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Bakkalaureatsarbeit
Philosophie

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

2014, Grabner-Haider, Note: 1

Ulrike L. ©
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ID# 40968







Staatslehre bei Plato und Konfuzius

Ein philosophisches Vergleich

Bachelorarbeit

Inhaltsverzeichnis


1. Einleitung


Es ist interessant, wie in verschiedenen Brennpunkten der menschlichen Kultur religiöse und geistlich-philisophische Strömungen sozusagen gleichzeitig, mit ca. 80 jährigen Unterschied, zwischen 6. und 4. Jh. v. Ch. auftauchen.

Vor Ihnen liegt meine Bachelorarbeit, die zwei große Denker des 6. bis 4. Jh. v. Ch., aus ganz anderen Teilen der Welt, als Thema hat. Das sind Plato und Konfuzius, beide noch immer respektierte Denker der Philosophie und Reformatoren ihrer Zeit.

In Griechenland war im 5. und 4. Jh. v. Ch. Plato als Lehrer tätig, der einer der wichtigsten abendländischen Philosophen war und wessen Werke den Grund aller weiteren Philosophie darstellen. Er war Schuler von Sokrates, was ihn und sein Denken stark beeinflüsste.
Konfuzius aber war einer der wichtigsten Denker der östlichen Philosophie, seine Lehren beeinflüsste viele Denker.
Manche sagen, dass sie noch heutzutage im chinesischen kulturellen Raum zu spüren sind.

Was ich mir also als Aufgabe gestellt habe, ist folgendes:
Ich möchte erläutern, wie die zwei großen Denker aus verschiedenen Teilen der Welt auf, ziemlich ähnliche Überlegungen kamen. Ob das so ist, werde ich durch Recherche und Auseinandersetzungen mit beiden Lehren auch herausfinden. Dazu möchte ich noch sehen, inwiefern beide ihre Kultur prägten und auf welchen Niveaus die Lehren von beiden Denker ähnlich sind und wo sie sich unterscheiden.

Meine Arbeit ist in drei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil beschreibe ich das Denken, die Staatslehre und die Ideale von Plato.
Im zweiten Teil gebe ich die gleichwertige Beschreibung von Konfuzius, sein Denken, seine Staatslehre und seine Ideale.
Die beiden Teile werden mit Hilfe der Sekundärliteratur und natürlich durch das Studium der Originaltexte zusammengesetzt.
Im dritten Teil befindet sich der Vergleich von beiden Denker, dabei werden Ähnlichkeiten und Unterschiede herausgearbeitet.

2. Staatslehre bei Plato


2.1. Über Platos Leben und Werke


Plato wurde vermutlich zwischen März und Juli 427 v.Ch. in Athen oder Aigina geboren. Sein Vater war Ariston und seine Mutter Perikitione. Väterlicherseits ist nicht viel bekannt. Alles, was wir über Platos Herkunft wissen, ist das, was über die Familie seiner Mutter bekannt ist. A. Graeser schreibt, dass Plato schon in früherer Jugend von antidemokratischen Gedanken geprägt wird1, weil nämlich sein Onkel zweiten Grades, Critias und sein Onkel ersten Grades, Charmides, beide zur Gruppe der dreißig Tyrannen2 gehörten.

In seiner Jugend war er als Dichter tätig. Ein sehr wichtiger Punkt seines Lebens war die Reise nach Sizilien, die zw. 390 und 389 oder 388 und 387 stattgefunden hatte. Da kam er unter den Enfluss des Pythagoräers Archytas von Tarent; und in Syrakus lernte er Dion kennen, der Schwager des tyrannisches Herrschers Dionys I. war. Nach der Rückkehr nach Athen gründete er dort eine Schule, die Akademie.

Er reiste noch zweimal nach Sizilien, zw. 366 und 365 und zw. 361 und 360. Er war vom neuen Herrscher Dionys II. fasziniert, denn Dion nahm an, dass er die Anlage zum Philosophen-König habe. Und Plato dachte danach, Dionys II. könnte seine philosophische Gedanken in die Tat einsetzen. Aber das geschah nicht.3

Plato schrieb mehrere Briefe und Dialoge. Manche Historiker glauben, er schrieb nur Dialoge, da die Authentizität der Briefe fraglich ist. Der Hauptdarsteller in seinen Dialogen ist Sokrates, der Gespräche mit anderen Denkern führt. Doch im späteren Verlauf drohte „das Dialogische zur bloßen Form zu erstarren, und im Gespräch über die Gesetze ist Sokrates nicht mehr mit von der Partie“4.

Es gibt 34 platonische Dialoge, einige davon wurden bereits in der Antike als unecht erkannt und viele wurden immer wieder bezweifelt. Die Forschung zeigte auch, dass die Werke „Gesetze“ und „Brief VII.“ wahrscheinlich unecht sind. Vom Inhalt aus kann man auch behaupten, dass die frühen sokratischen Dialoge erst nach dem Tod von Sokrates geschrieben wurden5. Daraus kann man erkennen, wie sehr Sokrates den Plato impressionierte.

Plato starb zw. 348 und 347, er war ungefähr 81 Jahre alt geworden.

Platos Werk, das für die Beobachtung und Beschreibung seiner Staatslehre sehr wichtig ist, ist die „Politeia“, die auch als eines seiner Hauptwerke gilt.6

2.2 Athen in der Zeit von Plato


Athen, einst ein Versammlungsort der Philosophen, Künstler, Krieger und Staatsmänner, war in der Zeit von Plato nur noch ein Schatten der früheren Erfolge.

Dem Sieg im Griechisch-Persischen Krieg folgte der schwierige peloponesische Krieg. Und als in 404 v.Chr. die Staatsgewalt Aristokraten übernahmen, wollte sich Plato, wie er im autobiographischen Brief VII schreibt, dem politischen Leben widmen.

Doch schnell wurde ihm klar, dass die neue Staatsgewalt viel schlechter funktionierte als die alte. Im 403 v.Chr. kam es wieder zu einer demokratischen Regierung, welche aber vier Jahre später den Sokrates, der für Plato “der gerechteste Mensch seiner Zeit” war, mit dem Tod bestrafte.

Plato meinte, in dieser Zeit des generellen Verlustes der moralischen Würde, der sich vor allem in der Politik sehr deutlich zeigte, und der sich auf alle Bereiche des Lebens ausbreitete, dass alles, was er damals sah, in ihm die Empörung erwachen ließ. Das hielt ihn ab vom damaligen Übel, wobei er mit Übel alle Ereignisse des damaligen politischen Lebens in Athen meinte.7

2.3 Staatslehre bei Plato


Im Werk ˝Politeia˝ veröffentlichte Plato seine Staatslehre. Darin setzte er sich mit dem sophistischen Relativismus und Subjektivismus kritisch auseinander und versuchte, Definitionen für bestimmte relevante Tugenden zu erstellen.

Platos Staatsmodell befasst mit der Frage, wie der Mensch sein irdisches Leben nach Moralprinzipien ausrichten kann und formuliert gleichzeitig die Prinzipien der Gerechtigkeit in einem Modell des Staates, der selbst gerecht ist.

Damals nämlich, als Sokrates8 und Plato wirkten, war Athen ein Stadtstaat, wo Sophisten die Lehrer der Moral, zumindest der traditionellen Moral waren. Die Begriffe innerhalb der traditionellen Moral waren aber nicht deutlich ausgearbeitet und waren von den aufrichtigen Absichten der Einzelnen abhängig. So wird gemeint, dass moralisch sein bedeutet niemandem etwas zu schulden9.

Das aber hat zwei Positionen zufolge, nämlich diejenigen, die viel besitzen und niemandem anderen schulden, und diejenigen, die nichts haben und vielen etwas schulden.
Das war aber für Plato nicht in Ordnung, denn ein gerechter Mensch kann nicht gleichzeitig gerecht sein und dem anderen Menschen schaden.

Eines der Mittel der platonischen Philosophie waren die Allegorien10. Ich werde eine ganz wichtige Allegorie kurz beschreiben und interpretieren.
Es geht um das Höhlengleichnis11, der zeigt, wie man die Welt der ewigen Ideen erkennen kann, wie der Weg des Lernens läuft und auch wie im Stadtstaat die Philosophenkönige ausgewählt werden.
Im Gleichnis,
geht es um Menschen, die schon ihr gesamtes Leben lang in einer Höhle leben.

Diese dort sitzenden Menschen haben in ihrem gesamten Leben nichts anderes gesehen als Schatten, so dass für sie die Schatten wohl das einzig Wahre sind. Doch man könnte sie »heilen«, wenn man einen von ihnen losmachen würde und ihn dann zwingen würde, sich umzudrehen und ins Licht zu blicken. Angeblich würde dieser Mensch erst einmal geblendet sein und niemals glauben können, dass alles, was er vorher gesehen hatte, nur ein Abbild dessen sei, was er jetzt sieht.

Doch er würde lernen, wenn er stiegenauf gehen müsste und die Sonne sehen würde, dass eigentlich die Sonne das ist, was alles beleuchtet. So leuchtet auch die Idee des moralisch Guten.
Plato beschreibt also mit dieser Höhle eigentlich unsere Welt und oben befindet sich die Welt der ewigen Ideen. Ich verstehe dieses Licht in der Höhle als das Sonnenlicht und die Sonne wird in der Welt der Ideen als die Idee des Guten gemeint.

Dieser Mensch, der von Illusionen losgelassen wird und lernt, damit er danach weiß, was eigentlich wahr ist (die Ideen), genau dieser kann der wahre Philosoph und König sein und somit der wahre und absolut gute Herrscher.

2.3.1 Die Gerechtigkeit

Schon im ersten Buch der ‚Politeia‘ gibt es einen Dialog mit dem Sophisten Thrasymachus, der das Thema der Gerechtigkeit behandelt. Thrasymachus vertritt die These, dass „gerecht sei, was dem Stärkeren nütze“12. So wird der Sophist als Vertreter der Position eines Tyranen dargestellt.
Man kann sagen, dass Plato im Charakter des Thrasymachus eine Verbindung zwischen dem sophistischen Relativismus, dem natürlichen Nihilismus und der politischen Gewaltherrschaft herstellt.

Nämlich der Stärkere entwürft eine Ideologie, ihm steht die Repression zur Verfügung, seine Herrschaft ist die des eigensinnigen Willens, ist die Laune des Stärksten. Wenn die Menschen gegen seine Gesetze handeln, wirken sie ungerecht.
Diese These wird von Plato abgelehnt, denn Gerechtigkeit ist für ihn eine Tugend und sollte auch im Interesse von anderen und nicht nur im Eigeninteresse ausgeübt werden.13
Die Bedeutung der Gerechtigkeit für ein erfolgreiches Staatsmodell zeigt sich in zwei Charakteristiken:14 an gewissen anthropologischen Voraussetzungen, die in der Form eines Mythos gezeigt wurden; und in der Verkörperung der Strukturen, die raum- und zeitlos vorgegeben ist.

Sie spiegelt die Idee der Gerechtigkeit und dazu gehören noch drei Teile der Seele, die hierarchich gestuft sind.
Der erzählte Mythos ist als Metall-Mythos bzw. als Mythos über Erdgeborenen15 bekannt: Es gibt eine Annahme, dass es drei unterschiedlich wertvolle Arten von Menschen gibt. Alle diese Menschen sind Brüder, denn sie haben eine gemeinsame Mutter, die Erde.

Weiter besagt der Mythos, dass die Kinder normalerweise dasselbe Metall in der Seele tragen, wie die Eltern, es kann aber geschehen, dass die Kinder von Herrschern auch Eisen in der Seele tragen können und dass die Kinder der unteren sozialen Schichten manchmal auch Gold oder Silber in der Seele tragen. Dann sollten sie zum richtigen Stand zugeordnet werden.
Die menschliche Seele ist auch in drei Teile unterteilt, wir haben einen vernünftigen, einen affektiven und einen treibhaften Seelenteil.

Alle diese Seelenteile sollten zueinander in einem Verhältnis stehen, wo die niedrigen Teile den höheren Teilen untergeordnet sind. Wenn das der Fall ist, dann ist ein Mensch gerecht.16 Genauso ist es mit dem Staat. Die Stände und Ränge im Staat sollten parallel zum Metall-Mythos und zu den Seelenteilen verlaufen. Die niedrigeren Stände sollten den höheren Ränge untergeordnet sein.
Auch im platonischen Staat gibt es drei Stände.

Die Regierenden, die in der Seele Gold haben und auch als Philosophenkönige bekannt sind, bilden den höchsten Stand. Sie besitzen die Weisheit als Tugend, dazu auch noch Tapferkeit und Besonnenheit. Die Wächter, die in der Seele Silber tragen, sind der mittlere Stand. Sie besitzen Tapferkeit und auch Besonnenheit als Tugenden. Der niedrigste Stand sind die Arbeiter und Bauern, die als Tugend nur die Besonnenheit besitzen17.
Die Gerechtigkeit als persönliche und politische Tugend ist den anderen übergeordnet.

Sie besteht dann, wenn es unter den Seelenteilen und unter den Ständen im Staat das richtige Verhältnis gibt.18 Nur so kann die Politeia gerecht funktionieren.
Plato definiert die Gerechtigkeit in der Politeia, dass jeder ˝das Seinige tut˝19. Demnach ist es gerecht, nur das zu tun, wozu man geboren wurde. Keiner, der nur Besonnenheit als Tugend besitzt, soll Herrscher sein.

2.3.2 Die drei Kardinaltugenden: Weisheit, Tapferkeit und Besonnenheit


Wie auch der Metall-Mythos, besagt, gibt es verschiedene Tugenden für verschiedene Gruppen der Menschen, jenachdem, wie sie geboren wurden bzw. was ihre Fähigkeiten sind. Wie schon gezeigt, gibt es für Plato eine Paralelle zwischen dem Staat und der menschlichen Seele. Die Seele besteht aus drei Teilen, einem denkenden bzw. rechnenden Teil
(logistikon), einem mutartigen Teil (thymoeides) und einem begehrenden Teil (epythimetikon).

Plato meint, diese Teile seien genau nach bestimmten Tugenden erkennbar. Der denkende Teil verwirklicht und beherbergt die Tugend der Weisheit. Der mutige Teil erzeugt die Tugend der Tapferkeit, und der begehrende Teil braucht dann die Tugend der Besonnenheit. Die Gründe, warum Plato diese Unterscheidung macht, sind folgende:

a) Nach dem Satz vom verbotenen Widerspruch gilt, dass ein und dasselbe Ding nicht zur selben Zeit in gleicher Hinsicht einander widersprechende Bestimmungen haben kann.
b) Der Mensch vollzieht aber gleichzeitig gegensätzliche Handlungen und Willensäusserungen.
c) Also kann es nicht der Fall sein, dass der Mensch diese Handlungen mit ein und demselben Vermögen vollzieht.“21

Wenn dieses Konzept auf der Staat übertragen wird, geschieht das gleiche. Wenn die richtigen Menschen an richtigen Positionen sind, ergibt sich ein gerechter Staat, der wie ein perpetuum mobile ohne Reibungen funktioniert und gerecht ist. Daraus ergibt sich, wenn die Menschen in der Polis gerecht sind, wird auch die Polis gerecht. So wie es in der Polis keine Exzesse und Defizite geben darf, darf es auch in der Seele des einzelnen keine Exzesse und keine Defizite geben.23

Es müssen die richtigen Menschen die für sie richtigen Positionen im Staat besetzen, damit ein Staat gerecht ist. Das kann ich am besten mit einem Diagramm zeigen:

Körperteil

Seelenteil

Stand

Tugend

Kopf

Vernunft

Herrscher24

Weisheit

Herz

Mut

Wächter

Tapferkeit

Bauch

Begierde

Handwerker, Bauern

Besonnenheit

Abb.1

2.3.3 Das Gute und die Ideenlehre

Die Frage: „Was ist das Gute?” war schon immer ein zentrales Thema in der Philosophie. Für Plato ist die Idee des Guten die höchste und wichtigste aller Ideen. Sie ist identisch mit der Idee des Einen und stellt die „Sonne” des Ideenhimmels dar, welche alle anderen Ideen beleuchtet und ihnen ihren Ort zuweist.25

Damals nämlich, als Sokrates26 und Plato wirkten, war Athen ein Stadtstaat, wo die Sophisten die Lehrer der traditionellen Moral waren. Die Begriffe innerhalb der traditionellen Moral waren aber nicht deutlich ausgearbeitet, sie waren von aufrichtigen Absichten der Einzelnen abhängig.
Plato
meinte, dass die Gegenstände in unserer Welt eher die Schatten der Urformen sind.27
An der Stelle ist es sehr wichtig, zwischen der Erkenntnis (noesis) und der Meinung (doxa) zu unterscheiden.

Sokrates sagte zu Glaukon, er solle eine Linie zeichnen und sie an zwei ungleiche Teile teilen. Ein Teil der Linie steht für die Meinung und der andere Teil steht für die Erkenntnis. Die unterschiedliche Größe beider Teile zeigt, wie Meinung und Erkenntnis auch von der Klarheit her und den damit verbundenen Objekten unterschiedlich sind. Wir wissen nicht ganz genau, welcher Teil größer ist.28 Die ganze Linie hat fünf Punkte, von A bis E. Die Linie ist in zwei Hauptteile geteilt, ein Teil ist der Teil der Meinung, das ist die Welt der Sinneserfahrungen (A bis C); und der andere Teil ist die Erkenntnis, das ist der denkenden Welt (C bis E).

Beide Teile sind noch in Unterteile geteilt und es geht dabei um eine ontologische und epistemische Hierarchie. Der erste Unterteil (A bis B) heißt auf der epistemologischen Ebene ekasia29. Diese ist ontologisch auf die Schatten und Spiegelbilder gerichtet, also auf alle Objekte, die nur durch die Vermutung wahrgenommen werden können, dass es um Gegenstände geht.

Nun kommt man zum zweiten Hauptteil, wo die Welt des Denkens beschrieben ist. Im ersten Unterteil (C bis D) beschreibt Plato das begriffliche Denken der Mathematiker (dianoia). Als ihre Objekte werden die Gegenstände der Mathematik genannt, vor allem ideale geometrische Figuren. Die durch Dianoia erreichbare Einsicht bedarf der Begründung durch Beweis. Sie führt zur Verstandesgewissheit und ist eineVoraussetzung dafür, dass man zu den ewigen Ideen als den Grundprinzipien gelangt.

Die Mathematiker setzen ihre Begriffe als bekannt voraus und legen sie ihren Beweisgängen zugrunde, als wüssten sie darüber Bescheid. Sie klären ihre Begriffe aber nicht auf und sind außerstande, sich und anderen darüber Rechenschaft zu geben, was die damit bezeichneten Dinge in Wirklichkeit sind. Da sie ihre Voraussetzungen nicht prüfen, gehen sie nicht zum „Anfang“ zurück und erlangen über ihn kein Wissen.

Ihre Ausgangspunkte sind nur Annahmen, von denen sie zu Folgerungen fortschreiten.

Im zweiten Unterteil (D bis E) geht es aber um die Vernunftseinsicht noesis30, wo die ewigen Ideen und die wahren Formen erkannt werden. Der Noesis weist Plato den höchsten Erkenntniswert zu. Sie benötigt keine Hilfsmittel aus der sinnlichen Anschauung, sondern findet ausschließlich innerhalb des rein geistigen Bereichs statt und erreicht den voraussetzungslosen wirklichen Anfang, den sie dann zum Fundament macht.

episteme/noesis

Erkenntnis

Ideen

Inteligibille Welt

dianoia

Begriffe

pistis

Meinung

Sinnlich wahrnehmbare Dinge

Sinnliche Welt

ekasia

Abbilder

EPISTEMOLOGIE

ONTOLOGIE

Abb.2

Die Idee des Guten ermöglicht (ontologisch gesehen) alles, was in der Welt der ewigen Ideen lebt, so wie die Sonne das in der sinnlichen Welt ermöglicht.

Nach Plato sind unsere Begriffe nicht nur Abstraktionen der konkreten Dinge, sondern Abbildungen von höheren Wahrheiten, die »Ideen« benannt werden. Sie sind die Archetypen von allem, was in der sinnlichen Welt lebt. Sie sind außerhalb von Zeit und Raum. Wir können die Ideen nicht wahrnehmen, sondern nur denken. Sie sind nicht geschaffen, sondern unzerbrechlich, unveränderlich und somit ewig.

Sie sind aber auch nicht absolut wahr, denn sie sind immer noch ein Teil von etwas, was Plato als das »Gute« nennt und zwar auf gleiche Weise, wie sinnliche Dinge von der Sonne abhängig sind. Also das Gute ist sozusagen die höchste Idee, die Idee aller anderen Ideen, das absolute Wert, die ganze Wahrheit.

Aber wie kann die Welt der ewigen Ideen von uns Menschen wahrgenommen werden? Nur so, dass die Vernunft im Ganzen die Sinne transzendiert, die für die Welt der Entstehung d.h. sinnliche Welt, verantwortlich sind. Die Welt des Werdens verhielt sich feindlich zur Welt des Seins.34

Die Idee des Guten ist der Urgrund der Gerechtigkeit, der Schönheit und der Wahrheit. Ohne die Erfassung der Idee des Guten ist es unmöglich, die Wahrheit anzuschauen.

Derjenige, der den Staat führen wird, soll die Idee des Guten erkennen. Zum Vergleich, wie der sich fühlt, der zum ersten Mal die Welt der Ideen sieht, zeigt Plato, wie sich derjenige fühlt, der zum ersten Mal aus der Höhle kommt.

Das Gute ist also der Schlüsselreiz der Ideenlehre und der ganzen Staatsphilosophie da ohne das Erkennen dieser Idee kein Philosoph König sein kann und auch kein König als Philosoph wirken kann. Somit kann keine Polis und auch kein Mensch vollständig gerecht sein.

2.3.4 Die Philosophenkönige

Die Philosophenkönige sind also die besten Herrscher des Staates. Plato verlangt in der "Politeia", dass die wahren Herrscher nur die Philosophen sind, weil nämlich nur die wahren Philosophen die Idee des Guten erkennen können. Nur sie haben die Einsicht in das Güte.

Plato zeigt anhand einer Alegorie, den Gleichnis vom Staatsschiff37, warum es notwendig ist, dass das philosophische Wissen auch die tatsächliche Macht im Staat hat. Das Volk (demos) ist als mächtiger, aber naiver und kurzsichtiger Schiffseigner charakterisiert. Dieser Schiffseigner weiß nicht viel über die Seefahrt, denn er besitzt keine von notwendigen Kenntnissen für die Seefahrt.

Wenn sie den Schiffseigner beherrschen, loben sie ihn als den einzigen, der den richtigen Weg kennt. Mit diesen Matrosen meint Plato wahrscheinlich die Sophisten und die Politiker, die Macht besitzen wollen und dafür die Methode der Demagogie benutzen. Weiterhin zeigt Plato auch, dass es unter den Seemännern auch solche gibt, die das Seewesen erlernt haben. Diese kennen die wahren Mittel und Weisen, wie man navigieren soll, wie man tatsächlich ein Schiff lenken soll.

Sie sind mit der Situation am Schiff unzufrieden. Aber sie sind in der Minderheit und werden von anderen »Himmelgucker« benannt und als überflüssig bewertet. Das sind dann die Philosophen. Doch sie seien die Einzigen, die den Staat führen könnten, meint Plato. So wie der Kapitän eine Menge theoretisches Wissen besitzen muss, um das Schiff erfolgreich zu lenken, so muss auch der Regent im Staat über verschiedene Arten von Erfahrungen, Wissen und Kenntnissen relevanter Fakten verfügen.39

Deshalb wäre es wichtig, dass die Führenden im Staat tatsächlich Philosophen wären und keine Sophisten. Die philosophischen Lehren der Sophisten hielt Plato nämlich für gefährlich und er wollte sie unterdrücken.40

Diese Philosophen-Könige sind diejenigen, die im Höhlengleichnis aus der Höhle kommen und langsam erlernen, wie man die Sonne, die Metapher für die Idee des Guten ist, schauen kann. Sie kennen die wahren Gegestände und nicht nur die Schatten davon.
Um Philosophen-Könige richtig zu erziehen, benötigt Plato die richtige Ausbildung. Dem Nachwuchs der Herrschaftsschicht soll das erforderliche Wissen vermittelt werden.

Das Fundament bilden Mathematik und Philosophie, darunter vor allem die Ideenlehre. Die zukünftigen Herrscher bilden sich zusammen mit den zukünftigen Wächtern auch in der Musik und Gymnastik aus. Später werden sie von denen separiert und ihnen wird nur noch das Herrschaftswissen übermittelt. Somit entsteht eine Geistesaristokratie, die das ganze Leben dem Studium der ewigen Ideen und Regieren widmet.42 Diese Ausbildung ist gleich für beide Geschlechter, also man kann Philosoph und König werden, egal ob Mann oder Frau ist.

Das begründet Plato mit einem Bild, wo er Hündinnen und Hunde vergleicht. Er sagt, dass die Hündin gleiche Aufgaben wie ein Hund erfühlen kann, außer wenn sie Welpen hat. Also haben auch ein Mann und eine Frau das gleiche Gemüt und deshalb werden Frauen den Männern in der Philosophie gleichgestellt und in gleichen Bereichen erzogen und geübt.



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