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Seminararbeit / Hausarbeit

Reformpäda­gogische Ansätze unter besonder­er Berücksi­chtigung des natürlic­hen Turnens

2.808 Wörter / ~12 Seiten sternsternsternsternstern_0.5 Autor Ludwig K. im Okt. 2011
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Seminararbeit
Sportwissenschaft

Universität, Schule

Universität Potsdam

Note, Lehrer, Jahr

2005, Berno Bahro

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Ludwig K. ©
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sternsternsternsternstern_0.5
ID# 10135







Reformpädagogische Ansätze unter besonderer Berücksichtigung des Natürlichen Turnens

 

Universität Potsdam                                                                                             WS 2005/2006

Institut für Sportwissenschaf

Seminar: Sportgeschichte

Dozent: B. Bahro      

 

 

Hausarbeit Sportgeschichte

Thema:

 

 

Inhalt:

 

1. Einleitung………………………………………………………………………..           3

 

2. Reformpädagogik, was ist das überhaupt ……………………………………..             4

            2.1 Ansätze/ Ziele……………………………………………………….....           5

            2.2 Strömungen…………………………………………………………….           6                      2.2.1 Landerziehungsheime………………………………………..         6

                        2.2.2 Arbeitsschulbewegung……………………………………….           7

                        2.2.3 Kunsterziehungsbewegung…………………………………..           8

                        2.2.4 Lebensgemeinschaftsschulen…………………………………          8

                        2.2.5 Die Gymnastikbewegung…………………………………….           8

                        2.2.6 Die Sportbewegung…………………………………………..           9

 

3. Das Natürliche Turnen…………………………………………………………..           10

 

4. Schlussteil……………………………………………………………………….           11       

5. Literatur………………………………………………………………………….          12

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.     Einleitung:

 

 

In dieser Arbeit möchte ich mich mit den reformpädagogischen Bemühungen und Ansätzen um 1900 auseinandersetzen, verschiedene Ideen und Konzepte erläutern und anschließend genauer auf das Natürliche Turnen eingehen. Aufgrund der Komplexität des Gebietes Reformpädagogik, der teils ungenügenden begrifflichen und zeitlichen Abgrenzung und wegen der Vielzahl nationaler und internationaler Reformpädagogen und ihrer zum Teil gegenläufigen Ansätze wird dies nur ein Abriss sein. Um jeden Reformer, jeden Ansatz und jede Entwicklung auf diesem Gebiet zu behandeln, würde der Rahmen dieser Arbeit bei weitem nicht genügen. Vorrangig will ich mich auf das Natürliche Turnen konzentrieren und bezüglich der Reformpädagogik lediglich verdeutlichen was Reformpädagogik eigentlich bedeutet und welche gemeinsamen Ziele die Reformpädagogen verfolgten.

Doch wo befinden wir uns eigentlich?

Europa um die Jahrhundertwende, bestimmt ist diese Zeit durch Bündnisverträge, Kolonialkonflikte, Neuordnung von Staaten, der Industrialisierung und dem damit weit verbreiteten Imperialismus. Die wachsenden Gegensätze in Europa, das Wettrüsten und die Vielzahl europäischer Konfliktherde münden schließlich im ersten Weltkrieg. Das Ende des Krieges in Deutschland durch eine Revolution ausgehend von einer Matrosenmeuterei am 9. November 1918 lässt die Monarchie zerfallen und eine Republik entstehen. Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich wurden aufgelöst und in Europa traten überwiegend Nationalstaaten an deren Stelle. Die Inflation, die aufgrund einer Wirtschaftskrise ausbrach und nur durch amerikanische Kredite abgefangen werden konnte ließ schon bei vielen den glauben an die Republik schwinden. Nach den Goldenen Zwanzigern in denen sich die Wirtschaft stabilisierte, erholte und teilweise boomte kam die Weltwirtschaftskrise. Ausgelöst durch einen Crash an der New Yorker Börse am 24. 10. 1929 brach auch in Deutschland eine schwere Bankenkrise aus. Mit mehr als 6 Millionen Arbeitslosen auf dem Höhepunkt der Krise wählte ein Großteil der Wähler im Sommer 1932 radikal und NSDAP kam an die Macht. Dies war der Beginn des Dritten Reiches.

 

 

 

 

 

2.     Reformpädagogik, was ist das überhaupt?

 

Der Begriff Reformpädagogik ist nicht zur Betitelung eines bestimmten Erziehungsstils oder zur Zusammenfassung alternativer Unterrichtsmethoden gedacht, es gibt keine wirkliche Definition, er bezeichnet vielmehr eine historische Epoche, die in der Zeit von 1890-1933 anzusiedeln ist. Erste Gedanken, die sich als reformpädagogische Ansätze bezeichnen lassen, kann man zurückverfolgen bis zum Ende der Religionskriege Mitte des 17. Jahrhunderts. Persönlichkeiten wie z.B. Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant und Johann Heinrich Pestalozzi gelten als Wegbereiter einer Bewegung, die in Deutschland ab dem Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik ihren Höhepunkt reformpädagogischen Strebens erreichte. In dieser Epoche gab es viele, teils gegenläufige Ansätze, Ideen und Methoden, die entschieden auf eine Veränderung des Bestehenden hinarbeiteten. Besonders richteten sich die Ideen gegen den Intellektualismus, die Lebensfremdheit und den Autoritarismus der damaligen "alten Schule". Einig waren sich die Reformpädagogen in der Ablehnung der traditionellen Schule als eine Zwangs-Lern-Anstalt.

Die Schwierigkeit der Bezeichnung liegt in der Gegensätzlichkeit der verschiedenen Ansätze. Somit kann man eigentlich nicht von „der“ Reformpädagogik als einheitliches Ganzes oder als in sich geschlossene Strömung reden. Vielmehr gab es in dieser Zeit Bewegungen, die sich in Deutschland wie in einigen anderen Ländern in weitgehender Übereinstimmung ihrer theoretischen Ansätzen und Praktiken von 1900 an ausbreiteten. Ihre erstaunliche Produktivität wurde wirksam in der inneren, auf Ziele, Inhalte und Methoden bezogenen Schulreform, wie in der äußeren, organisatorischen; ferner in neu in Angriff genommenen sozialpädagogischen Aufgabenbereichen und schließlich im Aufbau der Erwachsenenbildung durch die Volksbewegung. Des Weiteren strebte sie die Einführung der Kunsterziehung an, betonte den Stellenwert gemeinsamer Arbeit, plädierte für nicht-konfessionsgebundene Einheitsschulen und für die Erziehung in Landheimen. Die Reformpädagogik enthielt neoromantische, progressiv künstlerische und politische Elemente und war mit der Jugendbewegung verbunden.

 

Nun gibt es selbst heutzutage verschiedene Sichtweisen auf die Reformpädagogik:
So versteht Oelkers (1989) die Reformpädagogik als geschriebene Pädagogik und Erzieh-ungsreflexion, Motive und Themen werden erst theoretisch abgearbeitet und ihre Wirkung auf die Praxis erst später erfragt und geprüft. Er legt sich auch auf keine Epoche fest, da es nach ihm auch schon vor dem 18.Jahrhundert Reformmotive gab.

 

Amlung et al. sprechen dagegen von praktischer Schularbeit und Schulrealität. Reformansätze werden sofort in die Realität umgesetzt und ihre Wirkung in der Praxis erprobt.

 

2.1    Ansätze/ Ziele

 

Mit starkem sozialen Engagement forderten die Reformpädagogen die Abschaffung der „alten Schule“ und die Einführung der „neuen, freien Schule“, in der allein das Kind im Mittelpunkt allen erzieherischen Handelns und Denkens stehen sollte. Auch auf Grund neuester psychologischer Erkenntnisse sollte die Erziehung und bestmögliche Entwicklung der Persönlichkeit der Kinder den Unterricht bestimmen. Die Schule sollte zu einer lebensnahen  Gemeinschaft werden, in der die Kinder durch aktives und selbsttätiges Lernen zu verantwortungsbewussten und mündigen Mitgliedern in der Gesellschaft werden. Die ältere Pädagogik betrachtete die Erziehung als ein fest gefügtes Bauwerk von Regeln, Methoden und Systemen, das nach religiösem oder philosophischem Absolutismus konstruiert wurde. Eigenwerte und Eigengesetzlichkeiten der Menschen oder der Gesellschaft wurden nicht sonderlich beachtet und Psychologie und Soziologie mit äußerstem Misstrauen betrachtet. Die festgelegten Methoden und Ziele des Erwachsenenstandpunktes sollten einer kinder- und jugendgerechten Pädagogik weichen. Maßgeblichen Einfluss auf die Erziehung sollten die alterspezifischen körperlichen, seelischen und geistigen Strukturen der Kinder und Jugendlichen haben und die damit verbundene Erlebniswelt der neuen Schule. Kinder sollten die Möglichkeit haben sich frei und naturgemäß zu entwickeln, sie sollten die Freiheit haben sich äußern zu können und Missmut ausdrücken zu dürfen. Diese neue Freiheit des Wachstums beinhaltete weiterhin die Freiheit der Bewegung und der Betätigung; alles natürlich nur bis zu gewissen Grenzen. Konfessions- und Parteilose Erziehung, Allseitigkeit, Lebendigkeit und individuelle Wesensentfaltung waren Grundpfeiler dieser neuen Pädagogik vom Menschen aus. Auch verbreitet sich weitestgehend die Meinung, dass es eine geistige Entwicklung nicht ohne eine körperliche gibt und somit die Beschäftigung und Betätigung in und mit der freien Natur immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Schule soll keine reine Wissensvermittlungsanstalt mehr sein, sondern vielmehr dem Schüler helfen sich durch Selbsttätigkeit, Aktivität, Spontaneität, Verantwortung und Selbständigkeit in der zu etablieren und sich in wechselseitiger Beziehung in ihr zu entwickeln. Zwischen Schülern und Lehrern entsteht ein neues Vertrauensverhältnis in dem der Dialog im Vordergrund steht und das Schulleben an sich spiegelt mehr und mehr das gesellschaftliche Leben wider. Einheitsschulen und Koedukation verstärken diesen Prozess.

 

 

2.2                       Strömungen

 

Wie schon erwähnt ist es schwierig klare Abgrenzungen auf dem Gebiet der Reformpädagogik zu machen, trotz des heterogenen Bildes lassen sich jedoch einige Strömungen erkennen, die Gemeinsamkeiten in Idee und Ausführung erkennen lassen.

 

2.2.1  Landerziehungsheime

 

Das Ziel der Landerziehungsheime und damit die Philosophie von Hermann Lietz war es, die Jugend aus der Stadt zu bekommen und sie somit weit weg von den negativen städtischen Einflüssen zu bringen. Er selber beschreibt seine Schulzeit als grausam. Dort herrschte durch „seelenlosen Mechanismus“ nur der Verfall der körperlichen Tätigkeit, der Sorgsamkeit und Vertiefung, der persönlichen Initiative, der Selbstzucht und nicht zuletzt des Erbarmens.  Jeglicher Lebensfreude entrissen beschrieb er sich selber. Ein ödes Gelerne ohne Freude und Gefühl. Die Kinder in den städtischen Schulen, fern ab von den elterlichen Gütern, wurden völlig lebensfern unterrichtet, die völlige Missachtung des inneren und äußeren Lebens der Schüler erachtete er als das schlimmste. Des Weiteren widerstrebte ihm die Sorglosigkeit bezüglich des Umgangs mit Alkohol, Sex, Nikotin und Gewalt. Die Heimatferne war für ihn treibende Kraft für die Notwendigkeit von Schulen auf dem Lande. Hier sollte es den Schülern möglich sein in und mit der Natur zu leben und zu lernen, körperliche Arbeit sollte das Verständnis für die arbeitende Bevölkerung stärken und das tägliche Miteinander den Gemeinschaftssinn wecken. Hier war es den Schülern möglich sich zu entwickeln, ihre Sinne und ihren Körper zu stärken, künstlerisch tätig zu werden und frei von kirchlicher und staatlicher Beeinflussung ihren Charakter zu entwickeln.

 

 

2.2.2  Arbeitsschulbewegung

 

Die Arbeitsschulen bilden in erster Linie einen Gegensatz zur Lern- und Buchschule. Hier sollen neben geistiger auch körperliche Arbeiten als Erziehungsmittel Einfluss finden. Im Vordergrund steht die Entwicklung des Kindes hin zu Selbsttätigkeit und Aktivität, angekurbelt durch die Bedürfnisse des täglichen Lebens, welches neben beruflichen auch soziale Anforderungen stellt.

 

Kerschensteiner, der 1908 die Arbeitsschule als „Schule der Zukunft“ bezeichnete findet in Bezug auf die manuelle Arbeit auch großen Zuspruch auf Seiten der Vertreter der Projektschulbewegung. Entgegen des doch recht harten Arbeitsschulalltags in der Sowjetunion setzt sich in Preußen ein gemäßigteres Prinzip nach Gaudig durch. Dieser misst den geistigen Anforderungen beim Arbeitsvorgang an sich höhere Bedeutung zu und sieht die Arbeitsschule eher als Stätte geistiger Arbeit.

 

Doch selbst zwischen den Vertretern der Arbeitsschulbewegung gibt es verschiedene Herangehensweisen und Ansichten bezüglich der Erziehung. Während Gaudig´s Pädagogik die Persönlichkeit als Leitbild für das Leben in der deutschen Nation beschreibt, sieht Kerschensteiner als Grundlage für staatsbürgerliches Verhalten eine Berufsbildung, die aus der Erziehung zur Sachlichkeit entsteht. Unter Sachlichkeit versteht er: "einen Zweck ohne Rücksicht auf subjektive Neigungen, Begierden, Wünsche im Interesse eines unbedingt geltenden Werts zur vollendeten Wirklichkeit zu bringen". Seidel und andere Vertreter der Projektschulen kritisieren wiederum den fehlenden industriellen Bezug Kerschensteiners und seinen bürgerlichen Standpunkt. Sie bevorzugen eine „industriell-werktätige Bildungsschule“. Hierdurch unterscheiden sich auch die Akzentuierungen der bürgerlichen und sozialistischen Arbeitsschulbewegungen bezüglich des Bildungsauftrages und der Verbindung von Schule und Produktion. Der sozialistische Weg ist wesentlich mehr auf die Arbeit bedacht und hat als Zielform eine Verschmelzung von Schule und Produktion vor Augen.

 

 

 

 

 

 

2.2.3  Kunsterziehungsbewegung

 

Die Kunsterziehungsbewegung kritisiert vor allem eine Verkümmerung der individuellen Entfaltung und schöpferischen Kraft des Menschen. Vertreter wie Britsch und Lichtwark hatten das Ziel, die schöpferischen Kräfte der Kinder nachhaltig zu wecken. Produktivität und Originalität der Kindheit sollten zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit genutzt werden. Hierbei bezog man sich nicht nur auf die bildende Kunst, sondern auch auf Formen künstlerischen Ausdrucks wie Musik und/ oder die Literatur.

 

2.2.4  Lebensgemeinschaftsschulen

 

Das eigentliche Hauptaugenmerk der Lebensgemeinschaftsschulen lag darauf, einen Rahmen für ein großes soziales Miteinander zu sein und somit auf ein demokratisches System vorzubereiten. Hierbei ging es nicht nur darum die Schüler einander näher zu bringen, sondern auch darum soziale Beziehungen zwischen Lehrern und Eltern, Lehrern unter sich und nicht zuletzt Lehrern und Schülern zu vertiefen. Ziel war es die Schranken, aufgebaut durch Konfession, Geschlecht oder sozialer Herkunft, abzureißen und den Eltern Einblick in und Einfluss auf  das Schulgeschehen zu ermöglichen. Fritz Karsen und Wilhelm Paulsen sind die wohl bekanntesten Namen dieser Bewegung, sie waren vorrangig in Bremen, Hamburg und Berlin tätig.

 

Neben diesen großen Strömungen der Reformpädagogischen Bewegung existierten noch mehrere andere Ansätze, die aber wegen der schon genannten Gründe eher geringen Einfluss auf den allgemeinen Schulalltag hatten. Im Bereich der Leibeserziehung waren drei reformpädagogische Bewegungen richtungsweisend; die Gymnastikbewegung, die Sportbewegung und das Natürliche Turnen.

 

2.2.5 Die Gymnastikbewegung

 

Einher mit den bereits erwähnten Wandlungen in Politik und Gesellschaft gingen auch ideologische Veränderungen. Es entwickelte sich ein noch nie da gewesenes Bewusstsein für Kultur, Körper und Weiblichkeit. Verbunden mit einer Hinwendung zum gesunden Leben entstand die Gymnastikbewegung, die zusammen mit Rhythmus, Körperschönheit und Gesundheit das natürliche Leben in den Mittelpunkt stellte. Innerhalb der Gymnastikbewegung entwickelten sich 4 eigenständige Richtungen.

 

Die Funktionelle Gymnastik, welche auf einen gesunden und funktionierenden weiblichen Körper hinarbeitet, hier werden vor allem einfache Übungen angewandt, die nachweisbare physiologische Effekte nach sich ziehen. Vertreter dieser Bewegung sind Mensendieck und Ling.

 

Die Ausdrucksgymnastik, hier wird die Gymnastik als Rhythmus körperlicher Bewegungen verstanden. Delsarte hatte unter anderem die Darstellung seelischer Empfindungen durch Bewegung als Ziel. Seine Schülerinnen Stebbins und später Kallmeyer fügten dem tänzerische Elemente hinzu und schenkten der Hygiene größere Bedeutung.

 

In der Rhythmisch-Gymnastischen Strömung legte man auf den pädagogischen Effekt der Gymnastik größeren Wert. Die Verkörperung des Geistes durch den Rhythmus der Musik war unter anderem Ziel der Vertreter wie Dalcroze, Bode oder Medau.

 

Als letzte die von Duncan und Denis entwickelte Richtung des modern dance, welche die tänzerische Gymnastik betont.

 

2.2.6        Die Sportbewegung

 

Die aus England kommende Sportbewegung fand in Deutschland anfangs nur wenig Zuspruch, denn der unbedingte Wille zur Leistungssteigerung mittels unnatürlicher technischer Hilfsmittel und der finanzielle Vorteil durch Erfolg stimmten kaum mit dem turnerischen Gemeinschaftssinn überein. Trotzdem setzten sich mehr und mehr die Merkmale des modernen Sports in den Vereinen durch, Chancengleichheit, Rationalisierung und Spezialisierung fanden ebenso Eingang wie die Quantifizierung der Leistung und das Streben nach Rekorden. Auf der gesamten Breite zogen Großereignisse wie Boxkämpfe, Radrennen und Fußball die Menschenmassen in ihren Bann. Einzig der Gedanke der Internationalität und der olympische Gedanke blieben in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg auf der Strecke und es entwickelte sich mehr und mehr eine nationale Sportbewegung zur Ertüchtigung der Menschen mit dem Ziel der Erstarkung des Vaterlandes. Besonders Carl Diem vertrat diese Meinung der Erziehung durch Sport und Leibesübungen um Deutschland nicht zuletzt auch kampf- und wehrtüchtig zu machen.

 

 

 

3.     Das Natürliche Turnen

 

Zwei Namen die untrennbar mit dem natürlichen Turnen verbunden  sind, sind Margarete Streicher und Karl Gaulhofer. Sie entwickelten in Österreich das Natürliche Turnen als ein System pädagogischer Leibesübungen. Mit dem Ende des 1. Weltkrieges setzte die große politische und geistige Wandlung Österreichs vom monarchischen Vielvölkerstaat zum demokratischen Kleinstaat ein und erfasste alle kulturellen und gesellschaftlichen Bereiche. Auch der Sportunterricht wurde im Rahmen der Schulreform vereinheitlicht und standardisiert. Die vielen verschiedenen Bewegungsvorgaben wurden in einen Rahmen von Leibesübungen zusammengefasst. Gaulhofer und Streicher, die teilweise Gedankengut Eckardts aufgriffen, waren nun bestrebt die Leibeserziehung dahingehend zu reformieren, die Natürlichkeit zurück in den Sportunterricht zu bringen. Beide waren in Politik und Bildungswesen tätig und sagten der alten Schule ab. Sie ließen viele reformpädagogische Gedanken in das Natürliche Turnen einfließen. Unter Natürlichkeit verstanden sie das sich mit und in der Natur bewegen und Sport treiben. Das Schulturnen war nach ihren Gesichtspunkten jedes nach pädagogischen Grundsätzen geordnete Übungsgut welches den Körper als Angriffspunkt und den gesamten Mensch als Ziel hat. Sie lehnten die unnatürlichen Kunstformen des Schulturnens ab und setzten sich für Zweckformen der Bewegung ein. Natürlich ist die Bewegung, die man ohne Vorgabe ausübt. Das natürliche Erklimmen eines Baumes, das natürliche Laufen, Springen oder das natürliche Turnen an einem Baum waren das was Sie unter natürlichen Bewegungen verstanden, nicht die stilisierten Schulbewegungsformen an industriegefertigten Geräten. Bewegungsaufgaben sollten die Selbsttätigkeit und Aktivität der Schüler da und Fehler bei der Bewegungsausführung galten als erwünschtes pädagogisches Mittel. Durch Fehler sollten die Schüler die Richtigkeit der Zweckform erkennen. Sie teilten ihr Übungsgut in Ausgleichsübungen, welche durch Kräftigung körperliche Fehler ausgleichen sollten, in formende Übungen, welche die beste persönliche Bewegungs- und Haltungsform erwirken sollen, in Leistungsübungen, welche die höchste persönliche Leistung in den Grundübungen (Schwimmen, Klettern, Laufen, Springen etc.) bringen sollen und in Bewegungskünste, welche als Ziel den schönen künstlerischen Umgang mit der Bewegung haben. Weiterhin bewirkten sie eine Ausdehnung des Sportunterrichts an sich von 2 auf 4 Stunden, eine speziellere, längere und bessere Ausbildung von Sportlehrern, die Einführung Schulskikursen und die regelmäßige Veranstaltung von regionalen und landesweiten Turnwettkämpfen und Sporttagen. In Deutschland gab es schon vor Gaulhofer und Streicher Spuren des Natürlichen Turnens. Ferdinand August Schmidt hielt 1905 in Hamburg schon einen Vortrag über Körperschönheit durch Leibesübungen anlässlich der Kunsterziehungstagung. Drei Jahre später griff der Dresdner Turnlehrer Fritz Eckardt in seiner Schrift „Der Turnunterricht entwickelt aus den natürlichen Bewegungsformen“ Schmidtsches Gedankengut auf. Doch trotz dieser Vorgeschichte tat man sich in Deutschland aufgrund verschiedener Kulturhoheiten und divergierender Interessen schwer diese Ansätze zu übernehmen. Erst nach 1927 kam es zu Adaptationen von Elementen des Natürlichen Turnens in Schul- und Vereinsturnen.

Auch in weiteren europäischen Ländern hielt das Natürliche Turnen mehr und mehr Einzug und setzte sich auch nach dem 2. Weltkrieg weiter erfolgreich fort.

 

4.     Schlussteil

 

Meine anfänglichen Bedenken bezüglich der Komplexität und Widersprüchlichkeit innerhalb der reformpädagogischen Bewegung haben sich durchaus bestätigt. Durch die Vielzahl von Meinungen, Ansätzen und Schriften ist es schwierig einen roten Faden durch dieses Thema zu spinnen. Trotzdem denke ich das dieses Gebiet besonders für mich als angehenden Sportlehrer sehr interessant ist, da viele Ideen geweckt werden und sich Sichtweisen auf Themen eröffnen über die ich vorher noch nicht so ausführlich nachgedacht habe. Es ist doch durchaus faszinierend, wie viele doch schlaue Menschen zu solch unterschiedlichen Meinungen bezüglich ein und desselben Themas gelangen und sich teilweise doch sehr stark widersprechen. Ich denke es wird immer wieder neue Ideen und Ansätze geben die nicht nur ein bestimmtes Gebiet sondern sicher auch ganze Systeme revolutionieren wollen. Es liegt wahrscheinlich in der Natur des Menschen immer wieder neue Sachen zu propagandieren oder zu probieren wenn sich die Möglichkeit bietet alte Sachen zu kritisieren. Man sollte nur vorsichtig sein wann man wie weit was ändern möchte. Sicherlich sind viele dieser Ansätze gerechtfertigt und begründet, doch sollte man immer auch beachten nicht selber zu fokussiert auf ein bestimmtes Gebiet zu sein und andere ebenfalls wichtige Prinzipien außen vor zu lassen.

 

5.     Literatur

 

Beck, Henrike; Schliep, Rixta(1996).Reformpädagogik.gefunden am 25.11.2005

           

 

Denk, Heinz; Hecker, Gerhard(1996).Texte zur Sportpädagogik-Teil III: Reformpädagogische

Ideen, Ansätze und Konzepte.Schorndorf:Verlag Karl Hofmann

 

Gaulhofer, Karl; Streicher, Margarete. Natürliches Turnen. Bd.1+2 (1949), Bd.3(1950).

Wien:Verlag für Jugend und Volk, Gesellschaft m.b.H.

 

Größing, Stefan(1991).Margarete Streicher-Ein Leben für die Leibeserziehung; Salzburger

Symposium aus Anlaß des 100. Geburtstages, 8.-10. April 1991.Hausdruckerei der

Universität Salzburg

 

Streicher, Margarete. Natürliches Turnen. Bd.4 (1956), Bd.5 (1959).  Wien:Verlag für Jugend

und Volk

 


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