<
>
Download

Referat
Kommunikation / Medien

Universität Osnabrück

1,3 SS2010

Anna A. ©
5.00

0.60 Mb
sternsternsternsternstern
ID# 27700







Schriftliche Ausarbeitung zum Referat

Pro und Contra Computerspiele – eine pädagogische Debatte


Inhaltsverzeichnis


1.      Was kennzeichnet ein Computerspiel? . 3

2.      Videospiele als medienpädagogische Herausforderung an Schulen 5

3.      Videospielsucht 8

4.      Müssen Killerspiele verboten werden? . 10

5.      Amokläufer kommen nicht aus dem Computer . 11

6.      Realgewalt ≠ Computerspielgewalt ≠ Filmgewalt . 12

7.      Die Ego-Perspektive . 14

8.      Macht ein Spielverbot einen Sinn? . 15

9.      Resümee . 17

10.  Möglicher Lösungsansatz . 17

11.  Literaturverzeichnis 18


1. Was kennzeichnet ein Computerspiel? (Henrik Polke)


1993 stellten Jürgen Fritz und Wolfgang Fehr in ihrem Buch Computerspiele – Bunte Welt im grauen Alltag grundlegende Überlegungen zu der Struktur und den Merkmalen von Computerspielen vor.[1] Dieser  Teil der Ausarbeitung greift eben diese Überlegungen auf und beschreibt die sieben von Fritz und Fehr benannten Kennzeichen.


Erstes Kennzeichen von Computerspielen sind: „…filmartige, bzw. buchartige Handlungsfolgen“[2]die den Gesetzmäßigkeiten und dem Spielrahmen des Computerspiels unterliegen. „The Secret of Monkey Island“ wäre hier ein repräsentatives Beispiel. Die Handlungsfolgen, die der Spieler durchläuft, sind in einer fest geordneten Reihenfolge vordefiniert und werden vom betroffenen Spieler in eben jener Reihenfolge durchlaufen.

Auch heutige Spiele folgen noch diesem Prinzip, werden aber zunehmend in ihrem Beschränkungen um die „Sandbox“-Komponenten erweitert. Zwar ist der Rahmen der Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Spielwelt noch fest definiert, jedoch unterliegt dieser nicht mehr zwangsweise einer festen Reihenfolge, so dass dem jeweiligen Spieler weit mehr Freiräume zur Entdeckung der Spielwelt zur Verfügung stehen.

Beispiele hierfür wären die Elder-Scrolls Reihe, sowie Far Cry 2 und Fallout 3.


Das zweite Kennzeichen bildet der elektronische Stellvertreter[3], ein sogenannter Avatar. Dieser Avatar stellt den Handlungsbevollmächtigten des Spielers dar. In Monkey Island wäre es zum Beispiel der Charakter des Guybrush Threepwood. Auch die heutigen Spiele kennzeichnen sich fast ausnahmslos durch einen oder manchmal auch mehrere Hauptcharaktere aus.

Weiterentwicklungen im Rahmen dieses Charakteristikums blieben jedoch nicht aus. Die Selbstgestaltung und Personalisierung des Hauptcharakters ist heute ein wesentlicher Bestandteil vieler Computerspiele und findet ganz besonders im Bereich der Rollenspiele eine enorme Bedeutung.


Die dynamischen Grundmuster[4]bilden das dritte Kennzeichen der Computerspiele. Diese Grundmuster dienen vor allem der Aufgabe die Spielwelten von Computerspielen mit den Lebenswelten der Spieler zu verbinden. Unter diese Grundmuster fallen zum Beispiel Aspekte wie Bereicherung, Kampf oder auch die Bewährung im Rahmen von Prüfungen.


Viertes Merkmal sind die Leistungsanforderungen.[5]Die Leistungsanforderungen sind von Spiel zu Spiel unterschiedlich und stehen meist eng im Verhältnis mit dem jeweiligen Genre, dem das Computerspiel zuzuordnen ist. Um bei dem Eingangsbeispiel Monkey Island zu bleiben – die Anforderungen in diesem Spiel, einem Adventure, liegen überwiegend in Bereichen wie Interaktionsvermögen, Orientierungsvermögen sowie einer ausgeprägten und teils auch abstrakten Kombinationsfähigkeit.

Es ist dementsprechend verständlich, dass Shooter hingegen eine geringere Kombinationsfähigkeit erfordern, dafür jedoch eine wesentliche größere Reaktionsfähigkeit benötigen, was hier als Beispiel verschiedener Leistungsanforderungen aufzuführen ist.


Als weiteres und somit fünftes Kennzeichen sind die Feedback-Elemente[6] zu benennen.

Feedback-Elemente geben dem Spieler Rückmeldungen über sein Verhalten im Spiel und zeigen unmittelbar die Auswirkungen seines Handelns. Darunter fällt neben dem Erhalt von Punkten oder Gegenständen das Vorankommen in der Spielgeschichte unter Umständen auch der Tod der Spielfigur.


Rückgriffe auf den Inhalt aus Literatur Film, oder Comic[7]bilden das sechste Merkmal von Computerspielen. In die Struktur von Videospielen sind beinahe ausnahmslos Elemente aus obig genannten Quellen integriert. In Monkey Island sind es überwiegend Piratengeschichten und Märchen.

In dem Spiel Day of the Tentacle sind es neben gängigen Science Fiction Elementen ganz besonders geschichtliche Bezüge die aufgegriffen werden, da dort die Spielfigur durch die verschiedenen Epochen der Geschichte reist und bestimmte Ereignisse wie zum Beispiel die Schaffung der Unabhängigkeitserklärung beeinflussen kann. Es ist hier also festzustellen, dass der Inhalt von Videospielen nicht als isoliert betrachtet werden kann, sondern immer auch in andere Formen von Medien eingebunden ist.

Ein Beispiel hierfür wären die Spiele zur Indiana Jones Reihe, oder die aktuellen Verfilmungen von Computerspielen.


Das letzte von Fehr und Fritz benannte Kennzeichen ist die eigene mediale Welt.[8] Die eigene mediale Welt ist das Resultat der vorherigen Merkmale und erlaubt es als solche dem Spieler, sich in den von ihm gewünschten Thematiken selbst zu inszenieren. In dem Fall von Monkey Island wäre das zum Beispiel die Bewährung in einer Phantasiewelt, das Erleben von Abenteuern und die Möglichkeit, das Märchen zu einem guten Ende zu bringen.


2. Videospiele als medienpädagogische Herausforderung an Schulen


Dieses Kapitel befasst sich mit der eingehenden Fragestellung und beleuchtet diverse Kriterien im Umgang mit Videospielen an Schulen. Es werden im Folgenden verschiedene Möglichkeiten im Umgang mit dem Medium Videospiel an Schulen verdeutlicht sowie potentielle Lernfelder aufgezeigt.[9]


Welche Aspekte des Mediums Videospiel sind also für den schulischen Einsatz zu verwenden?


Zweiter Aspekt ist die Nutzung des Videospiels als exemplarisches Medium. Das bedeutet, dass das Videospiel eine Funktion als Wegbereiter in die mediale Welt einnimmt. Es ist in der Lage die Innenwelt des Spielers mit der Außenwelt zu verbinden. Das Videospiel kann hier ebenfalls als Selbsterfahrungs- und Sozialisierungsmedium fungieren.


Das kann dahingehend funktionieren, dass Schüler im Rahmen von gesprächsorientierten Unterrichtsformen lernen zu erörtern und beschreiben, warum sie gerade spezifische Gattungen von Videospielen bevorzugen.


Weiterhin kann das Videospiel auch als Medium für politische Bildung genutzt werden. Videospiele sind in diesem Zusammenhang geeignet, Erkenntnisse im politischen, wie auch sozialen Umfeld zu vermitteln. Dabei könnte den Schülern zeitgleich erläutertwerden, wie individuelle und gesellschaftliche Handlungsmuster im Spiel zum Ausdruck kommen.


Es ist also festzuhalten, dass Videospiele in diesem Kontext besonders als Bündelungsmedium fungieren. Kein anderes virtuelles Medium ist in der Lage solch zusammenhängende Erkenntnis im Rahmen zahlloser Stilelemente über die gesamte mediale Kultur zu vermitteln.


Es stellt sich in diesem Kontext verständlicherweise die Frage, wie sich diese verschiedenen Aspekte von Videospielen in konkrete Lernzielfelder einbringen lassen.


Eines der ersichtlichsten Lernfelder könnte es sein, grundlegende Erkenntnisse über die Videospiele zu erlangen. Dazu zählen neben den historischen Hintergründen auch zentrale Fragen zu den Voraussetzungen die für die Entwicklung nötig waren, sowie Betrachtungen zur Entwicklung von Videospielen.

Dabei sollten vor allem die Zusammenhänge der unterschiedlichen Medien deutlich werden. Dieser Komplex lässt sich jedoch auch noch um weitere Dimensionen erweitern. Beispielsweise ließen sich ökonomische Aspekte wie das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wie auch die Zusammenhänge zwischen Investitionen und Profit verdeutlichen. Möchte man diesen analytischen Aspekt weiter ausbauen, so ließen sich Nutzungsanalysen erstellen.


Eine solche Fragestellung steht bereits recht nah an einem zweiten möglichen Lernzielfeld.

Selbsterfahrungsprozesse beim Videospiel können dahingehend interessant zu beobachten sein, weil sie konkrete personenbezogene Aussagen zulassen. Wie verändert sich die Körpersprache beim Spielen? Wie wirkt sich Stress auf den Spieler aus, oder welcher Kontakt besteht zwischen den einzelnen Spielern beim gemeinsamen Spiel und wie steht dieser im Verhältnis zu früheren Formen von Gesellschaftsspielen? Unter diesen Gesichtspunkten ist es durchaus vorstellbar im Rahmen von Interviews oder Fragebögen den einzelnen Schüler auch kritisch für die einzelnen Aspekte des Videospiels zu sensibilisieren.


In Zusammenarbeit mit etwas älteren Schülern wäre es auch möglich, eine Analyse von Videospielen als Lernzielfeld zu bestimmen. Dabei könnte die Analyse von spieldynamischen Grundmustern und deren Übertragung auf konkrete Lebenssituationen, wie aber auch die Deutung bestimmter Muster und Inhalte auf literaturwissenschaftlicher Ebene erarbeitet werden.


Es ist in diesem Zusammenhang abschließend festzuhalten, dass die Möglichkeiten sehr vielfältig sind, sich aber aufgrund verschiedenster Hemmnisse wie zum Beispiel den Ausstattungen der Schulen oder den Kompetenzen der Lehrkräfte noch nicht endgültig formulieren ließen.


3. Videospielsucht


Dieses Kapitel befasst sich mit der wachsenden Problematik der Computer- oder auch Videospielsucht. Es sollen in diesem Zusammenhang keine umfassenden Studien dargelegt werden, sondern lediglich ein Abriss dieser Studien zur Veranschaulichung der wesentlichen Problematik und ein Überblick über ihre Erkennungsmerkmale dargestellt werden.


Abbildung 1: Nationale und internationale Studien zur Auftretenshäufigkeit von Computerspielabhängigkeit in unterschiedlichen Populationen[12]


Nach den in Abbildung 1 gezeigten Kennzahlen sind nach nationalen Studien, die zwischen den Jahren 2005 und 2007 gemacht wurden, etwa sechs bis neun Prozent der zwischen etwa zwölf bis vierzehnjährigen Jugendlichen von der Computerspielabhängigkeit gefährdet.


Diese Abhängigkeit unter den Jugendlichen und auch anderen Personengruppen lässt sich überwiegend an folgenden Symptomen erkennen:[13]


Kontrollverlust hinsichtlich des Zeitpunkts des Beginnens und des beenden des Spiels.

Entzugserscheinungen wie gesteigerte Nervosität, Händezittern und Gereiztheit.

Die Entwicklung einer Toleranz. Nur zunehmendes Spiel kann die gleiche Art von Befriedigung liefern.

Einengung des Handlungsspielraums, welches sich durch zunehmendes Desinteresse an alternativen Tätigkeiten erkennen lässt.

Ein weiteres Merkmal ist die Fortführung des Konsums, gleichwohl sich seine negativen Auswirkungen schon feststellen lassen (Leistungsabfall in der Schule).


Als eine potentielle Maßnahme, die die Zahl der Videospielsüchtigen eindämmen und gleichzeitig nötige Aufklärungsarbeit und Medienkompetenz schaffen soll, wurde 2006 der Medienführerschein geschaffen.

Dieser Medienführerschein hat die zentrale Aufgabe, die Jugendlichen für die neuen Medien zu sensibilisieren und ihnen einen verantwortungsbewussten Umgang zu vermitteln. Unter pädagogischer Betreuung, sowie fachlicher Begleitung sollen die Jugendlichen durch den praktischen Umgang mit den unterschiedlichsten Medien im Rahmen eines einwöchigen Workshops geschult werden.

Die vermittelten Informationen sollen die Jugendlichen als Anregung dienen, die neuen Medien nicht bloß zu konsumieren, sondern auch den praktischen Nutzen im späteren Berufsleben vor Augen geführt bekommen.


Langfristige Aussagen über Erfolg oder Nichterfolg des Medienführerscheins sind noch nicht zu treffen, wohl aber konnte festgestellt werden, dass die Resonanz der Beteiligten, wie auch der Presse entsprechend positiv auffiel. [14]



Erfurt, Emsdetten und Winnenden. Wenn man diese Städtenamen hört, dann packt einen gleich das kalte Schaudern, weil vermutlich jeder an die schrecklichen Bluttaten denkt, die dort an Schulen verübt wurden. Eine heftige Diskussion entbrannte spätestens nach dem Amoklauf in Emsdetten (2006) und es wurden immer mehr Stimmen laut, die ein Verbot gewalthaltiger Computerspiele und einen besseren Jugendschutz forderten.

„Dies gelte für Spiele, bei denen ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen oder anderen grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen ist“[15]. Was die Medien damals noch als Frage formulierten: „Durch Computerspiele zum Amokläufer?“[16], war für viele bereits ein Faktum.

Der Schuldige war längst gefunden bevor auch nur ansatzweise die Hintergründe der Tat beleuchtet wurden und auch nach dem ersten Schrecken wurde diesem Versäumnis nicht nachgekommen. Dennoch wird weiterhin hitzig über die Frage ‚Müssen Killerspiele verboten werden‘ diskutiert und die Meinungen über die Beantwortung dieser Frage gehen deutlich auseinander.

Außerdem wird soziales Verhalten beim Konsumieren derartiger Spiele vermindert und nicht zuletzt sinkt durch ‚Killerspiele‘ die Hemmschwelle zur Gewalt. Zumindest sind dies die Argumente, mit welchen sich die sogenannten Experten ihre Ursachenforschung einfach machen wollen. Folglich soll wissenschaftlich klar erwiesen sein, dass ein „[…] andauernder Konsum von derartigen Spielen, in denen Gewalt und Brutalität […] aktiv ausgeübt und gesteuert wird, die Gewaltbereitschaft fördert und die Fähigkeit, Mitleid zu empfinden verkümmern lässt“[17].

Dementsprechend sind Spiele, indem Szenen aus ihnen in die Realität übertragen werden, eine der Ursachen für die erschreckende Jugendgewalt und auch für Amokläufe[18].

Tatsache ist aber, dass der Zusammenhang zwischen virtueller Gewalt in Computerspielen und realer Gewalt wissenschaftlich umstritten ist. Es gibt „[…] zahlreiche interessante Hypothesen aber leider keine harten Ergebnisse […]“[19], ob gewalthaltige Computerspiele tatsächlich die Gewaltbereitschaft bei den Nutzern steigern oder nicht.

Hat das von vielen Entscheidungsträgern geforderte generelle Spiele-Verbot dann einen Sinn? Im Folgenden wird nun versucht Antwort auf diese Fragen zu geben, mit dem Ziel, auf Grundlage der herangezogenen Literatur einen eventuell besseren Lösungsansatz zu erläutern als ihn die meisten Politiker und Experten fordern.


5 . Amokläufer kommen nicht aus dem Computer


„Tatsächlich wissen wir heute immer noch sehr wenig über die Wirkung von Computerspielen und werden es wahrscheinlich auch in Zukunft niemals vollständig wissen", erläutert Michael Wagner[21]. Als Universitätsprofessor für Technologieunterstütztes Lernen und Multimedia ist Wagner in seiner Funktion einer jener wenigen Experten, die sich international mit der Wirkung von Videospielen beschäftigen.

Er ist somit einer derjenigen, der für die Annahme eintritt, dass man nicht umstandslos von den Inhalten der Medien direkt auf deren Wirkung schließen kann. Denn die direkte Übertragung von Handlungen in die Realität ist zunächst durch „[…] ständige Selektions- und Interpretationsprozesse des Nutzers vor dem Hintergrund seiner individuellen Erfahrungen unmöglich […]“[22].


6. Realgewalt ≠ Computerspielgewalt ≠ Filmgewalt


Es erscheint in diesem Zusammenhang wichtig zu klären, was Computerspielgewalt von realer bzw. filmischer Gewalt unterscheidet und welche Konsequenz diese Unterscheidung für die Frage nach der Wirkung von Gewalt in Computerspielen hat. Zunächst ist festzustellen, dass die Realgewalt einen grundsätzlich anderen Sinn verfolgt als die Computerspielgewalt.

„Reale Gewalt ist zweckgebunden und soll schädigen bzw. verletzen“[24]. Die Gewalt in Computerspielen dagegen, ähnlich wie im freien Kinderspiel, folgt keinem externen Zweck und erzeugt auch keinerlei ‚tatsächlichen‘ Schaden. Dies ist ihr auch nicht möglich, da sie in die „[…] engen Handlungs- und Wirkungszusammenhänge der virtuellen Welt […]“[25] eingebunden ist. Weil sie vielmehr ästhetisiert und wettkampfartig dargestellt und genutzt wird, stellt sie bestenfalls das Gegenteil, nicht aber das Vorbild für Realgewalt dar.

Damit ist sie automatisch unabhängig von der optischen Qualität und somit realitätsfern[26]. Es ist auf Grundlage der illustrierten Voraussetzungen theoretisch unwahrscheinlich, dass ein „[…]unkontrollierter Transfer gewaltbezogener Handlungs- oder Wahrnehmungsschemata […]“[27] zwischen realer und virtueller Welt stattfindet. Er wird schlicht durch die unterschiedlichen Sinnzusammenhänge von Realität und Computerspiel verhindert.

Ebenso unterscheidet sich die Gewalt in Computerspielen massiv von jener in Filmen. Bei filmischer Gewalt spielen vor allem die semantischen Zusammenhänge, also die Bedeutung, eine wichtige Rolle. In Computerspielen weicht dies den syntaktischen Zusammenhängen, wodurch vor allem die Wirkung bedeutsam wird.  Die Interaktionen in Computerspielen unterscheiden sich von echten zwischenmenschlichen Interaktionen vor allem durch das Fehlen der Ebenen Empathie und Emotionalität.

Wo der Film versucht dem Zuschauer ein emotionales Erlebnis zu bieten, da steht beim Computerspielen vielmehr „[…] das Verstehen und Beherrschen von Reiz-Reaktions-Folgen im Vordergrund“[29]. Die Gewalt in Computerspielen hat folglich eher einen Wettbewerbscharakter und somit bedeutet das Eliminieren von Gegnern lediglich vorankommen im Spiel und eben nicht Leid, Tod und Schmerz.

Unterstützt wird diese Wahrnehmungsweise dadurch, dass die Spielfiguren im Spiel keine emotional sich entwickelnde Charaktere sind, sondern ihnen eine rein funktionalistische Rolle im Spiel innewohnt[30].

Die Film- und Fernsehwirkungsforschung konnte zeigen, „[…] dass für eine ängstigende und/oder Mitleid erregende Wirkung medialer Gewalt die Art der Opferdarstellung wesentlich ist“[33]. Die Gewalt in Computerspielen, die rein funktionalistisch ist, und eine psychologisch flache Spielgeschichte, lassen gar keinen Platz für eine Opferrolle zu.

Die Gegner im Spiel stellen lediglich charakterlose Zielscheiben und keine Opfer dar. Die wesentlichen Voraussetzungen, um Mitleid mit den Opfern zu empfinden oder überhaupt so etwas wie das Phänomen ‚Opfer‘ entstehen zu lassen, fehlen.  Da somit gar keine Opferrolle vorhanden ist, kann eine ängstigende oder Mitleid erregende Gewalt gar nicht erst wahrgenommen werden.

Demzufolge ist das Eintreten von Gewalthabitualisierung und Empathiereduktion unwahrscheinlich[34].


7. Die Ego-Perspektive


‚ Ego-Perspektive‘ ist die Bezeichnung für eine Kameraansicht in Computerspielen, bei der man die Spielwelt quasi durch die Augen der Spielfigur sieht. Man nimmt somit scheinbar die Position der Spielfigur ein und sieht in der Regel nicht die Figur selbst, sondern nur die Hände und die mitgeführte Waffe. Jedoch kann -  wider Erwarten - lediglich die dazu korrelierende Ich- Perspektive in Film und Literatur als stets stark psychologisiert beschrieben werden.


| | | | |
Tausche dein Hausarbeiten