Hauptteil Szenenanalyse
Während sich Emilia an einem ihr
fremden Ort befindet, genießen Marinelli und der Prinz die
vertrauten Räume. Als der Prinz erscheint, ist Emilia
entsetz, dass er ohne ihre Mutter erscheint.
Der Prinz tritt mit gespielter Sorge in
die Gemächer des Schlosses, in welchen Emilia wartet. Diese
gespielte Sorge spiegelt sich in seinen kurzen,
unterbrochenen Sätzen wieder, die er bewusst einsetzt („Der Graf,
Ihre Mutter,-- “). Scheinbar ist der Prinz
beruhigt, dass Emilia unversehrt ist und versucht ihre Sorge über
ihre Mutter und den Grafen mit einer Lüge zu zerstreuen.
Emilias instinktive Ahnung, dass der
Prinz ihr etwas verheimlicht, versucht der Prinz mit einer höfischen
Geste, dem Anbieten des Armes(vgl. Z.19), zu überspielen. Er fordert
Emilia auf ihm in die Nebenräume zu folgen. Nach den Ereignissen in
der Kirche müsste
Emilia dieses Angebot energisch zurückweisen, jedoch zögert sie und
wiederholt die Sorge um den Grafen und die Mutter, dass man an den
Wiederholungen in Zeile 20 erkennt
Der Prinz kann Emilia zunächst nicht
ganz überzeugen und zeigt wenig Einfühlungsvermögen, als er sie
auffordert, die Schreckensbilder zu vergessen(vgl. Z.33 f.)
Emilia gerät zunehmend in Panik, sie
fragt sich völlig hilflos „die Hände ringend“ was sie tun soll.
Hier zeigt sich, dass s Erziehung Emilia nicht geholfen hat
resolut und selbstbestimmt zu handeln. Emilia bittet den Prinzen, der
ein falsches Spiel mit ihr spielt, um eine Entscheidungshilfe.
Auch der Prinz wirkt verstört, als er
Emilias flehentliche Bitte missversteht und fragt: “Sollten Sie
einen Verdacht gegen mich hegen?“(Z.27-28). Diese unvermittelte
Frage, die keinerlei Begründung in Emilias Bitte hat, ist nur dann
verständlich, wenn man dem Prinzen ein außerordentlich schlechtes
Gewissen unterstellt(oder die Angst, dass seine Lüge enttarnt wird).
Emilia wird vom Vorwurf des Prinzen so
aus der Fassung gebracht, dass sie nur noch zu stammeln vermag: „zu
Ihren Füßen, gnädiger Herr“ und auf die Knie geht (vgl.Z.29).
Mit dieser Handlung begibt sie sich völlig in die Hände des
Prinzen.
Durch diese Geste
der Unterwürfigkeit gewinnt der Prinz sein Selbstbewusstsein zurück.
Er hebt Emilia auf, setzt also damit die körperliche Berührung vom
Morgen in der Kirche fort und findet seine Souveränität zurück.
Dies setzt sich auch sprachlich fort, denn er dominiert den letzten
Teil der Szene. Der Prinz wechselt in diesem Monolog auch die Anrede
vom förmlichen „Fräulein“ zum vertrauten „Emilia“ und
verringert hier auch sprachlich die Distanz zu Emilia. Die gehäufte
Verwendung des Personalpronomens „Ich“ lässt die
Selbstbezogenheit des Prinzen erkennen. Im letzten Redeteil des
Prinzen fällt weiterhin die Verwendung des Konjunktivs auf. Die
Verwendung des Irrealis „könnt ich schon diesen Zufall für den
Wink eines günstigen Glückes erklären“ enthält die Lüge, dass
das Ereignis ein Zufall gewesen sei. Mit
dem Mittel der Wiederholung(„Nur kränke mich“, „Nur zweifeln
Sie“, „Nur falle Ihnen“) wird der Fokus auf die Passagen
gelegt, mit denen der Prinz versucht Emilia zu manipulieren und ihr
ein schlechtes Gewissen einredet.
Die verwendeten sprachlichen Mittel
deuten darauf hin, dass der Prinz seine Wortgewandtheit
wiedergefunden hat und spiegeln seine höfische Souveränität
wieder. Hier entwickelt sich der Dialog zu einem Monolog des Prinzen,
in dem er mit Beschwichtigungen, Entschuldigungen und der Bitte um
Verzeihung auf Emilia einredet. Er stellt Emilias gerechtfertigte
Reaktion in der Kirche („nicht anhören“) als Strafe dar, den
Überfall betitelt er als „Zufall“, der das „Glück“ eines
Wiedersehens ermöglicht und als „Wink eines günstigen Glücks“
empfunden wird.
Er versichert Emilia, dass nur ihr
Wille zählt und geht dann zu den Vorwürfen im Konjunktiv über.
Diese Vorwürfe nutzt er dann, um Emilia so zu manipulieren, dass sie
ihm, zwar sträubend aber dennoch, ins Nebenzimmer folgt. Emilias
sträuben lässt erkennen, dass sie dem Prinzen misstraut, sich aber
der höfische Hierarchie zuliebe unterordnet.
Marinelli hat nur einen kleinen
Auftritt, aber auch dieser spielt eine wichtige Rolle. Marinelli
steht im Abseits und überprüft die Handlungen des Prinzen. Er weiß
genau, was seine Aufgaben sind, auch wenn der Prinz dies nicht direkt
ausspricht….