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Interpretation

Szenen­in­ter­pre­ta­tion Faust I: Wald und Höhle - Gretchens Stube. Goethe

1.180 Wörter / ~3 Seiten sternsternsternstern_0.75stern_0.3 Autor Marko V. im Feb. 2016
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Interpretation von  Pflichtlektüren zum Abitur: Schülerwerke zu Faust I, Iphigenie auf Tauris, Die Leiden des jungen Werthers (Pflichlektüren, Band 3)
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Droste Gymnasium Freiburg

Note, Lehrer, Jahr

12 Punkte, Kursstufe 1

Autor / Copyright
Marko V. ©
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Format: pdf
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Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternstern_0.75stern_0.3
ID# 53846








Szeneninterpretation Wald und Höhle + Gretchens Stube



Johann Wolfgang Goethes „Faust. Der Tragödie Erster Teil.“, veröffentlicht 1808 als Gesamtwerk „Faust. Eine Tragödie.“, besteht aus einer Gelehrten- und einer Gretchentragödie. In der Gelehrtentragödie so der Doktor Faust als Wissenschaftler, der alle wichtigen Fakultäten seiner Zeit (Philosophie, Jura, Medizin und Theologie) studiert hat, vorgestellt. Doch mit keiner dieser Wissenschaften kann er „erkenne[n] was die Welt / Im Innersten zusammenhält“ (V. 382-383). In seiner Verzweiflung, hervorgerufen durch die Erkenntnis, dass Menschen „nichts wissen können“ (V. 364), geht er einen Pakt mit dem Teufel ein. Die Bedingungen legen fest, dass Mephisto ihm auf Erden dienen muss, Faust dann aber nach seinem Tod das gleiche für Mephisto tun muss. Dieser erfüllt ihm durch Gretchen, einem 14 bis 15 jährigen Mädchen, seine menschlichen Begierden. Die Beziehung mit Faust wird für sie, ihre Mutter und ihren Bruder den Untergang herbeiführen.

Die Szenen „Wald und Höhle“ und „Gretchens Stube“ befinden sich in der Gretchentragödie. Faust ist in einer Liebesbeziehung mit Gretchen, jedoch folgt auf ein Liebesgeständnis von Gretchen kein Liebesgeständnis von ihm, sondern nur eine Ausrede. Darüber hinaus steht Faust, das wird gerade in „Wald und Höhle“ deutlich, immer in einem Konflikt seiner beiden Seelen: Während die eine nach irdischer Befriedigung strebt, verlangt die andere das göttliche Wissen über alles (vgl. V. 1112f.). Mephisto sieht seine Aufgabe darin, Fausts Verlangen zum Ausleben seiner tierischen Triebe zu stärken. Hier wird die Problematik deutlich, denn dies wird aufgrund seiner anderen, nach Allwissen strebenden Seele, nie vollständig möglich sein. Dennoch versucht Mephisto, ihn durch Gretchen dazu zu bringen, seinen Wissensdrang zu besänftigen und sich auf irdische Sinnlichkeiten zu konzentrieren.

Fausts Monolog in „Wald und Höhle“ befasst sich mit seiner zwei-Seelen-Problematik und stellt zuerst mittels erhaben wirkenden Versen (vgl. V. 3228ff.) seine Glücksgefühle in der Natur da und er dankt den Geistern, dass er diese Empfindung haben darf (vgl. V. 3217f.). Kurz darauf gibt es jedoch einen starken Stimmungsumschlag: „O dass dem Menschen nichts Vollkommenes wird, / Empfind ich nun. […]“ (V. 3240-3241). Faust denkt an seine Abhängigkeit von Mephisto („[…] [Der] Gefährt[e], den ich schon nicht mehr / Entbehren kann […]“, V. 3243-3244) und merkt, wie Mephistopheles seine Begierde nach Gretchen immer weiter steigert (vgl. V. 3247-3248). In den Fersen 3249 und 3250 zieht Faust ein Fazit seiner Selbstreflektion: „So tauml‘ ich von Begierde zu Genuss, / Und im Genuss verschmacht ich nach Begierde.“ Es wird ganz klar seine Sucht nach Objekten, an denen er seine menschliche Begierde ausleben kann, deutlich. Der Satz wirkt wie ein Kreislauf zwischen Genuss und Begierde in dem Faust gefangen ist, denn er ist weder mit dem Genuss, noch mit der Begierde beruhigt und wechselt zunehmend zwischen diesen beiden Zuständen. Dem Monolog folgt ein Gespräch mit Mephisto, in dem dieser Faust nur noch weiter anstachelt, seiner Begierde nach Gretchen nicht entgegenzuwirken.

Zusammen mit „Gretchens Stube“ stellt „Wald und Höhle“ eine Zäsur in der Handlung dar. Die beiden Protagonisten reflektieren ihre Situationen nach dem ersten Kuss in der vorangegangenen Szene (vgl. „Ein Gartenhäuschen“) und versuchen jeweils ihre Position zu finden. Fausts Lage in „Wald und Höhle“ steht Gretchens Zustand in „Gretchens Stube“ gegenüber. Fausts Glücksempfinden in der Natur repräsentiert seine freie, von keinen menschlichen Trieben gesteuerte Seele, die sich an der Macht und Kraft der Natur erfreut und ihn diese genießen lässt. Dieser Zustand hält jedoch nicht lange an, da seine Stimmung beim Gedanken an Mephisto stark wechselt und sich seine andere, auf irdische Sinnlichkeiten fixierte Seele, bemerkt macht. Faust wird bewusst, dass er diese triebgesteuerten Ziele ohne Mephistopheles nicht realisieren kann und erkennt seine Abhängigkeit von dessen Macht und seinen Möglichkeiten (vgl. 3241ff.). Diese Unentbehrlichkeit ist allein durch Fausts Triebe bedingt und das merkt er auch: „Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer“ (V. 3247) und stachelt so Fausts Lust nur noch weiter an. Die wichtigsten Verse jedoch folgen auf diese Erkenntnis. Wie vorher erwähnt, bezeichnen diese seine große Sucht nach Objekten der Begierde. Folglich ist Faust nicht auf Gretchen aus, sondern sieht in ihr ein Objekt, an dem er seine Sinnlichkeitsträume verwirklichen kann und bezieht sich nicht auf sie als Individuum. Kontrastierend dazu ist „Gretchens Stube“ verfasst. Gretchen sehnt sich sehr nach Faust (vgl. V. 3383: „Ist mir verrückt“), kann nur noch an ihn denken und bewundert alles an ihm: „Sein[en] hoher Gang, / Sein[e] edle Gestalt, / [Sein] […] Lächeln [und seine] […] Augen […].“ (V. 3394f.). Es wird dazu ein einer refrainartigen Strophe klar, dass sie nicht mehr ruhen kann (vgl. 3374-3377; 3386-3389; 3401-3405). Neben ihrer Bewunderung wird auch noch ihr sexuelles Verlangen nach Faust deutlich: „Mein Busen drängt / Sich nach ihm hin.“ (V. 3406-3407). Die Folgen dieses Verlangens werden schon in der Regieanweisung deutlich gemacht: Gretchen am Spinnrade allein. Die soziale Isolation, die hier geäußert wird, geht einher mit einem noch entscheidender zu deutenden Merkmal: Vorher immer „Margarete“ genannt, nennt Faust sie jetzt „Gretchen“. Dies zeigt Gretchens Loslösung von den sozialen Normen der Stadt, denn sie lässt sich auf eine Liebesbeziehung außerhalb der Ehe ein. Ferner löst sich das religiöse Mädchen auch von den von der Kirche vorgegebenen Normen und Regeln und stellt so eine andere Person dar. Die Begierde auf den anderen ist hier also auf der reinen Liebe zu Faust begründet und bezieht sich im Gegensatz zu Fausts objektbezogener, sexueller Sucht nur auf ihn und auf nichts anderes.

Der Kontrast wurde durch die Abänderung der Verse 3406-3407 von sexueller Begierde („Mein Schoos! Gott! drängt / Sich nach ihm hin“) zu mehr sinnlicher Lieber noch verdeutlicht und stellt die Wichtigkeit dieser zwei Pole heraus, wie es auch in anderen Teilen des Werkes der Fall ist (z.B. Faust – Wagner; Tag – Nacht, etc.). Goethe greift am Ende des ersten Teils von Faust auch noch einmal die Umbenennung Gretchens auf, indem er sie wieder „Margarete“ nennt, als sie sich dem Gericht Gottes übergibt und so das Menschenbild des Herrn bestätigt.

Die Entwicklung der Beziehung zwischen Faust und Gretchen wird in diesen Szenen schon vorweggenommen. Kaum verhüllte Aussagen wie „Dass ich die Felsen / Und sie zu Trümmern schlug!“ (V. 3359-3360) oder „Wo ich ihn nicht hab / Ist mir das Grab“ (V. 3378-3379) beziehen sich direkt auf Gretchens späteres Schicksal. Sowohl Faust erkennt, dass er Gretchens Welt in „Trümmer“ (V. 3361) schlagen wird durch sein Handeln, als auch Gretchen sieht sich schon Bildlich gesprochen in ihrem „Grab“ (V. 3379), falls sie sich auf eine Liebesnacht mit ihm einlässt. Faust fühlt sich für dieses Schicksal jedoch nicht verantwortlich: „Du, Hölle, musstest dieses Opfer haben!“ (V. 3361), er sieht es aber kommen und weiß, was passieren wird. Nach „Gretchens Stube“ folgt die Szene „Marthens Garten“, wo Gretchen Faust signalisiert, dass sie sich auf eine Nacht mit ihm „gern“ (V. 3506) einlässt (vgl. V. 3905ff.). Diesen Entschluss hat sie vermutlich vorher gefasst und mit diesem Entschluss kommt auch die Katastrophe der Gretchentragödie in Gang: Sie wird schwanger, bekommt ein Kind und bringt dieses um.

Beide Protagonisten fassen am Ende ihrer Monologe einen Entschluss, wo sie ihre Position sehen: Faust mit „Lass mich an ihrer Brust erwarmen“ (V. 3346) und Gretchen mit „Ach dürft ich [ihn] fassen / […], halten […] und küssen […]“ (V. 3408-3410). Das Aufeinandertreffen des fast schon sexuell erregten Fausts und der sehnlichst verliebten Margarete führt schlussendlich nur zu großem Unglück.


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