Musik im Wandel der
Zeit
Vom Barock zur
Frühklassik
Vorwort
3
Der
Barock 3
Die
Vorklassik 5
Die
Wiener Klassik 7
Opern
in Barock und Klassik 8
Sonate – Sinfonie 9
Das
Konzert 11
Der technische Fortschritt und die
instrumentale Emanzipation .12
Die
Familie Bach - Das musikalische Opfer 13
Nachwort
14
Quellen
15
Vorwort
Jeder Abschnitt in der Geschichte
der Musik ist durch seine Eigenart definiert und somit für uns als Epoche zu
erkennen. Wir beobachten die Schaffensweisen, Zielsetzungen und musikalischen
Stilmittel der jeweiligen Perioden wodurch uns eine Differenzierung der
einzelnen „Epochen“ gelingt.
Der Umbruch von der einen zur
anderen Epoche ist jedoch meist fließend und unterliegt zum einen dem Zeitgeist
der Gesellschaft zum anderen dem Entwicklungs-Prozess des Schaffens der
betroffenen Künstler.
Jener Entwicklungsprozess folgt
nicht dem Ziel in eine neue Epoche zu wechseln, sondern dient in erster Linie
dem Wandel und dem Fortschritt der Musik als solcher. Die neue Epoche ist Folge
dessen und wird erst von den Nachkommen bestimmt. So Wusste man zum Beispiel
1630 nicht, dass in 120 Jahren die Klassik kommen würde, vielmehr wusste man
1800, dass man den Barock überwunden hatte.
Im Folgenden geht es um genau diese
Umbruchssituation zwischen der barocken und der klassischen Epoche. Im
Vordergrund stehen dabei die prägenden Veränderungen der musikalischen
Stilmerkmale und der kompositorischen Formen im Bezug auf grundlegende Wandel
in Gesellschaft und Historie.
Der Barock
(ca. 1600 – 1750)
„Definitionsgemäß handelt es sich [ ]
vordergründig um eine Frage des Stils“
F. Blume
Der Begriff „barock“ beschreibt in
musikalischem Kontext weniger die geschichtliche Epoche, sondern bestimmte
Eigenarten eines Komponisten, eines Werks oder eines Interpreten. Dieser bedient
sich der „barocken“ Stilformen um eigenes Schaffen an die Musik des 16. und 17.
Jahrhunderts anzulehnen. Hierbei geht es jedoch um die Zeit, die durch jene
„barocken“ Stilformen geprägt wurde.
Das Wort „Barock“ stammt
ursprünglich aus dem portugiesischen (baroco), mit welchem eine
verformte, unregelmäßige Perle bezeichnet wurde.
Bezüglich der Musik von 1600-1750
beschreib dieser Begriff um 1800 die Wertminderung jener Musik, welche
allgemein als absonderlich, sogar überladen galt.
Die barocke Epoche ist die Epoche
der Reformation sowie des Absolutismus, insofern sind der Adel und die Kirche
maßgebliche Unterstützer der damaligen Künstler. Besonders die katholische
Kirche verwendete die barocke Musik mit ihrer Prachtentfaltung als Mittel zur
Gegenreformation.
Hierbei galt es den Gläubigen mit
höchstem Maße an Prunk und Glanz, was Assoziationen an ein Paradies in Gottes
Anwesenheit wecken sollte, zu locken. Alle Künste (Musik, Dichtung, Malerei,
Architektur sowie Gartengestaltung) sollten eine betörende Einheit bilden, die
den „Betroffenen“ bei allen Sinnen berührt.
Die Auseinandersetzung mit dem Tod
ist zur Zeit des Barocks weit verbreitete. Jene wird durch Pest und Cholera
sowie durch die Randerscheinungen des Dreißigjährigen Krieges hervorgerufen.
Die Erfahrung des Todes wird somit auch Inhalt der Musik; Kantaten von J. S.
Bach vertonen: „Ach, schlage doch bald, selge Stunde, den allerletzten
Glocken-schlag [ ]“ (aus Kantate Nr. 95). Der ruhe- und
friedebringende Tod wird ersehnt, um irdische Leiden überwinden zu können und
in Gottes Reich einkehren zu dürfen.
„Das Wissen um die Vergänglichkeit
alles Irdischen führt zur Einstellung, das irdische Dasein mit allen Sinnen zu
genießen.“
N. Heukäufer
Durch das Bewusstsein, der Mensch
müsse sich durch sein Schaffen von der Natur abgrenzen, entstand eine eben
unnatürliche Erscheinung der Musik, die man als beinahe „künstlich“ bezeichnen
würde, da nun der Affekt und die Wunschvorstellung nach Vollkommenheit
herrschen.
Um jene Vollkommenheit erreichen zu
können, bedarf es klarer Linien und Strukturen, die das Schaffen des
Komponisten sowie des Interpreten lenken. So sind in barocker Musik folgende
Struktur- und Formelemente zu finden:
Das Dur-/Moll-System bildet das
funktionale System, der Generalbass (ital. basso continuo, abgekürtzt b.c.)
dient dem harmonischen Fundament des musikalischen Werkes und das Taktsystem
mit rhythmisch-metrischer Bedeutung als Gerüst.
Darüber hinaus bedient sich die
Musik im Barock vieler Symboliken, die in die Musik eingebettet sind. Diese
sind in Formen- und Affektenlehre festgelegt. Erstere teilt manchen formalen
Elementen entsprechende Symboliken zu.
Das Vorzeichen „#“ stand
beispielsweise für das Kreuz Jesu Christi und somit für Erlösung, sowohl der
Kanon als auch die Fuge als Kompositionsprinzipien vermittelten die Verfolgung
(Zweiter Stimmeinsatz verfolgt Ersten; Comes verfolgt Dux).
Ein aufwärts gerichteter
Melodieverlauf deutet auf den Himmel, ein abwärts gerichteter auf die Hölle.
Zweitere, die Affektenlehre, verbindet
musikalische Faktoren mit bestimmten Empfindungen. So empfand man bei
Dur-Harmonien, hohen Lagen, sowie schnellen Passagen Freude, bei
Moll-Harmonien, tiefen Lagen oder Langsamen Teilen Leid oder Tauer.
„Mit dem Tod von J. S. Bach 1750 ist
das Barockzeitalter endgültig abgeschlossen. Seine Söhne sind die Wegbereiter
für den Übergang zur Frühklassik.“
Herbert Baumann
Die Vorklassik
(1730 – 1770)
Zwischen den Jahren 1720 und 1760
kommt es zu einem Umbruch: die Zeit des Barock geht langsam zu Neige und es
zeichnet sich ein neues Bewusstsein im musikalischen Schaffen ab. Dieser
„Übergangsstil“ zwischen dem Barock und der Klassik (Wiener Klassik) wir als
Vorklassik bezeichnet. Dieser ist nicht als Zustand, sondern als Entwicklung zu
betrachten, die den Spätbarock zur Wiener Klassik führt.
Dank der um 1750 stattfindenden
Aufklärung veränderte sich das Menschenbild abermals: der Mensch strebte nun
nicht mehr nach übernatürlicher, transzendenter Vollkommenheit, sondern vielmehr
nach persönlichem Glück und Wohlbefinden, welches von gesellschaftlicher und
individueller Freiheit hervorgerufen worden wäre. Dieser Wunsch nach Freiheit
spiegelt sich ebenso in der vorklassischen Musik wider. Barocke Formen werden
mit der Zeit als veraltet und unbrauchbar angesehen und von neuen, innovativen
Stilformen abgelöst.
Der Künstler muss sich, um jenes,
von individueller Freiheit geprägtes Glück erreichen zu können, neuer
Stilformen bedienen, die konträr zu den barocken wirken.
Da nun die Freiheit auch im Schaffen
des Komponisten vordergründig ist, legt man „alte Korsagen“ wie die
Kontrapunktik ab. Diese Lehre teilt einem Thema eine Gegenstimme zu, den sog.
Kontrapunkt (lat. punctus contra punctum, Note gegen Note).
Die musikalische Struktur ist
polyphon, da zwei oder mehrere Stimmen gleichzeitig und mit dem gleichen
Stellenwert spielen.
Diese strenge Regelmäßigkeit der
Melodiegestaltung soll schließlich aufgehoben werden.
Man bevorzugt zunehmend
gesanglichere Melodiken, die individueller im Gesamtkontext des Werkes sind und
von einer untergeordneten Begleitstimme unterstützt werden. Diese sollte
harmonisch möglichst einfach sein und eine deutliche Minderwertigkeit gegenüber
der Melodiestimme zeigen. Dieses neue Melodiegestaltungsprinzip ist bekannt als
„galanter Stil“.
Durch die in den Vordergrund
gerückte Melodie verlor ebenso der Generalbass an Bedeutsamkeit.
Die subjektiv geleitete
Werkgestaltung des Komponisten nimmt während der Vorklassik zu, da nunmehr
seelische, individuelle Wahrnehmungen Material des Schaffens werden (empfindsamer
Stil).
Prägend für diese Bewegung ist Carl
Philipp Emanuel Bach, zweitältester Sohn Johann Sebastian Bachs, welcher durch
eine stark subjektive Tonsprache jenen Wunsch nach individueller
Gestaltungsfreiheit personifiziert. Die „Fantasie“ als Form wird, im Vergleich
zum Barock, zum Inbegriff des formal ungebundenen Komponierens. Die Fantasie
ist mit einer notierten Improvisation vergleichbar; dem Komponisten sind hier
aufgrund seiner ungebundenen Eigenständigkeit keinerlei melodischen Grenzen
vorgegeben.
Die nun dominierenden Elemente des
musikalischen Schaffens sind Wegweiser und Impulse, die schließlich in die
Wiener Klassik führen. Diese sich bereits in der Entwicklung der Vorklassik
abzeichnenden Veränderungen sind:
1.
Die Melodie steht im
Vordergrund. Zentrum
des Werkes sind nicht mehrere gleichberechtigte Stimmen, sondern eine, die von
untergeordneter Begleitung umrahmt wird. Statt einem polyphonen Geflecht durch
Kontrapunktik (lineare Satztechnik), verwendet der Komponist vorzugsweise die
vertikale Satztechnik. Das Hauptaugenmerk liegt auf der melodiestützenden
Harmonie und nicht mehr auf der Kontrapunktlehre.
2.
Die Kontrastbildung. Barocke Einfachheit des Affekts
wird von mannigfaltiger, subjektiv gesteuerter Gefühlseinbettung abgelöst. Besonders
bedeutsam dabei ist ebenso die Kontrastierung der einzelnen musikalischen
Einfälle.
3.
Einbezug neuer
dynamischer Effekte.
Statt der barocken Terrassen-Dynamik wird das Crescendo (Decrescendo, Sforzato,
Diminuendo etc.) verwendet, um Affekte wirkungsvoller gestalten zu können.
4.
Neue
Instrumentierung des Orchesters.
Der eigenständige Bläsersatz etabliert sich im Orchester; neue Instrumente wie
die Klarinette werden mit einbezogen.
5.
Das Menuett in der
Sinfonie. Dieser
Tanzsatz ergibt den dritten Satz der Sinfonie.
Die Wiener Klassik
(1770 – 1827)
Die Wiener Klassik ist der Höhepunkt
der vorläufigen Entwicklung. Erreicht wird ein Ausgleichspunk zwischen Emotion
und Intellekt, sowie zwischen Inhalt und Form. Da das Zentrum dieser Epoche für
das musikalische Schaffen in Wien lag, spricht man von der „Wiener Klassik“.
Nach der angestrebten Freiheit des
Affekts währen der Vorklassik, versucht man nun das Gleichgewicht jener Extreme
(formaler Zwang, Übernatürlichkeit – Freiheit des Gefühls) zu finden. Die
„Befreiung des Individuums“, wie sie von Kant und Rousseau bereitet wurde,
äußerte sich als Innovation im musikalischen Schaffen bereits während der
Vorklassik. Durch die Ablösung des vorherrschenden Adels vom Bürgertum, wurde dieser
zum Träger der Kultur. Es verbreitete sich die Ansicht im Bürgertum, sich
kulturell und somit auch musikalisch bilden zu müssen. Musikalische
Einrichtungen wie Konzertsäle oder Opernhäuser standen nun auch dem breiten
Mittelstand der Bevölkerung offen. Es entstanden allmählich die ersten
Singvereine und Liebhaberorchester; das Pianoforte gehörte in annähernd jeden besitzenden
Haushalt.
Der neue kulturelle Wert des
Bürgertums, sowie die Freiheit des Geistes im künstlerischen Schaffen führen
zwangsläufig zu einem neuen Kunstverständnis: Kunst, somit auch Musik, ist
nicht mehr durch Kompetenz und bestimmter, zeitgemäßer Kenntnis definiert, vielmehr
ist sie durch individuelle Gestaltungs- und Affektäußerungsfreiheit
gekennzeichnet. Diese starke Individualität führt mit der Zeit zu der
Entstehung Komponisten-Eigner Stilmerkmale, die diesen auditiv unverkennbar
machen; bedeutsam für die Klassik ist der Wert, die Würde und besonders für das
musikalische Schaffen, die Freiheit eines jeden.
Ziel der „klassischen“ Musik ist
Einfachheit und Klarheit. Diese gelten, über den Individualismus hinweg als
allgemein gültig.
Klarheit und Einfachheit in Form des
Werkes äußern sich in erster Linie durch die Sonatenhauptsatzform, die ab Mitte
des 18. Jahrhunderts zu berücksichtigen war.
Das Thema wird entweder liedhaft
oder anhand von Grundmustern wie der Periode oder dem Satz geformt. Das Gerüst
des Werkes ist somit vorgegeben, der Komponist kann nun frei nach seinem
empfinden dieses mit musikalischem Material füllen und dieses verarbeiten
(motivisch–thematische Arbeit).
Es gilt nun, einige Gattungen,
Formen und Kompositionsprinzipien exemplarisch genauer zu betrachten.
Verdeutlicht werden soll die Entwicklung und Veränderung jener im Verlauf des
stilepochalen Umbruchs.
Opern in Barock und Klassik
Entstehungsursache der Oper in der
Spätrenaissance war die Reanimierung der antiken römischen und griechischen
Dramas, welche somit im Wesentlichen Inhalt der Barockoper wurden. Da antike
Musik häufig einstimmig interpretiert wurde, beherrschte der Sologesang die
Oper im Barock. Dieser Sologesang wird lediglich von wenigen Akkorden
unterstützend begleitet. Durch die Verbindung von Schauspiel, Dichtung Musik
und Darstellung in der Oper soll der Prunk und Glanz sowie die Ideale der
damaligen Herrschergesellschaft, dem Adel, dargestellt werden.
Opera
seria
Diese Form der Oper entstand in der
neapolitanischen Opernschule und ist durch die Vordergründigkeit der Musik
gekennzeichnet. Insbesondere in den Arien, die die Handlung regelmäßig
unterbrechen, steht die Vermittlung eines Affekts durch Musik im Vordergrund.
Die Handlung vollzieht sich im eher schlicht komponierten Rezetativo secco. Zu
Beginn steht die Ouvertüre, diese dient nicht der Vorbereitung auf die Oper,
sondern der Unterhaltung der wartenden Zuschauer. Durch den
kaiserlichen Hofpoeten und Librettisten Metastasio perfektioniert, ist die Opera seria in ihrem Wesen undramatisch und
statuarisch. Seine Libretti werden von
vielen Komponisten
vertont. Er erlangt ein Höchstmass an Möglichkeiten zur Entfaltung der Sangeskunst, insbesondere für die viel bewunderten
Kastraten. Eine typische Metastasio - Oper besteht aus drei Akten und sechs Hauptpartien.
In der Regel gibt es ein Duett für
das Liebespaar, während im Übrigen der
Dialog auf die
Rezitative beschränkt bleibt, denen das Vorantreiben der Handlung überlassen ist.
Größere Vokalensembles sind
praktisch unbekannt, ausgenommen des
kurzen Finales, an dem
alle Hauptpersonen teilhaben. Ein Beispiel für die Oper des Barock ist u.a. „Xerxes“
von G. F. Händel.
Opera buffa
Diese Form der Oper gilt
als durch nachvollziehbare Gegenkraft zur Opera seria. Der komische und
ironische Aspekt, der in der Opera seria außen vor steht, entwickelt nun ein
Eigenleben. Wie die Bezeichnung bereits vermuten lässt, vermittelt diese Form
der Oper Lebensfreude und Humor.
„[Die Opera buffa war])
tatsächlich die Opposition des gesunden Menschen- und Theaterinstinkts des
Volkes gegen die pompthaft aufgeblasene konzertante Oper, und die ersten
komischen Opern waren [ ] eigentlich Karikaturen der Opera seria [ ]“
Unbekannt
Außer des nun
veränderten Charakters der Oper werden auch die bisher üblichen Konventionen
aufgehoben. Beispielsweise werden die secco Rezitative um einiges natürlicher,
Dialoge im Dialekt gesprochen oder so genannte Parlandoteile in die Arie
eingefügt. Darüber hinaus erweitert sich die solistische Arie zu Duetten oder
größeren vokal Ensembles. Ebenso die periodische Form der Opera seria wird
aufgelöst. Rezitativ und Arie wechseln nun einander nicht mehr obligatorisch ab
und die Akte werden durch Intermezzi verbunden. Zudem bedient sich die Opera
buffa Elementen der Volksmusik, wodurch zunehmende Einfachheit und
Natürlichkeit erzeugt werden. Die Oper beinhaltet Volksweisen und bekannte
Tanzrhythmen, die Melodie erhält nunmehr einen liedhaften Charakter.
Hauptthematik der Opera buffa ist nicht die Verehrung sondern die Parodierung
des Heldentums. Ein Beispiel für die Oper in der Klassik ist u.a. „Le nozze di Figaro“ von W. A. Mozart.
Sonata - Symphonia
Die Sonate ist ein in der Regel für
ein einzelnes Instrument komponiertes Werk. Eine Sonate kann jedoch auch eine
zweite Stimme beinhalten, so gibt es sowohl Sonaten für Soloinstrumente (z.B.
von J. S. Bach, Drei Sonaten und drei Partiten für Violine solo), als
auch für Duos (z.B. von G. F. Händel, Sonaten für Violine und Pianoforte).
Die Sinfonie gilt als „Sonate für
das Orchester“. Sie ist von den Sätzen her ähnlich aufgebaut, folgt jedoch dem
formalen Prinzip der Sonatenhauptsatzform.
Der Terminus ist bereits vor dem 17.
Jh. Verwendet worden, getan wurde dies jedoch mit keiner festen Definition des
Begriffs.
Vielmehr war es eine ästhetisch
begründete Anwendung, die Komponisten wie H. Schütz vertraten; jener nannte beispielsweise
einige seiner Konzerte für Soli, Chor und Orchester „Symphoniae sacrae“.
Ab dem 18. Jh. kann eine Sinfonie
sowohl die Bezeichnung einer Ouvertüre, als auch einer Konzert-Sinfonie sein.
„in den ersten Jahren des [18.] Jh.
ist die Ouvertüre wichtig als Wiege der neuen klassischen Tonsprache. Hier
weitet sich die Tonsprache von der melodischen Einheit [ ]“
Jan LaRue
Die Sinfonie selbst
entwickelte sich aus der Oper, bzw. den instrumentalen Zwischenteilen, die nun
eine Eigenständigkeit bekamen: die orchestrale Musik und insbesondere ihr
geschätzter Ausdruck sollten in der Sinfonie eine Emanzipation erfahren. Haydn,
der als „Vater der Sinfonie“ gilt, kann man nicht allein die Erfindung und
Einstellung dieses neuartigen Schaffens zuschreiben. Bereits vor 1750 (Haydn
war noch ein Kind) begann in Mannheim die Einführung in die Sinfonie als Konzert-Sinfonie.
Der Bezug der Sinfonie zur Oper (insbesondere Opera buffa) ist vielseitig. Zum
einen häufig kurze, prägnante melodische Formen, zum anderen gefühlbetonte
Sätze langsamen Tempos, welche fast arienartig wirken.
Exemplarisch soll die
Entwicklung der Sinfonie in der Mannheimer Schule dargestellt werden:
Seit 1740 ist der
kurfürstliche Hof von Mannheim eines der lebhaftesten kulturellen Zentren Deutschlands.
Dies ist dem Herzog Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz, zu verdanken, dessen
spezielles Interesse der Musik galt. Das Musikpersonal des Hofes erlebt unter
ihm eine wahre Blütezeit, sodass viele musikalische Talente nach Mannheim angezogen
werden.
Das Mannheimer Orchester
ist berühmt für seine Präzision und feurige Brillanz. Der bedeutendste Musiker
ist der böhmische Geiger Johann Stamitz (1717 - 57), den der Kurfürst als
Konzertmeister verpflichtet. In seiner Musik findet die „gewichtlosgrazile Art
des ,,galanten Stils" zu überraschender Vehemenz und Männlichkeit“.
Neue Effekte, wie die
,,Rakete“ (ein aufrauschendes Arpeggio der Streicher) oder das über einem
Trommelbass aufgebaute ,,Mannheimer Crescendo" werden zu festen Begriffen
für Musiker. Triller, Seufzer und ähnliches werden in dramatische Gesten
umgewandelt.
Die Dynamik bekommt
formbildende Bedeutung und hat nicht nur oberflächliche Wirkung. Der Hauptsatz
ist von fesselnder Frische, der Seitensatz eher lyrisch angelegt.
Das Cembalo muss nicht
mehr allein zum Ausfüllen von Harmonien dienen. Paarweise verwendete, stützende
Instrumente wie Oboen und Hörner tun dies viel wirksamer.
Mit zunehmendem Gebrauch
von Hörnern als Stützinstrumenten wird der Bass freier und kann sich sogar von
Zeit zu Zeit an dem thematischen Geschehen beteiligen.
Die Mannheimer Sinfonie
ist dazu ausersehen, ein breiteres Publikum anzusprechen, folglich
repräsentiert sie die Kultur des aufstrebenden Bürgertums.
Das Konzert
Wie auch Sinfonie und Oper eine
wesentliche Veränderung in der stilepochalen Umbruchszeit Mitte des 18. Jh.
erfahren, ebenso ist dies bei dem Konzert der Fall.
Gemeinsam ist den
epochenunterschiedlichen Formen dieser Gattung das Prinzip des Konzertierens.
Gemeint ist der musikalische Dialog zwischen Soloinstrument oder
Soloinstrumentengruppe und dem Begleitenden Orchester.
Concerto grosso
Diese Form des Konzerts entsteht
gegen Mitte des 17. Jahrhunderts und ist somit barock. Charakteristisch ist die
Aufteilung des Orchesters in Ripieno (Tutti) und Concertino (Soli). Das
Concertino besteht in der Regel aus einer kleinen Solistengruppe,
beispielsweise zwei Violinen, Flöte, Cello/Cembalo; der Rest des Orchesters
bildet das Ripieno. Der Basso continuo bildet das Fundament auf welchem dann
zum einen das kontinuierliche Concertino, zum anderen das phasenweise
begleitende Ripieno geschichtet werden. Das Concerto grosso besteht in den
meisten Fällen aus drei Sätzen unterschiedlichen Tempos und Charakters. Dabei
gilt die Reihenfolge schnell-langsam-schnell. Bekanntestes Beispiel für diese
Form des Konzertes seien die Brandenburgischen Konzerte von J. S. Bach um 1720.
Solokonzert
Barock. Mit der Zeit reduziert sich das
Concertino auf einen einzelnen Solisten, der das so genannte Solokonzert
spielt. Diese neue Form des barocken Konzerts entsteht gegen Ende des
Jahrhunderts und bedient sich weiter dem üblichen Satzschema.
Im ersten Satz des barocken
Solokonzerts lässt sich durchaus eine formale Beziehung zum Concerto grosso
herstellen, besonders ist hierbei jedoch, dass der Solist nun nicht mehr an den
Tutti- Passagen teilnimmt.
Solist und Ripieno, oftmals aus
einem Kammerorchester bestehend, alternieren sich; der Basso continuo behält
dabei seine Funktion und sorgt für den Zusammenhalt der „Dialogpartner“. Die
wichtigsten Komponisten des Solokonzerts im Barock sind J. S. Bach
(Violinkonzert in a-Moll, E-Dur (um 1720)) und Antonio Vivaldi (Violinkonzerte
op.8, 1-4 „Die Vier Jahreszeiten“ (um 1725)).
Klassik. Die allgemeine Beliebtheit des
Solokonzerts bleibt in der Klassik erhalten, es ändert sich jedoch die Art der
Gestaltung sowie die grundlegende Auffassungsweise. Einerseits verzichtet man
auf den Basso continuo, andererseits bedient man sich neuer formaler Schemata
in Bezug auf die einzelnen Sätze in der noch geltenden Dreisätzigkeit. Der
erste Satz wird oft in einer sonatensatzähnlichen Form komponiert, der zweite
Satz ist überwiegend liedhaft und der dritte bildet den Schluss mit einem
Rondo. Das Formschema des ersten Satzes sei wie folgt aufgebaut:
Wesentlich ist die Kadenz zwischen
der Reprise und der Coda. In jener Passage hat der Solist die Möglichkeit,
seine Virtuosität unter Beweis zu stellen, indem er das Thema des Konzerts
aufgreift und als Grundlage einer Individuellen Verarbeitung nutzt.
Wichtiger Komponist dieser Konzertform
in der Klassik ist W. A. Mozart (Klavierkonzerte um 1773).
Der technische Fortschritt und die
instrumentale Emanzipation
Die neuartige Vielfalt an
Instrumenten ab Mitte des 18. Jahrhunderts beziehungsweise deren innovative
Nutzung und Ausfaltung trug nicht unwesentlich zu den musikalischen
Veränderungen in jener Zeit bei. Das Verlangen nach neuer Klangfarbe ist
unweigerlich mit der Suche nach Instrumenten, welche die gewünschten klanglichen
Effekte äußern können, verbunden.
Der Wunsch nach differenzierterer
Dynamik in der Klassik erlaubte dem Pianoforte ein Übersteigen der Grenzen der
Generalbassbegleitung. Nach der Ablösung des Cembalos wurde das Pianoforte zum
wichtigsten Fundamentalinstrument.
Einen ersten Höhepunkt erfuhr es
bereits im Barock dank den Klaviersuiten von J. S. Bach und G. F. Händel; die
endgültige Emanzipation findet jedoch während der Wiener Klassik statt. Nicht
nur W. A. Mozart und Ludwig v. Beethoven, ebenso die Sohne J. S. Bachs trugen dazu
bei.
Die durch individuelles
Schaffen angestrebte Klangdiversität im Orchester der Klassik ermöglicht den
Einbezug von neuartigen Instrumenten wie der Klarinette und dem Fagott sowie
die Etablierung ihrer Bläsergruppen im orchestralen Gesamtbild.
Die Familie Bach – Das
musikalische Opfer
Einer der bekanntesten
Komponisten des Barock ist wohl Johann Sebastian Bach. Sein musikalisches
Schaffen war prägend und wegbereitend im Hinblick auf folgende Musikepochen und
ihrer Künstler. Sein Schaffen ragte bis in die Vorklassik und mündete in
dieser. Sein Sohn Carl Philipp Emanuel Bach war Vertreter der klassischen Stilepoche und umso
interessanter gestaltet sich das Verhältnis zwischen Vater und Sohn und deren
Musikverständnis. J. S. Bach galt als durchaus konservativ und an sein barockes
Schaffen gebunden. Die Entwicklung der Musik schien ihm unsittlich, folglich
fand er keinerlei Gefallen an den Grundzügen der gerade aufstrebenden
klassischen Musik. Anders sein Sohn, der als junger Komponist in der Klassik
den Nährboden für seine Musik fand.
Der Legende nach begab
es sich in den letzten Schaffensjahren J. S. Bachs am Hofe von Friedrich dem
Großen, dass man ihn um eine spontane Fuge über ein vorgegebenes Thema bat. Das
entstandene Werk nennt sich heute auch „Musikalisches Opfer“ und vereint alte
Form und Voraussicht in ein neues musikalisches Zeitalter. Es ist eine Sammlung
verschiedener kontrapunktischer Sätze bezüglich des gegebenen Themas. Jenes
wurde wie folgt notiert:
Das Thema ist zunächst durch einen
Dreiklang in der Tonika c-Moll, der Sexte und der absteigenden verminderten
Septime „rein“ barock. Die darauf folgende Chromatik schließe jedoch jegliche
Form einer Engführung aus und erhöht zudem die Schwierigkeit der
Kontrapunktbildung.
Sowohl das Kompositionsprinzip des
Fugato, als auch die Lehre des Kontrapunktes sind dem Barock zuzuordnen. Die
melodisch-thematische Arbeit weist jedoch bei genauerer Betrachtung auf
musikalische Trends der Klassik hin.
Man sagt, er habe in dieser Fuge die
sich immer stärker etablierenden musikalischen Elemente angedeutet und sogar
parodiert. J. S. Bach verwendet bewusst innovative musikalische Elemente, um
das Gefallen des Herausforderers zu erwecken und bedient sich besonders im
zweiten Satz einer Vielzahl von Seufzermotiven. Das eigentliche Thema tritt im
gesamten Verlauf dieser kontrapunktischen Sammlung immer wieder mehr oder
minder dominant auf und lässt sich in den meisten Fällen lediglich in einer
einzelnen Stimme erahnen.
Wie bereits festgestellt spannt dieses
Werk einen musikalisch theoretischen Bogen vom Barock zur Klassik. J. S. Bach,
der ein wichtiger Komponist des Barock und Traditionalist was den
schöpferischen Stil anbetrifft ist, deutet durch Verwendung alter Form auf
neuartiges musikalisches Denken, welches im Verlauf der musikgeschichtlichen
Entwicklung zwischen der barocken und der klassischen Epoche erweckt wird.
Nachwort
Die Epoche der Klassik „übernimmt
ein umfangreiches Erbe an Stilformen, Ausdrucksmitteln, Gattungen, Zwecken und
Techniken, das sie „fertig“ vorfindet. Sie bewahrt das eine Stück aus diesem
Erbe treu und pflegt es als verehrungswürdiges Altertum. Ein anderes lässt sie
allmählich verfallen. Noch andere bildet sie in ihrem Sinne um. Entsprechend
vererbt die absterbende Epoche“ des Barock„, was sie geschaffen hat, und
überlässt dem veränderten Geist“ des neuen Zeitalters der Klassik„, was
sie aus dem Erbe machen wird.“
Dieses Erbe ist nicht ausschließlich
eine neue musikalische Mentalität, sondern vielmehr der Steigbügel, der jenes
neuartige Musikverständnis zu ermöglichen vermag. Die neue Musik der Klassik
steigt über die barocke hinweg, indem sie sich der Vorarbeit bedient. Formen
werden aufgelöst, der Musik einen nunmehr weltlichen Schwerpunkt gegeben und
die Musikalische Idee neu strukturiert.
„Spätestens seit dem 17. Jh. ist Kunst
weniger an vorgegebenen Idealen orientiert, sondern interessiert sich für das
Neue.“
Norbert Schläbitz
Quellen
Literatur:
Die Musik
in Geschichte und Gegenwart, Bände 1, 4, 7, 10, 12; dtv
Massimo
Mila, „Breve Storia della Musica”; Einaudi
Herbert
Baumann, „Die musikalischen Epochen im Überblick“
Otto
Schumann, „Handbuch der Klaviermusik“; Heinrichshofen`s Verlag
Charles
Sanford Terry, „J. S. Bach – eine Lebensgeschichte”; it 802
G. F.
Händel, Sonaten für Violine und Pianoforte
J. S. Bach,
drei Partiten und drei Sonaten für Violine solo
BWV 1001-1006
J. S. Bach,
Musikalisches Opfer BWV 1097
Corelli,
Concerto grosso Opus 6 Nr.2, F-Dur
Telemann,
sechs kanonische Sonaten für zwei Violinen
Haydn,
Sinfonie Nr. 27
Film:
Dominique
de Rivaz, „Mein Name ist Bach“
Milos
Forman, „Amadeus“
Grafik:
Formschema
klass. Solokonzert: Compagna
Thema
„Musikalisches Opfer“: J. S. Bach, Musikalisches Opfer BWV 1097