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Überblick: Diese schriftliche Arbeit dokumentiert die Planung einer Lyrikwerkstatt, entwickelt im Rahmen eines Seminars zu Unterrichtskonzepten. Die Autoren stellen ihre Erfahrungen mit Werkstattunterricht vor und erläutern die didaktischen Prinzipien hinter ihrer Werkstatt zum Thema Lyrik. Sie reflektieren über die Zielsetzungen, das Design und die Beurteilung der Werkstattaufträge. Die Theorie von Alois Niggli zum offenen Werkstattunterricht wird zusammengefasst, und es wird aufgezeigt, wie Schüler durch diese Methode selbstständig lernen können. Lesen Sie weiter, um mehr über die innovative Herangehensweise an Lyrik im Klassenzimmer zu erfahren.
Planung einer Lyrikwerkstatt
Schriftliche Arbeit zum Seminar „Unterrichtskonzepte
und didaktische Prinzipien“
Modul „Unterrichten“
Inhaltsverzeichni
Einleitung. 3
Zusammenfassung
„Werkstattunterricht“ von Alois Niggli 3
Didaktische
Prinzipien. 5
Werkstatt – Grundtyp. 5
Zielsetzungen. 6
Beurteilung. 6
Rahmenbedingungen. 6
Design
Erläuterung. 6
Erläuterung
und Zielsetzungen der Werkstattaufträge. 7
Reflexion
der Arbeit 11
Anhang. 12
Quellen. 45
Einleitung
In der
Veranstaltung „Unterrichtskonzepte und didaktische Prinzipien“ haben wir die
offene Unterrichtsform der Werkstattarbeit kennengelernt. Nachdem wir uns
intensiv mit der Theorie des Werkstattunterrichts auseinander gesetzt haben,
sind wir selbst aktiv geworden und haben ein eigenes Lernarrangement
entwickelt. In der nachfolgenden Arbeit wird nun die Planung und Konstruktion
unserer Werkstatt genau dokumentiert.
Als es um die Themenwahl ging, waren wir uns zuerst nicht einig, mit
welchem Inhalt wir uns beschäftigen möchten. Wir interessierten uns für mehrere
Themen, aber nicht alle waren gleich gut umzusetzen. So schwebte uns anfangs
eine Werkstatt über ein Werk der deutschen Literatur und dessen geschichtlichen
Hintergrund vor, doch bald merkten wir, dass dies ein zu offenes und unkonkretes
Thema war. Deshalb entschlossen wir uns dann, eine Werkstatt zum Thema Lyrik zu
entwickeln. Dies bot sich an, da wir beide Deutsch als Studienfach belegen und
wir so die Werkstatt auch einmal in unserem eigenen Unterricht anwenden können.
Ausserdem wurden bereits Erfahrungen mit Lyrik im Einführungspraktikum gemacht
und daher war auch einiges an Material vorhanden. Die Schülerinnen und Schüler
im Praktikum sprachen gut auf das Thema an, was uns zusätzlich in der
Themenwahl bestärkte.
Uns geht es bei der Werkstatt primär darum, den Jugendlichen einen
groben Einblick ins Themenfeld der Lyrik zu ermöglichen. Ein weiteres Anliegen
ist uns, dass Schüler und Schülerinnen durch die Werkstatt erkennen, dass Lyrik
nicht bloss veraltete und romantische Gedichtschreibung ist, sondern durchaus
auch sehr modern daher kommen kann. Zudem wollen wir ihnen die
unterschiedlichen Facetten der Lyrik präsentieren. All dies sollen die Jugendlichen
mit Hilfe der Werkstatt selbständig erforschen und erkennen.
Bevor der Fokus auf unserer
Werkstattplanung liegt, wird nachfolgend die Theorie von Alois Niggli zum
offenen Werkstattunterricht kurz zusammengefasst.
Zusammenfassung „Werkstattunterricht“ von Alois
Niggli
Werkstattunterricht (Stationenlernen)
Niggli, Alois: „Lernwerkstatt“, in:
Lernarrangements erfolgreich planen, Aarau 2000, S.57-118.
Die Unterrichtsform der Werkstattarbeit
besteht darin, dass Schülerinnen und Schülern diverse Arbeitsposten zu einem
bestimmten Themenberiech weitgehend selbstständig erarbeiten. Die Lehrperson
schafft dementsprechend ein vielfältiges Lernarrangement und bietet den
Lernenden damit ein grosses Angebot an Lernaufgaben. Die Offenheit
dieser Unterrichtsform und die damit verbundene Vielfalt an Problemstellungen
lässt die optimale Möglichkeit zu, dass die Jugendlichen in
beliebiger und individueller Reihenfolge ihren Lernweg selbst bestimmen können.
Zudem bietet diese Form von Unterricht die Chance, dass die Schüler und
Schülerinnen nicht nur einzeln, sondern auch zu zweit oder in Gruppen die gestellten
Lernaufträge bearbeiten können und diese zum Teil dann auch selbst
kontrollieren. Somit wird der Werkstattunterricht den Ansprüchen des
problemorientierten Handelns, der Selbständigkeit und Selbsttätigkeit, der
Individualisierung und Persönlichkeitsförderung sowie der Gruppenfähigkeit
gerecht. Jedoch liegen keine aussagekräftigen Evaluationen zum Werkstattunterricht
vor, an denen man sich orientieren könnte.
Eine Werkstatt lässt sich, je nach
Aufträgen und Posten, zwei unterschiedlichen Grundtypen zuordnen. Der Grundtyp
1 beinhaltet die Übungswerkstatt und zeichnet sich durch das Einüben,
Vertiefen, Durcharbeiten und Anwenden von Inhalten sowie der Kontrolle der Lernfortschritte
aus. Der zweite Typ befasst sich mit Erfahrungs- und Informationswerkstätten.
Hier steht das Erleben, Erfahren, Problemlösen, Wahrnehmen und Verstehen von
bestimmten Phänomenen im Vordergrund.
Je nach Funktion steht die Werkstatt am
Anfang, in der Mitte oder am Ende einer längeren Lernphase. Zudem kann mit
Hilfe einer Werkstatt ein ganzer Themenbereich oder aber auch nur Anfang oder
Ende einer Lernsequenz thematisiert werden. Wichtig ist dabei, dass man die
Dauer der Werkstattarbeit festlegt.
Gedenkt man mit einer Werkstatt zu
arbeiten, so sollten bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sein. Werkstätten
beanspruchen sehr viel Zeit, deswegen ist es günstig eine Doppelstunde oder
einen flexiblen Stundenplan zur Verfügung zu haben. Daneben brauchen
Schülerinnen und Schüler auch genügen Platz und Fläche um konzentriert und
ungestört arbeiten zu können. Nicht ausser Acht zu lassen sind auch mögliche finanzielle
Belastungen.
Bei der Planung einer Werkstatt gilt es
einige wichtige Faktoren zu berücksichtigen. Einer davon ist die Themenwahl.
Nicht jedes Thema ist für den Werkstattunterricht geeignet. Deshalb müssen gezielte
Überlegungen angestellt werden, inwieweit ein Themenbereich sinnvoll erscheint
oder nicht. Des Weiteren sollten bei der Planung zu jedem Posten entsprechende
Lernziele formuliert werden. Dies schafft Transparenz und Orientierung für die
Lernenden. Die Aufträge sollten klar und deutlich sein, damit Schülerinnen und
Schüler möglichst selbstständig arbeiten können. Bei der Planung des
Werkstattunterrichts sollte auch über ein Konzept zur Beurteilung und Kontrolle
der Lernenden nachgedacht werden. Hier gibt es nicht nur die Möglichkeit einer
Lernkontrolle, sondern auch die einer Beurteilung eines Arbeitsjournals oder
eines Werkstatt Portfolios.
Nach der Planung der Werkstatt ist es sehr
wichtig, dass die Werkstatt den Lernenden in einer Einführungslektion sehr
genau vorgestellt wird. Schüler und Schülerinnen sollen Hinweise zur Einteilung
und Arbeitsweise des Werkstattunterrichts erhalten. Danach ist es sehr sinnvoll
gewisse Arbeitsregeln festzuhalten.
Die Lernenden arbeiten im
Werkstattunterricht zwar sehr selbstständig und frei, aber dennoch sollte die
Lehrperson die Rolle als Begleiter, Begleiterin oder Berater, Beraterin einnehmen.
Die Lehrperson sollte Zwischengespräche führen und allfällige Schwierigkeiten orten
und besprechen. Zudem sollte sie den Lernenden individuelle Rückmeldungen zu
deren Arbeitsweise geben.
Didaktische Prinzipien
Unsere Werkstatt orientiert sich vor allem
an den folgenden didaktischen Prinzipien:
-
Gegenwartsbedeutung
-
Selbstständigkeit und Eigenverantwortung
-
Lernen durch Handeln am Gegenstand
-
Individualisierung
-
Freiräume geben
-
Lernen durch Meisterung von Situationen und
Problemen.
Werkstatt – Grundtyp
Da wir den Schwerpunkt auf das Erfahren und
Erforschen von unterschiedlichen Aspekten der Lyrik legen, ist die Werkstatt in
erster Linie vom Typ Erfahrungswerkstatt (Vgl. Niggli, Kapitel 2). Jedoch
werden an manchen Posten auch Übungen zu verschiedenen Themen angeboten,
deshalb fliesst auch der Typ Übungswerkstatt ein.
Da wir das Thema von unterschiedlichen Seiten beleuchten wollen,
kamen verschiedenste Ideen zu konkreten Posten zusammen. So zum Beispiel
moderne Musik als Lyrik zu betrachten oder das „Totemügerli“ zu analysieren.
Aber auch die kreative Seite der Schülerinnen und Schüler soll aktiviert
werden, das, indem sie selbst versuchen, ein Gedicht zu verfassen. Daneben
befassen sich einige Posten auch mit typischen Lyrik-Themen, wie den Reimarten
oder den Rhythmen. Die Werkstatt ist so aufgebaut, dass es obligatorische sowie
freiwillige Posten gibt.
Die Werkstatt kann im Unterricht
unterschiedlich eingesetzt werden, so kann sie sowohl die Gesamtthematik abdecken,
als auch „nur“ am Ende oder am Anfang einer längeren Lyrik-Behandlung stehen
(hier müssten eventuell einige Posten überarbeitet oder durch andere ersetzt
werden).
Zielsetzungen
Die Lernenden lernen, wie vielfältig Lyrik
ist und kennen unterschiedliche Aspekte der Lyrik. Sie erweitern ihre
Sozialkompetenzen (in Partnerarbeiten), Fachkompetenzen (in verschiedenen
Bereichen des Themas Lyrik) und Selbstkompetenzen (an den verschiedenen Posten
mit unterschiedlichen Anforderungen).
Beurteilung
In die Beurteilung fliesst erstens ein
Arbeitspass mit ein, der von den Schüler und Schülerinnen während der Werkstattarbeit
fortlaufend ausgefüllt wird. Das verschafft den Lernenden sowie der Lehrperson
einen Überblick. Um ein „erfüllt“ zu erhalten, müssen alle obligatorischen
Posten gelöst worden sein. Zudem müssen Schülerinnen und Schüler zu jedem
Posten eigene Notizen machen und diese in ihrem Lernjournal festhalten. Auch in
diese Notizen hat die Lehrkraft Einsicht. Wenn ersichtlich wird, dass
ungenügend gearbeitet wurde, kann der Schüler oder die Schülerin den Posten
noch einmal gründlicher bearbeiten. Abschliessend gibt es eine Prüfung zu den
obligatorischen Posten. Ausserdem tragen alle Schülerinnen und Schüler ein
Gedicht vor (Posten 9), die mündliche Kompetenz wird also ebenfalls geprüft und
fliesst in die Bewertung mit ein.
Rahmenbedingungen
Als Rahmenbedingungen sollten diverse
Abklärungen getroffen werden. Erstens wird genügend Platz erfordert, so dass
sich die Klasse verteilen kann, gut wäre ein zusätzliches Zimmer, wo sie
ungestört arbeiten können, sowie eines, wo es etwas lauter sein darf. Die
Posten (Auftragsblätter) werden im Klassenzimmer aufgelegt und dürfen von den
Schülerinnen und Schülern an ihren Arbeitsort mitgenommen werden. Bei einigen
Posten wird zusätzliches Material benötigt, wie z.B. ein CD-Player. Finanziell
fällt nichts an, ausser man entschliesst sich, einen Ausflug zum Thema zu
machen (z.B. an eine Poetry Slam Show).
Zeitlich gesehen rechnen wir damit, dass
ein Schüler, eine Schülerin pro Doppellektion etwa drei Posten machen kann, die
Werkstatt würde sich also über ungefähr vier Wochen hinziehen. Allerdings sind
diese Zeitangaben bloss Schätzungen, man sollte deshalb unbedingt flexibel sein
und das Programm dem Fortschritt der Klasse anpassen können.
Design Erläuterung
Bei der formalen
Gestaltung der Posten ist darauf zu achten, dass es sowohl ein ansprechendes
als auch ein leicht verständliches und übersichtliches Design ist. Die Legende
zu den Bildern wird am Anfang bei der Einführung in den Werkstattunterricht
vorgestellt und aufgehängt, so dass jederzeit nachgeschaut werden kann.
Wir haben uns entschieden, die Posten
simpel und schwarz-weiss zu gestalten mit einer „Symbol“-Spalte, in der steht,
wie viel Zeit für den Posten benötigt wird, welchen Schwierigkeitsgrad er aufweist,
ob er in Einzel- oder Partnerarbeit gelöst wird und welches Zusatzmaterial
benötigt wird. Oben stehen die Nummer und der Titel des Postens, ausserdem ein
Stern, wenn der Posten freiwillig ist. Zudem steht auf jedem Blatt der Auftrag,
das Lernziel und welches Material benötigt wird. Auf einem zweiten Blatt sind
die jeweiligen Gedichte, die zum Posten gehören.
Erläuterung und Zielsetzungen der Werkstattaufträge
Die einzelnen Posten sind alle sehr
verschieden, sowohl was die Themen betrifft als auch auf Lernzielebene. Deshalb
haben wir uns entschlossen, der Beschreibung der einzelnen Posten ein Kapitel
zu widmen. Darin wird auch eine Einschätzung zum Schwierigkeitsgrad auf Lernzielebene
nach Bloom (vgl. Skript 1, S.36/37) abgegeben. Für die Schüler und Schülerinnen
sichtbar gibt es die drei Schwierigkeitsstufen Leicht, Mittel und Schwer.
Posten
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Beschreibung
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Lernziel + Schwierigkeitsgrad
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1- Ist ein
Lied auch ein Gedicht?
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Der erste
Posten befasst sich mit der Frage, ob moderne Musik auch Lyrik ist. Das
didaktische Prinzip
„Gegenwartsbedeutung“ ist zentral. Der Auftrag ist freiwillig und wird in
Partnerarbeit gelöst.
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Leicht. Die SuS kennen das Lied „Das
zweite Gesicht“ und den Künstler Peter Fox(Lernzielebene 1). Sie beantworten
für sich die Frage, ob sie moderne Songs als Gedichte bezeichnen würden (LZE
6, kann allerdings nicht von der LP bewertet werden).
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2 –Was
macht ein Gedicht zu einem Gedicht?
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Der zweite
Posten setzt sich mit einer ähnlichen Fragestellung auseinander, nämlich „Was
macht ein Gedicht zu einem Gedicht?“. Er ist ebenfalls freiwillig.
Verschiedene, mehr oder weniger „typische“ Gedichte werden gelesen und die
SuS finden so für sich heraus, was ein Gedicht ausmacht.
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Mittel. Eine persönliche Definition, was
ein Gedicht ist, wird aufgeschrieben (LZE 4).
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3 – Haiku
und Elfchen dichten
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Hier kommt das Prinzip „Selbsttätigkeit“
zum Zug, die S/S lernen, was Elfchen und Haikus sind und dichten selber
welche. Da es wichtig ist, dass die S/S nicht nur über Gedichte lesen, sondern
auch selber solche verfassen, ist dieser Posten obligatorisch. Die Resultate
werden aufgehängt.
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Mittel. Die SuS wissen, was Haikus und Elfchen sind (LZE
1/2) und dichten selber welche (LZE 3).
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4 - Reimarten
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Auch
dieser Posten ist obligatorisch. Hier lernen die S/S die verschiedenen
Reimarten (Paarreim, Kreuzreim, Haufenreim, Umarmender Reim und Schweifreim)
kennen und ordnen sie einem Beispielgedicht zu, es ist also ein Posten zum
Werkstatttyp Information.
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Mittel. Die SuS kennen die verschiedenen Reimarten und
können ihnen Beispiele zuordnen (LZE 1-3).
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5 - Gedichtinterpretation
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Es geht
darum, Gedichte zu interpretieren. Wichtig ist, dass die S/S nicht denken, es
gäbe richtig und falsch, sondern dass sie sich getrauen, eigene Interpretationsansätze
zu formulieren und diese zu begründen, das Prinzip „anspruchsvoller
Unterricht: Analyse, Synthese und Beurteilung“ wird erfüllt.
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Schwierig. Die SuS können ausgewählte Gedichte interpretieren
und ihre Ansicht begründen (LZE 4/5).
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6 - drei Epochen anhand von Beispielgedichten
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Die
Information steht im Vordergrund, drei literarische Epochen werden anhand von
Beispielen vorgestellt. Einerseits ist es wichtig, den S/S aufzuzeigen, dass
sich Gedichte im Laufe der Zeit stark verändert haben, andererseits wäre es
zu viel verlangt, dass sie alle Epochen kennen müssen. Deshalb sollen sie
über drei Epochen Bescheid wissen: das Mittelalter, die Romantik und die
Gegenwart, dazu lesen sie je einen kurzen Theorietext. Sie erkennen selber an
Beispielen, dass die Unterschiede markant sind.
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Mittel. Die SuS kennen 3 literarische Epochen und je ein
Beispielgedicht, sie benennen die Unterschiede (LZE 1-5).
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7 - Rhythmus und Metrum
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Die SuS lernen die drei grundlegende
Metren (Beschränkung auf Trochäus, Jambus und Daktylus) der deutschen Sprache
kennen und erläutern, inwiefern sie sich unterscheiden. Sie wenden danach ihr
neu erlerntes Wissen an drei Beispielen an. Bei diesem Posten steht
sicherlich der Werkstatt-Typ 1 im Vordergrund.
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Mittel. Die SuS kennen die 3 Metren (LZE
1/2) und können sie einem Gedicht zuordnen (LZE 3).
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8 - Ein Gedicht selbst verfassen
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Hier dürfen die SuS selber produktiv werden und ein
Gedicht verfassen (Tipps stehen zur Verfügung). Dieser
Posten stellt hohe Anforderungen an die Lernenden und ist deshalb auch fakultativ.
Die verfassten Gedichte werden dann im Klassenzimmer aufgehängt. Bei diesem
Posten liegt der Schwerpunkt im Bereich Erfahrungswerkstatt.
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Mittel. Die SuS schreiben selber ein Gedicht (LZE 3-5).
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9 - Ein Gedicht frei vortragen
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Die SuS wählen ein Gedicht aus (dieses
muss von der Lehrperson gut geheissen werden) und üben, es nicht einfach
herunterzuleiern, sondern gut gestaltet und emotionsvoll zu präsentieren. Das
Vortragen vor der ganzen Klasse ist sicherlich eine grosse Herausforderung
für viele der SuS, derer sie sich stellen müssen. Der Posten ist
obligatorisch und die Präsentation des Gedichts fliesst dann auch in die Gesamtbewertung
mit ein.
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Mittel. Die SuS können ein Gedicht
auswendig und angemessen gestaltet vortragen (LZE 3-4).
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10 - Dadaismus
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Mit dem Dadaismus soll den S/S gezeigt werden,
dass Kunst und Literatur nicht immer strikt an Regeln gebunden ist. Das soll
sie auch ermutigen, selbst tätig zu werden. Zudem können sich die S/S mit dem
Dadaismus vielleicht eher identifizieren als mit einer älteren Strömung/Epoche.
Dieser obligatorische Posten soll den S/S auch die Möglichkeit geben, selbst
Recherchen im Internet über diese Bewegung zu machen und sich so eigenständig
mit literarischen Werken zu befassen.
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Mittel. Die SuS kennen die Strömung des Dadaismus,
analysieren „Die Karawane“ und suchen selbst einige Beispielgedichte (LZE
1-4).
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11 - Totemügerli – ein berndeutsches Gedicht
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Dieser freiwillige Posten soll den
Lernenden aufzeigen, wie man mit einfachen Wortkombinationen spielen kann und
wie man mit Wörtern eine gewisse Atmosphäre herstellt. Zudem ist es wichtig
ihnen aufzuzeigen, dass auch die berndeutsche Sprache in lyrischer Weise
verwendet werden kann.
Die Geschichte von Franz Hohler lässt auch viel Platz für die Fantasie der
S/S und kann auch zu interessanten Diskussionen führen. Spannend wird auch
sein, was sich die Jugendlichen unter einem Totemügerli vorstellen und wie
sie es beschreiben würden.
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Mittel. Die SuS kennen die Geschichte „Totemügerli“ und
stellen eigene Vermutungen über den Inhalt an (LZE 1-4).
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12 - Poetry Slam
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Hier geht es um eine moderne Bewegung des
Gedichtvortragens, eine weitere Möglichkeit, aufzuzeigen, wie weit der Begriff
Lyrik überhaupt gefasst werden kann. Die S/S lesen, was Poetry Slam überhaupt
ist und hören sich ein bis zwei Beispiele an. Danach überlegen sie sich, was
sie davon halten. Der Posten ist freiwillig und kann in Partnerarbeit gelöst
werden. (Eine tolle weitere Option wäre, nach Möglichkeit einen live Poetry
Slam zu besuchen mit der ganzen Klasse. Hier würden allerdings Kosten anfallen.)
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Mittel. Die SuS wissen, was Poetry Slam ist (LZE 1/2) und
formulieren ihre Meinung dazu (LZE 4-6, nicht bewertbar).
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Reflexion der Arbeit
Diese Arbeit kann grob in zwei Teile
gefasst werden: die konkrete Werkstatt und die Hintergründe und Überlegungen.
Die grösste Motivation für das sorgfältige
Verfassen der Arbeit lag darin, dass am Schluss ein fertiges, im Unterricht
anwendbares Produkt vorliegen würde, die Lyrik-Werkstatt. Deshalb war auch von
Anfang an klar, dass wir nicht nur beispielhafte Aufgabenstellungen, bzw. Posten
ausformulieren würden, sondern die gesamte Werkstatt fertigstellen wollten.
Natürlich gab es dadurch noch mehr zu tun, allerdings lohnte sich der Aufwand.
Das sorgfältige Lesen der Theorien, das
Verstehen der Hintergründe und die Überlegungen zur Planung der Werkstatt waren
jedoch ebenso wichtig. Vielleicht liegt hier einer der Schwachpunkte, es fiel
schon etwas schwerer, sich für den theoretischen Teil zu motivieren, wo dann
schliesslich kein direkt anwendbares Produkt vorlag. Ausserdem unterschätzten
wir das Ausmass und den Zeitaufwand hierfür ein wenig, was dazu führte, dass
wir den Abgabetermin verschieben mussten.
Ursprünglich hatten wir nämlich geplant,
die Arbeit noch vor den Sommerferien abzugeben und in den letzten Schulwochen
noch mal „Gas zu geben“ mit Schreiben. Schliesslich jedoch mussten wir
feststellen, dass sich einfach zu viele andere Arbeiten angehäuft hatten, um
die Arbeit gewissenhaft zu verfassen. Also schien die Verschiebung der Abgabe
die beste Lösung zu sein und wir schrieben nach den Ferien eifrig an beiden
Teilen.
Je weiter wir mit der Arbeit
fortgeschritten waren, umso mehr teilten wir jeweils die Arbeit auf. Zum
Beispiel kümmerte sich X um die Zusammenfassung der Lektüre, während Y das
Design der Posten ausarbeitete. Obwohl das Arbeiten zu zweit gut geklappt hat
und wir uns immer einig wurden, wurde es zwischendurch auch unpraktisch, v.a.
wenn man den Überblick etwas verloren hatte und nicht genau wusste, wie weit
die andere mit ihrem Teil war, bzw. wie weit die ganze Arbeit, welches die
aktuellste Version war. Die Basis für gute Zusammenarbeit ist das Vertrauen
darauf, dass sich die andere Person ebenso bemüht um ein gutes Resultat wie man
selbst. Ausserdem ist es wichtig, in Kontakt zu bleiben, am besten in
Besprechungen, aber mindestens per E-Mail.
Als Fazit lässt sich sagen: Mit Anlauf kann
man Hürden überwinden. Wir freuen uns schon darauf, wenn wir die Lyrikwerkstatt
mit einer Schulklasse durchführen können.
Anhang
Legende
Lyrikwerkstatt
Partnerarbeit
Einzelarbeit
Schwierigkeitsstufe leicht
Schwierigkeitsstufe mittel
Schwierigkeitsstufe schwer
Freiwilliger Posten
Zeitaufwand
Arbeitspass
Arbeitspass von:
.........................................................................
Posten
Lyrikwerkstatt
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Erledigt am (Datum)
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Fragen/Bemerkungen
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Kontrolle
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1: Ist ein Lied auch ein Gedicht?
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2: Was macht ein Gedicht zu
einem Gedicht?
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3: Haiku + Elfchen dichten
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4: Reimarten
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5: Interpretation
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6: Epochen
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7: Rhythmus + Metrum
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8: Selber dichten
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9: Vortragen
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10: Dadaismus
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11: Totemügerli
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12: Poetry Slam
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Lyrikwerkstatt
Nachfolgend sind alle 12 Postenblätter unserer
Lyrikwerkstatt aufgeführt. Anschliessend befinden sich im darauffolgenden
Kapitel Ergänzungen und Arbeitsmaterialien (Gedichte, Theorieblätter etc.)zu
den einzelnen Posten.
Ergänzungen zu den Posten
Gedicht zu Posten
1
Peter Fox: Das Zweite Gesicht
Die Stimme bebt und der Blick ist Eis
gleich geht jemand hier zu weit
die Zunge ist geladen und bereit
die Wörter von der Leine zu lassen, sich Feinde zu machen.
Die Pfeilspitzen voller Gift
der Feind wackelt, wenn du triffst
Du triumphierst, wenn er kippt
doch Morgen um diese Zeit, tut es dir Leid
Hahnenkampf um einen Haufen Mist
Jemanden opfern für einen lauen Witz
Eine Spinne tot, duschen, wenn du in der Wanne sitzt
Einem Dummen zeigen, dass du schlauer bist
Denn es steckt mit dir unter einer Haut
Und du weißt, es will raus ans Licht
Die Käfigtür geht langsam auf und da zeigt es sich
Das zweite Gesicht!
Ein Biest lebt in deinem Haus
du schließt es ein, es bricht aus
Das gleiche Spiel jeden Tag
Vom Laufstall bis ins Grab.
Ein Biest lebt in deinem Haus
du schließt es ein, es bricht aus
es kommt durch jede Tür
es wohnt bei Dir und bei mir.
Du willst nach vorn, die anderen wollen zurück
Du hast Visionen, doch sie kommen nicht mit
Jemand steht zwischen Dir und deinem Glück
Und es macht dich rasend, du kannst es nicht ertragen
Du guckst Dir zu und du hörst Dich reden
Du bist grad sensationell daneben
Versuchst vom Gas zu gehen, dein Fuß ist grad gelähmt
Du siehst die Wand und fährst dagegen
Du spielst falsch, um nicht zu verlieren
Dann feiern, als wär nichts passiert
Dein Gewissen ist betrunken
Die Frau deines Freundes kommt mit zu dir
Es steckt mit dir unter einer Haut
Und du weißt es will raus ans Licht
Die Käfigtür geht langsam auf und da zeigt es sich
das zweite Gesicht!
Ein Biest lebt in Deinem Haus
Du schließt es ein, es bricht aus
Das gleiche Spiel jeden Tag
Vom Laufstall bis ins Grab.
Ein Biest lebt in Deinem Haus
Du schließt es ein, es bricht aus
es kommt durch jede Tür
es wohnt bei Dir und bei mir.
Ein Biest lebt in Deinem Haus
Du schließt es ein, es bricht aus.
Gedichte zu Posten 2
·
Christian
Morgenstern: Das ästhetische Wiesel
Ein
Wiesel
sass auf einem Kiesel
inmitten Bachgeriesel.
Wisst ihr
weshalb?
Das Mondkalb
verriet es mir
im Stillen:
Das raffinierte Tier
tat's um des Reimes willen.
·
Büne Huber: Jänner
dr jännermorge chunnt wie samet u syde
uf fäderliechte füess zum fänschter y
u wenn i myni ouge zue tue gsehn i di no mau
mueterseeu allei vor offere schlöise schtah
je meh sech änderet
umso meh blybt sech glych
i ghör'di säge:
chumm mach ds beschte druus - i ha gar ke angeri wahl
mach's guet! ; - i mache was i wott
häb's schön! - i häbe gschyder nümm
u blyb so wie de bisch! - i bi scho morn nümm glych wie hüt
·
Matthias
Claudius: Abendlied (1.Strofe)
Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.
·
Horst
Bienek: Worte (meine Fallschirme)
Worte
meine Fallschirme
mit euch
springe
ich
ab
wer euch richtig öffnet
schwebt
·
Nelly
Sachs: Du (in der Nacht)
Du
in der Nacht
mit dem Verlernen der Welt Beschäftigte
von weit weit her
dein Finger die Eisgrotte bemalte
mit der singenden Landkarte eines verborgenen Meeres
das sammelte in der Muschel deines Ohres die Noten
Brücken-Bausteine
von Hier nach Dort
diese haargenaue Aufgabe
deren Lösung
den Sterbenden mitgegeben wird.
Theorie
Haiku und Elfchen
Haiku
Haiku ist eine Gedichtform aus
Japan, meistens beschreibt ein Haiku die Natur.
Sie
sind nach bestimmten formalen Kriterien aufgebaut:
3
Zeilen; die erste Zeile hat 5 Silben, die zweite 7 und die dritte wieder 5.
Beispiel:
Nichts
regt sich im Wald
Alles
liegt still, starr und kalt
Kommt
jetzt auch Schnee bald.
Elfchen
Diese Gedichtform heisst so, weil jedes
Gedicht aus 11 Wörtern besteht. Ausserdem haben sie immer 5 Zeilen.
Die
erste Zeile umfasst 1 Wort, die zweite 2, die dritte 3, die vierte 4 und die
fünfte wieder 1.
Beispiel:
Dunkelheit
Übers Meer
Geht
der Tag
Die
Dämmerung sinkt herab
Nacht
Gedichte zu Posten 4
·
Ulf
Heimann: Ich will’s endlich ehrlich sagen...
Ich will’s endlich
ehrlich sagen,
mit fehlenden Mut, musste ich mich plagen.
Heute aber werde ich’s wagen,
sie um ihre Hand zu fragen.
Lässt sie mich in ihr Herz hinein,
oder lässt sie mich allein?
Sagt sie ja oder sagt sie nein.
Wie wird ihre Antwort sein?
Eine Antwort hat sie mir gegeben.
„Ja“, ich möchte mit dir leben.
Es war wie auf Wolken schweben.
So ist die Liebe – so ist sie eben.
Goethe: Erlkönig
Wer
reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? -
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif? -
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. -
„Du liebes Kind, komm geh’ mit mir!
Gar schöne Spiele spiel‘ ich mit dir,
Manch‘ bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch‘ gülden Gewand.“
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? -
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt der Wind. -
„Willst feiner Knabe du mit mir geh’n?
Meine Töchter sollen dich warten schön,
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort? -
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. -
„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch‘ ich Gewalt!“
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,
Erlkönig hat mir ein Leids getan. -
Dem Vater grauset’s, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not,
In seinen Armen das Kind war tot.
Durch Feld und Wald
zu schweifen,
Mein Liedchen
wegzupfeifen,
So geht's von Ort
zu Ort!
Und nach dem Takte
reget,
Und nach dem Maß
beweget
Sich alles an mir
fort.
Ich kann sie kaum
erwarten,
Die erste Blum' im
Garten,
Die erste Blüt' am
Baum.
Sie grüßen meine
Lieder,
Und kommt der
Winter wieder,
Sing ich noch jenen
Traum.
Ich sing' ihn in
der Weite,
Auf Eises Läng und
Breite,
Da blüht der Winter
schön!
Auch diese Blüte
schwindet
Und neue Freude
findet
Sich auf bebauten
Höh'n.
Denn wie ich bei der
Linde
Das junge Völkchen
finde,
Sogleich erreg' ich
sie.
Der stumpfe Bursche
bläht sich,
Das steife Mädchen
dreht sich
Nach meiner
Melodie.
Ihr gebt den Sohlen
Flüge!
Und treibt durch
Tal und Hügel
Den Liebling weit
von Haus.
Ihr lieben, holden
Musen,
Wann ruh' ich ihr
am Busen
Auch endlich wieder
aus?
Zwei Segel erhellend
Die tiefblaue Bucht!
Zwei Segel sich schwellend
Zu ruhiger Flucht!
Wie eins in
den Winden
Sich wölbt und bewegt,
Wird auch das Empfinden
Des andern erregt.
Begehrt eins
zu hasten,
Das andre geht schnell,
Verlangt eins zu rasten,
Ruht auch sein Gesell.
Eichendorff: Deutschlands künftiger Retter
Kein Zauberwort kann mehr den Ausspruch mildern,
Das sündengraue Alte ist gerichtet,
Da Gott nun selbst die Weltgeschichte dichtet
Und auf den Höhen zürnend Engel schildern:
Die Babel bricht mit ihren Götzenbildern,
Ein junger Held, der mit dem Schwerte schlichtet,
Dass Stein auf Stein, ein Trümmerhauf, geschichtet,
Die Welt vergeht in schauerndem Verwildern.
Doch eins, das alle hastig übersehen,
Das Kreuz, bleibt auf den Trümmern einsam stehen;
Da sinkt ins Knie der Held, ein arbeitsmüder,
Und vor dem Bild, das alle will versöhnen,
Legt er dereinst die blutgen Waffen nieder
Und weist den neuen Bau den freien Söhnen.
Posten 4: Theorie Reimarten
Gedichte reimen sich oft. Dabei gibt
es verschiedene Reimformen, je nachdem welche Zeilenenden sich reimen. Die
wichtigsten sind hier aufgelistet (die Buchstaben im Schema stehen für die sich
reimenden Silben).
Paarreim
Die aufeinander folgenden Zeilenenden reimen sich.
Schema aabb.
Kreuzreim
Die Zeile 1 reimt sich mit der Zeile 3, die Zeile 2
mit der Zeile 4... Schema abab.
Umarmender Reim
Die Zeile 1 reimt sich mit der Zeile 4, Zeilen 2 und 3
reimen sich. Schema abba.
Schweifreim
Zeile 1 reimt sich mit Zeile 2, Zeile 3 reimt sich mit
Zeile 6, Zeile 4 und 5 reimen sich.
Schema aab ccb.
Haufenreim
Alle 4 Zeilen reimen sich. Schema aaaa.
Gedichte
zu Posten 5
Bertolt
Brecht: Epitaph für M.
Den Haien entrann ich
Die Tiger erlegte ich
Aufgefressen wurde ich
Von den Wanzen.
Mani Matter: Dene wo’s guet geit
Dene wos
guet geit
Giengs besser
Giengs dene besser
Wos weniger guet geit
Was aber nid geit
Ohni dass's dene
Weniger guet geit
Wos guet geit
Drum geit weni
Für dass es dene
Besser geit
Wos weniger guet geit
Und drum geits o
Dene nid besser
Wos guet geit
Gedichte zu Posten 6
·
Unbekannt: Du
bist mîn
Dû
bist mîn, ich bin dîn.
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen,
verlorn ist das sluzzelîn:
dû muost ouch immêr darinne sîn.
·
Eichendorff: Waldgespräch
„Es
ist schon spät, es wird schon kalt,
was reit'st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
du schöne Braut! Ich führ' dich heim!“
„Groß ist der Männer Trug und List,
vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
wohl irrt das Waldhorn her und hin,
o flieh! Du weißt nicht, wer ich bin."
So reich geschmückt ist Ross und Weib,
so wunderschön der junge Leib,
„Jetzt kenn' ich dich - Gott steh' mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei.“
„Du kennst mich wohl - von hohem Stein
schaut still mein Schloss tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
kommst nimmermehr aus diesem Wald!"
·
Nevfel A. Cumart: deine
Augen
stock und stein
überquerte ich
meine fusssohlen wie leder
tiefe meere
hinter mir
voller tang meine haare
in meinem bart raureif
liess zurück
gewaltige berge
gelangt nicht
in deine augen
Theorie Epochen
Im Mittelalter (ca. 750 bis
1500 n.Chr.) war der Minnesang (eine Art Liebeslied) die wichtigste Dichtung.
Es wurde zum ersten Mal Deutsch statt nur Latein geschrieben, allerdings
unterschied sich dieses alte Deutsch von dem heutigen, wie ihr am
Beispielgedicht sehen könnt. Es war wichtig, dass sich die Verszeilen reimten.
Ausserdem war der Stabreim häufig (das erste Wort der Zeile tritt mehrmals
auf).
-
Beispielgedicht:
Unbekannt: Du bist mîn
In der Romantik (1798 – 1835)
war die Dichtung sehr zentral. Inhaltlich beschäftigte man sich mit Fantasie
und Unwirklichkeit. Auch hier wurde Wert darauf gelegt, dass sich die
Verszeilen reimten, es gab strenge formale Regeln, nach denen gedichtet wurde.
-
Beispielgedicht:
Eichendorff: Waldgespräch
Heute ist man da viel freier. Ein Gedicht
muss weder inhaltlich noch formal gewissen Regeln folgen. Einzig die Versform,
die kurzen Zeilen, machen ein Gedicht als solches erkennbar. Allerdings gibt es
auch heute noch viele Gedichte, die sich zum Beispiel reimen.
-
Beispielgedicht: Nevfel
A. Cumart: deine Augen
Wichtig: die 3 Epochen wurden als Beispiele
gewählt. Dazwischen gibt es noch einige andere Strömungen und Epochen in der
Literatur und der Dichtung. Wichtig ist, dass die Dichtung einen Wandel
durchlebt hat im Laufe der Zeit. Grundsätzlich ist man freier geworden, die
Regeln wurden gelockert.
Gedichte zu Posten 7
·
Karoline von
Günderode: Die Klage
Wer die tiefste aller Wunden
Hat in Geist und Sinn empfunden
Bittrer Trennung Schmerz;
Wer geliebt was er verlohren,
Lassen muß was er erkohren,
Das geliebte Herz,
Der versteht in Lust die Thränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein,
Eins im Andern sich zu finden,
Daß der Zweiheit Gränzen schwinden
Und des Daseins Pein.
Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt' ein Wesen liebgewinnen
O! den tröstet's nicht
Daß für Freuden, die verlohren,
Neue werden neu gebohren:
Jene sind's doch nicht.
Das geliebte, süße Leben,
Dieses Nehmen und dies Geben,
Wort und Sinn und Blick,
Dieses Suchen und dies Finden,
Dieses Denken und Empfinden
Giebt kein Gott zurück.
·
Theodor Strom: Die Stadt
Am grauen Strand,
am grauen Meer
und seitab liegt die Stadt;
der Nebel drückt die Dächer schwer,
und durch die Stille braust das Meer
eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein
Wald, es schlägt im Mai
kein Vogel ohn' Unterlass;
die Wandergans mit hartem Schrei
nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein
ganzes Herz an dir,
du graue Stadt am Meer;
der Jugend Zauber für und für
ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
du graue Stadt am Meer.
·
Conrad
Ferdinand Meyer: Zwei Segel
Zwei
Segel erhellend
Die tiefblaue Bucht!
Zwei Segel sich schwellend
Zu ruhiger Flucht!
Wie eins in den Winden
Sich wölbt und bewegt,
Wird auch das Empfinden
Des andern erregt.
Begehrt eins zu hasten,
Das andre geht schnell,
Verlangt eins zu rasten,
Ruht auch sein Gesell.
Theorieblatt: Rhythmus und Metrum
Rhythmus
Wörter
bestehen aus betonten und/oder unbetonten Silben. Wenn wir „Guten
Tag!“ sagen, betonen wir die erste und die letzte Silbe, nicht etwa die
mittlere: GUten TAG.
Bei Gedichten sprechen wir von Hebungen (betonte Silben) und Senkungen
(unbetonte Silben).
Im folgenden Abzählreim wurden einmal bewusst alle betonten Silben
unterstrichen:
Ene mene miste,
es rappelt in der Kiste,
ene mene meck –
und Du bist weg!
Metrum
In
Gedichten ist die Verteilung der Betonungen (Hebung-Senkung) oft sehr
regelmässig. Diese Regelmässigkeit der Betonungen wird in der Lyrik Metrum
genannt.
Bei vielen Gedichten zieht sich das Metrum einer Verszeile durch das ganze
Gedicht und verleiht ihm so einen regelmässigen Rhythmus.
Die Metren sind bestimmt durch die
regelmässige Abfolge von betonter und unbetonter Silbe (x steht für eine
Silbe):
·
Trochäus
Folgt
einer betonten Silbe eine unbetonte (Schema: x x), setzt sich das Metrum
aus Trochäen zusammen.
·
Jambus
Bei der umgekehrten Reihenfolge von der betonten und unbetonten Silben (Schema:
x x) sprechen wir von Jamben.
·
Daktylus
Bei dieser Metren-Form folgen nach
einer betonten Silben zwei unbetonte (Schema: x x x).
Lösungen: Jambus – Die Stadt;
Trochäus – Die eine Klage; Daktylus – Zwei Segel
Posten 8: Tipps und Tricks zum Gedichteschreiben
- Zuerst brauchst du eine Idee oder etwas, was dich
inspiriert. Inspiration kann jederzeit und ganz unerwartet kommen. Sie
kommt oft von bestimmten Personen, Orten oder Gegenständen, die starke Gefühle
wecken. Es kann eine abstrakte Idee oder eine Kleinigkeit, ein Moment
sein, z.B. ein Blatt, das sich im Wind hin und her wendet.
- Brainstorming. Schreib alles auf, was dir in den
Sinn kommt. Denk nicht zu viel darüber nach. Schreibe hemmungslos und lass
deinen Gefühlen freien Lauf. Später kann man immer noch Sachen streichen.
- Denk über die Form nach und fange an, deine
Gedanken zu organisieren. Soll sich das Gedicht reimen oder nicht? Soll es
besonders aufgebaut sein? Hat die Form sogar etwas mit dem Inhalt zu tun?
- Denke an Rhythmus und Takt. Wie soll das Gedicht
klingen, wenn man es laut liest?
- Beschreibe Bilder, damit sich der Leser etwas
vorstellen kann, auch ungewöhnliche Verbindungen von Adjektiv und Nomen
können grosse Wirkung erzielen (z.B. goldene Töne). Vielleicht willst du
eine Alliteration ausprobieren (wenn aufeinander folgende Wörter denselben
Anfangsbuchstaben haben, z.B. rote Rose). Diese Techniken
beleben das Gedicht.
Natürlich musst du dich nicht
an diese Tipps halten, sondern darfst frei entscheiden und drauflos dichten.
Posten 10: Theorie Dadaismus
Dadaismus
Der Dadaismus, oder kurz Dada war eine künstlerische und literarische Bewegung,
die 1916 in Zürich durch die Eröffnung des „Cabaret Voltaire“ entstand. Die
Strömung des Dadaismus setzte sich sehr kritisch mit der damaligen Kultur auseinander
und zeichnete sich vor allem durch Protest an der „normalen“ Kunst aus.
Der Gründer Hugo
Ball benannte die Bewegung nach dem Wort “dada”, das
zu Deutsch “Steckenpferd” heißt. Der außergewöhnliche Namen
ist für diese Kunst- und Literatur-Bewegung sehr passend. Der Dadaismus wollte
die vollkommene Antikunst
sein. Die
Dadaisten wollten mit ihrer Kunst und Literatur provozieren und wendeten sich
somit dem scheinbar Sinnlosen zu. In der Literatur konzentrierten sie sich auf
Satire, Laut- und Nonsens-Gedichte.
Posten 12: Theorieblatt Poetry Slam
Poetry Slam setzt sich zusammen aus poetry (englisch: „Dichtung“) und
dem Verb slam (etwa: „zuschlagen, zuknallen; jemanden ins Gesicht schlagen“).
Ein Poetry Slam ist eine Art Dichterwettstreit oder Dichterschlacht, ein literarischer
Vortragswettbewerb, bei dem selbstgeschriebene Texte innerhalb einer bestimmten
Zeit einem Publikum vorgetragen werden. Dabei sind alle literarischen Formen
und Genres – beispielsweise Lyrik, Kurzprosa, Rap oder Comedy-Beiträge – erlaubt.
Die Zuhörer küren anschließend den Sieger. Die
Veranstaltungsform entstand 1986 in Chicago und verbreitete sich in den
neunziger Jahren weltweit.
Lernkontrolle Lyrik
Name:..................................
1.
Beschreibe die formalen Regeln für ein Haiku (3
P.)
....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
Verbinde
die Gedichtzeilen mit der dazugehörenden Reimart (5 P.)
Paarreim
|
Ein reiner Reim ist sehr begehrt,
doch den Gedanken rein zu haben,
die edelste von allen Gaben,
das ist mir alle Reime wert.
|
Schweifreim
|
auf den hohen Felsenklippen
sitzen sieben Robbensippen
die sich in die Rippen stippen
bis sie von den Klippen kippen
|
Umarmender Reim
|
Ich geh' im Urwald für mich hin...
Wie schön, dass ich im Urwald bin:
man kann hier noch so lange wandern,
ein Urbaum steht neben dem andern.
|
Kreuzreim
|
Ja, ich weiß, woher ich stamme,
Ungesättigt gleich der Flamme
Glühe und verzehr' ich mich.
Licht wird alles, was ich fasse,
Kohle alles, was ich lasse,
Flamme bin ich sicherlich
|
Haufenreim
|
Wir schreiten auf und ab im reichen Flitter
Des Buchenganges beinah bis zum Tore
Und sehen außen in dem Feld vom Gitter
Den Mandelbaum zum zweitenmal im Flore.
|
2.
Um welchen Rhythmus handelt es sich bei
folgendem Gedicht? Fertige ein Silbenschema an. (4 P.)
Hat der alte Hexenmeister ................................................................
Sich doch einmal
wegbegeben! ................................................................
Und nun sollen seine
Geister ................................................................
Auch nach meinem Willen
leben. ................................................................
Rhythmus:..........................................................
3.
Nenne kurz die wichtigsten Merkmale des
Dadaismus. (3 P.)
..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
Punkte: von 15 Note:
Planungsübersicht Einführungslektion
Quellen
Zur Arbeit
Begleittexte 1+2 zum Proseminar
Zu den Posten
1. [das zweite Gesicht; stand 27.3.2010]
2.
[jänner; stand 27.3.2010] [du; stand 08.10.10]
[worte; stand 08.10.2010]
[abendlied; stand 08.10.2010]
[das ästhetische wiesel; stand 08.10.10]
3. Theorie zu Haiku + Elfchen z.B. aus Watzke
(siehe unten)
4. [deutschlands künftiger retter; stand
08.10.10]
[der musensohn; stand 27.3.2010] [erlkönig; stand 27.3.2010]
[zwei segel; stand 23.6.2010] [ich wills endlich ehrlich sagen; stand
08.10.10]
5. [dene wos guet geit; stand 29.3.2010]
[epitaph für m; stand 08.10.10]
6. [du bist min; stand 08.10.10]
[waldgespräch; stand 08.10.10]
„deine Augen“ aus Madsen (siehe unten)
7. [die eine klage; stand 08.10.10]
[die stadt; stand 08.10.10] [zwei segel; stand 23.6.2010]
8. [tipps; stand 09.10.10]
11. [totemügerli; stand 09.10.10] [audiodatei totemügerli; stand 09.10.10]
12. [poetry slam 1; stand 09.10.10]
[poetry slam 2; stand 09.10.10]
[bild poetry slam; stand 09.10.10]
[theorie; stand 09.10.10]
Bücher:
Heise,
Ursula / Maier, Rudolf Nikolaus / Steinbach, Dietrich (1985): Gedichte.
Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 1.Aufl. Stuttgart: Ernst Klett
Reber,
Fritz / Bernet, Anna / Bläuenstein, Willy A. / Gloor, Arthur / Grossmann,
Therese / Jakob, Rudolf / Wyss, Bernhard (1986): Mitten in einen Vers. Bern:
Staatlicher Lehrmittelverlag
Madsen,
Rainer (2008): Geschichte der deutschen Literatur in Beispielen. Paderborn:
Schöningh Verlag
Eicher,
Thomas / Wiemann, Volker (2001): Arbeitsbuch: Literaturwissenschaft. 3.
Aufl. Paderborn: Schöningh Verlag
Neuhaus,
Stefan (2009): Grundriss der Literaturwissenschaft. 3.Aufl. Tübingen:
A. Francke Verlag
Watzke,
Oswald (2008): Gedichte für die 9. und 10. Klasse. 2.Aufl. Donauwörth: Auer
Quellen & Links