1. Definition
Standortfaktoren:
Alle Faktoren, die ein
Unternehmen bei der Wahl eines Standortes zu berücksichtigen hat,
also wirtschaftliche Vor- und Nachteile, Einflüsse und Bedingungen,
welche sich positiv oder negativ auf den Aufbau und Entwicklung eines
Unternehmens auswirken, nennt man Standortfaktoren.
2. Geschichtliches –
Die Standorttheorie nach Alfred Weber:
Bereits 1909 liefert
Alfred Weber in seiner Abhandlung „Über den Standort der
Industrien“ eine erste systematische Darstellung zur Wahl des
Standortes für ein industrielles Einzelunternehmen. Er vereinfacht
in seiner Theorie die Realität sehr und geht von den Transportkosten
als zentralem Faktor für die Standortwahl aus. Außerdem setzt er
mehrere maßgebliche Prämissen voraus:
- Fundorte der
Rohmaterialien sind bekannt
- Absatzort des hergestellten Gutes
ist bekannt (es gibt nur einen einzigen Absatzort)
- nachgefragte
Menge des hergestellten Gutes ist bekannt
- Transportkosten können
durch Gewicht der Materialien/Gutes und deren Entfernung zum
Fund-/Produktionsort berechnet werden
Weber berücksichtigt
in seiner Theorie keine regionalen Unterschiede bei den
Produktionskosten, daher muss bei einem optimalen Standort nur auf
den Minimalwert der Transportkosten geachtet werden. Da er davon
ausgeht, dass diese Kosten nur vom Gewicht der zu transportierenden
Materialien bzw. Produkte und der Entfernung, über welche diese
transportiert werden sollen, berechnet er die Transportkosten in
Tonnenkilometern. Somit besitzt der optimale Standort den
tonnenkilometrischen Minimalpunkt, also die niedrigste
Transportkostenbelastung.
Es wurde schon früh Kritik an Webers
Theorie aufgrund ihrer realitätsfernen, vorgegebenen Prämissen
geäußert. Desweiteren berücksichtigt er weder ökonomische oder
soziale Faktoren wie z.B. die Situation des Arbeitsmarktes oder des
Umfelds in der Region. Im Laufe der Zeit wurde Webers Theorie von
vielen Wirtschaftsökonomen aufgegriffen, erweitert und verbessert.
3. Standortfaktoren
heute:
3.1. Harte und
weiche Faktoren:
Um die Standortwahl
einfacher zu gestalten, versucht man die Standortfaktoren in harte
und weiche Faktoren zu unterscheiden.
Die harten Standortfaktoren
sind für die Unternehmen leicht objektiv messbar und kostenmäßig
gut berechenbar. Zu ihnen gehören z.B. Infrastruktur,
Energieversorgung, Steuern, Arbeitskräfte oder die Verfügbarkeit
von Bauflächen zur Erweiterung des Betriebs.
Schwierig wird es für
die meisten Unternehmen, die weichen Standortfaktoren zu beurteilen,
da diese durch subjektive Einschätzungen geprägt und nur schwer
messbar sind. Beispiele für weiche Faktoren sind z.B. Wohnumfeld,
Umweltqualität, Angebot von Kultur- und Freizeitaktivitäten oder
das allgemeine Image des Standorts.
Abb. 1: Unterscheidung
in harte und weiche Faktoren
(
Oftmals ist die
Unterteilung in hart und weich bei verschiedenen Unternehmen nicht
immer gleich und nicht einfach zu erkennen. Beispielsweise wird für
ein Unternehmen, welches Licht- und Tontechnik für Bühnenevents
verleiht, das Kultur- und Freizeitangebot eine wesentlich größere
Rolle bei der Standortwahl spielen als in der metallverarbeitenden
Industrie.
3.2.
Beschaffungsseitige, produktionsbezogene, absatzorientierte Faktoren:
Da die Unterteilung in
hart und weich oft nicht ausreicht oder von Unternehmen zu
Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen kann gibt es noch eine
weitere Art der Unterteilung. Man unterscheidet nun in
beschaffungsseitige, produktionsbezogene und absatzorientierte
Faktoren.
Die
beschaffungsseitigen (Input-bezogenen) Standortfaktoren umfassen alle
Bereiche, die ein Unternehmen benötigt um zu existieren, also quasi
der Input. Beispiele wären folgende:
- Lage, Raum, geologische
Verhältnisse
- Rohstoffe
- Infrastruktur und
Kommunikationsnetz
- Zulieferer, Beschaffungskontakte
-
Energieversorgung
- Kredite und Staatsleistungen
Produktionsbezogene
(oder throughput-bezogene) Standortfaktoren beschäftigen sich mit
Faktoren, welche bei der Produktion oder Verarbeitung innerhalb des
Unternehmens eine Rolle spielen. Beispielsweise die:
-
politischen
- sozialen
- ökologischen
- technologischen
Bedingungen.
Zu guter Letzt klären
die absatzorientierten (oder Output-bezogenen) Standortfaktoren alle
Fragen, welche das produzierte bzw. verarbeitete Gut hinsichtlich
Verkauf oder Weiterverarbeitung belangen. Sie beschäftigen sich also
mit dem „Output“ eines Unternehmens. Zu ihnen zählen:
-
Absatzmärkte und ihre Intensität und Nähe
- Absatzkontakte oder
Vermittler
- Intensität und Nähe der Konkurrenz
- staatl.
Absatzhilfen
Durch den schnellen
Wandel der Gesellschaft werden auch die Standortfaktoren in deren
Wertigkeit beeinflusst. So kann z.B. ein gewählter günstiger
Standort binnen fünf oder zehn Jahren ungünstig oder sogar
gravierend schlecht werden, da auf einmal ein anderer Faktor eine
wesentlich höhere Wertigkeit besitzt (bspw. viele billige
Arbeitskräfte <->
gutes Knowhow der Arbeiter). Zwar wird heute wie früher nach den
gleichen Faktoren entschieden, allerdings wird ihr Stellenwert
abhängig von der Region und Zeit unterschiedlich bewertet (bspw.
Entwicklungsland <->
Industrieland oder Hochkonjunktur <->
wirtschaftliche Rezession). Auch die Zuordnung von bestimmten
Faktoren zu bestimmten Branchen wird, z.B. durch die Modernisierung
von Infrastruktur und Energieversorgung immer schwieriger (siehe
folgende Tabelle).
Traditionelle
branchenspezifische Zuordnung versch. Standortfaktoren:
|
Branchen
|
Vorherrschender Standortfaktor
|
Nahrungsmittelindustrie
Holzindustrie
|
Günstige Lage zu Rohstoffquellen bzw. Beschaffungsmärkten
|
Textilindustrie
|
verfügbares Potential an billigen Arbeitskräften
|
Chemische Industrie
Bauindustrie
|
Rohstoffe
verfügbares Ansiedlungsgelände
|
Druckindustrie
Brauereien
|
günstige Lage zum Absatzmarkt
|
Industrie der Steine und Erden
|
gute verkehrsmäßige Erschließung (Infrastruktur)
|
(Tabelle aus Literaturquelle 1,
Seite 104, Abb. 5)
4. Tertiärisierung
und Agglomeration als Standortfaktor:
Definition
Agglomeration:
Unter Agglomeration (lat.
agglomerare, fest
anschließen) versteht man heute die regionale und/oder lokale
Ansammlung von Betrieben und Unternehmen und die damit verbundene
Konzentration von Siedlungen mit hoher Bevölkerungs-, Bebauungs- und
Verkehrsdichte (vgl. „Megacity“).
Durch Tertiärisierung
und die damit immer größer werdende Bedeutung des
Dienstleistungssektors verschieben sich auch die Wertigkeiten der
traditionellen Faktoren und es kommen neue hinzu. Modernisierung und
Technisierung schaffen in Industrieländern annähernd gleiche
Verhältnisse bei den harten Standortfaktoren wie Infrastruktur,
Kommunikationsnetz und Energieversorgung. Für viele Unternehmen
werden Agglomerationsvorteile
zum Entscheidenden Faktor bei der Standortwahl, also günstige
Bedingungen die sich aus der räumlichen Konzentration von
Unternehmen und Betrieben ergeben. Zu ihnen zählen:
- Entwicklung
branchenspezifischer Arbeitsmärkte
- Vorteile bei Zulieferern
oder Serviceanbietern
- Kooperation von Unternehmen bei Forschung
und Entwicklung oder Einkauf
- durch Verstädterung größerer
Absatzmarkt
- Arbeitsteilung/Outsourcing
Allerdings kann sich
eine zu starke Konzentration von Tätigkeiten, Einrichtungen und
Betrieben auch negativ auswirken:
- hohe Löhne, Bodenpreise oder
Mieten
- hohe Konkurrenzdichte
- überbelastete Infrastruktur
-
höhere Umweltbelastung (evtl. verbunden mit Auflagen)
Vor allem für
nichtmaterialorientierte Industrien wie die Dienstleister im
Elektronikbereich spielen diese Faktoren die entscheidende Rolle.
Hier sind neben den zahlreichen Verbindungen zu anderen Betrieben und
Unternehmen auch die Nähe zu Forschungs- und
Entwicklungseinrichtungen entscheidend.
Beeinflusst werden solche
Agglomerationen durch Ansiedlungsreize, also z.B. Abgaben oder
Subventionen, diese wiederum werden meist vom Staat festgelegt oder
beschlossen.
5. Fazit:
In Zukunft werden vor
allem die subjektiven und nicht messbaren Standortfaktoren die größte
Rolle spielen. Durch Forschung und Entwicklung sowie neue
Technologien wird sich vermutlich die Wertigkeit der Faktoren noch
weiter in den weichen Bereich verschieben und gänzlich neue Faktoren
werden entstehen.
6 Bibliographie und
Quellen:
Literaturquelle 1: Arno
Kreus; Dr. Wilfried Korby und weitere, TERRA – Geographie
Kursstufe, Stuttgart, Ernst Klett Verlag, 2010, Seiten 102-105
Literaturquelle 2:
Gotthard Bauer, Max Bauer und weitere, Wirtschaft – Märkte,
Akteure und Institutionen, Bamberg, C.C. Buchners Verlag, 2008, Seite
127
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Abb.
1:
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Portrait
Alfred Weber:
Letzter
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