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Seminararbeit / Hausarbeit

Ordnungs­wissen im Buch der Natur von Konrad von Megenberg

7.024 Wörter / ~24 Seiten sternsternsternsternstern_0.75 Autorin Sabrina M. im Sep. 2012
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Seminararbeit
Geschichte / Historik

Universität, Schule

RWTH Aachen Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule

Note, Lehrer, Jahr

2012, 2,3

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Sabrina M. ©
Metadaten
Preis 6.00
Format: pdf
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Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.75
ID# 22515







RWTH Aachen Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule

Ordnungswissen im Buch der Natur
von Konrad von Megenberg


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konrad von Megenberg

2.1 Werke

2.2 Adressaten

3. Mittelalterliche Männerbilder in der physiognomischen Tradition

4. Frauenbild

5. Zusammenfassung

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellen

 

1. Einleitung

Enzyklopädien haben den Anspruch, umfassende Darstellungen des gesamt existierenden Wissensbestandes aller Fachgebiete in einer übersichtlichen Form zu sein. Sie können alphabetisch, nach Stichwörtern oder systematisch nach Sachgebieten geordnet sein. Doch gibt es auch Enzyklopädien, die nicht nur der weltlichen Wissensvermehrung dienen, sondern ebenso der geistlichen und moralischen Lebensorientierung.

Eine solche Enzyklopädie verfasste Konrad von Mengenberg Mitte des 14. Jahrhunderts. In der Folgenden Arbeit soll gezeigt werden, inwiefern das Buch der Natur von Konrad Megenberg der Vermittlung eines solchen Ordnungswissens dient und ob Konrad dabei auf traditionelles Ordnungswissen zurückgreift, oder eine modernere Sichtweise auf die Gesellschaft hat. Des Weiteren soll überlegt werden, an wen Konrad sich mit diesem Ordnungswissen wendet.

Diese Fragen sollen unter Berücksichtigung des Ordnungswissens, welches das Zusammenleben von Mann und Frau bestimmt, besprochen werden. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Art der Vermittlung gelegt werden, denn „die Darbietungsformen des Wissens sind oft verräterischer für das Denken einer Epoche als das Wissen selbst.“ Konrad nutzt in seinem Werk vor allem das Mittel der Allegorese und nutzt die physiognomische Tradition zur Deutung seines Umfelds.

Auf diese Auslegungsverfahren soll im Verlaufe der Arbeit anhand von Beispielen genauer eingegangen werden. Doch zunächst sollen Konrad Megenberg und sein Werk vorgestellt werden. Die Person Konrads und das Umfeld, in dem er sich bewegt, prägen seine Sichtweise auf die Welt. Die Werke Konrads sind interessant, da so zu erkennen ist, wofür er sich eingesetzt hat und was ihn interessierte.

Im Anschluss daran sollen die möglichen Adressaten diskutiert werden und die Frage nach der Intention des Werkes. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit dem mittelalterlichen Männerbilder, das Konrad in der physiognomischen Tradition beschreibt. Unter anderem soll anhand des beschriebenen Mann-Frau-Verhältnisses die Frage erläutert werden, ob Konrad auf kollektives Ordnungswissen zurückgreift.

In der Forschung gibt es zwei Positionen bezüglich der Frage nach der Wertung des Ordnungswissens, welches die Rangordnung von Mann und Frau beschreibt, auf.

Huber vertritt in seinem Aufsatz „der werlde ring und was man tuon und lassen schol“ aus dem Jahr 1999 die These, dass im dritten Buch über die Tiere im Allgemeinen der Eindruck entstehe, das mittelalterliche Ordnungswissen würde eine vehemente Erschütterung erfahren. Begründet sieht er diese These anhand von zwei Kapiteln im dritten Buch, die im weiteren Verlauf der Arbeit besprochen werden sollen.[1]

Maier-Eroms und Neecke vertreten in ihrem Aufsatz „Ordnungswidrigkeiten und ihre Ordnung im Buch der Natur Konrads von Megenberg aus den Jahren 2010/11 die These, dass Konrad im Buch der Natur ausschließlich bereits bekanntes, kollektiv geteiltes, traditionelles Ordnungswissen aufruft, dem erschütterungsfreie Stabilität zugesprochen wird.“[2] Eine ähnliche Sichtweise weist Drossbach in ihrem Aufsatz „Concordia nutrit amorem- Konrad von Megenberg und die Ehe“ aus demselben Jahr wie der zuvor angeführte Aufsatz auf.

Sie ist der Meinung, dass das Wissen über die grundlegenden Richtlinien des kanonischen Eherechts im 14. Jahrhundert im Reich größer geworden ist. Konrad bezieht sich in seinen Auslegungen auf dieses Recht und somit auf ein kollektiv geteiltes Wissen. Dass dieses Wissen kollektiv geteilt wurde, soll sich vor allem darin gezeigt haben, dass bei Gerichtsverfahren über das Eherecht die Laien sich sehr gut in ihren Rechten auskannten und wussten, dieses Wissen zu ihrem Vorteil einzusetzen und ihre Aussagen danach zu richten.[3]

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Von den kirchenpolitischen Schriften sind insgesamt fünf Schriften bekannt. Beispiele sind der  Tractatus de translatione imperii aus dem Jahre 1354, in dem sich Konrad mit Lupold von Bebenburg[22] auseinandersetzt. In dieser Auseinandersetzung ging es um das Verhältnis von Papst und Kaiser.[23] Außerdem ist die Lacrima ecclesiae aus dem Jahre 1364 anzuführen, in der Konrad mit dem Bettelorden abrechnet.[24] Aus der Gruppe der kirchenrechtlichen Schriften sind vier Schriften bekannt.

In der Statuta capituli ecclesie Ratisponensis befasst Konrad sich mit den Rechten und Pflichten eines Domherren. Das Handbuch müsste nach 1355 entstanden sein.[25] Ein weiteres Werk dieser Gruppe ist das Werk Canones poenitentiales aus dem Jahre 1372, das für den praktischen Gebrauch des Geistlichen gedacht war.[26] Lediglich zwei moralphilosophische Schriften sind bekannt.

Sie weisen eine Dreiteilung nach peripatetischem Muster auf.[27] Es handelt sich um die Werke Speculum felicitatis humanae aus dem Jahre 1348 und die Yconomica, die zwischen den Jahren 1348 und 1352 entstanden ist.[28] Zu den naturkundlichen Schriften zählt man sechs Schriften, darunter gehört auch das Buch der Natur.[29] Beim Buch der Natur handelt es sich um eine Übersetzung und Bearbeitung des in den Jahren 1228-1243 entstandenen Liber de natura rerum des Dominikaners Thomas von Cantimpré.[30] Konrad von Megenberg hatte demnach eine lateinische Vorlage, die er in die Volkssprache übersetzt hat, doch man kann bei diesem Text nicht von einer strengen Wort–für-Wort-Übersetzung sprechen.

Konrad hat nicht einfach den lateinischen Text in die Volkssprache übersetzt, sondern er kommentierte zusätzlich, änderte und kürzte, selektierte und ergänzt seine Vorlagen.[31] Im Buch der Natur stellt Konrad folgende Bereiche dar: „Gott/Trinität – Engel – Seele – Mensch (als Mikrokosmos) – Himmel und Gestirne, Meteorologie (Makrokosmos) – Tierwelt Vierfüßler, Vögel, Meerestiere, Reptilien, Insekten – Pflanzenwelt (Bäume, Kräuter) – Unbelebtes (Edelsteine, Metalle).“[32] Seine Enzyklopädie schließt er mit den wunderwirkenden Gewässern und Monstren ab.[33]

Zweifelhaft sind 5 Bücher unter anderem die Werke Super sententias libri IV, Tractatus de XII virtutibus missae und Chronica.[34]

Anhand seiner Werke und seiner Arbeit wird deutlich, dass Megenberg sich kirchlich und politisch engagierte. Jedoch bis auf das Buch der Natur und dem Traktat Tractatus de limitibus parochiarum civitatis Ratisponensis und der Deutschen Sphaera fanden seine Werke gemessen an ihrer Verbreitung keinen großen Anklang.[35] Teilweise sind uns heute nur noch Titel seiner Werke bekannt, oder sie werden fragmentarisch in anderen Werken erwähnt. Das Buch der Natur zeichnet sich durch die größte Überlieferungsfülle aus, was ein Anzeichen für seine Wirkungsmächtigkeit ist.[36]

2.2 Adressaten


Konrad schrieb das Buch der Natur in Volkssprache, so dass das Werk auch von nicht Lateinkundigen hätte verstanden werden können. Das Werk konnte nun in Volkssprache vorgetragen, oder wenn man des Lesens mächtig gewesen ist, gelesen werden.

Es stellt sich die Frage, mit welcher Absicht Konrad dieses Werk übersetzt hat. Nach Blumenberg[37], Rothacker[38] und Curtius[39] handelt es sich dabei um eine Laizisierung.

Zu dieser Annahme kommt es, da durch das Übersetzen Laien Zugang zu Wissen bekommen, welches vorher nur Personen, die Latein beherrschten, offenstand. Das heißt, dieses Wissen war hauptsächlich Klerikern und Gelehrten zugängig. Rothacker geht davon aus, dass nun „die Gotteserkenntnis [ .] von dem auch dem Laien zugänglichen Buch der Natur“[40] ausgehe.

Diese Sichtweise vertritt auch Hayer, der schreibt, dass „[d]en Laien, die nicht die Sprache der litterati beherrschten, [ .] die Übersetzung zugute kommen [sollte], damit auch sie die Vielfalt und Sinnhaftigkeit der Schöpfung Gottes erkennen und begreifen lernen konnten.“[41] Laizisierung wird hier also als „Entfremdung der theologischen Herkunft“[42] verstanden.

Bestärkt in ihrer Annahme werden sie dadurch, dass Konrad versucht, die Vorgänge in der Natur rational zu erklären. So scheint „Ziel des Forschens [ .] alleine, die Ursachen der Naturprozesse zu erkennen“[43], zu sein. Steer weist jedoch daraufhin, dass dieser Begriff der „Laizisierung“ weitgehend identisch mit dem Begriff der „Säkularisierung“ sei und dass man im Zusammenhang mit einem Werk Konrads sicher nicht von einer „Herauslösung und Emanzipation der menschlichen Lebenswelt aus dem Sinnkontext der christlichen Theologie“[44] spreche.....[Volltext lesen]

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Es scheint vielmehr, dass Konrad Spaß am Übersetzen hatte und stolz auf sein Können war. So schreibt er „ich würk daz ich dâ kann“[52]. Aus dieser Perspektive gesehen, scheint es nicht unbedingt so, als sei das Werk für den Illiteraten gedacht. Es ist nicht auszuschließen, dass Konrad sich erhofft hat, das aufstrebende Bürgertum mit diesem Werk zu erreichen, doch muss das Bürgertum nicht sein Zielpublikum gewesen sein.

Hayer argumentiert zudem mit der Rezeptionsgeschichte, er führt an, dass heutzutage bekannt ist, dass dieses Werk stärker von Laien gelesen wurde als von Klerikern.[53] Doch auch dieser Punkt spricht nicht eindeutig für die eine oder andere Variante. Es ist auch durchaus denkbar, dass das Buch bei den Laien stärkeren Anklang gefunden hat, auch, wenn Konrad das nicht so geplant hatte.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass der heutige Forschungsstand die Frage nach den Adressaten nicht eindeutig klären kann. Es ist denkbar, dass das Buch als Handbuch für Prediger verfasst wurde, dabei muss es sich aber nicht um den vorrangigen Grund handeln. Das Buch der Natur kann jedoch auch an Gelehrte und evtl.

Laien gerichtet gewesen sein, da Konrad vielfach moralische Didaxen eingebaut hat, die sich auf Nicht-Kleriker bezogen. Außerdem ist denkbar, dass Konrad sich an die Übersetzung gemacht hat, weil er wusste, dass er es konnte und weil er darum gebeten wurde. Möglicherweise waren diese persönlichen Gründe ausschlaggebend und Konrad hatte außer den Freunden, die ihn darum geboten hatten, gar kein bestimmtes Zielpublikum vor Augen, sondern wollte ein möglichst großes Publikum ansprechen.

Rückblickend betrachtet scheint das Werk vermehrt von Laien gelesen worden zu sein, da aus deren Besitz die meisten Handschriften überliefert wurden.[54] Es stellt sich nur die Frage, ob man daraus ableiten kann, dass Konrad dies von Anfang an beabsichtigt hatte.


3. Mittelalterliche Männerbilder in der physiognomischen Tradition


Nachdem nun die wichtigsten Hintergrundinformationen zum Werk Konrads gegeben wurden, soll im weiteren Verlauf auf die Fragestellung, die in der Einleitung beschrieben wurde, eingegangen werden. Dazu soll im folgenden Abschnitt das mittelalterliche Männerbild in der physiognomischen Tradition beschrieben werden. Anhand dieser Beschreibung soll dann untersucht werden, welche Art von Wissen Konrad im Buch der Natur vermittelt.

Zu Beginn seiner Enzyklopädie geht Konrad auf die Menschen im Allgemeinen ein. Nach einer kurzen Einleitung, aus der hervorgeht, dass Gott den Menschen erschaffen hat und dass dieser im Vergleich zu den Tieren mit Vernunft ausgestattet ist[55], verfasst Konrad einen Ausdeutungsdurchgang nach dem a capite ad calcem- Muster[56].[57] Er beschreibt zunächst die Hirnschale und deutet deren Körperzeichen und endet mit den .....

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Diese Dreiteilung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Konrad viele äußerliche Eigenschaften aufzählt und nur bei der zuletzt genannten Art kurz auf einen Charakterzug eingeht. Bei den äußerlichen Eigenschaften handelt es sich vor allem um positive Eigenschaften, während der Charakterzug eher negativ dargestellt wird.

Diese Männer zeichnen sich vor allem durch Kraft aus. Unser heutiges Verständnis von Mut findet sich in dieser Beschreibung nicht wieder. Nach unserem Verständnis kann ein Mensch unabhängig von seinem Aussehen mutig sein. Mut zeigt sich dann, wenn jemand handelt, obwohl dieser Person bewusst ist, dass sie sich damit einer Gefahr aussetzt. In diesem Abschnitt ist sehr gut zu erkennen, dass es Konrad nicht darum ging das Verhalten eines mutigen Menschen zu erklären, sondern er vielmehr zeigen will, dass man den Charakter eines Menschen anhand seines Körpers erkennen kann.

So schreibt er zu Beginn des physiognomischen Abschnitts, dass er angeben will, „wie man aus der ganzen Gestalt und der Beschaffenheit der einzelnen Theile eines Menschen seinen Charakter erkennen kann.“[64] Dieses Vorgehen setzt sich im nächsten Abschnitt über den furchtsamen Menschen fort, der  im Kontrast zum mutigen Menschen steht.

Der furchtsame Mensch fällt durch sein schlechtes Aussehen auf. Er hat schlichtes Haar, eine schlechte Körperhaltung, eine gelbe Hautfarbe und bewegliche magere Hände und Füße. Auch hier nennt Konrad neben vielen äußerlichen Merkmalen nur einen einzigen Charakterzug, nämlich dass furchtsame Menschen durch ihr Äußeres sehr traurig wirken.[65] Im Vergleich zu dem Abschnitt über den mutigen Menschen, ist dieser Abschnitt nur ein Bruchteil dessen.

Konrad kennt auch nur eine Art furchtsamer Menschen im Gegensatz zu drei Arten mutiger Menschen. Durch diese Art der Beschreibung wird gut erkennbar, welcher Zustand erstrebenswert ist.

Nach Konrads Verständnis ist es jedoch nicht so, dass ein Mensch, der körperlich eher zu den furchtsamen Menschen gehört, nichts an seinem Dasein ändern könnte. So schreibt er, dass Gewohnheit viel in der Natur des Menschen ändern könne, sowohl zum Guten als auch zum Bösen.[66] Er ist der Meinung, dass „die Gewohnheit zur zweiten Natur werden kann.“[67] Hier wird deutlich, dass die „mittelalterliche Physiognomik, durch den Glauben an eine Entsprechung von Physis und Moral die Annahme erzeugt, daß Verhaltensweisen und Körper qua Natur miteinander verbunden wären.“[68] Konrad stellt also die „Natur“ und in besonderer Weise die Beschaffenheit eines Körpers als relative und veränderbare Kategorien dar.[69] Moshövel schreibt dazu,

die Physiognomik fungier[e] bei Konrad offensichtlich normativ als eine Art ‚Wahrnehmungsrückhalt’ für einen in der ‚Lesbarkeit des Körpers’ begründeten Erkenntnisanspruch, der den Handlungsaufruf beinhalt[e], durch gute Gewohnheiten gute Anlagen zu bestätigen und schlechte Anlagen zu überwinden bzw. ‚abzuarbeiten’.[70]

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Moshövel weist daraufhin, dass diese beiden Portraits mit ihren normativen Formulierungen in gewisser Weise einen ‚ Idealtypus’ des mittleren Maßes im Hinblick auf die Entsprechungen zwischen sin und leip konstituieren.[74] Der Idealtypus Mensch hätte demnach einen tüchtigen Verstand und einen wohlgeformten Körper. Diese Überlegung ist insofern nachvollziehbar, da sich die Beschreibungen zum Teil überlappen und beide Portraits sich dadurch auszeichnen, dass sie sich im mittleren Maße bewegen.

Konrad selber aber benennt diesen Idealtypus nicht explizit.

Als nächstes portraitiert Konrad den „Weisheitsliebenden“, der durch ähnliche Merkmale wie die zwei zuvor genannten Menschentypen gekennzeichnet ist.[75] So hat auch er einen wohlgebauten Körper, seine Hautfarbe liegt ebenfalls irgendwo zwischen rot und weiß und sein restliches Aussehen bewegt sich ebenso im Mittelmaß.

So sind zum Beispiel seine Haare weder zu stark noch zu schwach und seine Hände wohlproportioniert. Die Stirn bildet dabei eine Ausnahme, denn sie wird als groß beschrieben und entspricht somit nicht dem Mittelmaß. Ein besonderer Charakterzug von ihm ist, dass er seinem Namen nach ein Freund der Weisheit ist.[76] Der „Weisheitsliebende“ kann demnach ebenso wie die zwei zuvor genannten zu den Idealtypen gezählt werden.

Wie auch bei den Portraits des Mutigen, des Verständigen und des Schönen überwiegen hier die positiven Elemente. Im Gegensatz zum „Freund der Weisheit“ nennt Konrad im darauffolgenden Portrait den stumpfsinnigen Menschen.[77] Seine Hautfarbe ist entweder sehr hell oder sehr dunkel. Sein ganzer Körper scheint überproportioniert, so ist sein Bauch zu dick, sein Gesicht lang gezogen und sein Kiefer stark ausgeprägt.

Als Charakterzug wird ihm zugesprochen, nicht sehr klug zu sein.[78]

Dieses Portrait steht nicht nur im Kontrast zum davor genannten Portrait, sondern auch im Kontrast zum verständigen und schönen Menschen. Der stumpfsinnige Mensch neigt zum Extrem und wird auch sonst nur mit negativen Attributen in Verbindung gebracht. An den „Stumpfsinnigen“ schließen sich drei weitere Portraits an.

Zunächst beschreibt Konrad den unverschämten Menschen. Dieser ist vor allem durch seine Augen gekennzeichnet, die hervortreten und scharf blicken. Mit seinen Augen neigt der „Unverschämte“ dazu, alles um sich herum auszuspähen um dann über das Gesehene schwätzen zu können.[79] Im Anschluss an den „Unverschämten“ beschreibt Konrad den zornigen Menschen, dieser zeichnet sich stark durch sein unschönes Gesicht und seine Gesichtsfarbe aus, die dunkelrot gefärbt ist.[80] Als letzten dieser drei Portraits nennt er denn unkeuschen Menschen, den man wie den „Zornigen“ an seiner Hautfarbe erkennen kann, die weiß und leicht rötlich gefärbt ist.[81]

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Wenn auch in diesen Abschnitten keine direkten moralischen Hinweise zu finden sind, lässt sich der Text doch so lesen, dass eine bestimmte Art erstrebenswerter ist, als andere. Zu erkennen ist dies am hierarchischen Aufbau. Von einem hierarchischen Aufbau kann man sprechen, da Konrad mit dem mutigen Menschen beginnt und einem weniger vollkommenen Mann, wenn nicht sogar mit einem minderwertigen Mann endet.

Dabei fällt zum einen auf, dass die angeführten Idealtypen, die zwischen dem mutigen Mann und dem „Freund der Weisheit“ beschrieben werden, eine Verknüpfung darstellen. Da die Idealtypen körperliche Vollkommenheit und einen hellen Verstand verkörpern, verschränken sie „gleichsam den ‚Kühnen’ und den ‚Weisheitsliebenden’ in einer Art Triptychon miteinander und macht sie damit einander geradezu gleichwertig und komplementär.“[88] Die Idealtypen bilden dabei die Mitte des Triptychons und werden an den Seiten durch den „Kühnen“ und den „Weisheitsliebenden“ ergänzt.

Gleichwertig sind sie in dem Sinne, dass sie auf einer Ebene angeordnet sind, wobei die Idealtypen den Mittelpunkt darstellen. Der „Kühne“ wie auch der „Weisheitsliebende“ weisen jedoch Einzelzüge des Ideals auf und sind dem Ideal somit sehr nah, was sie im Gesamten gesehen in der Hierarchie nicht unbedingt schlechter darstehen lässt.[89]

Konrad greift hier eine physiognomische Tradition auf, die bis in die Antike zurück reicht.[90] Diesen Merkmalskatalog wird er nicht empirisch untersucht haben und unterwirft ihn „keiner Korrektur authentischer Erfahrungswirklichkeit“[91]. Das heißt, obwohl zur Zeit des Konrads Naturerfahrungen immer stärker an Bedeutung gewannen und eigene Beobachtungen in die enzyklopädischen Werke einflossen, konnte die Überzeugungskraft des Bildungsguts der Antike nicht gemindert werden.

Die traditionellen physiognomischen Lehrsätze dienten weiterhin als Wahrnehmungsrückhalt.[92]

Zum anderen fällt in dieser hierarchischen Anordnung auf, dass es in den Portraits um Männerbilder ging. Eine Ausnahme macht dabei das Portrait des verweiblichten Mannes. In diesem Portrait wird die Frau kurz beschrieben und mit dem Mann verglichen. Der Mann gilt dabei als Norm und die Frau weicht von dieser ab.

So ist sie schwächlicher, listiger und kleiner als ein Mann. Doch die Frau kann noch durch ein weiteres Portrait an negativen Eigenschaften übertroffen werden und das ist das Portrait eines Kastraten. Schlechter kann es einen Menschen nicht treffen. Moshövel schreibt dazu, dass

[m]it der Abgrenzung des ‚Kastraten’ vom ‚Mann mit dem weibischen muot’ bzw. von ‚Frauen’ sowie der kollektivierenden Bezugnahme auf diu weib und ihre ‚Natur’ im Portrait des ‚verweiblichten Mannes’ werden ‚Kastrat’ und ‚Frauen’ auf verschiedene Art und Weise an einer ‚männlichen’ Norm geme.....

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