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Sonstige
Deutsch

Gymnasium Buchholz

Dominique M. ©

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ID# 991







Rollenbiografie von Gregor
(Sansibar oder der letzte Grund)

 

Hallo, mein Name ist Gregor, oder auch Grigorij. Wenn es um meinen Namen geht, bin ich nicht so genau, denn Gregor ist immerhin schon mein dritter Name.

Den Namen davor konnte ich mir - fast wie in einem Kloster - frei aussuchen, als ich an die Lenin-Akademie in Russland kam. Ich wünschte, man hätte mich dort nie hingeschickt, denn nur deswegen bin ich jetzt hier in Rerik und helfe bei der Rettung einer Statue.

Aber man meinte, ich hätte mich in Berlin durch meine organisatorischen Fähigkeiten so verdient gemacht, dass es gut wäre, wenn ich nach Russland geschickt würde. Dort war ich dann also zur Lenin-Akademie gegangen und hatte später sogar in Tarasovka gekämpft.

Doch die Genossen im Zentralkomitee waren nicht zufrieden gewesen, ihrer Meinung nach war ich flau, und ich wurde wieder - über Wien - zurückgeschickt, mit einem neuen Pass und einem neuen Namen.

Nach Rerik kam ich mit meinem letzten Auftrag als Instrukteur : Ich sollte mich mit Knudsen treffen, der auch Kommunist war und zu der Gruppe gehörte, die ich leitete (Er war übrigens der einzige in dieser Gruppe, denn in Rerik war er der einzige Parteianhänger).

Nach einer langen, beschwerlichen Fahrt mit dem Fahrrad kam ich dort an und traf mich in der Kirche mit ihm (Dank meinen Fahrradklammern überstand mein grauer Anzug diese Fahrt sogar ohne Flecken).

Ich weiß nicht genau warum, aber ich fühlte mich wohl dort. Die Kirche war für mich wie ein weißer Mantel - sie gehörte nicht den Anderen. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum sie als Treffpunkt ausgewählt wurde. Aber Knudsen kam zu spät, und mit jeder Minute, die ich auf ihn warten musste, wurde ich immer nervöser, und die Angst, die ich immer - besonders an Treffpunkten - empfand, wuchs an.

Außerdem wurde mein Wunsch, einfach zu gehen und damit meinen Auftrag nicht auszuführen, immer größer, denn ich hatte einfach schon genug getan für eine Partei, die sowieso schon am Ende war.

Knudsen kam aber, und während unserem Gespräch wurde immer deutlicher, dass wir beide fliehen wollten - nach Schweden, nur das Knudsen weder konnte noch wollte, weil seine Frau behindert war und er Angst um sie hatte. In dem Moment war ich wieder einmal froh, dass ich keine Frau hatte. Ich war einfach zu kalt, ich ließ mich nicht so leicht von einer Frau verführen, ich dachte zu viel nach. Natürlich nahm ich mir manchmal eine Frau, aber ich hatte schon seit Jahren keine mehr geliebt. Es war zu riskant, jeder einzelne Kuss würde mein Gehirn schwächen und wie sollte ich es dann verhindern von den Anderen gefunden zu werden?

Und nicht nur wir wollten nach Schweden fliehen, sondern auch eine kleine Figur, die Klosterschüler genannt wurde, sollte mitkommen. Sie stand in unserer Treffpunkt-Kirche und dem Pfarrer lag sehr viel  an ihr.

Das konnte ich verstehen, sie war besonders, sie war nicht einfach nur ein Klosterschüler, der in seinen Büchern liest; sie hatte etwas an sich, das einen glauben ließ, dass sie einfach aufstehen konnte und fortgehen, oder mit dem Finger auf eine Textstelle zeigen und sagen: das ist nicht wahr.

Und ich bewunderte diese Figur, ja, ich war sogar neidisch. Sie war frei und hatte keinen Auftrag, sie könnte denken und sagen, was sie wollte.

Eins wusste ich: Ich musste diese Figur retten, damit sie auch in Zukunft noch lesen und denken und sagen konnte, was sie wollte. Und die einzige Möglichkeit war Knudsen. Er hatte ein Schiff und genug Kenntnisse, um uns die Flucht zu ermöglichen. Aber er weigerte sich, denn er konnte ja seine Frau nicht alleine lassen. Die einzige Möglichkeit, ihn dazu zu bewegen, war, es als einen Parteibefehl auszudrücken.

Nachdem wir also beschlossen hatten, die Figur mitsamt mir rüberzubringen, ging ich aus der Kirche. Dort fiel mir sofort ein Mädchen auf. Sie war eine Jüdin, das war klar und ich wunderte mich darüber, wie sie nach Rerik gekommen war und was sie hier wollte.  Ich fing an, sie zu beobachten und ich hatte den Eindruck, dass auch sie fliehen wollte.

Also fing ich ein Gespräch mit ihr an und das Ergebnis war, dass auch sie Teil der Flucht werden würde, denn sie hatte keine Wahl: sie würde fliehen oder sterben. Sie war eine Ausgestoßene.

Ich weihte sie also in unseren Plan ein, aber ich erzählte Knudsen nichts davon. Ich nahm sie einfach mit zu unserem nächtlichen Treffpunkt.

Knudsen stellte sich absolut krumm und wollte zu erst nicht, dass sie mitkommt, weil er dachte, ich täte das nur, weil er mich dann auf alle Fälle mitnehmen müsse. Das war aber nicht der Grund. Ha, als ob ich ihn brauchen würde, um zu fliehen. Nein, es ging mir um Judith; ich hatte mich in sie verliebt und ich musste sie schützen - in dem ich ihr half zu fliehen.

Ich war ein guter Boxer - lange brauchte ich nicht um Knudsen zu überzeugen sie mitzunehmen.

Es war sehr dunkel, doch Knudsen stellte trotzdem seine Bordlichter nicht an und ich wartete so lange, bis ich nichts mehr von dem Boot sehen konnte und trat dann meinen Rückweg an.


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