Sprecherwechseltheorie in Bezug auf Profis/Laien
- Einleitung
- Forschungsüberblick
- Sprecherwechsel in Fernsehdiskussionen
 
1. Einleitung (Stichpunkte)
Sendung:
Hart aber fair, weil nicht nur „Profis“, sondern auch Gäste
eingeladen werden, die im Umgang mit derartigen öffentlichen
Gesprächssituationen eher unerfahren sind.(Lehrerin)
Im Verlauf des Gesprächs wird klar, dass das
Gesprächsverhalten der Anfänger stark von dem der medienerfahrenen Gäste
abweicht. Das wird vor allem in Hinblick auf die Durchführung von
Sprecherwechseln deutlich.
Das Phänomen machen wir zum Gegenstand unserer
Gesprächsanalyse.
Erkenntnistheoretische Fragestellung: Welche Unterschiede im
Sprecherwechselverhalten sind zwischen erfahrenen und unerfahrenen Gästen der
Fernsehdiskussion bei „Hart aber fair“ zu erkennen?
2. Forschungsüberblick
Der Sprecherwechsel als Gegenstand der Gesprächsanalyse
Die Frage, welche Regeln und Mechanismen dafür sorgen, dass
ein Gespräch nicht völlig chaotisch verläuft sondern vielmehr eine geordnete
Organisationsform darstellt, in welcher alle Teilnehmer ihr verbales verhalten
aufeinander abstimmen, ist eine zentrale Frage der Gesprächsanalyse.
Die wesentliche Organisationsgröße in Gesprächen stellen
dabei die Sprecherwechsel dar.
Sie sind die in der Natur des Dialogs liegenden
Segmentierungseinheiten zur Untersuchung der Dialogorganisation.
Sprecherwechsel haben ihren hauptsächlichen
Koordinationspunkt in den so genannten
„transition-relevance places“, also in diejenigen
Gesprächsphasen, in welchen ein Gesprächsteilnehmer seinen Beitrag scheinbar oder
tatsächlich beendet hat und seinen Gesprächspartnern damit die Möglichkeit
gibt, ihrerseits Wort zu ergreifen. Hierbei unterscheidet man zwischen zwei
möglichen Techniken des turn-taking, nämlich zwischen der Fremdwahl („current
speaker selects next speaker“) und der Selbstwahl ( „self-selection“)
Bei der Fremdwahl wird einem Gesprächsteilnehmer vom vorigen
Redner das Wort erteilt, was zum Beispiel durch explizite Aufforderungen,
direkte Anrede, Gestik, Körperhaltung, Mimik oder auch durch inhaltliche Vorgabe,
die auf eine bestimmte Person zugeschnitten sind, geschehen kann.
Eine Selbstwahl findet dann statt, wenn ein Sprecher das
Wort selbst ergreift, wobei dies vor allem durch direkte Forderung nach der
Sprecherrolle, Vollendung des vorangegangenen Beitrags, gehäuftes Senden von
Hörersignalen, erhöhte Lautstärke bei simultanem Sprechen, Beginn einer
Gestikulation oder auch durch leichtes Öffnen des Mundes geschehen kann.
Neben der Unterscheidung zwischen selbst – und Fremdwahl
kann man Sprecherwechsel auch im Hinblick auf den Grad ihres Gelingens
klassifizieren. Als reibungslos kann man Sprecherwechsel bezeichnen, wobei es
zu keiner oder nur zu einer kurzen Gesprächspause
(„gap“) zwischen den einzelnen Gesprächsbeiträgen und auch
zu keinen oder nur leichten Überlappungen („overlaps“) kommt. Derartige
Sprecherwechsel sind in Gesprächen am meisten anzutreffen.
Der grund, warum leichte Überlappungen in der Regel nicht
als störend empfunden werden, liegt darin, dass die Anfänge und Enden von
Gesprächsbeiträgen, die bei solche Überlappungen betroffen sind, meistens mit
verbalen „Knautschzonen“ (z.B. „ja also..“ „oder“...“oder so’“..)ausgestattet
sind.. Das hat den Vorteil, dass die Vermittlung des eigentlichen Inhalts des
Beitrags durch die Überlappung nicht behindert wird. Hinzu kommt, dass
überdeckte Wörter oder Satzteile oft aus dem vorher Gesagten erschließbar sind.
Problematisch werden die Sprecherwechsel erst dann, wenn der
vorhergehende Sprecher durch die Intervention des neuen Sprechers daran gehindert
wird, seinen Beitrag zu realisieren. Diese „latent aggressive Form der
Selbstwahl“ wird als „Sprecherwechsel durch Unterbrechung“ bezeichnet und wird
in der Regel als unangenehm empfunden. Als ebenso unangenehm und häufig sogar
peinlich werden Sprecherwechsel mit längerer Gesprächspause („lapse“)
empfunden, da dies ein Hinweis auf eine Störung der Beziehung zwischen den
Gesprächspartnern sein kann.
Weiter Formen des Sprecherwechsels, die man als
problematisch bezeichnen kann, sind durch Missverständnisse hervorgerufene
Fehlkoordinationen, wie etwa das Missverstehen von Denkpausen als Aufforderung
zum Sprecherwechsel und das Ernstnehmen von rhetorischen Fragen. Oder auch der
parallele Einsatz mehrerer Sprecher, bei dem mehrere Gesprächteilnehmer gleichzeitig
versuchen. Das Wort zu ergreifen.
Sprecherwechsel in (politischen) Fernsehdiskussionen
In Fernsehdiskussionen kann der Sprecherwechsel in sehr
verschiedenen Formen auftreten, wobei man zwischen zwei Extremfällen
unterscheiden kann. Im ersten Fall gibt es in der Diskussion eher wenige
Sprecherwechsel, die einzelnen Gesprächsbeiträge sind relativ lang
Und es kommt zu einer sehr gleichmäßigen Verteilung der
rederechte unter den Gesprächsteilnehmern. Im anderen Extremfall finden sich
sehr viele Sprecherwechsel
Kurze Gesprächsbeiträge, viele Selbstwahlen der
Gesprächsteilnehmer sowie zahlreiche Passagen, in denen parallel gesprochen
wird.
Ein Faktor, der auf den Charakter der
Sprecherwechselstruktur in einer Fernsehdiskussion einen entscheidenen Einfluss
ausübt, ist die Person des Gesprächsleiters(Moderators).
Er ist derjenige Gesprächsteilnehmer, der wegen seiner
institutionellen Stellung eine bervorrechtigte Sprecherrolle innehat, die ihn
dazu ermächtigt, jederzeit von einem uneingeschränkten Selbst – und
Fremdwahlrecht Gebrauch zu machen. Während dieses recht bei seinen Gästen zum
teil eher eingeschränkt ist.
Er hat die Aufgabe, das Gespräch durch lenkende Eingriffe so
zu leiten, dass das vorgegebene Thema auf möglichst umfassende und
facettenreiche Art und Weise erörtert wird.. Hierbei muss er jederzeit die
Übersicht über die Verteilung der rederechte haben. So darf es nicht dazu
kommen, dass einige wenige Teilnehmer das Gespräch an sich reißen, während
andere Gäste kaum zu Wort kommen.
Dieses kann vor allem dann auftreten, wenn an der
Diskussionsrunde auch Gäste teilnehmen, die ansonsten nicht an derartigen
öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen und sich deshalb eher zurückhaltend
verhalten. Hier besteht immer die Gefahr, dass diese Gäste von aktiveren,
medienerfahrenen Gesprächsteilnehmern in den Hindergrund gedrängt werden..
Der Gesprächsleiter hat in den meisten Fällen die Kontrolle
über die Verteilung von Gesprächsbeiträgen und hat damit auch die Freiheit, die
Sprecherwechsel eher frei oder eher gesteuert laufen zu lassen. Je freier er
die Sprecherwechsel handhabt, desto weniger reibungslose sind zu erwarten, da
die Gäste in diesem fall in zunehmenden Maße zur Technik der Selbstwahl zu
greifen pflegen. Das hat eine Häufung von parallelem Sprechen zu Folge, wobei
das mehr oder weniger dominante gesprächverhaltend er _beteiligten Studiogäste
über die Verteilung des Rederechts entscheidet.
Gerade bei der Betrachtung des Gesprächsverhaltens von
Gästen in politischen Fernsehdiskussionen fällt auf, dass die Teilnehmer in der
Regel ihr eingeschränktes Recht auf Selbstwahl nur begrenzt benutzen und sich
eher auf die Fremdwahl durch den Moderator verlassen.
Gerade bei kameragewohnten Studiogästen kommt es allenfalls
zu zaghaften Versuchen, eine nonverbale Selsbt6wahl durchzuführen, indem sie
durch ein Handheben ihren Willen zur Übernahme der Sprecherrolle Anzeigen: Erst
wenn die Gesprächseröffnungsphase beendet ist, werden solche Selbstwahl –
versuche meistens von direkter und spontaner Selbstwahl abgelöst.
Gerade Politiker („Profis“) neigen zu einem sehr aggressiven
und rücksichtlosen Gesprächsverhalten. Die Argumente, die der Zuschauer im
Endeffekt zu hören bekommt, stammen überwiegend nicht von besseren Rednern mit
den besseren Gründen, sondern von denen, die ihren Partnern hemmungsloser ins
Wort fallen und das einmal erbeutete rederecht dreister behaupten.
Stichpunkte, die mir einfallen in Bezug auf unsere Sendung:
#
Wir wollen zeigen, dass in Hart aber fair im Hinblick auf
den Gebrauch von Sprecherwechseln deutliche Unterschiede zwischen denjenigen
Gesprächsteilnehmern, die es gewohnt sind, an öffentlichen Diskussionen
teilzunehmen und denjenigen, die eher unerfahren sind, festgestellt werden
können.
BEISPIEL für unsere Auswertungen- ich hab die Sequenz noch
nicht gesehen..
Transkribierte Gesprächssequenz zeigt:
-Teilweise sehr aggressives verhalten im Kampf um die
Sprecherrolle. Grund für diesen - -
-Gesprächsverlauf: starke inhaltliche Polarisierung –
Streit-???In zwei Lager gespalten – warum?...
-Situation fordert vom Gesprächsleiter ein hohes Maß an
Übersicht und
Durchsetzungsfähigkeit um zu verhindern, dass das Gespräch
nicht nur von einigen wenigen
Teilnehmern dominiert wird..??
-Versuch des Gesprächsleiters,. Profi zu bremsen und zurückhaltenen
Gast zu Wort kommen
zu lassen..
Wie oft Unterbrechungen durch - Selbstwahl – Fremdwahl
etc...
Reibungsloser Sprecherwechsel? Parallelsprechen?
Wer kämpft erbittert um rederecht?
Lässt man Lehrerin – wenn sie einmal das Wort hat, ausreden?