Parabelinterpretation
„Die Brücke“ wurde 1917 von Franz Kafka verfasst. In
der Parabel werden die Einsamkeit und die Ausgrenzung einzelner Menschen aus
der Gesellschaft problematisiert.
Man kann die Parabel in 3 Abschnitte unterteilen. In
dem 1.Teil (Z. 1-6) beschreibt die Brücke selbst ihr Aussehen und schildert
ihre momentane Lage. Ab Zeile 7 erzählt sie, dass sich eines Abends ein Mann
ihr näherte und der Leser merkt, dass sie sich darüber freut. Im letzten
Abschnitt untersucht der Fremde die Brücke und springt mit viel Schwung auf sie
drauf. Letztendlich stürzt die Brücke ein, weil sie nachgucken wollte, wer
dieser Mann war, der ihr weh getan hatte.
Der Leser erfährt, dass sich die Brücke über einem
tiefen Abgrund befindet unter dem ein „eisiger Forellenbach“ entlang führt, wie
in Zeile 3 beschrieben. Die Lage der Brücke erfährt man nur vage. Allerdings
wird erzählt, dass sie sich in einer einsamen Gegend befindet, da nie eine
Person vorbei kommt und sie nicht einmal in den Karten eingezeichnet ist (Z. 3-5).
Die Brücke beschreibt sich zunächst selbst als „steif“
und „kalt“ (Z.1). Anschließend erfährt der Leser, dass die Fußspitzen an einem
Ende und die Hände am anderen Ende der Brücke jeweils die Verankerung zu beiden
Seiten der Schlucht bilden. Es heißt, die beiden Körperteile wären „eingebohrt“
und „festgebissen“ in dem „bröckelndem Lehm“ (Z. 2), dies weist daraufhin, dass
die Brücke nicht sonderlich stabil ist. Außerdem werden ihre „Rockschöße“(Z.3)
erwähnt, die zu ihren Seiten umher wehen. Im ersten Abschnitt scheint die
Brücke in einer Situation der Ausweglosigkeit, Einsamkeit und Isoliertheit
(Z.4-5) zu sein. Auch hat die Brücke anscheinend kein Zeitgefühl (Z. 7) mehr,
man vermutet aufgrund des vielen Wartens. Ab Zeile 7 fängt sie an Hoffnung zu
schöpfen, weil sie eine Person sich nähern hört. Der Leser spürt den Wunsch der
Brücke nach Kontakt zu anderen Personen (Z.9). Sie bereitet sich auf den
Fremden vor, um alles richtig zu machen und ihn sicher auf die andere Seite
zubringen. Zunächst untersucht der Fremde die Brücke, was diese allerdings
nicht stört. Erst als er plötzlich mit viel Schwung auf sie drauf springt, ist
sie verwirrt und verängstigt (Z. 17-18). Sie fragt sich, wer es sein könnte und
um es heraus zu finden, wer dieser Fremde ist, dreht sie sich um und stürzt
sich somit in den Tod. Am Ende der Parabel liegt die Brücke „zerrissen“ (Z.20)
und „aufgespießt“ (Z.20) am Abgrund des Forellenbaches.
Über den Fremden, der sich im „Manneschritt“ (Z. 9)
der Brücke nähert, erfährt der Leser nicht viel. Er scheint zunächst
misstrauisch, ob diese Brücke ihn halten kann. Zunächst untersucht er sie,
„beklopft“ sie (Z. 13) und ordnet ihre Rockschöße (Z. 14). Dabei wird seine
Dominanz und Macht über die Brücke deutlich, er kann alles machen, ohne dass
sie sich wehren kann. Dann springt der Fremde, um ein weiteres Mal zu prüfen,
ob sie ihm stand hält und ob er ihr trauen kann, mit viel Schwung auf die
Brücke.
Die Parabel ist aus der Ich-Perspektive der Brücke und
in der Vergangenheit geschrieben. Dies ist erstaunlich, da die Brücke am Ende
in den Abgrund stürzt und der Leser davon ausgeht, dass sie gestorben ist.
Auffallend im ersten Abschnitt der Parabel sind die
negativ konnotierten Adjektive, wie zum Beispiel „kalt“ (Z.1.), „bröckelnd“
(Z.2), „festgebissen“ (Z.2) und „eisig“ (Z.3). Sie erzeugen eine unangenehme
und deprimierende Atmosphäre. Der Fakt, dass die Brücke nicht einmal in den
Karten eingezeichnet (Z. 4-5) ist, verdeutlicht die ausweglose und einsame Lage
der Brücke. Auch fallen dem Leser die Parataxen und Satzverbindungen im ersten
Teil auf, denn sie steigern die Spannung und das Verlangen weiterlesen zu
wollen, um heraus zu finden, ob die Brücke jemals aus ihrer Starre herauskommen
kann. Die Parenthese in Zeile 7 betont die Unwichtigkeit der Zeit für die
Brücke. Für sie spielt es keine Rolle, welche Zeit oder geschweige denn welcher
Abend es ist, als der Fremde sich ihr nähert. Es ist nur wichtig, dass jemand
zu ihr kommt und sie vielleicht braucht. In Zeile 9 merkt der Leser, anhand der
Ellipse „Zu mir, zu mir.“, wie sehnlich sich die Brücke wünscht jemanden neuen
kennenzulernen oder einfach nur Kontakt zu einem anderen Lebewesen zuhaben.
Auch die Aufforderungen an sich selbst, wie beispielsweise „Strecke dich,
Brücke“ (Z. 10), machen deutlich wie wichtig es für sie ist, alles richtig zu
machen und den Fremden sicher auf die andere Seite zu bringen. In dem letzten
Abschnitt wird allerdings deutlich welche Macht und Dominanz der Fremde hat.
Betont wird dies, da er sich über der Brücke befindet und er Gegenstände, wie
zum Beispiel einen Stock mit einer Eisenspitze besitzt mit der er die Brücke
abklopft (Z.13) und somit prüft aber vielleicht auch bedroht. Die Parenthese in
Zeile 15 verdeutlicht dem Leser, dass die Brücke nicht mit dem zukünftigen
Handeln des Fremden gerechnet hatte. Nämlich, dass er auf die Brücke springen
würde und sie dabei erschrecken und verletzen würde. Daraufhin folgen die
elliptischen Fragen in den Zeilen 17 und 18. Der Leser bemerkt, wie entsetzt
die Brücke ist und wie gerne sie wissen würde, wer sie so getäuscht hat. Bei
dem Ausruf „Brücke dreht sich um!“ (Z. 19) fragt man sich, aus welcher
Perspektive dies geschrieben ist. Somit wird noch einmal der Fakt betont, dass
die Brücke sich umdreht. Die Adjektive „zerrissen“ und „aufgespießt“ (Z. 20)
machen dem Leser deutlich in welcher ausweglosen Lage sich die Brücke befindet
und dass sie eventuell an diesen Verletzungen gestorben ist. Auch der
Widerspruch „von den zugespitzten Kieseln, die mich so friedlich immer
angestarrt hatten“(Z. 20-21), wobei zugespitzt und friedlich sehr gegensätzlich
wirken, verwirren den Leser.
Es gibt sehr viele Möglichkeiten diese Parabel zu
deuten, weil jeder sie anders interpretiert. Ich denke die Brücke soll eine
Person darstellen, die von der Gesellschaft abgekapselt lebt. Sie fühlt sich
nicht wohl in ihrer Haut, sondern eingeengt, weshalb für sie in der Parabel
eine Brücke gewählt wurde. Brücken befinden sich zwischen zwei Seiten
eingespannt und verbinden diese miteinander. Sie sind also auch eingeengt.
Außerdem denke ich, dass die Person, wie auch die
Brücke, sehr einsam ist und keine Freunde oder Verwandten hat, mit denen Sie
reden könnte. Die Brücke ist nicht einmal auf den Landkarten eingezeichnet (Z.
4-5) und es kommt auch nie eine Person an ihr vorbei. Wie die Brücke,
beziehungsweise die Person in diese ausweglose, einsame und deprimierende
Situation der Außenseiterin der Gesellschaft kam, wird dem Leser nicht
mitgeteilt. Ob sie selbst daran Schuld ist oder ob die anderen von vornherein
abweisend zu ihr waren ist ebenfalls nicht bekannt. Der Leser erfährt nur, dass
die Brücke, genauer gesagt die dargestellte Person, sich nach Gesellschaft und
Freunden sehnt. Wie auch in der Parabel beschrieben, kann es die Brücke kaum
erwarten, als sich ein Mensch ihr im „Manneschritt“ nähert. (Z.9) Den Fremden
der zu der Brücke geht, würde ich als einen neuen Menschen in dem Leben der
einsamen Person deuten. Sie erhofft sich in ihm endlich einen Freund zu finden,
der ihr und dem sie vertrauen kann. Die Person würde alles für diesen neuen
Menschen und ihre zukünftige Freundschaft tun. Sie würde sich für ihn verändern
und alles machen, was er von ihr verlangt. So wird es auch in der Parabel in
den Zeilen 10 bis 12 beschrieben. Die Brücke bereitet sich auf den Fremden vor
und tut alles, damit dieser sicher auf die andere Seite kommen kann. Auch als
er sie abklopft und überprüft (Z.13-15) lässt es die Brücke zu. Die Person, die
von der Brücke dargestellt wird, ist der selben Ansicht. Sie findet, dass sie
einander erst kennenlernen müssen und er sie ruhig untersuchen darf, auch wenn
es ungewöhnlich ist. Vielleicht duldet die Person es auch nur, weil sie denkt,
dass es zu einer normalen Freundschaft gehört Opfer zu bringen, denn sie wehrt
sich nicht dagegen.
Doch dann springt der Fremde in der Parabel plötzlich
auf die Brücke und verletzt sie dabei sehr. Sie fühlt sich ausgenutzt und
verraten und will wissen wer das war. Darum dreht sie sich um und stürzt dabei
in den tiefen Abgrund. Wenn man dieses dramatische Ende auf die Deutung
bezieht, könnte man diese plötzliche Wendung des neuen Menschen in dem Leben
der einsamen Person so interpretieren, dass dieser Neue sie nur ausgenutzt hat.
Er hat sie für eine kurze Zeit gebraucht, weil er Hilfe benötigte, sie so
dringend einen Freund haben wollte und für ihn alles getan hätte. Doch dann
braucht dieser Mensch sie nicht mehr und lässt die einsame Person einfach
hängen. Sie erkennt sein wahres Gesicht und fällt wieder in ihre tiefe Starre
der Einsamkeit. Denn sie hat immer noch keinen Freund und wurde ausgenutzt.
Meiner Meinung nach ist dieses Thema und speziell die
Ausgrenzung von einigen Menschen aus der Gesellschaft ein sehr wichtiges und
aktuelles Problem. Denn es kommt sehr oft in einer Gruppe vor, dass es einen
gibt, der nicht dazu gehört und oft hat diese Person keine Möglichkeit mehr aus
dieser Position herauszukommen. Die anderen halten sie für komisch, weil sie
anders als die anderen ist und grenzen sie daraufhin aus der Gruppe aus.
Deshalb stehen diese Personen ganz alleine da und fühlen sich einsam. Oft
sehnen sie sich einfach nach einem Freund mit dem sie reden könnten. Leider
werden solche Außenseiter häufig ausgenutzt, weil sie für einen kurzen Moment
sehr nützlich für jemanden waren, doch dann brauchen sie diese Person nicht
mehr und lassen sie hängen. Aufgrund solcher Ausnutzungen werden sie noch
unsicherer und ziehen sich immer mehr aus der Gesellschaft zurück. Deshalb
werden sie noch einsamer. Es ist wie ein Kreislauf und es ist sehr schwierig
wieder aus ihm heraus zukommen.
Meiner Meinung nach sollten wir uns dafür einsetzen,
dass immer weniger Menschen gehänselt werden und sich deshalb aus der
Gesellschaft zurück ziehen.Wir sollten einfach auf diese Personen zugehen, denn
jeder kommt einmal in die Situation anders als die anderen zu sein und sich
vielleicht einsam zu fühlen.