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Seminararbeit / Hausarbeit

Muße und Kult: Erich Ribolits­' Einblick in die Arbeitsg­esellsch­aft

4.385 Wörter / ~12 Seiten sternsternsternsternstern_0.75 Autor Tim L. im Apr. 2012
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Seminararbeit
Deutsch

Universität, Schule

Agrarpädagogischen Akademie Wien

Note, Lehrer, Jahr

2003, Dr. Krammer

Autor / Copyright
Tim L. ©
Metadaten
Preis 7.40
Format: pdf
Größe: 0.74 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.75
ID# 17215







Muße

die „vergessene“ Chance


von


Muße die „vergessene“ Chance


Bei der Auswahl der Themen ist mir dieser Titel sofort aufgefallen und hat mich eigentlich nicht mehr (gedanklich) los gelassen.

Wie sehen Wissenschaftler, Philosophen, Pädagogen dieses Wort „Muße“ (für so manche sicher ein Reizwort), dass doch bei intensiverer Auseinandersetzung eher eine interessante, zum Hineindenken verlockende, ja beinahe mystische Bedeutung hat?


Ist es richtig, Muße mit „Nichtstun“ im negativen Sinn gleich zu setzen?

Ist es die einzig wahre Auffassung, dass Muße das Gegenteil zur regelmäßigen Arbeit ist?

Ist Muße immer als gleichwertig mit Freizeit zu sehen?

Ist die Gesellschaft nicht oft sehr leichtfertig beim Verurteilen von sogenannten Aussteigern, jenen, die es verstehen mit der Muße umzugehen?


Das sind nur einige wenige Fragen, die beim Wort Muße auftauchen, sich beinahe aufdrängen. Einige Punkte davon, möchte ich nun diskutieren – von Beantwortung kann keine Rede sein, da dieser Bereich sehr individuell zu betrachten ist.


So möchte ich auch meine Ausführungen in zwei Bereiche gliedern


  1. Eine Zusammenstellung, praktisch ein Auszug aus dem Text Muße die „vergessene“ Chance von Erich Ribolits.

Dabei werde ich auch meine eigene Meinung zu einzelnen Teilbereichen ergänzend vermerken.


  1. Das Ergebnis aus der eigenen Auseinandersetzung mit diesem Thema.



ad 1.)

Muße die „vergessene“ Chance

Muße und Kult am Ende der Arbeitsgesellschaft


von Erich Ribolits


aus: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik, 73. Jg., 1/97, Wien, S. 126-138 (erweiterte Fassung)


Dieser Artikel bezieht sich auf das am Ende des zweiten Weltkrieges erschienen Buch von Josef Pieper „Muße und Kult“. Pieper ein Münsteraner Philosoph (verstorben am 6. November 1997) versuchte dabei das Wort „Muße“ mit einer entsprechenden Wichtigkeit zu hinterlegen, indem er gegen die Mußelosigkeit des Menschen in unserer Gesellschaft protestierte.

Der Appell Piepers wurzelt dabei in seinem christlichen liberalen Menschenbild.


Muße ist für Pieper etwas völlig anderes, etwas was aus dem System der Arbeitsverausgabung total herausfällt. „Die Muße“ – so führt er aus – „ist nicht die Haltung dessen der eingreift, sondern dessen, der sich öffnet; nicht dessen, der zupackt, sondern dessen, der loslässt und überlässt“. Ähnlich wie es niemanden möglich ist, sein Einschlafen aktiv herbeizuführen, da die Voraussetzung für den Schlaf – den kleinen Tod – genau im Loslassen liegt, also in der Bereitschaft, sich zu überlassen, bestimmt sich für Pieper die Muße über die Bereitschaft zum empfangenen Hinhören und zur anschauenden Versenkung.


Pieper spricht hier ein Problem an, dass so ziemlich sicher zu jeder Zeit besteht, bzw. in der Natur des Menschen liegt. „Los lassen zu können“ oder „sich öffnen“. Ist es nicht oft gleichzusetzen mit „verletzlich sein“. Sobald man sich anderen Menschen gegenüber öffnet, zeigt man automatisch seine Schwächen und bietet oft schmerzende Angriffsflächen.

Das „SICH ÖFFNEN“ ist jedoch Voraussetzung um sich selbst kennen zu lernen und auch zu akzeptieren. Wer vor anderen verschlossen bleibt, bleibt in der Folge auch vor sich selbst verschlossen und läuft Gefahr, durch ständige Ungewissheit und vor allem Unwissenheit sein Ego zu zerstören. „Verschlossen sein“ kann nie Selbstschutz sein. Genau so ist das „Loslassen“ zu verstehen.

Man muss sich überwinden und von Gewohnten, wenn es erforderlich ist Abschied zu nehmen. Wenn manches noch so vertraut ist, kann es eines Tages Zeit sein, sich davon trennen zu müssen. Nicht alles Alte als schlecht beurteilen (wie es oft sehr leichtfertig von der Jugend gemacht wird), aber auf keinen Fall die Neuerung als absurd abstempeln (häufiger Fehler der älteren Generation: „Früher war alles besser“).

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Pieper verbindet mit Muße den ursprünglichen Sinn der Arbeitsruhe, das heißt bestimmte Tage bzw. Zeiten in das ausschließliche Eigentum Gottes zu überweisen.


Er schreibt: Der Kult hat im Hinblick auf die Zeit einen ähnlichen Sinn wie der Tempel im Hinblick auf den Raum.

So wie die eingehegte Tempelfläche nicht bewohnt und nicht beackert wird, also der Nutzung entzogen ist, so wird durch den Kult und vom Kult her aus der werktäglich genutzten Zeit eine bestimmte Zeitspanne herausgesondert und gleichfalls der Nutzung entzogen.


Nutzung ist hier als Arbeitszeit zu verstehen und ist vor sogenannter Verwertung zu bewahren; z.B.: Geschäfte Sonn- und Feiertags zu öffnen.


Interessant ist nur dass Pieper bereits vor 50 Jahren in seinem Buch die einseitige Orientierung des modernen Menschen an die Arbeit beschrieb und daraus eine mangelnde Kultfähigkeit ableitete. Genau diese mangelnde Kultfähigkeit bzw. zurückhaltende Bereitschaft zur Muße ist dieser Tage offensichtlicher denn je.


Nachdem der Mensch nach wie vor Antworten auf das Unbegreifliche sucht, gibt es auch in diesen Bereichen ein sehr ökonomisches Denken. Diese, an Profitgier grenzende Triebfeder, nützt beinhart die weiche, verletzliche Seite des Menschen aus und macht aus dieser, ich würde sagen, gewissenlosen Ausbeutung kein schlechtes Geld.


Dr. Ribolits schreibt hier:


Auch Sinn – oder vielmehr das, was dafür ausgegeben wird – tritt uns als leicht konsumierbares Warenangebot, in quasi vorfabrizierter Form entgegen. Die „Fast-food Sinnangebote der Bewusstseinsindustrie“ sind zwischenzeitlich zum profitablen Geschäft geworden.


Den Ausführungen, dass wir sehr stolz sind, dass wir uns als Arbeitsgesellschaft definieren, folgt ein sehr interessanter Bereich, nämlich der von Paul Lafargue (zum besseren Verständnis, muss allerdings gesagt werden, dass dieser ein Schwiegersohn von Karl Marx war). Lafargue schrieb im Todesjahr von seinem Schwiegervater ein Buch mit dem Titel: „Recht auf Faulheit“, in dem die Sucht nach Arbeit als Ursache vielen Elends verdammt wird.

Nach guter kommunistischer Manier greift er natürlich Priester, Ökonomen und Moralisten an, welche, so Lafargue, die Arbeit heilig gesprochen haben. – Dies sei der Grundstein zur kapitalistischen Gesellschaft!!!


Dies steht natürlich im extremen Gegensatz zu den Aussagen von Pieper, der gerade den Bereich der Religion hervorkehrt, wo peinlich genau darauf geachtet wird, dass es sogenannte arbeitsfreie Tage gibt, um sich auf das wesentliche zu besinnen.


Herr Lafargue hätte auch die Dinge von allen beiden Seiten betrachten sollen!!!!!!!


Trotzdem wird von Dr. Ribolits auf gemeinsame Idealisierung der Arbeit sowohl von westlichen, als auch von östlichen Wirtschaftssystemen hingewiesen. Für mich stellt sich hier die Frage: Was ist in diesem Bereich dann der Unterschied zwischen Kommunismus und Kapitalismus? – diese Frage bezieht sich natürlich nur auf diesen Bereich, nicht auf andere ideologische Fragen!!!



Der Druck, dem jeder einzelne durch die Arbeit ausgesetzt ist, wird zweifellos immer stärker, so werden auch immer mehr nicht entlohnte Tätigkeiten mit Wort „Arbeit“ gesellschaftlich aufgewertet. Derartige Beispiele sind etwa: Hausarbeit, Mütterarbeit, Nachbarschaftsarbeit, Friedensarbeit, ja sogar noch extremer wie etwa: Trauerarbeit, Beziehungsarbeit oder das Turnen, als Ausgleich für unseren Körper wird ja sehr gerne als „work out“ – ausarbeiten bezeichnet.

Es besteht also sehr wohl der Eindruck, dass die Arbeit als Tätigkeit überbewertet wird.


Es ist durch diese Einstellung bzw. durch dieses Hochpreisen der Arbeit stets eine Forderung im Raum gestanden, die leider nie 100 %ig eingehalten werden konnte: „Menschenrecht auf Arbeit“. Eigentlich sollte nicht die Arbeit im Mittelpunkt stehen sondern der Mensch – so müsste die richtige Formulierung eigentlich „Wohlversorgtheit für Alle“ heißen.

Die Gesellschaft darf dabei aber nicht so blauäugig sein und Menschen, die nach diesem Prinzip ihr Leben ausrichten als Sozialschmarotzer bezeichnen. Hier besteht sehr wohl ein Unterschied zwischen einem, aus purer Lebenseinstellung und aus bestimmten Situationen bewegten Menschen, der sich entschlossen hat, anderer Prioritäten, als das ständige erfolgsorientierte Arbeiten, in seinem Leben zu setzen, oder einem, der an der „Kittelfalte“ unseres Sozialsystems hängt und nur versucht viel, wenn möglich von überall, mitnaschen zu können.


Aber wo ist zwischen beiden die Grenze?

Wer nimmt eine Beurteilung vor?

Ist diese Beurteilung auch richtig, oder doch nicht wieder sehr subjektiv?


Das starke Gewicht der „Arbeit“ hat auf alle Bereiche in unserer Gesellschaft Auswirkungen, - so natürlich auch auf den Bereich der Bildung.


Hier sieht Ribolits die Gefahr, dass die Bildung von der Arbeit vereinnahmt wird, quasi ein Prozess stattfindet, der eine „Verberuflichung der Bildung“ zur Folge hat.

Die Gefahr gerade bei der Bildung ist leider sehr groß, dass man nur mehr jene „Sachen“ lehrt bzw. auf den Lehrplan setzt, die im Arbeitsprozess auch verwertbar sind. „Unnötiger Ballast“, der eventuell für die Bildung der Persönlichkeit von großem Nutzen wäre, wird dann leichtfertig über Bord geworfen.



Der Marktlogik folgend, so Ribolits, sinkt der Wert von Bildungstiteln im selben Maß, wie die Zahl derer ansteigt, die diesen Titel erwerben; zugleich gewinnen allerdings ausbildungsunabhängige Mechanismen bei der Verteilung sozialer Positionen wieder verstärkt an Bedeutung.


Was ist also wichtiger, die Ausbildung oder ausbildungsunabhängige Mechanismen für die „Einstufung“ der Person? Nach wie vor ist meiner Meinung nach die Ausbildung wesentlich wichtiger (vor allem die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit). Eines, das jedoch zu beobachten ist, dass bei jeder Ausbildung der ökonomische Nutzen immer mehr hinterfragt wird, dass sich sozusagen jede Ausbildung rechnen muss.

Wie es so schön geschrieben steht: Begabungsreserven müssen genutzt werden und der heimischen Wirtschaft als Stärkung und Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit zugeführt werden. Etwas zu ökonomische, sicherlich überzeichnete sichtweise!


Es geht eher nicht um die Feststellung durch welche Werkzeuge der Mensch eine gewisse Stellung in der Gesellschaft erreicht (obwohl das sicherlich ein sehr interessantes Gebiet wäre, sich darüber Gedanken zu machen), sondern ist der Mensch in der Gesellschaft noch richtig eingestuft, hat er noch den richtigen Stellenwert, oder ist das Wachstum der Wirtschaft wichtiger als die persönliche Entwicklung oder auch Entfaltung des Einzelnen?

Wenn man Neil Postmann, einem amerikanischen Erfolgsautor, glauben schenken kann, dann ist in der Prioritätenskala der Mensch als Individuum längst überholt worden. Hier wird grundlegend festgehalten, dass die Arbeit den Menschen definiert. Der Mensch ist, was er tut!


Es ist nicht fair, immer noch den Slogan in den Raum zu stellen:


Wo ist die Grenze?

Der Tag hat doch nur 24 Stunden!

Es geht uns doch eigentlich ganz gut –Soll es uns wirklich noch besser gehen?

Wie ist „besser“ definiert?


Natürlich dürfte es keinen Zweifel geben, dass der Mensch eben als Mensch im Kern aller Tätigkeit stehen sollte.

Aber um den richtigen Wert für Muße und Arbeit zu finden, ist es wichtig, so Pieper, neben der Ebene der „erarbeiteten Erkenntnis“ noch eine zweite Qualität des Erkennens zu finden bzw. zu spüren – nämlich „Hinhorchen auf das Wesen der Dinge“.


Das Mittelalter unterscheidet bereits zwischen der Vernunft als ratio und der Vernunft als intellectus.

Ratio ist die Kraft des diskursiven Denkens, des Suchens und Untersuchens.

Intellectus aber ist der Name der Vernunft, des einfachen Blickes mit dem Auge, dem das Wahre sich darbietet, ein nicht aktives, sondern passives, ein empfangendes Vermögen der Seele.


Die Folgerung Piepers ist somit: „Die geistige Erkenntniskraft des Menschen, so haben die Alten es verstanden, sei beides in einem: ratio und intellectus; und das Erkennen sei ein Zusammenwirken von beiden!“


Pieper geht also vom Zusammenwirken von zwei entgegengesetzten Erkenntniszugängen des Menschen aus. Sowohl diskursives Denken als auch intuitive Einsicht sind seiner Meinung nach erforderlich, um das gesamte geistige Potential des Menschen freisetzen zu können.

Prometheus (Name verweist auf den Vorausdenkenden) wird als Person des „Machens“, der Arbeitswelt dargestellt,

Epimeteus (abgeleitet aus dem Wort: der Nachdenkliche) dagegen wird als Symbolfigur der Muße und schauenden Betrachtung gezeichnet.

Prometheus wird hier der Tag zugestanden, Epimeteus wiederum „bekommt“ die Nacht. Durch diese Gegensätze ist natürlich sehr schwer eine Einheit zu bilden, sodass eine eigentliche Heilung nur durch die polare Wiederverknüpfung der Gegensätze erreicht wird.


Genauso ist dies umzulegen auf Arbeit und Muße. In keinem einzelnen Bereich wird man die Erfüllung finden können, sondern im gleichwertigen Einhergehen und Verschmelzen beider so wichtigen Bereiche des Lebens.


Es darf also keine „Arbeit oder Muße“ geben sondern ein „Sowohl – als – auch“.

So muss auch die Bildung auf den ganzen Menschen abzielen und darf nie zu sehr eine Richtung abschweifen.


Bildung hat also die Anforderung notwendige Fachkompetenz zu erwerben – auf Seite der Arbeit, auf der Seite der Muße und Kunst hat Bildung ihre Aufgabe immer da wo es um die Würde und Freiheit des Menschen geht.


Weiters wird hier noch zwischen Bildung und Ausbildung unterschieden, das meiner Meinung nach wieder die Gefahr birgt, dass man zu differenzieren beginnt zwischen Arbeit und Muße.

Genau diese Verweigerung jeglicher Verflechtung von Bildung und Ausbildung, man könnte es „lebenslangen Reifungsprozess“ nennen, führt eben zu einer sehr einseitigen Form, nämlich nur auf die Arbeit orientierte Form der Bildung.

Max Horkheimer hat einmal in einer Universitätsrede folgende kritische Bilanz gezogen: „Der Bildungsprozess ist in den der Verarbeitung umgeschlagen. Die Verarbeitung – und darin liegt das Wesen des Unterschiedes – lässt dem Gegenstand keine Zeit, die Zeit wird reduziert, Zeit aber steht für Liebe, der Sache, der ich Zeit schenke, schenke ich Liebe, die Gewalt ist rasch.“


Sinn würde es machen, dass man vielleicht wieder mehr die Begriffe Lehren und lernen, statt dem Begriff Bildung verwenden sollte. Vielleicht würde es dem Einzelnen bewusster, dass damit, so wie es Karl – Heinz Greißler ausdrückt, das Experimentieren, Suchen, Tasten, Umher- und Abschweifen und Phantasieren besser bzw. eher in Verbindung gebracht wird.



Bildung braucht Zeit; Zeit, um Nach-zudenken, Zeit, um Um- und Abwege zu gehen, Zeit für eigene Entdeckungen. Alles in allem braucht sie Zeit, die nicht ausgefüllt ist mit fremdgesteuerten, zielgerichteten Aktivitäten.


ad 2.)

Muße die „vergessene“ Chance


Dieses Thema aus der persönlichen Sicht beleuchtet.


Wie bereits bei der Einleitung erwähnt, hat dieses Thema für mich, alleine durch den Titel, besonders Interesse erweckt.

Vielleicht auch deswegen, weil ich als dreifacher Familienvater (unsere Kinder sind 6½, 4½ Jahre und 8 Monate), als Beschäftigter der Niederösterreichischen Landeslandwirtschaftskammer und besonders auch als Bauer (unser Betrieb liegt in Langau bei Geras, im Waldviertel unmittelbar an der tschechischen Grenze) ein sehr umfangreiches Programm zu bewältigen habe.


Besonders in Zeiten, in denen mich meine Berufe stark fordern, stellt sich für mich sehr oft die Frage: Habe ich noch genug Zeit für meine Familie, für meine Frau, für meine Kinder, aber auch für mich selbst?


Das ist ein Bereich, der mich bei diesem Thema beschäftigt, ebenso möchte ich den allgemeinen Bereich ansprechen. Wie die Gesellschaft mit der „Muße“ - nicht als Begriff – sondern als „Erlebnis“ umgeht.


Ohnehin wäre es sehr anmaßend, gerade bei so sensiblen Bereichen, seine Meinungen als unumstritten darzustellen.

Die Bereiche des Persönlichen und des Gesellschaftlichen möchte ich nun, teilweise sich vermischend darstellen.


Die Gesellschaft, ob es jetzt die Arbeitsgesellschaft oder die Freizeitgesellschaft ist, versucht uns immer wieder in Klischees zu zwängen, bzw. stülpt ein sehr klischeehaftes Denken über uns.

So bekommt man sehr leicht, natürlich auch schon bei der Erziehung, gewisse Einstellungen (manchmal sogar Vorurteile) mit geliefert.


So hat natürlich der Arbeitsplatz, die Position in der Firma, bzw. im Arbeitsgeschehen, die Erfolgsquoten bei Unternehmen einen hohen Stellenwert für die Beurteilung des Einzelnen durch die Gesellschaft.

Eine schreckliche Vorstellung, falls wir wirklich schon so oberflächlich geworden sind und unsere Mitmenschen nach solchen Kriterien beurteilen. Leider trifft dies viel zu oft zu.


Es ist recht einfach einen beruflich erfolglosen Menschen zu verurteilen! Dieser kann sich nicht besonders stark wehren, weil er sowieso „angeschlagen“ ist und zusätzlich hat man noch die Mehrheit auf seiner Seite. Wie beim Stammstisch im Gasthaus, wenn man das “hinausschreit“, was die anderen hören wollen. „Die Steuern gehören endlich einmal um die Hälfte gekürzt“ – die Gegner zu dieser Aussage werden sich sehr wahrscheinlich in Grenzen halten.



Genau diese Eigenschaften können wir nicht durch engstirnige Konzentration auf unsere Arbeit erwerben.

So wie Josef Pieper schon vor über 50 Jahren geschrieben hat, ist diese so schöne Sache des Hinhörens (auf den anderen, auf sich selbst, auf das Wesentliche), des Loslassens, der Hingabe, des Überlassens, der Grundstein und Beginn des Erkennens und Erlebens wahrer Muße.


Wenn Pieper die immer stärker werdende Konzentration auf die Arbeit vor 50 Jahren beschrieb, so habe ich heute den Eindruck, dass es heute eine Konzentration auf zwei Bereiche in gleicher Intensität gibt. Sehr wohl auf den Bereich der Arbeit, aber auch auf den Bereich der Freizeit, bzw. Freizeitgestaltung.

Moderne Freizeitgestaltung hat hier sehr wenig mit Muße zu tun!!

Geradezu stimmt mich ein immer häufiger verwendetes Wort sehr nachdenklich: Freizeitstress!!!


Ich arbeite sehr hart, damit ich genug verdiene, damit ich sämtliche z.B.: Sportarten in meiner Freizeit ausführen kann, oder dass ich bei etlichen Vereinen dabei sein kann, wo ich mich „verwirklichen“ kann, das aber schließlich so intensiv wird, dass ich beinahe „zusammenklappe“ (Schlagwort – „burn out“)


Wir verlernen nach und nach in uns hinein zu horchen, ruhig zu werden, gemeinsam zu schweigen, ohne ein Problem dabei zu haben (Schweigen, weil man sich nichts mehr zu sagen hat, ist hier nicht gemeint). Wenn schon der Freizeitstress nicht zuschlägt, ist es nicht oft der Fall, dass wir uns immer irgendwie berieseln lassen, dass der Fernseher, das Radio im Hintergrund ständig läuft und uns somit am Loslassen, am sich Öffnen hindert.

Ich bin mit Paul Lafargue grundsätzlich nicht einer Meinung, aber der Titel von seinem Buch hat trotz seiner pointierten Formulierung eine Berechtigung: „Recht auf Faulheit“. Ich sehe hier eben eine Chance, Zeit für das Wesentliche aufzubringen, Zeit aufzubringen, um über sich selbst nachzudenken und nicht in jeder freien Minute auf den Tennisplatz zu eilen, oder sonstigen Aktivitäten zu frönen – Hauptsache es geschieht etwas! Faulheit ist halt in unserer Arbeits- und Freizeitgesellschaft sehr negativ behaftet und somit schon abgestempelt! Typisch wir!!! – Oder?



Vielleicht noch ein Beispiel für unsere Vorurteile und die daraus resultierenden Fehlern:

Sergio Bambarem hat in seinem Buch mit dem Titel: „Ein Strand für meine Träume“ ein Geschichte über einen Mann geschrieben, der eine Traumkarriere und beruflich alles erreicht hatte, was er sich erträumte. Trotzdem war er nicht besonders glücklich mit dieser Lebenssituation.

Nachdem er einen schlecht gekleideten Mann im Park getroffen hatte, den er zunächst als „Sandler“ abgestempelt und fälschlicherweise verurteilt hatte, konnte er im Laufe eines Gesprächs mit diesem Mann erkennen, dass dieser ebenfalls ein erfolgreicher Manager war, aber den eigentlichen Sinn in seinem Leben nicht mehr erkennen konnte und somit sein Leben radikal änderte, indem er in sich hinein horchte, seine sehnsüchtigsten Wünsche erkannte und wieder zu leben begann.

Im Laufe von Gesprächen konnten wahre und eigentliche Werte festgestellt werden und eine Verwandlung in die Richtung herbeigeführt werden, dass sich die Lebensfreude wieder einstellte und somit die „grau“ gewordene Arbeit wieder einen eigenen Reiz bekam.


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