Johann Heinrich Pestalozzi
(1746-1827)
1. Wichtige
Biographische Eckdaten:
1746 12. Januar, Geburt in
Zürich, Sohn eines Chirurgen
1751 Tod des Vaters;
Eintritt in Schule
1754-1765 Besuch
der Lateinschule, des Collegium Humanitatis und des Collegium
Carolinum à wird mit Geist der
Aufklärung und Rousseaus Denken vertraut gemacht
1768-1770 Landkäufe und
Bau des Neuhofs bei Birr à Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder;
lehrte handwerkliche Dinge, Sparsamkeit, Fleiß, Selbstbeschränkung und
Mitmenschlichkeit
1769 Heirat mit Anna
Schulthess, Züricher Kaufmannstochter
1770 Geburt
des einzigen Sohnes Hans-Jakob à benannt nach Rousseau
1774 Beitritt zur
revolutionären Helvetischen Gesellschaft zu Schinznach
1780 Zusammenbruch
der Neuhofsanstalt
1792 wird Ehrenbürger
der Französischen Republik
1798 Gründung des Waisenhauses
in Stans à
Nachwirkungen der Französischen Revolution; Auftrag von neuen Regierung: 80
verwaiste und von Verwahrlosung bedrohte Kinder zu betreuen à scheitert: Gebäude
wird als Lazarett benötigt
1800 Lehrer in Burgdorf
und Gründung eines Erziehungsinstituts
1801 Sohn stirbt an
Epilepsie
1805 Verlegung des Instituts
nach Iferten (Yverdon, französische Schweiz) à Schule, Pensionat,
Lehrerseminar, Armen- und Waisenhaus à erlangte zu Lebzeiten legendären Ruhm in
ganz Europa
1815 Tod seiner Frau
1825 Auflösung des Instituts in
Iferten nach jahrelangen Streitigkeiten unter den Mitarbeitern; Rückkehr auf
Neuhof
1827 17.
Februar, stirbt in Brugg, wird am Schulhaus in Birr begraben
à Grabinschrift:
„Retter der Armen auf Neuhof,
Prediger des Volkes in Lienhard und Gertrud, zu Stanz Vater der Waisen, zu
Burgdorf und Münchenbuchsee Gründer der neuen Volksschule, in Iferten Erzieher
der Menschheit, Mensch, Christ, Bürger. Alles für andere, für sich nichts!
Segen seinem Namen!“
2. Menschenbild
Allgemein
- zunächst:
Mensch von Anfang an unverdorben, naturhaft gut (Anlehnung an Rousseau)
- später
(durch seine gemachten Erfahrungen): Gutes und Böses im Menschen angelegt
à
Mensch
ist ein Wesen das im Widerspruch/Zwiespalt lebt
à
Mensch
ist erziehungsbedürftig
à
Hilfe
durch Erziehung (Bewahrung des Guten)
3
Naturzustände des Menschen
1. Naturzustand:
"Werk der Natur"
2.
Gesellschaftlicher
Zustand: "Werk der Gesellschaft", "Werk des Geschlechts" (Menschengeschlechts),
"Bürger“
3. Sittlicher
Zustand: aus Einsicht heraus, Egoismus überwunden, im Vollsinne
"Mensch", "Werk meiner Selbst"
à
Der Mensch ist das Werk seiner selbst, er bleibt auf sich selbst verwiesen
3. Pädagogik/Erziehung
3
Lebenskreise
- Familie
à
hineingeboren (Liebe & Glaube à
Sittlichkeit & Religion)
- Berufswirklichkeit
und Arbeitswelt à
innerhalb
des Standes, Berufsausbildung = wesentlicher Teil der Menschenbildung
(Erwerb von Wissen und Können für die wirtschaftliche Lebenssicherung)
- Staat
à Gott als Zentrum der 3 Lebenskreise!
Vorstellungen
über Erziehung
·
Familie = Ursprung des Erzieherischen;
Familienerziehung = erste Erziehung
·
Erziehung hat Fundament und Ausgangspunkt
in reinem und guten Menschenherz
·
Erziehung ist erst Sache des Herzens
(Mutter), dann der Vernunft (Vater)
·
These: Zur Rettung des Menschen bedarf es
der Erziehung (Notwendigkeit)
·
Erziehung muss frühzeitig beginnen;
mangelnde oder mangelhafte Erziehung führen zu „verhängnisvollen“ Folgen
·
Verhältnis Mutter-Kind: „rein
erzieherischer Urbezug“
·
Erziehung = Angebot und Hilfe; nicht
Geschenk von außen, nur durch eigene Kraft
·
seine Theorie war – im Gegensatz zu
Rousseau – Ausdruck von Erfahrung und Deutung eines Lebens und Leidens mit und
für Kinder
·
Religiöse Erziehung (Der Weg zu Gott
führt über Menschen, hauptsächlicher Ursprung: Verhältnis zur Mutter) und
Gewissensbildung
·
Erkennt Grenzen der Erziehung (Grenzen in
den Schützlingen, Grenzen durch äußere Verhältnisse, Scheitern wirtschaftlicher
Projekte, Probleme mit Mitarbeitern, Grenzen der eigenen Person)
Elementarmethode
Ausgewogene
Förderung von:
- Kopf
- Herz
- Hand
à Unterrichtsmethode mit dem Ziel eines
allseitig und ganzheitlich gebildeten Menschen mit ausreichendem Wissen,
geläutertem Wollen und dem zur Lebensmeisterung erforderlichen Können.
Erziehungsmethode
zu Stans
=
Methode der sittlichen Elementarbildung; klassisches Beispiel einer
Erziehungsmethode
·
Umfassende
Sorge (Befriedigung der berechtigten Bedürfnisse; Antwort des Kindes: Liebe
& Vertrauen)
·
Geschwisterliche
Verhältnisse
·
Äußere
Ordnung
à Erziehung
zu sittlichem Verhalten, Hilfsbereitschaft, Entscheidungsfähigkeit, Selbstzucht
à
Erfahrungen
à mit Kind
Reflexion darüber, wie sich Mensch dem Gewissensurteil entsprechend verhalten
soll
à Mensch
macht sich selbst zum Menschen
à
Selbstbildung und Selbstverwirklichung in Freiheit des Glaubens und der Liebe
4. Werke
1779/1780 „Die Abendstunde eines Einsiedlers“
(aufklärungspädagogisch)
à zeigt
Wege zu einer Erneuerung der Gesellschaft, verleiht den wichtigsten Gedanken
seiner Erziehungslehre erstmals Ausdruck
à liegen Erlebnisse und Erfahrungen auf Neuhof zugrunde
1781-1787 „Lienhard
und Gertrud“
à erzieherisch
angelegter vierteiliger Volksroman;
à über Nacht
berühmt in ganz Europa; Pestalozzi lag nichts am Erfolg, half ihm aber seine
praktisch-pädagogische Arbeit ins öffentliche Interesse zu bringen
1797 „Meine
Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des
Menschengeschlechts“ à drei Zustände (siehe oben)
1799 „Stanser
Brief“
= Rechenschaftsbericht
à gilt als
das Dokument für realisiertes erzieherisches Ethos schlechthin
1801 „Wie
Gertrud ihre Kinder lehrt“
à erste zusammenfassende Darstellung der Elementarmethode
à Buch in Briefform
à Versuch der
Anleitung für Mütter, ihre Kinder selbst zu erziehen
1815 „An
die Unschuld, den Ernst und den Edelmuth meines Zeitalters und meines
Vaterlandes“
à bedauert, dass viele Menschen
bis zum Tod nicht menschlich werden
1826 „Pestalozzis
Schwanengesang“
à schrieb
über seine „Idee der Elementarbildung“: grundlegende Gedanken über Bildung uns
Erziehung; bezeichnet sie als „gereifte Früchte am Baum seines Lebens“