Streuselschnecke
(Julia Franck)
Textbeschreibung
In der Erzählung „Streuselschnecke“ von Julia Franck (geb. 1976) geht es
um ein Mädchen, welches ihren Vater mit 14 Jahren kennenlernt und drei Jahre
später diesen wieder verliert. Der Text beginnt mit einem Anruf von einem Mann,
welcher die Ich - Erzählerin treffen möchte. Sie verabreden sich und gehen aus.
Er stellt sie seinen Freunden vor und zeigt ihr, wie er arbeitet. Die
Erzählerin fragt sich, ob sie Geld von der Person verlangen könne, traut sich
jedoch nicht zu fragen. Nach zwei Jahren erfährt die Erzählerin, dass der Mann
todkrank sei. Die Erzählerin besucht ihn ab und zu im Krankenhaus, wo er sie
auch fragt, ob sie ihm Morphium besorgen könne, da er Angst vorm Sterben habe.
Obwohl der Mann sie weiter nach dem Morphium fragt, kommt sie seiner Bitte
nicht nach und fragt ihn stattdessen, ob er Kuchen möchte. Der Mann entgegnet
daraufhin nur, dass ihm die einfachen Dinge lieber seien und er nur
Streuselschnecken wolle. Die Erzählerin backt ihm daraufhin ein paar und bringt
sie ihm. Er sagt ihr noch, dass er gerne zusammen mit ihr gelebt hätte. Nach
dem 17. Geburtstag der Erzählerin stirbt er. Ihre Schwester kommt, um der
Beerdigung beizuwohnen, die Mutter blieb jedoch zu Hause, denn sie hatte den
Vater der Erzählerin wohl zu wenig gekannt und nicht geliebt.
Die junge Frau betrachtet nachdenklich die Streuselschnecke im gemütlichen Café während sie ihrem Vater gegenübersitzt.
Die Erzählung findet in Berlin statt, es gibt keine direkten Zeitangaben,
man erfährt nur, dass die Erzählerin am Anfang der Geschichte 14 Jahre alt (Z.
1) ist und bei Freunden wohnt (mit 14) und am Ende 17 Jahre alt ist (Z. 29).
Die Erzählerin lebt seit längerem nicht mehr bei ihrer Familie (Z. 1-2) sondern
bei Freunden. Sie arbeitet als Kindermädchen, putzt und geht noch zur Schule
(Z. 14) und hat wenig Aussicht auf eine „gute“ Zukunft (Z. 15: vielleicht würde
eines Tages etwas Richtiges aus mir). Außerdem hat sie, so wie es aussieht
ihren Vater vor ihrem 14. Lebensjahr noch nie getroffen, da in Zeile 27 – 28
steht, er hätte gerne mit ihr gelebt.
Ich vermute außerdem wegen der Aussage „Ich hatte mich geschminkt“, dass
der Erzähler weiblich ist. Vom Vater des Erzählers ist wie beim Erzähler selbst
weder Vor- noch Nachname genannt, außerdem erfährt man kein Alter vom Vater.
Der Vater trifft seine Tochter, so wie es aussieht, zum ersten Mal, als sie 14
ist, denn in Zeile 8 steht er sei schüchtern ihr gegenüber. Die eine Aussage
im Text macht mich etwas stutzig, dort heißt es: „Ein feines, ironisches
Lächeln zog er zwischen sich und die anderen Menschen. Ich ahnte, was das
Lächeln verriet (Z. 9-10). Vermutet die Tochter etwa schon, dass ihr Vater bald
sterben wird, oder hat das Lächeln eine ganz andere Bedeutung? Außerdem sagt
er, dass er gerne Morphium hätte, als er schon im Sterben liegt (Z. 20), doch
in Z. 24-25 sagt er: die einfachen Dinge seien ihm jetzt die Liebsten. Meint er
damit, dass Morphium zu den „einfachen Dinge“ des Lebens gehört, aber
wahrscheinlich ist er nur ziemlich verzweifelt und hat Angst vorm Sterben. Die
Beziehung zwischen Mutter und Vater scheint auch nicht die Beste zu sein, denn
in Zeile 31 steht, die Mutter habe ihn zu wenig gekannt und nicht geliebt, ich
habe daraus geschlossen, dass die Erzählerin vielleicht das Ergebnis einer
kurzfristigen Affäre war, aber sie hat ja Schwestern, es könnten natürlich auch
Halbschwestern sein, jedoch kommt eine der Schwestern auch zur Beerdigung des
Vaters (Z. 29-30). So wie es Aussieht, sind die Familien Verhältnisse ziemlich
kompliziert. Die Geschichte zieht sich über drei Jahre hin und am Anfang hat
man das Gefühl, die Erzählerin und der Vater hätten eine Art Beziehung, da man
noch nicht weiß, dass er der Vater ist, trotzdem scheinen sich beide nie
richtig verstanden zu haben (Z. 17: „Der Mann und ich waren uns immer noch
fremd).
Der Text ist durchgängig in der Ich – Erzählperspektive geschrieben und
in vier Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt geht von Zeile 1-7 ich habe
ihn „erstes Treffen“ genannt, da er das erste Treffen von Vater und Tochter
beschreibt. Der zweite Abschnitt geht von Zeile 8-16, da in ihm beschrieben
wird, wie Vater und Tochter jeweils Leben habe ich ihn „Leben von Vater und
Tochter genannt“. Abschnitt Nummer drei ist „der Todeskampf des Vaters“. Es ist
ei kurzer Einblick in die letzten Tage, Wochen oder Monate (schwer zu sagen)
der Zeit, die die Beiden gemeinsam haben (Z. 17-28). Der vierte und letzte
Abschnitt ist „die Beerdigung des Vaters“ es ist ein kurzer Bericht, wer zur
Beerdigung gekommen ist und wer nicht.
Die Geschichte ist im Präteritum erzählt, die Wortwahl und der Satzbau
sind ziemlich umgangssprachlich gehalten und gut verständlich. Die Autorin
verheimlicht bis zum Schluss, dass der Mann eigentlich der Vater der Erzählerin
ist, dadurch entsteht beim Leser, selbst bei wiederholtem Lesen der Geschichte,
der Eindruck einer Beziehung der Zwei und ist am Anfang etwas verwirrend.
Die zentrale Aussage des Textes ist ziemlich schwer zu erfassen und
deshalb glaube ich, die Autorin will damit sagen (vor allem wegen des Titels),
dass manchmal die „einfachen Dinge“ des Lebens die sind, über welche man sich
am Ende am meisten freut, im Fall des Textes sind es zum Beispiel Streuselschnecken.
Ich bin im Allgemeinen etwas verwirrt was den Text angeht. Er wirft viele
unbeantwortete Fragen auf und warum erlauben es Eltern (in dem Fall die
Mutter), dass ihr Kind alleine bei Freunden in Berlin wohnt und das schon mit
14 Jahren? Außerdem scheint die Erzählerin keinen sonderlich guten Umgang zu
haben (Z. 20-21 „Ich hatte Freunde, die Drogen nahmen“). Ich finde es auch
etwas unverschämt, dass sich der Vater nach seiner Tochter erkundigt, wenn er
weiß, dass er bald sterben wird. Aber im Großen und ganzen hat mich der Text
ziemlich zum Nachdenken gebracht und ich könnte mir gut vorstellen, dass die
Autorin Julia Franck von sich selbst in dieser Erzählung berichtet.
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