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Prüfungsvorbereitung
Pädagogik

Julius-Maximilians-Universität Würzburg

1, Fischer, 2016

Kristin B. ©
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ID# 65639







Kulturtechniken /

Schriftspracherwerb

Zum Begriff „Kulturtechniken

  • jeder Mensch wird in eine Kultur hineingeboren

  • Kultur ist eine Gesamtheit des Lebensäußerungen eines Volkes

  • wissenschaftlich nicht genau bestimmt; Kulturelles Wissen und Verhalten ist erlernt und veränderbar, überindividuell (von mehreren Personen geteilt)

  • aus Kenntnissen, Verhaltensroutinen und Gewohnheiten

  • nicht einheitlich (Abweichungen, Subkulturen)

  • das Wesen einer Kultur erwächst u.a. daraus, wie Menschen miteinander ihre Existenz sichern und die sich daraus ergebenden Lebensprobleme bewältigen

  • historisch haben sich daraus unterschiedliche Kulturen entwickelt

  • nur die aktive Teilnahme am Alltagsleben in einer Kultur ermöglicht es somit Menschen die geltenden Werte, Bedeutungen und Mittel zu erwerben

  • Konzepte der Kultur (idealistisch und materialisisch): Kultur als beobachtbare Verhaltensweisen, die aus dem Zusammenspiel menschlicher Gemeinschaften mit ihrer natürlichen Umwelt resultieren


Kultur: Fähigkeiten, die das Leben in Kultur und Gesellschaft verlangen. (Kultur = ein Erbe von Fertigkeiten, Einrichtungen, Kenntnissen und Werten, das über Generation hinweg ist und von Gen. zu Gen. weitergeben vermehrt oder auch vergessen wird (Tenbruck)


Enkulturation: Aneignung von Handlungskompetenzen die für das Leben in einem bestimmten Ökosystem notwendig sind

Rogoff: Kinder als Novizen, die in unsere Kultur hineinwachsen → Wichtige Funktion komplexer Kulturen: Schule → vgl. Kulturhistorische Schule (Wygotski etc.); Vermittlung via mentaler Werkzeuge (Symbole, Sprache, Zeichen)


Technik: Kunstfertigkeit, Kompetenz, Anwendungsbezogenes Expertenwissen oder praktische Fachkompetenz → vielseitig anwendbar (Kunst, Philosophie, Ingenieurswesen, etc.) (heute eher kog. Kompetenzen)


Kulturtechniken im weiteren Sinn: Mittel, mit denen man an der Kultur eines Volkes teilhaben kann

  • sie können nur in kulturell eingebundenen Handlungsfeldern erfahrbar gemacht und erworben werden

  • Kulturtechniken helfen die Welt, in der man lebt, zu ordnen


Kulturtechniken im engeren Sinn: Lesen, Schreiben, Rechnen


Kulturtechniken sind operative Verfahren zum Umgang mit Dingen und Symbolen

  • Wissensverschiebung (Auseinanderdriften des „Knowing – how“ und des „Knowing – that“ → Um zu Rechnen müssen wir nicht mehr zwingend die Antwort nach dem Wesen der Null beantworten können )

  • habitualisiertes und routiniertes Können

  • wirksam im Alltag

  • Basis wissenschaftlicher Innovationen und neuer Gegenstände

Begriff Schriftspracherwerb

  • früher: Techniken der Schriftsprache als isolierbare, hierarchisch lernbare Fähigkeiten, die die Anpassung an die Kulturnorm gewährleisten sollten

  • Heute: Erwerb von Literalität (betont auch sozialen Aspekt einer Teilhabe an Schriftkultur)

  • SSE als Denkentwicklung, die auf Erwerb umfassender Handlungskompetenz abzielt (vgl. Literacy-Konzept)


Lesen und Schreiben im FGE

Historische Entwicklung und grundsätzliche Gedanken

Nach Speck hat sich die Frage nach Kulturtechniken zur Gretchenfrage der G-Päd entwickelt, mit Schultechniken gleichgesetzt, Ratz: Schreiben/Lesen und Rechnen (Ratz)

Praktische Bildbarkeit und SSE? Speck: Modifikation von Begriffen Lesen, Schreiben und Rechnen (schwer für Lernziel-/ Mindeststandardkonstruktion), Kulturtechniken dann relevant, wenn sie der Lernfähigkeit und den Bedürfnissen des Schülers entsprechen, ihn also nicht überfordern


  • Kulturtechniken in Gründungszeit der Gpäd in den 1960er Jahren noch nicht berücksichtigt (Grund: Nachwirken des Urteils über Bildungsunfähigkeit)

  • Koller (1969): Kulturtechniken als „unnütze Ballast“ für den S mit gB

  • Walburg (1972): „lebenspraktische Bildung“, Erziehung zur Gemeinschaftfähigkeit, Erziehung zur Arbeit und Erziehung zur Teilnahme am kulturellen Leben

→ lebenspraktische Bildung mit Anknüpfungspunkten zum Lesen und Schreiben

→lebenspraktische Erziehung darf sich demnach nicht nur auf körperliche Selbstversorgung reduzieren, sondern muss in offenen didaktischen Rahmen auch Arbeit, Beruf, Wohnen und Freizeit berücksichtigen

  • Speck (1975): „GB vermögen Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen“ und „Gruppe der gB Kinder sind hinsichtlich ihrer Leselernfähigkeit zu unterscheiden“

    • Aber: untergeordnete Rolle und Erlernen anderer Fertigkeiten sei für die spätere Lebensbewältigung wichtiger

  • Mit dem Begriff des „erweitertes Lesens“ (Hublow/Wohlgehagen 1978) eröffneten sich Perspektiven für einen neuen didaktischen Ansatz, der auch der damaligen Bedeutung von Bildbarkeit von Sus mit gB entsprach

  • Immer wieder polarisierende Betonung der lebenspraktischen Erziehung gegenüber den Angeboten den Lesenlernens deutlich

  • KMK-Empfehlungen (1980): Kulturtechniken werden in der Schule für gB implementiert → Entwicklung im Zuge des Normalisierungsgedankens

  • Argument für den SSE

    • Konsequente Fortführung der vorschulischen Förderung

    • Lesen stelle keine Ãœberforderung dar, vielmehr bietet es Abwechslung und kognitive Forderung

    • Im Sinne der Lebensbedeutsamkeit stellt Lesen eine wichtige Handlungskompetenz in Beruf und Freizeit dar

    • Integratives Moment der Teilhabe (Vetter), Normalisierung

    • Sprache und Schreiben - Eigenmachtsgefühl, SB, Selbstständigkeit, Kommunikation

  • Bedeutung: SCHURAD: Kultur ist die Lebens- und Ãœberlebensmethode des Menschen, notwendig um sich in der Umwelt zurechtzufinden, Pfeffer: zeichenhaft verfasste Wirklichkeit, Erweiterung der Handlungsfähigkeit


Lesen und Schreiben – eine Form der Kommunikation

  • Paradigmenwechsel von Aneignung der Lese-und Schreibtechniken, hin zum Aspekt der Kommunikation, also der Möglichkeit sich mit Lesen und Schreiben zu verständigen, zu informieren und zu orientieren

      • Neue Perspektiven für SuS im FGE in diesen kulturtechnischen Fächern

  • Kind soll im Lese-und Schreibunterricht die Erfahrung machen, dass es anderes etwas

Mitteilen kann, z.B. über Schrift, Bildkarten, die er selbst aktiv in eine bestimmte Anordnung bringt

  • Kommunikative Fähigkeiten erweitern sich

      • In Verständigung, im Austausch mit Umwelt nicht mehr nur auf mündlichen Teil der Kommunikation begrenzt

  • Konsequenzen für die Schule

    • Förderung lautsprachlicher und nicht lautsprachlicher Bereiche

    • Einführung von visuellen Informationszeichen (Bilder, Bildzeichen, Buchstaben) als unerlässlichen Lern-und Bildungsgehalt

  • Wenn Schüler die bildhaften und schriftlichen Zeichen und Signale der Umwelt entdecken, interpretieren und darauf adäquat reagieren könne, folgt daraus:

    • Erweiterung der Handlungskompetenz und

    • Vergrößerung der Selbstständigkeit in ihren Lebensfeldern

  • Mit diesem Sachverhalt wurde im Lehrplan FGE mit dem erweiterten Lese-und Schreibbegriff (Günthner, 2000)Rechnung getragen

Konzept: „Erweiterter Lesebegriff“

Lesearten des Erweiterten Lesebegriffs

Erweiterter Schreibbegriff

  • Situationen lesen

  • Bilder lesen

  • Piktogramme lesen

  • Signalwörter lesen

  • Ganzwörter lesen

  • Schrift lesen

Stufen des grapho-motorischen Schreiblern-prozesses:

  • Kritzeln

  • Schemazeichnen

  • Erste Buchstabenschrift

  • Lautschrift

Schreiben mit vorgefertigten Bild und Wortkarten


Woher kommt der erweiterte Lesebegriff?

  • Hublow (1985): Lesen ist im weitesten Sinne „als Wahrnehmen, Deuten und Verstehen von konkreten, bildhaften, symbolhaften oder abstrakten Zeichen und Signalen“ zu verstehen (Hublow legte als Erster die hierarchischen Stufen fest)

→der erweiterte Lese-und Schreibbegriff hat sich dementsprechend etabliert und die Kontroverse überwunden die Förderschule mit dem FGE an lebenspraktischen Fähigkeiten oder Kulturtechniken zu binden


Stufenmodell für den erweiterten Lesebegriff (nach Günther)

→ Stufen des SSE nach Günther (1986) beschreiben die normative Reihenfolge des Erlernens

(stellt Weiterentwicklung des ursprünglichen Modells nach Frith dar)


= best. Verhaltensweisen, die als Vorläuferfertigkeiten für Erwerb des Lesens u. Schreibens gelten , z.B. Betrachten von Bildern/komplexe Nachahmung/ graphisches Gestakten

= „Strategien zum Lesen“: K. kann auch sehr bekannte Wörter anhand charakterist. graph. Details visuell (Wieder)erkennen

= Erlernen der Phonem-Graphem-Korrespondenz, was K. ermöglicht Wörter phonologisch zu schreiben, wie es sich gehört

= Anwendung orthographischer Wortbildungsregeln

= automatisierte Regelanwendung


(allgemeines Entwicklungsmodell, kein sonderpädag. Modell → Entwicklungsmodelle nur schwer auf MmgB übertragbar, daher: Kreismodell nach Doenges)

-Hublow (1985) 6-stufiges Entwicklungsmodell der Lesefähigkeiten, das vom Situationenlesen zum Schriftlesen die natürliche Entwicklung beschreibt

→ plädiert dafür, die Schüler auf ihrer jeweiligen Stufe zu fördern, um eine Weiterentwicklung zu ermöglichen


      • Unterricht im Sinne des erweiterten Lese-und Schreibbegriffs ist geeignet, Ãœberforderungen zu vermeiden und verbindet lebenspraktisches Lernen mit dem Erlernen der Kulturtechnik Lesen und Schreiben

    • Situationenlesen: Mimik, Gestik, Handeln von Personen; Gegenstände und Situationen

    • Bilderlesen: konkrete Abbildungen mit großer Wirklichkeitsentsprechung (Fotos, Bilder)

    • Bildzeichenlesen: schematisierte, stilisierte Abbildungen (Piktogramme, Pfeile); Farb- Formzeichen und –symbole

    • Signalwortlesen: abstrakte graphische Gestalten (Markenzeichen, Firmenzeichen, Verbotsschilder, etc.); meist in bestimmten Umweltbereichen und Zusammenhängen

    • Ganzwortlesen: Buchstabenkomplexe (Eigennamen; bestimmte Wörter und Sätze)

    • Schriftlesen: Buchstabenfolgenals Zeichen für Lautfolgen, die Wörter und Sätze ergeben, welche wiederum Inhalt und Sinn tragen


revidiertes Modell des erweiterten Lesens (nach Döngens, 2007)


  • Steht im Gegensatz zur hierarchischen Stufenfolge die bisher vorgeschlagen wurde

  • Eine konzeptionelle und förderdiagnostische Ausrichtung an den Lesearten ist gegenüber den Stufen vorzuziehen

  • Erreichte Kompetenzen sollen als augenblicklich bedeutsamer Modus des Wahrnehmens des einzelnen Kindes zu sehen sein und nicht als etwas Unvollständiges

    → berechtigtes Anliegen für K. mit schwerer Behinderung

    • Unterricht soll immer wieder Aufgaben bereithalten, die den Gebrauch der verschiedenen Lesensarten herausfordern

    • Durch die Verknüpfung von Erfahrungsbereichen ergeben sich darüber hinaus Transfermöglichkeiten, die qualitative und quantitative Lernfortschritte begünstigen können

    → so kann ein S., der erste Erfahrungen mit der Schrift i.E. Sinne gesammelt hat, die dabei gewonnenen Einsichten bei der Verwendung von Symbolen und Piktogrammen nutzen, indem er die Lese-und Schreibrichtung einhält oder auf Abgrenzungen von Teileinheiten achtet und wer über erste Buchstabenkenntnisse verfügt, kann diese Kompetenz nutzen, um sich z.B. beim Einkaufen neue Signalwörter zu erschließen

    • Blickwechsel: starre Fixierung auf normative Verläufe → Entwicklungsvielfalt

    (bei MmgB Blick zuerst auf Entwicklungsmodell, dann individualisierte Faktoren beachten; häufig syndromspezifisches Lesen bei KmgB)

    • Kritik am Erweiterten Lesebegriff:

      1. Euker/Koch: Situationenlesen ist kein Lesen!  ein Zeichen steht für ein Bezeichnetes ( revidiertes Modell des Erweiterten Lesens: Bilderlesen  Lesen von ikonischen Zeichen  Lesen von Symbolen  logografisches Lesen  alphabetisches Lesen  orthografisches Lesen) (z.B. durch Fotorealistische Abbildungen anbahnen)

      2. Dönges: es sollten Lesearten und nicht Lesestufen sein!  weil Lesestufen normierte Entwicklungsverläufe proklamieren  ein Überspringen oder Verharren würde dann als Fehlentwicklung gedeutet werden; Gefahr, dass L ihren Unterricht stringent danach ausrichten  Lesearten kommen alle gleichberechtigt und situativ zum Einsatz; Lernprozess ist spiralförmig (keine Leseart wird überwunden oder abgeschlossen)


  • Synthetischer oder ganzheitlicher Ansatz ?

    Methodenstreit (Dönges)

    - Methodenstreit in der Deutsch-Didaktik bezüglich des Erstleseunterrichts (60er/70er
    Jahre): → Ganzwortmethode oder synthetische Verfahren ?


    synthetischer Ansatz

    • Ausgangspunkt des Leselernprozesses: einzelne Buchstaben und sein Lautwert

    • Erstleseunterricht= Einführung von ersten Verbindungen zwischen Lauten und Buchstaben

    • Aus diesen Buchstaben-Laut-Verbindungen werden erst Silben und dann Wörter zusammengesetzt (schnelles Hintereinandersprechen der einzelnen Laute)

    • Problem: fehlender Sinnbezug zum Beginn des Lesens

      • Beim Anlautverfahren wird jedem Buchstaben ein Laut in Verbindung mit einem Wort zugeordnet (I wie Igel) → Buchstaben erhalten so inhaltliche Bedeutung, die aber schnell wieder vergessen werden muss

      • Lesetechnik verlangt I als grafisches Zeichen mit dem Laut I zu verbinden

      • Bedeutungsverknüpfung führt von dieser Grundeinsicht weg und stiftet Verwirrung oder Missdeutungen im Hinblick auf das Schriftsystem

      • 2. Lehrgangsphase: sinnlose Silben werden gelesen, sog. Fibeldadaismen (la le li lo lu)

    Ganzheitliches Verfahren/Ganzwortlesen

    • Geht vom ganzen Wort oder sogar ganzen Sätzen aus

    • Erste Phase ist vom naiv ganzheitlichen Lesen geprägt

  • Merkhilfen: farbliche Hervorhebungen, Bilder oder auffällige Wortgestaltung (Ãœber-oder Unterlängen)

    • Analytische Phase

      • Optische und akustische Durchgliederung von Wörtern führt zu Buchstaben und Lautgewinnung

      • Optisch ähnliche Wörter werden verglichen (Ute, Uli, Uhr) und akustisch durchgegliedert, Wortab-und Aufbauübungen (Klaus-laus-aus) durchgeführt oder Buchstaben ausgetauscht (Haus, Maus)

    • Letzte Phase: erlernte Synthesefähigkeit wird auf unbekannte Wörter und Texte angewendet

    • Probleme

      • Kinder fassen Wörter nicht als optische Gesamtgestalt auf, sondern nur willkürliche einzelne Merkmale

      • Die lautorientierte Alphabetschrift wird beim Ganzwortlesen wie eine Begriffsschrift gelehrt, was die Verbindung zwischen Sprache und Schrift verschwinden lässt

      • Ãœberforderung des Gedächtnisses → verleitet zum Erraten der Wortbedeutung


        • Fazit: beide Verfahren greifen entscheidende Aspekte des SSE auf, sind dabei aber einseitig

          • Synthet.: Lautbezug der Schrift wird von Anfang an deutlich

          • Ganzh.: Sinnbezug der Schrift und kommunikat. Funktion wird deutlich

  • → Sachlogische Konsequenz:Verbindung der Verfahren: analytisch-synthetisches Verfahren (Einführung von Wörtern, die sofort analysiert werden) (Günther)

    Analytisch-synthetische Leselern-Verfahren (Günthner)

    • 1. Analyse: Herauslösen einzelner Buchstaben bzw. Laute aus Wörtern  S lernen, dass jedes Wort aus Einzelbausteinen zusammengesetzt ist

      1. Optische Analyse: visueller Kanal; Ausgliedern von Buchstaben aus geschriebenen Wörtern (z.B.: Ganzwörter vor Augen der S schreiben, in Einzelteile zerschneiden und wieder zusammenlegen)

      2. Akustische Analyse: auditiver Kanal; gesprochenes Wort wird in seine Lautbestandteile zerlegt (z.B. „Ich sehe was, was du nicht siehst, das fängt mit ( .) an“)

        1. 2. Synthese: Einzelelemente sollen zu hörbarem und innerlich gesprochenem Wort verbunden werden(z.B. Silben lesen; Puzzlewörter)

        2. Phonologische Bewusstheit: die Fähigkeit, lautliche Unterschiede, Gemeinsamkeiten oder Ähnlichkeiten zwischen Wörtern oder Wortteilen und Wörtern zu erkennen und zu nutzen

        3. wichtige Voraussetzung für erfolgreichen Schriftspracherwerb ist neben dem analytisch-synthetischen Bereich auch der auditiv-artikulatorische Bereich

  • 3. Sinnentnahme:

  • am Anfang laut lesen

    1. einfache Wörter, denen das Kind Bedeutung zuschreiben kann

    2. anfangs Bilder zu Wörter anbieten

    3. z.B.: Welches Wort zu welchem Bild? Fühlbilderbuch

    4. außerdem: Lautgebärden


    G-Bereich hat diese Entwicklungen zunächst ignoriert  heute: in Lehrplan ist Erweiterter Lesebegriff verankert; Umsetzungen sind jedoch je nach Lehrer unterschiedlich

    Bedeutung für den FGE

    • Sachlogische Konsequenzen des Methodenstreits im FGE nicht beachtet

    • Hier vor allem Lernen mit allen Sinnen (Lesenlernen mit Hand und Fuß Marx/Steffen; ABC mit allen Sinnen Grimm)

      • Buchstaben werden geschmeckt, gebaut, ausgeschnitten, blind ertastet, etc.

      • Naives sensualistisches Lernverständnis führt zu sinnlosen Ãœbungen (Ablaufen von Buchstaben führt durch Perspektivenwechsel zur Verwirrung)

      • SSE wird auch Buchstabenlernen reduziert → handlungsorientierte Erarbeitung lenkt von eigentl. Buchstabenfunktion ab

    • Ganzwortlesen wird angewendet (Im Sinne des erweitertes Lesebegriffs)

    „Revidiertes Modell des erweiterten Lesens in Anlehnung an Günther“ mit Ausdifferenzierung des Bilderlesens

    • Erste Stufe: bindet das Bilderlesen und das Lesen ikonischer Zeichen in eine Phase

  • Dritte Stufe: alphabetisches Lesen mit Phonem-Graphem-Korrenspondenz

  • Vierte Stufe: orthographisches Lesen mit Ausbildung von Automatismen, bei denen Silben und wörter auf einem Blick wiedererkannt werden (flüssiges Lesen)


    Perspektiven aus der Fachdidaktik/ Alternative Konzepte

    Fibelstreit

    ja oder nein? Vorerfahrungen, anknüpfen, nicht in Form von Fibeln, offener U, zwar Wahrnehmung une Gedächtnis aber nicht Funktionsweise und Prinzipien

    → Moderne Fibellehrgänge: Medium Fibel ergänzt durch Zusatzmaterialien (Lesemat., Schreibübungshefte, Info-/Demonstrationsmat), analytisch-synthetisch, halboffen


    Spracherfahrungsansatz(Brügelmann/Brinkmann 2006)

    - An Vorerfahrungen anknüpfen, Bereitstellung vielfältiger motivierender Materialien und Lernanlässe, Ablehnung Leselehrgang

    - Erfahrungen mit Schrift sammeln: unterschiedl. Schriftvorerfahrungen bei Schuleintritt

    - Ziel: Kindern individuelle Zugänge zur Schriftsprache eröffnen

    - Merkmale:

    • Kinder sollen erfahren, dass man sich durch Lesen und Schreiben anderen mitteilen und von ihnen Informationen gewinnen kann

  • Kinder sollen die wechselseitige Ãœbersetzbarkeit von Schrift und Sprache begreifen


    -Unterricht ist durch das Entwicklungsmodell des SSE, spezifische Beobachtungshilfen, eine didakt. Landkarte und ein Organisationsmodell gekennzeichnet


    -Entwicklungsmodelle des SSE

    - zeigen die Entwicklung des Lese-und Schreibversuche von Kindern auf

    - SSE als individueller Rekonstruktionsprozess → Kinder entwickeln sich weiter und

    eignen sich so die Schrift nach und nach an

    -Beobachtungshilfen:

    - diagnostisch wertvoll

    - zielen auf entscheidende Aspekte des SSE ab und schärfen den Blick für individuelle
    Unterschiede

    -Didaktische Landkarte:

    - bildet die wesentlichen Aspekte des SSE in 8 Lernfelder ab

    - diese sind als Lernspirale gedacht

    - zu jedem Lernfeld gibt es 20 Arbeitsvorschläge mit Variationsmöglichkeiten und
    didakt. Kommentaren


    Lesen durch Schreiben (Reichen 1988)

    - Ansatz: Kinder lernen Lesen über ihre Schreibversuche

    - 3 Prinzipien:

    - unterrichtsmethodisches Prinzip: Werkstattunterricht (fächerübergreifende vielfältige
    Lernangebote, Schüler wählen Lerninhalte aus, werden vom L. beraten)

  • - lesedidaktisches Prinzip: Lesen durch Schreiben

    - Grundlage:

    - Anlauttabelle: Lautwert von Buchstaben wird mittels zugeordneter Bilder abgelesen (wichtig: eindeutige Bilder!) Schüler können alles schreiben, was sie wollen

    → Lesefähigkeit stellt sich beiläufig ein

    → Orthographische Fehler werden zunächst nicht korrigiert

        1. Vorteil: Schreiben für einige Schüler anregender als Lesen, da aktive Tätigkeit, bei der etwas Sichtbares produziert wird (gegenüber kognitiv orientiertem Lesen)


    moderne Fibellehrgänge

    - Fibel ist zwar immer noch Leitmedium, wir aber durch Zusatzmaterialien ergänzt
    (Lesematerialien, Schreibübungsheft, Informations-und Demonstrationsmaterial für
    L.)

    - Lehrgänge beruhen aus analytisch-synthetischen Methode

    - Schriftsprache wird Buchstabe für Buchstabe eingeführt

    - Material beinhaltet optische, akustische und schreibmotorische Ãœbungen

    - Material ist synchron gestaltet (immer gleicher Ablauf, alle das gleiche)

    - Materialpakete bieten gemeinsamen Rahmen: für die erste Phase des Fibellehrgangs ist eine gezielte Hilfestellung notwendig (einfache Anfangswörter müssen in ihre Buchstaben-Lautstruktur durchgegliedert, abgehört, gelesen und abgeschrieben werden) → schafft gemeinsames Fundament, das dann mit differenzierten und offenen Phasen ausgebaut wird


        • Seit den 1990er Jahren: Annäherung im Fibelstreit

        • Spracherfahrungsansatz hat Auswirkungen auf moderne Fibeln und umgekehrt

        • Unterschiede liegen hauptsächlich in der Selbsttätigkeit der Schüler

          • Moderne Fibeln: Anlauttabelle nur als Differenzierungsangebot

          • Spracherfahrungsansatz legt großen Wert auf das Verfassen eigener Texte mit Hilfe der Anlauttabelle, wird aber ergänzt durch systematischer Einführung von Schriftelementen


    Ansatz von Dönges

    Schriftspracherwerb im FgE lässt sich in 4 Teilbereiche gliedern, welche nicht isoliert zu sehen sind:

    • Schreiben mit vorgefertigten Wort- und Bildkarten

    • Unterrichtsangebote zum Schriftspracherwerb im engeren Sinne: Leselehrgang, Spracherfahrungsansatz, Lesen durch Schreiben

    • Lesearten des erweiterten Lesebegriffs: Situationen lesen, Bilder lesen, Piktogramme lesen, Signalwort lesen

    • Grundlegende Schrifterfahrungen: Interesse an Schrift wecken, Möglichkeiten und Funktionen der Schriftverwendung erfahren; Bedeutung der Buchstaben und ihre Reihenfolge im Wort erfahren; Kenntnis von Buchstabenform und Lautwert anbahnen und erweitern; Lesetechnik anbahnen und fördern




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