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Hausübung

Rollenbi­ographie­: Kriminal­inspekto­r Richard Voß

1.874 Wörter / ~4 Seiten sternsternsternsternstern_0.25 Autor Nils G. im Dez. 2011
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Dokumenttyp

Hausübung
Theaterwissenschaft

Universität, Schule

Albert-Schweitzer-Gymnasium Hamburg

Note, Lehrer, Jahr

2011

Autor / Copyright
Nils G. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.35 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 11759







Kurzfassung: Die Hausübun­g besteht aus der Erstellu­ng einer Rollenbi­ographie und eines Tagebuch­eintrags für die Figur des Kriminal­inspekto­rs Richard Voß. Der Text gibt Einblick in seine schwieri­ge Kindheit­, den Verlust naher Familien­mitglied­er und seine beruflic­he Laufbahn­. Es wird deutlich­, wie diese Erfahrun­gen ihn geprägt haben und zu seinem Berufswu­nsch führten. Der Tagebuch­eintrag offenbar­t seine Gedanken und Gefühle nach einer polizeil­ichen Befragun­g zu einem familiären Trauma.
#Rollenbiographie_erstellen#Emotionale_Distanzierung#Vergangenheitsbewältigung

20.11.11

Klausurersatzleistung „Darstellendes Spiel“

Name:

Figur der Rollenbiographie: Kriminalinspektor Richard Vo

 

Aufgabe 1: Erstellen einer Rollenbiographie

 

Mein Name ist Richard Voß. Ich bin 54 Jahre alt und von Beruf Kriminalinspektor. Dieser Tätigkeit gehe ich seit 29 Jahren nach. Meine familiäre Situation ist schnell geschildert: Meine Mutter trug den Name Ursula Voß, geborene Ramchowski. Sie verstarb kurz nach meiner Geburt, sodass mein Bruder Konrad und ich bei meinem Vater aufgewachsen sind. Über ihn möchte ich nur wenige Worte verlieren. Er war ein Alkoholiker, der gelegentlich auf Baustellen im Umkreis ausgeholfen hat. In meiner Familie gab es nur zwei Personen zu denen ich eine tiefere emotionale Beziehung geführt habe: Meinen zwei Jahre älteren Bruder Konrad und meine Großmutter Astrid. Beide wurden mir vorzeitig genommen. Konrad kam im Alter von 7 Jahren bei einem Unglück ums Leben. Die Beziehung zu meinem Vater ist an diesem Tag endgültig gebrochen, sodass ich im Heim aufgewachsen bin. Meine einzige Bezugsperson blieb Großmutter Astrid, die aber bereits früh an schwerer Demenz litt und vor einem halben Jahr an Herzversagen gestorben ist. Das Gründen einer eigenen Familie kam für mich nie in Frage, da meine Kindheit es mir sehr schwer macht eine auf Gefühlen basierende Beziehung zu jemandem aufzubauen. Ich habe bisher keine längere Partnerschaft geführt und habe keine Kinder.

 

Momentane Situation:

In meinem Berufsstand als Kriminalinspektor verdiene ich genug um mir ein weitestgehend angenehmes Leben zu ermöglichen. Dennoch mache ich mir nicht l aus materiellen Dingen nicht viel. Vor 19 Jahren habe ich mir eine schöne Altbauwohnung am Stadtrand zugelegt. Sie ist neben meinem Volvo 120 Amazon 54er Baujahr die wohl einzige große Ausgabe, die ich je getätigt habe. Wie bereits gesagt ist meine Familie in ihrer Beschaffenheit stark eingeschränkt, um nicht zu sagen außer zu meiner kürzlich verstorbenen Großmutter pflegte ich keine familiären Beziehungen mehr. Meine Mutter  Ursula habe ich nicht in Erinnerung. Aus Erzählungen und von Fotographien ist mir aber bekannt, dass sie eine stattliche, im Leben stehende Frau war, die in einer Margarinefabrik gearbeitet hat. Mein Vater, sein Name ist oder war Helmut, ist ein nichtsnutziger Alkoholiker. Er hat auf einer Baustelle gearbeitet, als er meine Mutter kennengelernt hat. Nach ihrem Tod hat sich seine Sucht verschlimmert und er hätte niemals das Sorgerecht über Konrad und mich behalten dürfen. Mein Bruder Konrad war mir immer ein guter Bruder und mein bester Freund. Wir haben vieles zusammen getan und das gemeinsame Spielen habe ich sehr genossen. Unser spannendster Spielplatz war die Baustelle unseres Vaters, bis zu dem besagten Unglück. Ich rede nicht über diesen Tag, möchte aber so viel dazu sagen, dass ich meinen Vater für den Konrads Tod verantwortlich mache und seit 48 Jahren keinen Kontakt zu ihm habe und auch keinen haben will. Daher weiß ich auch nicht, ob er noch am Leben ist.

 

Ich habe im Alter von 18 Jahren das Abitur mit der Note 2,2 bestanden. Der Berufswunsch des Polizisten ist tief in meiner Kindheit verankert und daher habe ich mich direkt an mehreren Ausbildungsstätten beworben. In dieser Zeit hat mir der familiäre Rückhalt sehr gefehlt und der Aufbau einer Existenz in jungen Jahren hat mich bereits früh zu einer Art Einzelkämpfer gemacht. Nachdem ich endlich eine Zusage erhalten habe, habe ich mich Hals über Kopf in meine Ausbildung gestürzt und mein Beruf hat mich vollständig ausgefüllt. Dies tut er auch heute noch. Die Karriereleiter habe ich mit viel Ehrgeiz und Fleiß schnell erklimmt und bereits nach sechs Jahren den Berufsstand des Kriminalinspektors erreicht. Der Beruf im Sinne der Erwerbstätigkeit ist mir sehr wichtig, da ich es mir nicht vorstellen könnte, wie zum Beispiel mein Vater ständig auf das Geld anderer angewiesen zu sein. Die Höhe des Gehaltes ist für mich jedoch weniger relevant, ich sehe es als Pflicht an meine Arbeit, egal für welches Geld, bestmöglich zu bewerkstelligen.

An meiner Seite haben bereits mehrere Partner gearbeitet. Das Verhältnis ging meist nicht über das Berufliche hinaus und bisher habe ich zu keinem meiner Kollegen eine wirkliche Freundschaft aufgebaut. Seit drei Wochen habe ich eine junge, motivierte und sehr strebsame Polizistin an meiner Seite. Sie bemüht sich, muss aber noch viel lernen.

Ich gehe nicht vielen Freizeitbeschäftigungen nach. Neben meinem Beruf interessiere ich mich aber für Briefmarken, Autos und Pferderennen. Jeden letzten Samstag im Monat gehe ich auf die Rennbahn und verspiele einen kleinen Teil meines Gehaltes. Das ist aber wohl schon das aufregendste, was ich über meine außerberufliche Zeit zu erzählen habe.

Bisher hatte ich vier Partnerinnen in meinem Leben, aber keine dieser Partnerschaften dauerte länger als ein paar Monate an. Der Grund ist mir nicht ganz klar, es könnte wohl an meiner leichten Bindungsangst liegen oder an der Tatsache, dass ich nicht gerne über Gefühle rede und daher sehr kalt auf die Leute in meinem Umfeld wirke.

Die Zufriedenheit mit meiner momentanen Situation lässt mit der Zeit immer mehr nach. Ich erfreue mich zwar bester Gesundheit, dennoch nimmer die Verdrossenheit stark zu. Mein Beruf ist zu reiner Routine geworden, meine soziales Umfeld existiert quasi nicht und alle in allem bin ich mit dem Lauf den mein Leben genommen hat nicht ganz zufrieden.

 

Kleidung:

Zu Beginn meiner Laufbahn als Polizist habe ich sehr auf mein Äußeres geachtet. Stets uniformiert und gepflegt. Doch das hat sich mit der Zeit eingestellt. Ich habe zwar immer noch ein Auge auf ein seriöses Äußeres, aber die Hemden werden seltener gebügelt, die Schuhe seltener poliert, die Krawatte sitzt lockerer und mein Trenchcoat ist sicherlich auch nicht das neueste Model. Dennoch fühle ich mich in diesen Klamotten sehr wohl und mir wird nachgesagt, dass sich die Leute mich gar nicht in anderem Aufzug vorstellen können. Der letzte Anlass zu dem ich etwas wirklich anderes getragen habe, war die Beerdigung meiner Großmutter. Den schwarzen Anzug hatte ich noch aus dem Ende meiner Ausbildungszeit. Er saß zwar ein wenig zu eng, doch ich konnte mich darin sehen lassen. Aber um ehrlich zu sein habe ich mich darin nicht wirklich wohl gefühlt. Zu mir gehören einfach das weiße Hemd, was für mich schon etwas Elegantes hatte, die Krawatte, schließlich bin ich Beamter und die Formalität sollte doch ein wenig gewahrt werden und natürlich der Trenchcoat, der für mich einfach ein Klassiker ist und mir außerdem noch recht gut steht. Da ist natürlich auch noch mein Hut, den ich gelegentlich trage. Meist nur um wichtiger zu wirken und wenn ich jemanden bei der Befragung beeindrucken möchte.

 

Brüche:

Ich bin ein Mensch der sehr stark über seine Vergangenheit nachdenkt und ich habe immer noch nicht mit ihr abgeschlossen. Das ist mein wohl größter Fehler, den ich aber jetzt nicht mehr beheben kann. Ich habe mir stets vorgenommen mich auf modernere Ermittlungsmethoden einzulassen, mich mal von meinem Beruf frei zu machen oder einfach mich einfach mal wieder auf einen neuen Menschen einzulassen. Aber das ist mir nie gelungen. Ich bin stets der kühle Kriminalinspektor geblieben, den nichts schockieren und nichts aus dem Konzept bringen kann. Für mich wahren Gefühle immer ein Zeichen von Schwäche. Liebe und Vertrauen boten immer die Chance enttäuscht zu werden. Ich habe mich lange gefragt, wie ich zu dieser Einstellung gekommen bin und denke ich kann mir diese Frage inzwischen beantworten. Mein Vater. Ich habe ihn nie mit den Geschehnissen die zu Konrads Tod führten konfrontiert. Ich habe ihm nie gesagt, was ich von ihm denke. Die Schuldfrage wurde nie geklärt. Ich bin vor allem deswegen Kriminalinspektor in der Mordkommission geworden, um anderen Leuten mein Schicksal zu ersparen. Deswegen habe ich wohl auch mit dem Rauchen und Trinken angefangen, um mir ab und zu den Kopf von all diesen Lastern frei zu machen. Vermutlich sieht man es mir nicht an, dass ich trotz meiner eisern wirkenden Fassade von vielen Gefühlen bewegt werde. Aber eine Änderung und ein Blick nach vorne sind nicht mehr absehbar. Selbst wenn ich auf diesen Text hier blicke, fällt mir auf, dass ich fast ausschließlich von meiner Vergangenheit erzähle. Denn das sind die Dinge, die mich auch heute noch maßgeblich beeinflussen. Mehr als alles andere was danach passiert ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufgabe 2: Verfassen eines Tagebucheintrags

 

17. Mai 1942

 

Liebes Tagebuch,

mein Name ist Richard Voß. Das ist wohl der einzige Eintrag, den ich hier jemals machen werde und das nur mit dem Zweck später einmal auf ihn zurückgreifen zu können. Ich bin heute 15 Jahre alt, das heißt seit Konrads Tod sind nun etwa 10 Jahre vergangen. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen dieses Ereignis zu verdrängen, aber gestern erhielt meine Großmutter einen Anruf von der Polizei und erfuhr, dass diese die Ermittlungen im Fall von Konrad wieder aufgenommen hat, da mein Vater erneut gegen das Gesetz verstoßen hat. Mir hat man ziemlich unfreundlich mitgeteilt, dass ich nun 15 Jahre alt sei und daher alt genug, um eine Aussage zu machen. Obwohl man mir aufgetragen hatte mich vorzubereiten, habe ich bis zum Betreten des Polizeireviers alle Erinnerungen an jenen Tag verdrängt. Ich hatte Angst daran zu denken. Angst festzustellen, dass ich auch Schuld haben könnte. Was wäre wenn die Polizei mich verhaften würde? Aber das werden sie nicht. Sie ermitteln schließlich gegen meinen Vater, weil er Schuld an Konrads Tod ist.

Ich war tapfer bis zum Beginn der Befragung. Dann hat die Erinnerung mich überwältigt…

… Konrad und ich liefen über die Baustelle immer höher, immer schneller, immer weiter. Er war wie immer der Räuber und ich als Polizist musste ihn einfangen. Für uns stellten die Abhänge und Gerüste keine Gefahr dar, sie haben das Spiel erst richtig spannend gemacht. Heute war Konrad besonders aufgedreht. Er sprang über Lücken die eigentlich viel zu groß für uns waren und kletterte das Gerüst viel zu weit hinauf. Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl dabei, wollte aber nicht schon wieder der Spielverderber sein. Der Spielverderber war heute unser Vater. Als wir fast ganz oben angekommen waren, war immer noch bei der Arbeit und Konrad lief ihm mitten in die Arme. Er hatte mal wieder getrunken und ist deswegen sofort ausgerastet und hat Konrad gepackt und wollte ihn nach unten bringen. Aber heute brauchten wir keinen Spielverderber, deswegen trat ich meinem Vater vor sein Schienbein, damit er Konrad los lässt. Das tat er dann auch. Doch er war wohl so betrunken, dass er vorne überfiel und Konrad mit viel Wucht von sich stieß. Er stolperte gefährlich schnell in Richtung Rand und es gelang ihm nicht nach etwas zu greifen. Mein Vater wäre wohl in Reichweite gewesen, doch er war mal wieder zu betrunken, um irgendetwas wahrzunehmen. Konrad streckte seine Hand vergeblich aus und viel mehrere Stockwerke in die Tiefe. Mir war klar, dass er diesen Sturz nicht überlebt hatte. Genauso wie mit klar war, dass ich meinem Vater von nun an nie wieder in die Augen sehen konnte. Er hatte mir meinen Bruder und besten Freund genommen…

… Nach meiner Aussage habe ich eine schneidende Leere verspürt. Nachdem ich das alles noch einmal durchlebt hatte, war ich emotional völlig erschöpft. Kein Hass auf meinen Vater, keine Sehnsucht nach meinem Bruder. Ich war nicht in der Lage etwas zu fühlen.

Heute sind mir zwei Dinge klar geworden: Ich möchte später einmal Polizist werden, um solche Leute wie meinen Vater zu verhaften und um die Erinnerungen an meinen Bruder in irgendeiner Form für etwas stehen zu lassen. Viel wichtiger aber: Ich werde nie wieder über den Mord meines Vaters an Konrad sprechen, weil ich merke, wie sehr ich daran kaputt gehe.


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