohl“) und
Diminutive (Zeilen 4 und 54: „Nestlein“ und „Stüblein“). Der
Autor verwendet diese Stilfiguren, damit wir uns sowohl ein Bild der
Situation, als auch der Liebe zwischen den Verlobten machen können.
Die oben angeführten Zitate sind alle positiv und vermitteln einen
Eindruck von Ruhe, als ob die Geschichte nicht tragisch wäre, obwohl
sie das ist.
Der
Autor verwendet ebenfalls viele thematischen Antithesen, wie z.B.
Liebe/Tod; jung/alt; verwest/lebendig. Diese Gegensätze treten auf,
da obwohl 52 Jahre seit dem Verschwinden des Verlobten vergangen
sind, die alte Dame immer noch dieselben Gefühle für ihn hat, wie
in ihren jungen Jahren.
Mit
dieser Erzählung möchte der Autor uns darauf aufmerksam machen,
dass die Liebe stärker ist, als der Tod.
Das
Halstuch ist dabei der „rote Faden“ der Erzählung. Das Schwarz
im Halstuch steht für den Tod und das Rot für die Liebe. Da das Rot
das Schwarz umfasst, ist die Liebe stärker als der Tod.