Kabale und Liebe – Friedrich Schiller
Szenenanalyse 3.Akt
4.Szene
Bei
dem Dialog, der im Folgenden analysiert wird, handelt es sich um die 4.Szene im
3. Akt des bürgerlichen Trauerspiels „Kabale und Liebe“. Das Drama, dessen
Uraufführung im Jahre 1784 stattfand, wurde von Friedrich Schiller verfasst und
wird heute als typisches Theaterstück für die Epoche des „Sturm und Drang“
angesehen. Die Handlung des Dramas befasst sich mit der Liebe zwischen dem
adligen Ferdinand, der Sohn des Präsidenten, und der bürgerlichen Luise Miller.
Durch diesen Ständeunterschied sind beide Väter gegen die Beziehung, weshalb
schließlich der Präsident und sein Sekretär Wurm eine Intrige Planen, die zum
Tod der beiden führt. Im Kern kritisiert das Drama die Machenschaften und die
vor allem oftmals egoistische treibende Kraft des Adels und die damalige
Ständeordnung.
Die
4. Szene im 3.Akt ist ein Dialog zwischen Ferdinand und Luise, welche sich in
der Wohnung der Familie Miller befinden. Zuvor kam es schon zu Streitigkeiten
mit dem Präsidenten, der durch die Verkündung einer Hochzeit zwischen Ferdinand
und Lady Milford, bereits versuchte die Liebe der beiden zu beenden. Aber auch
der Vater von Luise ist gegen die Beziehung, da er sich zum einen um seinen
Ruf, aber zum anderen auch um seine Tochter Sorgen macht. Kurz vor dem Dialog
kommt es dann zu einem Konflikt aller Beteiligten, wobei der Präsident unter
anderem droht die Familie Miller einzusperren und Ferdinand schließlich die
geheimen Machenschaften seines Vaters, wodurch er Präsident wurde, aufdecken
möchte. Daraufhin schmieden der Präsident und sein Sekretär Wurm eine Intrige
um die beiden auseinander zu bringen, welche aber zum Zeitpunkt des
analysierenden Dialoges noch nichts davon ahnen.
Schon
zu Beginn der Szene wird verdeutlicht, dass Luises Sprechziel ist, die
Beziehung zu beenden, da „all ihre Hoffnungen gesunken sind“(S.65, Z.303) und
sie an „keine glücklichen Tage“ (S.65, Z.302) mehr glaubt. Sie hat also keine
Kraft mehr sich gegen die Gesellschaftliche Ordnung zu stellen. Ferdinands
Hoffnungen dagegen sind gestiegen (S.65, Z.304), was verdeutlicht, wie unterschiedlich
die beiden Charaktere sind und wie verscheiden sie mit der derzeitigen
Situation umgehen.
Ferdinand
berichtet Luise, dass sein Vater „alle Geschütze gegen uns[ Luise und
Ferdinand] richten“ wird (S.65, Z.305) und dieser ihn somit durch sein
Verhalten zwingen wird seinen Vater zu verraten. Durch die Aussage „Ich stehe
nicht mehr für meine kindliche Pflicht“ (S.65, Z.307) bekommt man den Eindruck,
dass er stolz darauf ist sich nicht seinem Vater zu unterwerfen und des Weiteren
macht er Andeutungen den „Riesensprung“ (S.65, Z. 311) zu wagen, welches ein
Hinweis auf sein Sprechziel ist, mit Luise zu fliehen und wo anders ein neues
Leben zu beginnen. Luise reagiert mit ablehnender Haltung, welches ihren
schlechten Gemütszustand beschreibt. Dies ignoriert Ferdinand aber zunächst,
indem er weiter auf seine Pläne eingeht und durch rhetorische Fragen wie zum
Beispiel „warum wagen, wo nichts gewonnen wird und alles verloren werden kann?“
versucht, auch Luise zu diesen neuen Hoffnungen hinzureißen. Ferdinand geht
sogar so weit, dass er die Verbindung zu seinem Vaterland aufkündigt. „Mein
Vaterland ist, wo mich Luise liebt“ (S.65, Z.320) wodurch auch wieder seine Abneigung
zu seinem Vater, und zu der Gesellschaftlichen Ordnung seines Landes deutlich
wird. Er stellt Luise über vielerlei Dinge und alleine „ein Lächeln seiner
Luise ist Stoff für Jahrhunderte“ (S.66, Z.329). Doch auch weiterhin ist Luise
abgeneigt und nun wird deutlich wie ignorant Ferdinand ist, da er sie einfach
umarmt und sie nicht wirklich ernst nimmt.
Luise
verdeutlich nun ihren Abstand in dem sie Ferdinand ernsthaft entgegnet, dass
Sie das einzige Vermögen ihres Vaters sei und sie Angst um ihn hat, weshalb
Ferdinand sie verlassen soll. Hierdurch wird auch die enge Verbindung zwischen
Luise und ihrem Vater deutlich. Ab diesem Punkt ändert sich der Redeanteil des
Dialogs. Zuvor hatte Ferdinand den hauptsächlichen Part und ist nicht wirklich
auf Luise eingegangen, woraus man auch schließen kann, dass er versucht den
Dominanteren Part zu übernehmen. Auf diesen bestimmenden Charakter weißt auch
die Tatsache hin, dass Ferdinand oftmals die Imperativ Form verwendet „wir
fliehen“ “(S.66, Z.341).Der Redeanteil verändert sich jedoch ab jetzt, da Luise
ihre Meinung deutlicher vertritt.
Nach
diesem Wendepunkt entgegnet Ferdinand zwar, dass es kein Problem sei dass ihr
Vater sie „begleiten“ (S.66, Z. 336) wird, Jedoch denkt Luise an die Probleme
dieser Flucht und Sie ist nicht bereit diesen „Frevel“ (S.66, Z.346)
einzugehen. Sie verzichtet also lieber, und stellt dieses als Stärke da, woraus
man schließen kann, dass sie stolz darauf ist. Ferdinands einfache Entgegnung
„Wirklich?“ (S.66, Z.348) macht deutlich wie wenig Ferdinand mit Luises
Ablehnung gerechnet hat und wie wenig er ihre Position versteht.
Der
nächste Sprechakt von Luise ist ein sehr wichtiger, da sie zunächst auf den
Ständeunterschied aufmerksam macht, da Ferdinands Herz seinem Stande gehöre,
aber auch ihre Liebe zu ihm mit einem „Kirchenraub“(S.67, Z.353) vergleicht.
Diese Verbindung mit der Kirche ist ein wichtiger Grund für den Wunsch der
Trennung. Dass Ferdinand nun an seiner Unterlippe nagt zeigt, dass er nun
Luises Worte ernst nimmt. Im nächsten Abschnitt möchte Luise ihn versöhnlich
stimmen, in dem sie sich als „Verbrecherin“ (S.67, Z.363) darstellt und sie
noch einmal darauf eingeht, wie ihre Liebe die „Fugen der Bürgerwelt
auseinandertreiben“ (S.67, Z.365) würde. Zudem geht sie auch wieder darauf ein
wie stolz sie ist, dass es ihr „Opfer“ war. Sie stellt es also als löblich dar,
sich an die Standeskonventionen zu halten. Ferdinand reagiert sehr wütend und
zerstört eine Violine, was zeigt wie sehr ihm diese Trennung nahe geht. Luise
beginnt sich selbst zu bemitleiden „Leer und erstorben ist meine Zukunft“
(S.67, Z.378) und bezeichnet ihre Liebe schon als „verwelkten Strauß der
Vergangenheit“. Da sie ihn nur mit „Herr von Walter“ anspricht, zeigt bereits
ihre Distanz zu ihm.
Als
Luise auch auf eine erneute Aufforderung Ferdinands ihm zu „folgen“ nur mit
ihrer Pflicht zu bleiben entgegnet, kommt es zu einem erneuten Wendepunkt des
Dialoges. Ferdinand beginnt den Grund für Ihr Verhalten zu finden, da er die
Abhängigkeit zur Gesellschaftlichen Ordnung nicht versteht. Er kommt zu dem
Entschluss, dass sie wegen einem anderen „Liebhaber“ nicht mitgehen möchte. Und
Luise entgegnet nur, dass diese Vermutung sein Elend vielleicht lindern würde.
Dies bestärkt Ferdinand nur in seiner Vermutung woraufhin er die Wohnung
verlässt. Am Ende dieser Szene hat sich also das Verhältnis der beiden
zueinander drastisch verändert.
Zu
der Sprache der beiden Figuren ist zu sagen, dass beide die für ihren Stand
typische Alltagssprache verwenden. Ferdinand benutzt vor allem zu Beginn, wenn
er seine Liebe zu Luise schildert, viele Metaphern. Am Ende hingegen kochen
seine Emotionen vor Wut über, und er benutzt eine sehr einfache Sprache,
welches zum Beispiel am Wort „Schlange“ deutlich wird.
Im
Allgemeinen Zusammenhang ist die Szene sehr wichtig, da Ferdinand nun denkt,
dass Luise einen Anderen hat. Dies führt dazu, dass er die Intrige des
Präsidenten und Wurms viel leichter glaubt. Aber auch die Verletzung seiner
Gefühle durch die Ablehnung der gemeinsamen Zukunft spielt eine wichtige Rolle
in Hinblick auf den Mord am Ende des Dramas. Die Szene zeigt aber auch wichtige
Charaktereigenschaften der beiden Figuren, da Ferdinands egoistischen aber auch
wütenden Seiten deutlich werden. Bei Luise erkennt man den enormen Einfluss
durch die Väterliche Autorität und die vorherrschende Ständeordnung wodurch
ihre Entscheidungen geprägt werden.