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Hausübung
Deutsch

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Literarische Wertung

Elif B. ©

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ID# 340







Film ab! : Eine Rezension zu Petra Ganglbauers „Manchmal rufe ich dorthin“

 

„Wo die Geschosse niedergehen, sind ein Zwitschern, ein Kreischen und Zischen, stetes Gellen und Heulen, dumpfe Schläge und Krachen hörbar“.

Das Bild, welches durch diese Worte in unserer Vorstellung entsteht, die Geräusche, die wir deutlich zu vernehmen glauben, könnten uns ebenso unterkommen, wenn wir eine der täglichen Kriegsberichterstattungen in den Medien verfolgen. – Wäre da nicht diese poetische Sprache.

Das Zitat stammt aus Petra Ganglbauers 2004 im Milena Verlag erschienenem Werk „Manchmal rufe ich dorthin“.

Das Buch ist aufgeteilt in zwei Teile, folgt keiner fortlaufenden Handlung und es ist kaum zu definieren, ob es sich hier um Prosa oder Lyrik handelt. Damit kann sich jede/r Rezpient/in von seiner/ihrer herkömmlichen Leseweise verabschieden und auf etwas neues einlassen.

Auf den linken Seiten befindet man sich mitten im Krieg, auf den rechten Seiten in Traumsphären.

Mit eigentlich einfachen Sätzen, jedoch „schwerem“ Inhalt, muss man die Verbindung zwischen den beiden Seiten erst  in der eigenen Vorstellung herstellen.

Abseits von Handlung und 08/15 Reimschemata wird der/die Leser/in endlich die gewohnte Last los, verstehen zu müssen, „worum es in diesem Buch geht“. Es reicht immer ein paar Zeilen zu lesen, sich sofort in eine fiktive, stimmungsvolle Welt ziehen lassen und die Fantasie ihre Arbeit tun zu lassen..

Nicht was Ganglbauer schreibt, sondern wie sie es tut, lässt diese starken Bilder entstehen. Mit Hilfe von Farben, sehr vielen Elementen aus der Natur, Helligkeit und Dunkelheit, Lauten und Geräuschen erschafft die Autorin diese Welten.

Die Sprache wirkt durch gekonnte Adjektivhäufung, Wortwiederholungen, die Kürze der einzelnen Texte an sich, und den häufig unvollständigen, knappen Sätzen. Diese formalen Eigenschaften des Textes und das Fragmentarische unterstützen schließlich das „Lyrikhafte“, das man auch in Ganglbauers Gedichtbänden wieder finden kann.

 

Zu Beginn des Buches hat man, dank immer wiederkehrenden Vogelgesängen, hellen Farben und Naturidyllen, den Eindruck, die Traumwelt der Ich-Erzählerin soll den konkreten Kontrast zu den grausamen Kriegsberichterstattungen auf den gegenüberliegenden Seiten bilden. Immerhin ist Frieden auf der einen Seite, aber keine heile Welt. Es schleichen sich immer wieder Szenen des Schmerzes auch in diese Sequenzen und diese Figur, die Erlebende Ich-Erzählerin, wirkt unsicher, unruhig und fast verfolgt. „Ein Blinzeln geht durch die Rinde. Die Winken. Die Äste wippen und schaukeln als Einladung für Gäste. Ich hänge mich daran mit den Affenarmen und entkomme so der Dunkelheit. Die Blutspur jedoch, die Blutspur ist da. Sie rinnt über Stämme und nimmt sie gefangen. Das Blut ist ein schwerer Traum.“
Diese Berichte wirken authentisch und man würde Ganglbauer Glauben schenken, dass es hier nicht zuletzt um ihr eigenes Seelenleben geht.

 

Die Vorstellungskraft leistet ihre Arbeit von selbst, wobei die „Kriegsbilder“, die intensiveren zu sein scheinen und stärker wirken, was wohl aber nicht zwangsweise an Petra Ganglbauers Künsten liegt, sondern an der riesigen Palette an grausamen Bildern, die sich in unseren Köpfen bereits festgesetzt haben.

Das heißt, man kann sich die Szenen erstaunlich gut vorstellen, wird aber dennoch während des Lesens beängstigend immun gegen diese Darstellung von Gewalt, Tod und Angst, wie man sie aus den täglichen Medien Fernsehen, Zeitung und Radio bereits kennt.

Ganglbauer holt den/die Leser/in im Wesentlichen jedoch gekonnt wieder zurück in die von ihr erschaffene Welt, ruft auf zur Konzentration und klarer Vorstellung anhand detaillierter Beschreibung und auf den Punkt gebrachter Sprache.

 

Somit liegt es in der Konstruktion des Buches, dass man als Leser/in gewillt ist, sich verlocken zu lassen, um sich zwischen den Kriegspassagen in der Phantasie auszuruhen, um dann wieder auf das befangene Gefühl der nächsten Seite zu warten.

Gegen Ende hin nimmt die Imagination überhand, die Traumszenen werden stärker, je größer das Elend ist.  Die Traumbilder verselbständigen sich, und schließlich wird der/die Leser/in, von dieser Welt gänzlich eingeholt und eingehüllt.

Was bleibt, sind die Visionen.

Eintauchen in “Weißes Rauschen“ – dorthin kann manchmal gerufen werden.

 


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