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Deutsch

Treptow-Kolleg Berlin

14 Punkte, Fachlehrer, 20016

William S. ©
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ID# 53976







Januar 2016 K4

GK Deutsch

Der vorliegende Text erschien im Jahr der Bundestagswahl am 28.01.2013 unter dem Titel „Die Kunst der inhaltslosen Rede“ auf Boris Rogowskis Blog „rogowskis welt“. Der Autor und Musiker (geboren 1978) veröffentlicht in seinem Blog Texte zu verschiedenen Themen und Ereignissen des öffentlichen und privaten Lebens.

Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um einen satirischen Text der im Genus deliberativum gestaltet wurde. Rogowski inszeniert sich hierbei als politischer Redner der die Ziele seiner Partei der Wählerschaft vorstellt. De facto handelt es sich jedoch um eine darstellende Rede welcher die Annahme zugrunde liegt, dass eine politische Rede die Kunst ist, keine Aussagen zu treffen, jedoch so zu klingen als würde gewichtiger Inhalt transportiert und somit eine Manipulation des Wählers stattfindet.
Rogowski persifliert hier, mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl, auf ironische Weise die politische Rede.

Er greift dabei die, zu dieser Zeit, parteipolitisch aktuellen Themen auf, um authentisch darzustellen, dass mit vielen Worten, viele Themen angesprochen werden können, ohne jedoch irgendetwas auszusagen oder sich konkret zu positionieren.

Der Autor adressiert seine Rede an die deutschen Wähler. Durch die Veröffentlichung auf seinem Blog, ist er für die breite Öffentlichkeit lesbar, insbesondere für diejenigen, die Internetblogs nutzen. Es ist aber zu erwarten, dass diese das Gelesene auf verschiedenen Kanälen der sozialen Medien weiterverbreiten, wodurch anzunehmen ist, dass Rogowski die weitere Verbreitung seiner Schrift durchaus mit einkalkuliert hat und somit ein noch breiteres Publikum, als bloß die regelmäßigen Leser seines Blogs erwartet hat.

Aufgrund Dessen, lässt sich die Zusammensetzung des Publikums nicht genauer bestimmen.

Ich möchte die Rede in drei Abschnitte gliedern, um im Folgenden, insbesondere die gestalterische Idee genauer zu analysieren.

Zunächst wird der Redeanfang als klassischer Ohröffner gestaltet, der darauf abzielt, dass Interesse und Emotionen zu wecken, die Hörerschaft „ins Boot zu holen“ (vgl. Z. 1-11).
Im der Redemitte spricht Rogowski verschiedene Probleme an, zu denen er keine Lösungsvorschläge anbietet aber emotional gestaltete Phrasen aufbietet, die dazu gedacht sind, ein gutes Gefühl zu hinterlassen
(vgl. Z. 12 – 40).
Der Redeschluss gestaltet er mit einer weiteren Phrase, die noch einmal zusammenfasst, wie inhaltslos diese Rede war (vgl. Z. 41 – 44).

Zu Beginn der Analyse, will ich auf die überzogene gendergerechte Gestaltung aller Passagen hinweisen, in denen eine direkte Ansprache erfolgt. Schon in der Begrüßung ist von „Gästinnen“ (Z. 1) die Rede. Weiterführend steigert sich dieser falsche Gebrauch der deutschen Sprache über die Ansprache der „potentielle[n] Wähler und potentiellerinnen Wähler“ (Z. 29), den „Gläubiginnen und Gläubiger“ (Z. 40) als Ansprache derer, die gläubig sind, hin zum abschließendem Dank an das „liebe[] Publikum und liebe Publikuminnen“ (Z. 44).

Im ersten Teil des Textes zeigt Boris Rogowski, wie der Zuhörer durch die geschickte Gestaltung des Sprechers in ein Wir-Gefühl gelenkt wird. Zunächst ist von „ich [und] Ihnen“ (Z. 2) die Rede. Im Weiteren wird die Beziehung zwischen Publikum und Redner durch die Personalpronomen „Sie mit uns“ (Z. 4f) intensiviert, um dann im „wir“ (Z. 10) anzukommen.

Dadurch, ist der Hörer in die Wir-Gruppe integriert und der folgenden Beeinflussung gegenüber offener eingestellt, da er nun als Teil des Vorhabens aufgeführt wird, in dem er seinen Beitrag zu leisten hat, um das Gesagte zu erreichen.
Außerdem zeigt Rogowski schon zu Beginn wie gut es klingen kann, nichts auszusagen.

Es wird definitiv versprochen, dass eventuell eine Änderung eintreten könne (vgl. Z. 2f). Auch an das Sicherheitsgefühl wird appelliert. Nur als Teil der Wir-Gruppe könne verhindert werden, dass etwas „Unvorhersehbares“ geschehe (vgl. Z. 8-11). Hier wird durch Rogowski auf den übertriebenen Angriff und die Instrumentalisierung der Angst hingewiesen.

Den zweiten Teil beginnt er mit einer rhetorischen Frage, die im höchsten Maße dramatisiert, wodurch die Suche nach Akklamation durch die politischen Redner angeprangert wird. Dies zeigt sich insbesondere in der absurden Gestaltung des Versprechens „vehement mal [zu] schauen“ (Z. 15), was sich in dieser Problematik „alles so machen lässt“ (Z. 16) (vgl. Z 12 – 16).
Weiterführend stellt Rogowski dar, wodurch sich ein rhetorisches Foul auszeichnet.

Er setzt zwei völlig verschiedene Themen miteinander in Verbindung und sagt, dass man bei diesem Erfolg verbuchen könne, also wäre auch das Andere leicht zu bewältigen
(vgl. Z. 16-22).
Ebenso führt der Autor an, wie mit dem Gebrauch von Zahlen der Zuhörer gezielt in die Irre geführt wird.

Er weist hiermit darauf, dass in einer Rede genutzte Zahlen nicht sofort Überprüfbar sind und somit als Instrument der Manipulation des Publikums zu werten sind (vgl. Z. 22-25).
Folgend stellt der Blogger vor, wie sich der fähige Redner durch Abgrenzung gegenüber anderer und Abwertung dieser, besser darstellen kann Er vervollkommnet hier jedoch gleichzeitig mit besonders bitteren Sarkasmus sein Bild des politischen Redners, indem er die Ausbeutung des Wählers deutlich in Worte fasst und diesen durch den Redner sogar als
„Untertan[]“ (Z. 37) bezeichnen lässt (vgl. Z. 34 ff).

Er nutzt diesen Abschluss auch, um deutlich darzustellen, was er vom politischen System hält, denn die Aussage, dass „mit Sicherheit nichts passieren“ wird, bezieht sich nun auf die inhaltslose Politik, die sich besonders vor Veränderungen drückt, um nicht auch nur einen potentiellen Wähler zu verlieren
(vgl. Z. 41 - 44).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rogowski insbesondere die Politik der etablierten Parteien angreift. Er legt seinen Fokus auf inhaltslose Phrasen, mit denen der Bürger beeinflusst wird. Es soll gezeigt werden, wie Politiker versuchen, den Bürger durch gezielten Gebrauch sensibler Themen auf emotionaler Ebene einzufangen, um ihn zum Wähler zu machen.
Boris Rogowski exerziert in diesem Text clever die Kunst des Verführens durch wohl sortierte Worte.

So wird sich der Gedanke aufdrängen, ob man nicht selber schon, genau solchen Phrasen und Manipulationen zum Opfer gefallen ist. Dies, so glaube ich, wird bestimmt einige zum Denken und genaueren Hinhören veranlasst haben, womit dieser Text sein Ziel erreicht haben dürfte.



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