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Mitschrift
Musikwissenschaften

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Prof. Peter Revers, Sommersemester 2012

Olaf S. ©
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ID# 34668







Musikhistorische Entwicklungen 2

Italienische Trecentomusik, Frankoflämische Schule, Madrigal, Intermedien und Oper, Barock


Italienische Trecentomusik: elitärer Kreise, mehrstimmig, auch notiert – Bologna, Modena, Milano, Firenze

Aus Decamerone wichtige Infos über Musik (Balladenaufführungen)

Hauptquelle: Squarcialupi-Codex (Madrigal, Ballata, Caccia)

Madrigal (matricalis, von der Mutter): poetische Gattung in Ita. (Petrarca) – Mehrstimmig, Tenor in längeren, und einer oder zwei anderen Stimmen in kürzeren Werten.                                                                                                        Wichtigster Komponist Jacopo da Bologna meist zweistimmig (=Normstimmenzahl), am Ende der Strophen zusätzlich ein Paar von Verszeilen, das „ritornello/ripresa“ und oft in einem anderen Metrum.

Texte: idyllische, pastorale Szenen. Im frühen 14.Jh. ist das Madrigal die häufigste Gattung, nach 1360 die Ballata.                                                                                                                                     Fenice fu: beide Stimmen selben Text (Normalfall) und für Singstimmen konzipiert. T.13-16 und 45/46: imitatorische Verhältnis; T.16ff Hoquetus; Oberstimmer bewegter (z.T. Melismen)                                                                                      In su bei fiori: ausgedehntes Melisma über „funghi“

Caccia (1345-1370): Text Jagdszenen, Fischfang, Markszenen, Schlachtszenen. Schlachtenszenen  Vertonung von sehr lebhaften Szenen, kunstvolle textliche Polyphonie. Im Gegensatz zur franz. Chace, bei der alle 3 Stimmen am Kanon beteiligt sind, bildet die Caccia einen zweistimmigen Kanon.

Ballata (ab 1360): mehrstimmig. Komponist Francesco Landini (1325-97)

Englische Musik im 13. und 14.Jh.: Johannes Tinctoris Liber der arte contrapuncti (1477)  Fortschritt der Musik in den letzten 40Jahre. 3 Komponisten: John Dunstable (1380-1353), Guillaume Dufay (1400-74), Gilles Binchois (1400-60).

Mittelpunkt liturgische und geistliche Musik in Latein. Musik einfache als auf dem Continent: Vollstimmigkeit, Repetition, Ostinati, Dur-Tonalität, imperfekte Konsonanzen (Terzen, Sexten), Terz-Sextklänge.

Sommerkanon: wesentliche Merkmale der eng. Tradition: Rota (Kanon), Pes (Ostinato) und Stimmtausch, Vollklanglichkeit (sechsstimmiger Satz), Dur-Modus, imperfekte Klänge.

Wichtigste Quelle: Worcester-Fragmente und Kodex „Old Hall“.                                                                                                   John Dunstable: ca. 60 Kompositionen, geistliche Musik auf Latein (Messen, Motetten), 13 isorhythmische Motetten, die durch die gleiche Tenormelodie verbunden sind.   

Burgund und die frankoflämische Schule: eiflussreich im 15. Und 16.Jh. Historische „Niederlande (am Meer)“: Holland, Belgien, Luxemburg und Teile von Nordfrankreich. Kulturelle, wirtschaftliche und politische Autonomie. Unter burgundischen Herzögen, und österreichischen und spanischen Habsburgern. Reiche Handelsstädte: Antwerpen, Brüssel, Brügge, Gent.

Burgundische Hofkapelle Vorbild für die Habsburger und italienische Herzöge.

Guillaume Dufay: intensive Reisetätigkeit, Übernahme der eng. Tradition, harmonische Fülle und Weichheit, fließende melodische Linien (rhythmisch ungebunden), übergreifende formale Disposition, zyklische Konzeption (Cantus firmus-Messe) – Messe als monumentale fünfteilige Großform, zunehmende Homogenität des Stimmgewebes (Trennung der Stimmen: Tenor als Stütze  und Fundament, auf welchen nacheinander neue Melodien geschichtet werden beginnt allmählich an Bedeutung zu verlieren).                                                                                                                                         Nuper rosarum flores: Festmotette für die Einweihung „Santa Maria del Fiore“ (25.03.1436).

Vierstimmig: zwei Tenorstimme, die sich von den anderen deutlich abheben. Tenores: aus dem greg. Choral übernommen (Introitus zum Kirchweihfest); Oberstimmen: Test nimmt Bezug auf das ajtuelle Ereignis.


Zwei Textebenen:

-         Tenores: das Grundlegende, Objektive, immer Gültige; Instrumental gedacht, breite und lange Notenwerte à cantus firmus

-         Oberstimmen: das Spezielle, Besondere des Anlasses; zwingende vokale Ausführung, ornamentale Ãœberbau.

Tenorstimmen sind isorhythmisch gestaltet.

1450: Zäsur in der Entwicklung der Messkompositionen: Vierstimmiger Satz (Contratenor spaltet sich in altus und bassus); Ausbildung der „cantus-firmus-Messe“. NB: G. Dufay – „Se la face ay pale“.                                                                Am bekanntesten sind die über 40 Messen über die einstimmige Chanson L’homme amré, die vor kurz nach 1450 bis .ca. 1630 reichen.   

Frühes 15.Jh.: regionale Differenzen in der Notation werden zu einem einheitlichen System – Wechsel von der schwarzen zur weißen Notation. Gründe dafür: Wandel vom Pergament zum Papier; Übergang vom flächigen zum durch Linien begrenzten Notenkörper hängt mit der generellen Aufwertung der Linie in der Kunsttheorie (Leon Battista Alberti).

Mensuralnotation: Zeichensystem der polyphonen Musik der 2. Hälfte des 13. Und dem Ende des 16.Jh Weiße Mensuralnotation geht von ca. 1430 bis 1600 – ihre Kennzeichen: Überschaubare Ordnung der Mensuren und Mensurzeichen; deutliche Orientierung der Mensuren an einem festen Grundschlag als Zeiteinheit, am Tactu; Verweindung von Mensurwechseln und Mensur-Kombinationen, Anwendung von Proportionen.

Unterschiede zwischen weiße Mensuralnotation und moderne Notation (ab ca. 1600):

-         Mensuralnotation kenn keinen Taktstrich

-         Notenzeichen sind eckig

-         Form lässt nicht erkennen, ob es sich um zwei- oder dreizeitige Notenwerte handelt

-         Ligaturen finden sich schon in den Neumen

SIEHE MUSIKTHEORIE (Weißer Mensuralnotation)

Johannes Ockeghem (1410/20-1497): in Diensten der Franzosen. Ockeghems „Requiem“ ist die früheste erhaltene polyphone Umsetzung der Totenmesse (Dufays ist nicht erhalten). Text: Zusammenfassung von Leben und Tot in ihrem Bezug zu Gott.

Josquin Desprez (ca. 1440-1521): Schlüsselfigur in der Wortgebundenheit der Musik. Neubewertung des antiken Schrifttums und rhetorischen Schriften – Musik als Erweiterung der Sprache. Arbeitete für die Sforza, Päpste und Este. Anpassung des musikalischen Rhythmus an die Wortbetonung; Sinn des Textes soll durch musikalische Mittel verdeutlicht und interpretiert werden.

Lautenmusik im 16.Jh.: Laute war damals ein hochangesehenes Instrument. Sechschörig in Quart-Quart-gr. Terz-Quart-Quart (meist G-c-f-a-d‘-g‘ oder A-d-g-h-e‘-a‘). Ottaviano Petrucci (1466-1539): venezianischer Drucker und Verleger hatte das Privileg „intabulature d’organo et de liuto“ herauszugeben.

1507 zwei Tabulaturenbücher:

-         Francesco Spinacino Intabulatura de Lauto – Chansons und Ricercare (Skalenspiel, Sequenzierungen)

-         J.A. Dalza: verniger Vokalwerken sondern Tänze

Wichtiger Komponist Francesco da Milano (1497-1543).

In Spanien: Luys Milan Libro de musica de vihuela de mano, intitulado El Maestro (1535)

In England: John Dowland First Booke of Songs and Ayres of fowre parts with Tablature fot the Lute

Madrigal des 16.Jh.: im Gegensatz zum Trecento deutliche freiere Verwendung der Versmaße. Themen: Liebesgedichte.

-         1.Phase (1520-40): Philippe Verdelot – rein vokale Ausführung; möglichste Gleichbewegung der Stimmen; Beachtung des Wortakzents; akkordische Teile

-         2.Phase (1540-60): Florentiner Madrigal (aber Venedig Zentrum à fünfstimmig). Komponisten: A. Willaert und Cyprian de Roreà akkordische Schreibweise; dramatisch kontrastierende Strukturen; Einführung chromatischer tonaler Elemente

-         3.Phase (1560-80): Andrea Gabrieli – von 3-stg. bis zu merhstg. Konzertierenden Stücken.

Bedeutenden Madrigalkomponisten in und außerhalb Italiens: Orlando di Lasso (München), Philipp de Monte (Wien, Prag), Giaches de Wert (Mantua), Luzzascho Luzzaschi (Ferrara), Palestrina (Rom).

Zentrum der Weiterentwicklung war Rom mit Luca Marenzio – „Canzonettenstils“: heiter-unbeschwerten Sopranklang.

Canzonetta: weltliche Vokalkomposition in strophischer Liedform (volkstümliches ita. Lied); Italien 2. Hälfte des 16.Jh dreiteilige Form (aabcc), tanzartigen, oft ostinaten Bass.                                                     NB: Gesualdo di Venosa (1566-1613), Carlo Gesualdo Principe di Venosa à Thema Liebe, Abschied, Leiderfahrung, Sterben. Kühne Harmonik, Chromatik (Dissonanzbildungen).

Mehrchörigkeit: Beginn der 15.Jh Wechsel von choraliter-Gesang (ungeradzahlige Verse) und dreistimmigem (bis 4-stm.) Fauxbourdonsatz (geradzahlige Verse). Rufinus Bartolucci (Rufinus von Assisi): Erfinder des „spezzato“-Technik; Orientierung an einer altern liturgischen Praxis; Zerstückelung der Verseinheiten; Tendenz zum Festlichen, Prachtvollen; Final gerichtete, großformale Disposition; über einem Bassfundament aufgebauter, primär klanglich orientierter Akkordsatz.    

SUCHE „Venezianische Mehrchörigkeit“ auf WIKIPEDIA.de

Adrian Willaert (1490-1562): Flämischer Komponist, 1527 „maestro di cappella“ in San Marco – Venedig à eines der wichtigsten europ. Zentren des frühen Musikdrucks. Die Kapelle hatte 2 Organisten (Claudio Merulo; Andrea und Giovanni Gabrieli). Seine Schüler: Gioseffo Zarlino, Cyprina de Rore, Andrea Gabrieli.

Er war die führende Figur zwischen Josquins Tod und Orlando di Lasso bzw. Palestrina. Nach 1550 brachte er die mehrchörige Technik nach Frankreich und Deutschland.

Orlando di Lasso: mehrchörige Werke, Dramatisierung der Anlage, enge Verbindung Musik/Sprache und rhetorischen Gesten.

Andrea und Giovanni Gabrieli: Andrea à Begründer einer klangorientierten Konzeption, die bewusst den Raum einbezieht. Werke teils liturgisch, teils frei oder für politische Zwecke bestimmt. Charakteristika: harmonisch großflächige Disposition, Klangpracht, unterschiedliche Raumwirkungen, Tuttiblöcke, Echowirkungen, Wiederholungen und Kontraste.

Die Wurzeln des mehrchörigen Stils (antiphonaler Vortrag) sind bei Giovanni weitgehend aufgegangen im freien Zusammenspiel räumlich getrennter Einzelchöre. Instrumente werden mit einzogen (Zinken und Posaunen). Konsequente kompositorische Kontrastbildungen: Chorwechsel, Wechsel chorisch/solistisch, Kontrast zw. Polyphonie/Homophonie, z.T. rein instrumental.                                                                                                  Mit Andrea und Giovanni Gabrieli breitete sich die Idee der Mehrchörigkeit auch nördlich der Alpen aus.

Deutsche Schüler: Michael Praetorius, Heinrich Schütz.

Intermedien und Frühgeschichte der Oper

Orpheus-Mythos: zentrales Sujet für die Intermedienà Musikstücke, Tänze, gesprochene oder stumme Auftritte, zwischen der Akten eines größeren Schauspiels (meist einer Komödie) – Intermedi non apparenti (unsichtbare, rein musikalische); Intermedi apparenti (sichtbare, d.h. szenische); Intermedi aulici [(gehobene höfische Intermedien) zahlreiche mythologische Anspielungen, großer Aufwand an Kostümen, Bühnenbildern und Musik à Madrigale].

Regelgerechte Komödie 5 Akte à 4 Intermedien

Wichtige Rolle spielt die Florentina Camerata (Bardi, Rinuccini, Peri).                                                                                        Ersten Opern: Peris Dafne (1598) und Euridice (1600).

Bei den Intermedien trugen alle Charaktere Masken und Frauenrollen spielten Kastraten.

Wurzeln der Opern Monteverdis: Il pastor fido (Guarini. 5-teiliges Madrigal), L’Arianna (Monteverdi), Euridice (Jacopo Peri, 1600), L’Orfeo (Monteverdi, 1607 – Text von Alessandro Striggio)

Dramatische Momente werden bei Monteverdi im „stile rappresentativo“ dargestellt. Harmonische Fortschreitung sind häufig nicht den kontrapunktischen Regeln entsprechend, haben aber rhetorische Bedeutung.

Verhältnis Oper und Instrumentalmusik: Oper führte Anfangs der 17.Jh. zur Emanzipation der Instrumentalmusik. Generell leistete die Oper einen zunehmenden „Instrumentalisierung“ der musikalischen Denkens und Komponierens Vorschub. Die Oper wurde damals als gesungenes Drama aufgefasst.

Diskrepanz zwischen Frühwerk und Spätwerk: L’Orfeo ist ein Zusammenwirken von vokalen und instrumentalen Elementen; bei Ulisse und L’incoronazione reduziert sich die instrumentale Mitwirkung. Außerdem liegen zwischen L’Orfeo und den beiden anderen Opern mehr als 30 Jahre. In der dazwischen liegenden Zeit sind ca. 20 musikdramatische Werke verloren gegangen – eins der wenigen erhaltenen Werke dieser Zeit, somit auch das wichtigste ist „Il combattimento die Tancredi e Clorinda“ (1624).

Die instrumentale Substanz der späten Opern Monteverdis versammelt sich im Basso continuo. So erscheint es nur konsequent, wenn sich außerhalb der Sinfonien und Ritornelle keinerlei obligate Instrumentalstimmen finden.


Oper in Venedig nach Monteverdi

Verbürgerlichung der Oper Anfangs des 17.Jh. – Adelsgeschlechter Venedigs öffneten Theatern. Die ersten drei Opernhäusern Venedigs: San Cassiano (1637), SS Giovanni e Paolo (1639), San Moisè (1640). Diese waren grundsätzlich öffentlich, trotzdem fand eine ständische Gliederung der Publikums statt (Logen – Aristokratien / Parkett – normales Volk).

Venedig hatte damals ca. 125.000 Einwohner und es spielten 4-6 Theater gleichzeitig.           Nach Monteverdis Tod beherrschte Francesco Cavalli (1602-76) die venezianischen Opernbühnen. Als Schüler Monteverdis entwickelte er seine Opernrezeption weiter à Differenzierung zwischen dem Rezitativ als primären Handlungsträger und verschiedenen anderen geschlossenen Formen, in denen es primär um den Ausdruck von Emotionen geht.                                                                                                                                                                                  Cavallis Giasone (1649 – Libretto von Andrea Cigognini) wurde scharf kritisiert, weil es Dichter, Könige, Helden und Diener auf eine Ebene stellte.

[… SS. 47-55]

Claudio Monteverdi: Madrigalkompositionen

Madrigal besteht aus Dichtung und Musik – Verhältnis Sprache/Musik große Rolle. Sprachnähe bestimmt auch die Bausteine der Kompositionen „soggetti“. „Soggetti“ sind melodisch oder deklamatorisch geprägte musikalische Äquivalente oder Abbilder bestimmter Worte. „Imitazione della parola“ ist angemessene Deklamation, Deskription, Expression von Worten.

Welche Konsequenzen hat dieser Vesprachlichungsvorgang für die Form des Madrigals im Ganzen? Allgemeine Entwicklung des Madrigals im 16.Jh.: Ausmalung und Ausdeutung des Textes, Gefährdung und Verunklarung der poetischen Form; Durchkomposition kann im Extremfall dazu führen, dass Dichtung in Prosa aufgelöst wird; fast paradoxes Verhältnis à Immer stärkere Unterordnung der Musik unter die Sprache führte zur Herrschaft der Musik über die Sprache.

„Genere concitato“ (erregter Stil): Monteverdis Ausgangspunkt ist – in Anlehnung an die „besten Philosophen“ – Bestimmung von drei Hauptaffekten (im weiten Sinne), denen die menschlichen Stimmlagen und die musikalischen Stile entsprächen.

Le passione (affetioni del animo) principali

La voce nostra

L’arte Musica (generi)

Ira

Alta

concitato

Temperanza

Mezzana

Temperato

Humiltà ò supplicazione

Bassa

molle

 

SUCHE „Seconda Pratica“ auf WIKIPEDIA.de

Musikalische Exequien

 Es gibt vermutlich kein zweites Werk von Schütz (1585-1672), zu dem außer dem Notentext so inhaltreiche und aussagekräftige Dokumente erhalten sind wie zu den Musikalischen Exequien. Die Dokumente beziehen sich auf: Werkentstehung, Motivationen und kompositionstechnische Problemlösungen.                                                                     Schütz komponierte die Exequien anlässlich der Bestattung Heinrich Posthumus Reuß‘ (1636).

Dieser hatte den Wunsch die Sarginschriften sowie andere von ihm ausgesuchte Texte bei seiner Bestattungsfeier musizieren zu lassen. Thematik: Vergänglichkeit, Sterben, Erlösung durch den Tod, Auferstehung Christi, ewiges Leben. Auswahl von Texten sowie Engramme auf fürstlichen Särgen waren damals gang und gäbe. Insgesamt waren 21 Bibeltexte zu vertonen. Der Ablauf ist gekennzeichnet durch Alterniere von klein besetzen Concertino-Abschnitten und groß besetzen motettischen Choralbearbeitungen.

Vor allem die Möglichkeiten des solistischen Konzertierens wurden ausgenützt.      

„Barock“ lat. „verruca“ / klass. Lat. Warzenähnlicher-fehlerhafter Auswuchs an Edelsteinen.  Seit dem frühen 18.Jh. steht der franz. Begriff „baroque“ für bizarr, unregelmäßig. Jean-Jacques Rousseaus Dictionnaire de musique (1768):“Eine barocke Musik ist jene, deren Harmonie verworren ist, überladen mit Modulationen und Dissonanzen; ihr Gesang ist hart und wenig natürlich, ihre Intonation schwierig und ihre Bewegungen gezwungen.

Zwei wesentliche Kennzeichen der Barockmusik sind der Generalbass und das Concertieren (Concerto grosso).

Der Terminus „Sonate“

Erste Verwendung des Begriffs für Instrumentalmusik in einem Heiligenbericht der 13.Jh Charakteristika: Instrumentalmusik ohne Singstimmen; Absolute Musik ohne Programm (Ausnahmen erst im 19.Jh.); Konzert ohne spezifische soziale Funktion; solistische Musik/Kammermusik für einen bis vier Spieler; zyklisch angelegte Musik; großräumig konzipierte Musik.

Im gesamten 16.Jh. überschneiden sich die Begriffe canzone und sonate.                                                                        Canzone (ursprünglich Bearbeitungen franz. Chansons bzw. deren Übertragung auf Laute oder Tasteninstrumente): wichtig für die Blüte der instrumentalen Kanzone; in der Regel 4-stg., imitatorischer Beginn; Teils homophon in Parlando-Deklamation, teils Duos verschiedener Stimmgattungen (polyphon).                                                                    Nach 1600 tritt ein neuer Typ der monodischen Kanzone für 1-3 Soloinstrumente und basso continuo auf.

Schon sehr früh Ausbildung der Triosonate – 17.Jh. Norditalien mit instrumentale und vokale Wurzeln (Madrigale, Motetten, Canzonetten).

Arcangelo Corelli

Corelli ließ seine opera I und III (Kirchensonate) in den Erstausgaben unter der neutralen Bezeichnung Sonata a tre erscheinen. Die opera II und IV erschienen unter der Bezeichnung Sonata da camera a tre (Verzicht auf die Bezeichnung „da chiesa“). Corellis Triosätze gehören zu dem im Barockzeitalter am meisten verbreiteten Typus „zwei Sopraninstrumente und Baß“ an, unterscheiden sich aber in der Behandlung der Bassstimme.

Sonata da camera:  dem Streichbass und dem Generalbassinstrument fällt durchweg die gleiche Melodie zu.                   Sonata da chiesa: Zweiteilung des Bassfundaments – Das Bassfundament teilt sich in einen konzertanten Melodie-Part sowie eine b.c. Stimme; die Generalbassstütze ist in der Kirchenmusik notwendig.

Op. I: die meisten Sonate sind zwar viersätzig (wird zur Norm), aber nur die Hälfte folgt der für die Kirchensonate typische Folge langsam-schnell-langsam-schnell.                                                                                                                         Op. III: 8 Jahre nach op.I veröffentlicht. Deutlich regelmäßiger.

Die Fuge (oft auch nur Fugato) als wesentliches Element der Kirchensonate. Das Fugenprinzip beherrschte nicht nur die schnellen zweiten Sätze, sondern es drang auch in die langsamen Sätze ein. Demgegenüber in den dritten und vor allem in den vierten Sätzen Einflüsse aus dem weltlichen Tanzrepertoire (Sonata da camera), wie auch umgekehrt in der Sonata da camera (vor allem im Preludio) Elemente des Kirchenstils verwendet wurden.

Tanzelemente in der sonata da chiesa: zweitelige Anlage der Sätze (Repetition beider Teile); Rhythmen (Allemande, Courante, Gagliarde, Gavotte, etc.). Deutliche Einflüsse hat weltliche Instrumentalmusik auf Corellis sonate da chiesa.                                                                                                                                                                                                     Funktion der Kirchensonate: bis Mitte des 17.Jh. keine formale Trennung zwischen „Sonata da camera“ und „da chiesa“.

Im Gegensatz zur „da camera“ findet sich die Bezeichnung „da chiesa“ deutlich seltener.                                           Corellis Sonate da camera, sind nicht mehr (wie noch bei Biagio Marini) eine beliebige Folge von Einzelsätzen, sondern deren klare Abfolge: stets langsames Tempo des Eröffnungssatzes; schnelles Tempo des letzten Satzes.            Das Preludio ist der einzige nicht auf Tanzmodellen beruhende Satz.                                                                                         9 Jahre nach Corellis Sonata da camera, op II sind die 12 Sonate op IV (1694) publiziert worden – Op.


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