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Hausübung
Erziehungswissenschaf­t

Freie Universität Berlin - FU

2008, Prof. Hölzle

Marcel Z. ©
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ID# 18839







Schreibaby – Exzessives Schreien im Säuglingsalter


Inhaltsverzeichnis

1.                    Einleitung 3

2.                    Was ist ein Schreibaby? 3

3.                    Ursachen für Schreibabys 5

4. Folgen des Exzessiven Schreiens 9

4.1 Folgen für das Kind 10

4.2 Folgen für die Eltern 11

4.3 Folgen für die Eltern-Kind-Beziehung und –Interaktion 12

5. Mögliche Maßnahmen der Eltern im Umgang mit Schreibabys 14

5.1 Beruhigungsmethoden 15

5.2 Regelmäßigkeit und Strukturierung 16

5.3 Nutzung der Aktiven Wachphasen 16

5.4 Entlastung der Eltern 17

6. Fazit 17

7. Literaturverzeichnis 18

8. Internetquellenverzeichnis 18


1. Einleitung


Wie oft hört man Kleinkinder schreien und denkt sich nichts weiter dabei oder das schreiende Baby wird sogar als störend empfunden. Wer hat sich nicht selbst schon einmal bei einem Restaurantbesuch darüber geärgert und sich insgeheim gefragt: „Warum unternehmen die Eltern denn nichts?“. Meist denkt man das Kind hat Hunger oder einfach nur die Windeln voll und das Schreien könnte doch eigentlich schnell und einfach abgestellt werden.

Durch einen Bekannten wurde ich erstmals mit dem Phänomen von Schreibabys konfrontiert und beschäftigte mich mit diesem Thema. Hinzu kam später das Seminar „Früherkennung und Frühförderung bei Lern- und Entwicklungsstörungen“ in dem ebenfalls diese Problematik behandelt wurde Ich musste erkennen, dass es Kinder gibt, die scheinbar rund um die Uhr schreien und die Gründe dafür doch nicht ganz so profan sind.

Diese Arbeit soll sich mit dem Phänomen von Schreibabys beschäftigen. Sie soll auf der einen Seite die vielschichtigen möglichen Ursachen für ein Schreibaby aufzeigen und auf der anderen Seite die möglichen negativen Folgen zum einen für das Kind, aber auch vor allem für die Eltern, beschreiben. Des Weiteren werden mögliche Maßnahmen und Möglichkeiten behandelt, die helfen können dieses Phänomen einzudämmen.


2. Was ist ein Schreibaby?


In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen zu diesem Begriff. Laut wird ein Schreibaby über das Verhalten „eines ansonsten gesunden Säuglings, der längere Zeit an plötzlichen, unstillbaren Schreiattacken leidet“ definiert. Demnach beginnt dieses Störungsbild meist um die zweite Lebenswoche und bildet sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nach drei bis vier Monaten zurück.

Auf Grund dieses nur temporären Auftretens und der unbewiesenen Vermutung, dass eine Kolik die Ursache für das Erscheinungsbild sein könnte, wird das Verhalten auch als Dreimonatskolik bezeichnet. Der Begriff Schreibaby wird hier ebenfalls als „Exzessives Schreien im Säuglingsalter“ bezeichnet (vgl. Bei wird ein Schreibaby über feste Zeiten seines Schreiverhaltens definiert.

Demnach muss ein Kind „mindestens an drei Tagen der Woche drei Stunden schreien.“

Weiterhin werden hier folgende typische Merkmale genannt:


-       anhaltendes, sich steigerndes Schreien

-       durchgedrückter Rücken

-       rot anlaufender Kopf

-       Unterbrechung der Atmung

-       Beruhigung meist nur durch Ablenkung möglich

-       das Kind kann nicht entspannen

-       Übermüdung

-       Überreizung

-       Stillprobleme

-       schreckhaftes Aufwachen

-       hohe Muskelanspannung

-       Schlaf nur bei totaler Müdigkeit möglich

-       die Kinder sind sehr wachsam bis schreckhaft

(vgl. www. schreiambulanz.de)


Wessel stellte 1954 in einer Arbeit („Paroxysmal fussing in infancy, sometimes called colic“) wesentliche Kriterien für die Bestimmung von exzessiven Schreien auf. Diese Dreierregel wurde später nach ihm benannt (Wessel criteria). Demnach ordnet man das Schreien eines Kindes als „exzessiv“ ein, wenn der Säugling, über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen, an mindestens drei Tagen pro Woche, mehr als drei Stunden schreit (vgl. Lentze, Schaub, Schulte: „Pädiatrie“, 2001).

In der deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie bildet das Phänomen der Schreibabys ein Kernsymptom der so genannten Regulationsstörungen im Säuglingsalter. Regulationsstörungen sind für das Alter oder den Entwicklungsstand des Kindes außergewöhnliche Schwierigkeiten, sein Verhalten in einem, häufig aber in mehreren Interaktions- und Regulationskontexte, entsprechend zu regulieren

(vgl.

Für mich persönlich kann man sich durchaus an der Dreieregel nach Wessel orientieren, sollte aber die Zahlenwerte nicht zu starr betrachten und sie nur als Anhalt sehen. Oft gibt es begründete Faktoren warum ein Kind schreit. Weinen ist in den ersten Lebensmonaten die einzige Möglichkeit der Kinder, sich der Umwelt mitzuteilen.

Oft gibt es berechtigte Gründe für dieses Verhalten. Ebenfalls macht man es sich meiner Meinung nach teilweise zu einfach, wenn man das Schreiverhalten eines Säuglings anhand fester Zahlen beurteilt und die Kinder danach in Kategorien einteilt. Auch die oben beschriebenen Merkmale können durchaus begründete Ursachen haben und sind somit nicht zwingend Merkmale für ein Schreibaby.

Ebenso ist eine Kolik als Ursache bisher nur eine Vermutung und wissenschaftlich nicht bewiesen. Deshalb definiere ich den Begriff Schreibaby für diese Arbeit folgendermaßen:

Als Schreibaby bezeichnet man einen gesunden Säugling der in den ersten Lebensmonaten über mehrere Stunden am Tag anfallsartige, unstillbare Schrei- und Unruhephasen aufweist, für die es keine umweltbedingten Ursachen gibt.

3. Ursachen für Schreibabys


Bevor ich mögliche Ursachen für exzessives Schreien beschreibe, möchte auf einige wissenschaftliche Studien eingehen. Abhängig von der jeweiligen Untersuchung sind 8-29% aller gesunden Säuglinge von diesem Phänomen betroffen (vgl. von Hofacker: „Rätsel der Säuglingskoliken“ in Monatschrift Kinderheilkunde, 1999). Beim überwiegenden Anteil bildet sich dieses Verhalten entsprechend dem Rückgang der normalen Schreiphasen im Alter von drei Monaten zurück.

Bei nur ca. 4% der Kinder bleibt das exzessive Schreien bis zum sechsten Monat, in seltenen Fällen auch länger, bestehen. Dabei ist in nur ca. 5% der Fälle die wirkliche Ursache für das Verhalten die so genannte Dreimonatskolik.

Schreien ist ein normaler Verhaltenszustand des Babys. Nur so kann es zunächst Kontakt zu anderen Personen aufnehmen und auf seine Bedürfnisse aufmerksam machen. Es ist seine einzige Möglichkeit mitzuteilen, dass es Hunger, Durst, Schmerzen oder eine nasse Windel hat. Auslöser für Schreien können aber auch Umwelteinflüsse wie zu grelles Licht oder zu starker Lärm sein.

Das Kind teilt mit, dass es sich unwohl fühlt und fordert gleichzeitig auf, die Auslöser für das Unwohlsein abzustellen. Des Weiteren ist es möglich, dass sich das Kind beispielsweise langweilt oder es müde oder unzufrieden ist. Die meisten Babys weinen in den ersten drei Monaten ihres Lebens viel. Eine Schreizeit von bis zu zwei Stunden täglich gilt dabei durchaus als normal.

Um den siebten bis zehnten Lebenstag beginnt normalerweise die vermehrte Schrei- und Unruheneigung. Während der ersten drei Lebensmonate schreien 40% der Babys meist in den Abendstunden zwischen 16 und 23 Uhr. Diese Unruhephasen erreichen um die sechste Lebenswoche ihren Höhepunkt und nehmen anschließend allmählich wieder ab.

Bis zum vierten Monat reduziert sich die Schreidauer auf ca. eine Stunde am Tag (vgl. Wolke: „Interventionen bei Regulationsstörungen“, 1999).

In der Wissenschaft hat sich ein vierstufiges Klassifizierungssystem etabliert bei dem zwischen verschiedenen Schreigruppen unterschieden wird.


1. Das primär physiologische Schreien


2. Das primär pathologische Schreien

Die Ursache ist hier in Chromosomenanomalien, z.B. Katzenschreisymdrom oder zerebrales Schreien infolge schwerer Erkrankungen des zentralen Nervensystems zu suchen.


3. Das sekundäre Schreien

Auslöser sind hier vorübergehende Erkrankungen.


4. Das primär exzessive Schreien

Dabei handelt es sich um das heftige nahezu unstillbare Schreien innerhalb der ersten drei Monate.

(vgl. Bensel, Haug-Schnabel: „Primär exzessives Schreien in den ersten drei Lebensmonaten“, 1997)


Das primär exzessive Schreien beschreibt das Phänomen der Schreibabys. Dieser Aspekt ist der Schwerpunkt dieser Hausarbeit. Die möglichen Ursachen dieses Schreiens werden folgend näher betrachtet.

Bei der Frage, warum manche Babys stundenlang brüllen, andere dagegen nicht, geht man von verschiedenen Gründen aus.

Studien haben gezeigt, dass die Ursachen für ausdauerndes Weinen oder Gebrüll im Allgemeinen nicht im sozialen Umfeld liegen. Des Weiteren scheint, wie bereits erwähnt, auch die Dreimonatskolik selten der Grund zu sein. Einige Experten vermuten, dass Stress in der Schwangerschaft, beispielsweise durch unbewältigte Konflikte der Frau, eine Ursache sein könnte.

Auch Probleme während der Geburt können die Auslöser sein. So kann zum Beispiel durch die Geburt beim Kind eine Schrägstellung der Wirbelsäule auftreten, die Schmerzen verursacht und so Ursache für übermäßiges Schreien ist. Ebenfalls können wie oben erwähnt Anpassungsschwierigkeiten des Kindes an die neue Situation übermäßiges Schreien bewirken. Der kindliche Organismus muss ganz neue Umwelteinflüsse verarbeiten, neue Ernährungsgewohnheiten erlernen, sowie den Wechsel zwischen erholsamen Schlaf und aufmerksamen, zufriedenem Wachsein erlernen (vgl. Mittlerweile ist bewiesen, dass es sich bei Schreibabys um sehr sensible, neugierige und wissbegierige Kinder handelt.

Sie wollen alles sehen und hören, alle Eindrücke aufnehmen und sind fast unfähig weg zu sehen oder abzuschalten. Abends schaffen sie es dann nicht, sämtliche Eindrücke zu verarbeiten und einfach einzuschlafen. Oft wird dann um „herunterzufahren“ stundenlang geschrieen ohne, dass das Kind von allein aufhören kann (vgl.

In der Fachliteratur werden viele körperliche, psychische und soziale Faktoren diskutiert, ohne dass bisher ein allgemein akzeptiertes Modell hervorgegangen ist. Viele Experten betonen aber die Bedeutung des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren. Des Weiteren können sich die einzelnen Faktoren gegenseitig verstärken.


Psychische und soziale Faktoren:

Die Beziehung zwischen den Eltern und dem Säugling ist durch eine komplexe und nonverbale Kommunikation, die sich besonders auf Gestik, Mimik und Berührungen stützt, geprägt. Diese Eltern-Kind-Interaktion kann schon durch kleine Abweichungen erheblich gestört werden. Die Abweichungen sind sehr individuell und treten vielfältig aus.

Die präverbale Entwicklung des Menschen“, 1993).

Ein weiterer Faktor kann ein als schwierig einzustufendes, angeborenes Temperament des Kindes sein. Wenn bei ihm die Fähigkeit Reize aufzunehmen und schnell zu verarbeiten erblich bedingt nur gering ausgeprägt ist, kann dies als Folge exzessives Schreien auslösen oder begünstigen.

Weiterhin kommen beispielsweise Paarkonflikte der Eltern, Konflikte mit den Herkunftsfamilien, Armut, alleinerziehende Elternteile, Ängste, Depressionen, soziale Isolation oder eingeschränkte Ressourcen im Rahmen einer psychischen Störung der Mutter als Belastungsfaktoren in Frage. Diese Faktoren beeinflussen die Eltern-Kind-Interaktion und können eine Überforderungssituation der Eltern verstärken (vgl.

Als weiterer Faktor sind Komplikationen oder Risiken während der Schwangerschaft und Geburt bekannt. Mit einer Geburt ändert sich für Mutter und Kind die Situation schlagartig. War das Kind bis zur Geburt „wohlbehütet“ im Mutterbauch und wurde über die Nabelschnur mit Nahrung versorgt, ist es nun plötzlich Kälte, Helligkeit, lauten Geräuschen und fehlender Mutternähe ausgesetzt.

So ist schon eine normale Geburt für den Säugling „ein aufregendes Erlebnis“. Kommen nun Komplikationen wie Früh- oder Spätgeburt, Geburt unter Medikamenteneinfluss, Zangengeburt oder Nabelschnurgeburt hinzu, kann ein solches Ereignis beim Kind ein Traumata verursachen. Dies wird später durch Weinen, Zittern und Gähnen verarbeitet (vgl. Riedel-Henck, „Weinendes Baby – Ratlose Eltern, wie sie sich und ihrem Schreibaby helfen können“, 1998).

Körperliche Faktoren:

Wie bereits erwähnt wird mittlerweile die Dreimonatskolik als Ursache für exzessives Schreien ausgeschlossen. Da aber bei exzessivem Schreiverhalten viel Luft geschluckt wird, können Blähungen und Bauchschmerzen ausgelöst werden, die dann das Schreien verstärken. Auch unangepasste Ess- und Trinkgeschwindigkeiten, zu große Nahrungsmengen oder Schlucken von Luft während des Essens können die Ansammlung von Gasen im Darm begünstigen.

Weiterhin können Allergien eine Ursache für ein Schreibaby sein. Ist ein Elterteil selbst Allergiker liegt die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Kind von einer Allergie betroffen ist zwischen 20 und 40%. Weisen beide Eltern eine Allergie auf, so steigt die Wahrscheinlichkeit auf 40 - 60%. Ist ein Säugling gegenüber einen Stoff der durch die Muttermilch übertragen wird allergisch, kann das exzessives Schreien auslösen (Riedel-Henck, „Weinendes Baby – Ratlose Eltern, wie sie sich und ihrem Schreibaby helfen können“; 1998).

Auch Schlafprobleme kommen als Auslöser in Frage. Der Schlaf von Säuglingen ist allgemein sehr leicht und schon kleinste Störungen können ihn wecken. Das Neugeborene hat zunächst die Hauptaufgabe seinen Schlaf-Wach-Rhythmus zu finden und zu regulieren. Hier kann es zu einer Regulationsstörung kommen. Eine Unreife in dieser Regulation kann zu Schlafstörungen und chronischer Unruhe führen, die dann häufig zu übermäßigem Schreien führen (vgl. Riedel-Henck, „Weinendes Baby – Ratlose Eltern, wie sie sich und ihrem Schreibaby helfen können“; 1998).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die wirklichen Ursachen exzessiven Schreines bisher noch nicht eindeutig erforscht sind. Es gibt verschiedene Faktoren die diese Störung auslösen oder verstärken können. Meiner Meinung nach zeigt das von Averbeck und Beyer (April 2006) modifizierte Modell nach Papousek und Papousek (1990) die möglichen Faktoren am besten.

Bei den negativen Folgen steht auf der Kind-Seite auch das exzessive Schreien.


Entwicklungsdynamischen Modell frühkindlicher Regulations- und Beziehungsstörungen von Averbeck, Beyer 04/2006 (modifiziert nach Papousek und Papousek)


Co-Regulation

Positive Gegenseitigkeit

Dysregulation

negative Gegenseitigkeit

Risikofaktoren


Erkrankungen


Reifungsprozesse


Genetik


Temperament

Lebensgeschichte


Repräsentationen


Psycho-

pathologie


Partnerschaft


Familie


Soziales Netz

-Blickabwendung

-Unruhe, Schreien

-Essproblem

-Schlafproblem

-Verunsicherung

-Erschöpfung

-Frustration

-Ablehnung

-Blickzuwendung

-Lächeln

-Beruhigung

Interaktion

-Selbstwert

-Freude

-Entspannung


(Quelle:


4. Folgen des Exzessiven Schreiens


Folgend sollen mögliche Folgen des Exzessiven Schreiens betrachtet werden. Dabei unterscheide ich zwischen Folgen für das Kind selbst, Folgen für die Eltern und Folgen für die Eltern-Kind-Ineraktion.


4.1 Folgen für das Kind


Bei vielen Kindern klingt die Schreiphase nach ca. 3 Monaten ab, kann recht harmlos sein und sich von selbst beenden. Doch bei etwa 4 Prozent der betroffenen Kinder dauert diese Phase erheblich länger und aus den Schreibabys werden „Schreikleinkinder“. Diese sind oft sehr unruhig, zeigen Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel das Schlagen des Kopfes oder das Laufen gegen Wände, leiden verstärkt an Ess- und Schlafstörungen und weisen nicht selten Symptome des Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. (laut Ärztezeitung vom 17.01.2002 entwickeln rund 40% der Schreibabys ein ADS-Symptom) (vgl. www. elternimnetz.de).

In Folge dessen kann sich Resignation als ständiger Charakterwiderstand und eine Verpanzerung im Kind festsetzen (vgl. Diederichs/Olbricht, „Unser Baby schreit soviel“; 2002). Weitere Folgen können Schlafprobleme, Hyperaktivität, veränderte Nahrungsaufnahme und Verdauungsstörungen und eine unzureichende Ausbildung des Kernbewusstseins[1] sein. Im Kleinkindalter kann dies zu Beziehungs-, Persönlichkeits-, Verhaltens- und Kommunikationsstörungen oder narzisstischen Tendenzen führen.

Das Kind kann also bedingt durch das exzessive Schreien keinen Kontakt mehr zu seinen Bezugspersonen herstellen und hat als Erwachsener dieses Muster verinnerlicht. Dadurch hat er Schwierigkeiten Kontakt nach außen herzustellen. Mögliche Folgen sind deshalb Auseinanderbrechen von Beziehungen, Vereinsamung, isolierte Lebensformen und Halt – und Bindungslosigkeit

(vgl. Krisen.

pdf; Stand August 2008; von Freie Universität Berlin: „Evaluation der Schreibabyambulanz; 2000).


4. 2 Folgen für die Eltern


Die Folgen die ein exzessiv schreiendes Kind für die Eltern haben kann sind vielseitig und hängen ebenso von vielerlei Einflussgrößen ab. Die Gefühle die ein Schreibaby bei den Eltern auslösen kann, sind sehr verschieden. Es keimen Zweifel an den eigenen elterlichen Kompetenzen oder Enttäuschung über das Kind auf.

Diese Symptome erschweren es den Eltern zusätzlich auf das Kind einzugehen, welches die elterliche Anspannung spürt und mit weiterem Schreien reagiert. Auch die ständige akustische Belastung durch das Schreien kann bei den Eltern negative Gefühle wie Wut und Aggressivität fördern.

Einen weiteren Punkt stellt die häufige soziale Isolation der Eltern von Schreibabys dar. So werden Eltern mit schreienden Kindern schnell verurteilt, verständnislose Blicke und negative Kommentare sind die Folgen. Dadurch ziehen sich Mutter und Vater oft immer mehr zurück und Depressionen und Aggressionen gegen das Kind können gestärkt werden.

Bekommen die Eltern hier keine emotionale oder praktische Hilfe (z.B. zeitweise Betreuung des Kindes durch andere) können die Umstände schnell zu seelischen Erkrankungen führen. Depressionen, Erschöpfungszustände, Verzweiflung, Angst und Aggression bis hin zur Psychose können die Folge sein.

Auch die Beziehung zwischen den Eltern wird während dieser Zeit besonders belastet. Die Bedürfnisse der Eltern werden aus Rücksicht auf das Kind noch mehr hintenan gestellt. So fehlt die Zeit für Gespräche, gemeinsame Unternehmungen oder Zärtlichkeiten. Dies belastet die Elterteile zusätzlich zu den bereits beschriebenen Auswirkungen.

(vgl. Krisen.

pdf).

Zusammenfassend können die häufigsten emotionalen Auswirkungen auf die Eltern in folgender Grafik dargestellt werden. Dabei wird zwischen biologischen und psychosozialen Risiken unterschieden. Das Schreibaby führt dabei zu den teilweise schon oben beschriebenen Folgen. Alles in allem beeinflussen und verstärken sich die verschiedenen Folgen gegenseitig und so bilden einen „Teufelskreis“.

Gleichzeitig wird zwischen post-, peri- und pränatalen Einflüssen unterschieden.



(Quelle: Papousek, Schieche, Wurmser; Regulationsstörungen der frühen Kindheit, 2004)


4. 3 Folgen für die Eltern-Kind-Beziehung und -Interaktion


Die vorher beschriebenen Folgen sowohl für das Kind als auch für die Eltern stellen erhebliche Anforderungen an die elterlichen Kompetenzen, welche sich belastend auf die Eltern-Kind-Beziehung auswirken. Aus Verzweiflung wechseln viele Eltern häufig und schnell ihre Beruhigungsstrategien und hoffen so, vielleicht irgendwie den richtigen Weg zu finden.

Durch diese ständige und teilweise hektische Suche kommt es beim Kind zu einer Überstimulation. Durch diese und den durch die Eltern vermittelten Stress bedingt, kann das Kind sich nicht wirklich beruhigen und nicht lernen sich selbst zu regulieren.

Dadurch wird das Baby oft auffallend ernster und freudloser und zeigt Passivität, Apathie, Interesselosigkeit und Unzugänglichkeit. Es vermeidet spontanen Blickaustausch mit der Bezugsperson und den Rückversicherungsblick in unbekannten Situationen. Des Weiteren kann es zu motorischer Unruhe, Dysphorien, exzessives Trotzverhalten und oppositionelles Verhalten kommen (vgl. Diese Verhaltensweisen lösen bei den Eltern wiederum das Gefühl aus, vom Kind nicht geliebt zu werden und die Verunsicherung im Umgang mit dem Baby wird verstärkt.

Liegen solche Symptome vor, kann von einer Interaktionsstörung gesprochen werden.


Mögliche dysfunktionale Interaktionsmuster können sein:


 Teufelskreis mit negativer Gegenseitigkeit in Funktionsbereichen des Beruhigens, Schlafen legens, Fütterns, Zwiegesprächs, Spiels und Abgrenzens


Mangel an Bezogenheit mit Einschränkung, Blockierung oder stereotypem Ausüben der intuitiven Verhaltensbereitschaften, z.B. tonlose Sprechweise oder Verstummen im Umgang mit dem Baby, fehlende Grußreaktion auf Blickzuwendung des Babys, Unsicherheit im körperlichen Bezug zum Baby, Vermeiden von Körperkontakt



Konflikthafte Bezogenheit mit stereotypem, getriebenem Wiederholen und pausenlosem raschen Abwechseln von Stimulation und Spielchen ohne Rücksicht auf die kindliche Aufnahmebereitschaft, abruptem Wechsel von aufgesetzt-freundlichem und zurückweisend-strengem Verhalten

Verdeckte oder offene Ablehnung mit auffallend grobem Handling ohne Bezug zum Kind und ohne Rücksicht auf kindliche Signale, fehlender Zärtlichkeit oder unvermittelt heftigen Zärtlichkeitsbekundungen


Drohende Misshandlung mit manifester Vernachlässigung, inadäquater Ernährung mit mangelndem körperlichen Gedeihen, schlechtem Pflegezustand, Übergehen von kindlichen Signalen der kindlichen Interaktionsbereitschaft und Übersehen von Gefahrensituationen


(Quelle: )


Werden diese dysfunktionalen Interaktionsmuster nicht durchbrochen, kann es durch die gestörte Interaktion zu Beziehungsstörungen kommen, durch die wiederum Bindungsstörungen entstehen können.

Wie im letzten Punkt der dysfunktionalen Verhaltensmuster bereits erwähnt, können die negativ dynamischen Prozesse auch physische Folgen für das Kind haben. Neben den in diesem Absatz beschriebenen möglichen Folgen kann es durch die Belastung der Eltern und die vorhandene Wut und Hilflosigkeit schnell auch zu ungewollten Misshandlungen kommen.


5. Mögliche Maßnahmen der Eltern im Umgang mit Schreibabys


Voranstellend ist zu erwähnen, dass es eine schier unendliche Anzahl von Interventions- und Therapiemaßnahmen gibt. Diese reichen beispielsweise von Massagetechniken und Musiktherapien, über Elter-Kind-Sitzungen und medikamentöse Behandlung, bis hin zu Schreiambulanzen oder Akupunkturen. In den Ausführungen können daher weder alle Maßnahmen genannt, geschweige denn beschrieben werden.

So individuell wie die Gründe für exzessives Schreien sind, so sind auch die erfolgsversprechenden Gegenmaßnahmen immer vom Einzelfall abhängig. Jedes Kind reagiert anders auf Therapien und muss deshalb immer individuell betrachtet werden. Zuerst müssen die Gründe für solch eine Regulationsstörung gefunden bzw. ausgeschlossen werden. Erst dann können diese abgestellt und dem Kind somit geholfen werden.

Wichtig ist, dass der beschriebene Teufelskreis durchbrochen wird, um weiteren negativen Entwicklungen entgegenzuwirken. Auch eine nur kurzzeitig Entlastung oder Entspannung aller Beteiligten kann bereits helfen, den Teufelskreis langsam aufzulösen und so langfristig zu einer positiven Gegenseitigkeit zurückzufinden. Ach wenn es, wie erwähnt, kein Patentrezept für Beruhigungsstrategien gibt, haben sich in der Praxis einige Methoden bewährt.


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