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Hausübung

Spielkind: wenn Zeit keine Rolle spielt

1.007 / ~2 sternsternsternsternstern_0.75 Carl B. . 2012
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Hausübung
Deutsch

MLS Rimbach

Klasse 10

Carl B. ©

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ID# 15233







Spielkind

- wenn Zeit keine Rolle spielt -


 

Es ist ein wunderschöner Samstagmorgen und Olaf  kommt mal wieder nicht aus den Federn. Sein Wecker klingelt schon zum vierten Mal und zum vierten Mal kommt auch seine Hand über die Bettkante geschwungen und hämmert auf den großen, runden Knopf, auf dem An/Aus steht. Olaf zieht sich wieder die Decke über den Kopf, dreht sich um und schläft weiter. Erst als aus der Küche eine verärgerte Stimme die ruhige Beschallung durch die Singvögel in Grund und Boden schreit, macht Olaf erste Anstalten, sich auf den Weg ins Badezimmer zu machen. „Olaf mein Schatz, wir haben schon fast zwölf!“ Nach dem Zähneputzen, oder eher Streicheln, einer „Katzenwäsche“ und den üblichen Trödeleien beim Anziehen, schnappt sich Olaf, auf dem Weg in den Garten, noch eine Scheibe Fleischwurst vom Küchenbrett. „Hee!! – das wird das Mittagessen!“ Nicht im Geringsten mit dem Gefühl, gemeint zu sein und keineswegs von den Aussagen anderer beeinträchtigt, marschiert Olaf schnurstracks in Richtung Gartenlaube, wo seine alte Spielkiste steht. Mit großen Augen und einem sichtbaren Strahlen im Gesicht, macht er sich damit auf der Wiese breit. Eine Kiste mit allem, was das Herz begehrt: Blechautos, Trommeln, Teddybären, Holzbausteine, Jonglierbälle und mitten im Getümmel ein zufrieden wirkender Olaf. …

 

… Es ist einfach unglaublich, mit was für Mitteln man solch alten Herren viel Freude und einen riesigen Spaß bereiten kann. Sobald sie in den Ruhestand begleitet werden und eigentlich ihre Zeit mit Entspannung füllen wollen, fangen sie mit neuen Sachen an. Neue Sachen, die sie in ähnlicher Art und Weise schon in der

 

Kindheit beschäftigt haben. Sie sitzen da und scheinen nie glücklicher gewesen zu sein.

Erst wenn man sie an den Alltag erinnert, kehren sie wieder zurück – zurück aus ihrer Welt. …

 

… Olaf, kommst du? Unsere Enkel sind da und warten auf dich.

Mit einem lauten Stöhnen und der Hand an den Bandscheiben, richtet sich Olaf langsam und fast schon unsicher auf und beugt sich mit knarrender Hüfte schwerfällig hinab zu seinem Gehstock. …

 

… Tja, so kann es halt auch kommen: Man wird alt, Kondition und Kraft lassen nach, die Gelenke spielen nicht mehr mit, alles fällt schwerer und von der Beweglichkeit wollen war gar nicht reden.

Die einen meinen, es sei besser, zu arbeiten, bis es nicht mehr geht und dann das Leben zu genießen und  die anderen nehmen sich dauernd Urlaub. Das bedeutet, dass die einen sich so kaputt machen, dass sie ihr Leben im Alter nicht genießen können und die anderen verpulvern ihr Geld so, dass sie sich mit 70 über die Runden kämpfen müssen.

Egal was man macht, es scheint den richtigen Weg nicht zu geben und auf „Scheinhilfen“ wie Hüftprothesen, Hartz4 und Sozialgelder vom Staat sollte man sich auch nicht verlassen. …

 

… „Opa, erzählst du uns bitte eine Gruselgeschichte?“

(Olaf) … „Also, vor einigen Jahren lebte hier im Dorf ein kleiner, alter Mann. Ein Mann, der die meiste Zeit seines Lebens glücklich war. Er hatte einen harten Job, der ihm aber sehr gefiel und ihm genügend Geld einbrachte – genügend für ein entspanntes Leben in Alter. Mit der Zeit aber machte sein Körper die harte Schufterei auf dem Bau nicht mit und als er mit 60 Jahren die Arbeit niederlegte, war es schon zu spät – ein kaputter Rücken und zwei noch viel schlimmer zugerichtete Hüften! Die Krankenkasse übernahm nur einen kleinen Teil der Operationskosten, sodass der mittlerweile nicht mehr so glückliche Mann fast seine ganzen Ersparnisse auf den Tisch blättern musste. Trotzdem brachte es keine Besserung mit sich. Nachdem er viel Zeit im Krankenhaus verbrachte und sich Morphium und andere Drogen zum Freund gegen den Schmerz machte, verbrachte er den Großteil seines Daseins im Schaukelstuhl vor dem Kasten, der die viereckigen Augen macht.

Sämtliche Sozialgelder reichten ihm gerade so um Miete und das tägliche Brot zu bezahlen. Er verlor die Lust am Leben und sah nur noch schwarz. Mit nicht einmal 70 Jahren starb er.“

… „Mann, war das gruselig!“…

 

… Aber solch üble Umstände sind für viele bittere Realität. Auch die jüngeren Generationen machen sich schon Gedanken über ihr Leben im fortgeschrittenen Alter. Man sieht ja, dass es zum Beispiel der Generationenvertrag faustdick hinter den Ohren hat. Nicht viel ging schon immer so in die Hose. Auch viele andere Versuche sind schon gescheitert. Die Wörter Rente oder Rentenversicherung sollte man eigentlich eher mit Nasführen und Betrug in Verbindung bringen. Langfristige Investitionen und Anlagen scheinen doch die beste Lösung zu sein. Aber wie und wann und mit was? …

 

… „Opa, geht es dir auch so schlecht wie dem alten Mann aus der Gruselgeschichte?“

Nein, nein und solang ich keinen Gummi im Rücken und Keramik oder Titan in der Hüfte habe, kann es mir auch nicht so schlecht gehen. Außerdem hab ich gelernt wie man spart und steh jetzt nicht auf trockenem Grund. Ich bin ein alter, glücklicher Mann mit sehr viel Zeit. …

 

… Also gibt es doch den richtigen Weg. Man muss ihn nur früh genug einschlagen. Und dann muss man noch wissen, was man eigentlich machen will – was man machen will, wenn Zeit keine Rolle spielt. …

 

… „Opa, spielst du mit uns?“

„Warum nicht, aber kommt mir ja nicht mit so „neuzeitlichem Plastikfirlefanz“! Als ich so alt war wie ihr es jetzt seid, gab es noch richtig schöne Holzbauklötze und Blechautos. Die gingen nicht gleich kaputt, wenn man sie durch das Treppenhaus geschmissen oder sie mit dem Blasrohr beschossen hat. Im Garten steht eine ganze Kiste voll.“…

 

… „Neuzeitlicher Plastikfirlefanz“ – Auch geistig bauen die meisten Rentner mit der Zeit ab. Vieles macht ihnen zu viel Arbeit und sie verstehen moderne Gerätschaften einfach nicht mehr – oder wollen sie auch einfach nicht mehr verstehen. Sie wollen es sich leicht machen und meiden gerne die Konfrontation mit Neuem. …

 

… „Aber meinen MP3-Player nehme ich mit.“ … „Ach lass doch den Quatsch mit dem „Em-Peck-3-Dingsdabums“. Früher gab es Grammophone, da hat Musik hören noch Spaß gemacht. Außerdem wollten wir in den Garten spielen gehen und nicht mit so Stöpsel in den Ohren auf dem Sofa rumlungern! …

 

… Ja, ja – Erziehung von Großeltern und durch Großeltern, das sind noch mal zwei heikle Themen, aber in diesem Fall ist die Diagnose klar: Spielkind!

                                                            (1032 Wörter)


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