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Seminararbeit
Rechtswissenschaft

HWR, Berlin

07, Paul, 2014

Dominique B. ©
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ID# 49867







Hochschule für Wirtschaft und Recht


Fachbereich 5 - Polizei und Sicherheitsmanagement

Studiengang „Gehobener Polizeivollzugsdienst“ (B.A.)


Hausarbeit - Modul 07

Aufgabe Nr. 1:

Gutachten über den Entwurf eines neuen Paragraphen zur „Erhebung von Telekommunikationsinhalten und -umständen in informationstechnischen Systemen“ im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin


Wörter: 4.100


Berlin, den 6. October y

Die Urheberrechte liegen beim Verfasser und der HWR-Berlin


Erklärung über die selbstständige Anfertigung der Arbeit


Ich erkläre, dass ich diese schriftliche wissenschaftliche Abschlussarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Mir ist bekannt: bei Verwendung von Inhalten aus dem Internet habe ich diese zu kennzeichnen und mit Datum sowie der Internet-Adresse (URL) ins Literaturverzeichnis aufzunehmen.

Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Weise keiner anderen Prüfungsbehörde, Fachhoch- oder Hochschule vorgelegen und wurde bisher noch nicht veröffentlicht.


Ort, Datum:


Unterschrift:


Inhaltsverzeichnis


Hochschule für Wirtschaft und Recht 1

Erklärung über die selbstständige Anfertigung der Arbeit 2

Abkürzungsverzeichnis 4

Literaturverzeichnis 5

I.Aufgabe 1a 7

1.Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 I GG) 7

2.Recht auf informationelle Selbstbest. (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) 7

3.Kommunikationsgeheimnis 8

1.1.Schutz der privaten Korrespondenz und von vertraulichen Informationen (Art. 8 I, 10 EMRK) 8

1.2.Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) 9

1.1.1.Schutzbereich des Kommunikationsgeheimnisses 9

1.1.2.Eingriffe 10

4.Rechtmäßigkeitsprüfung 12

1.1.Gesetzgebungskompetenz 12

1.2.Schranken 12

1.3.Bestimmtheitsgebot und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 14

II.Aufgabe 1b 18


Az.

Aktenzeichen

BvF

Normenkontrolle auf Vorlage der Gerichte, Art. 100 I GG (BVerfG)

BvR

Verfassungsbeschwerden, Art. 93 I Nr. 4a und 4b GG (BVerfG)

EGuG

Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten

FH

Friauf / Höfling Berliner Kommentar zum Grundgesetz

GG

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

MKS

von Mangoldt / Klein / Starck Grundgesetz Kommentar

RiS

Recht auf informationelle Selbstbe-stimmung

TbV

Tatbestandsvoraussetzungen

TÃœK

Wer kontrolliert die Telekommunikationsüberwachung? (Backes/Gusy)

VIiS

Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme

Abkürzungsverzeichnis


Literaturverzeichnis

Aden, Hartmut; Arzt, Clemens. Normenkontrollverfahren vom 11.11.2014, LVerfG LSA, Az. LVG 9/13. Lesbar unter [Letzter Aufruf am: 02.06.2015].


Backes, Otto; Gusy, Christoph. Wer kontrolliert die Telefonüberwachung? - eine empirische Untersuchung zum Richtervorbehalt bei der Telefonüberwachung. Lang, 2003.


Dürig, Günter; Maunz, Theodor. Grundgesetz Kommentar, Losebl.-Aufl. C.H. Beck, 73. Aufl. 2015.


Ehlers, Dirk (Hrsg.). Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, De Gruyter, 4. Aufl. 2014.


Epping, Volker. Grundrechte, Springer, 5. Aufl. 2012.


Groß, Thomas. Die Schutzwirkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Privatisierung der Post, In: Juristische Zeitung 1999, S. 326.


Groß, Thomas.In: Friauf, Karl Heinrich; Höfling, Wolfram (Hrsg.). Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Losebl.-Aufl., Erich Schmidt Verlag 2006.


Gusy, Christoph. In: von Mangoldt, Hermann; Klein, Friedrich; Starck, Christian (Hrsg.). Kommentar zum Grundgesetz, Bd I, Franz Vahlen München, 6. Aufl. 2010.


Hermes, Georg. In: Dreier, Horst (Hrsg.). Grundgesetz Kommentar, Mohr Siebeck, Bd. I, 3. Aufl. 2013.


Hesse, Konrad. Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Müller, 20. Aufl. 1999.


Hufen, Friedhelm. Staatsrecht II - Grundrechte, C.H. Beck, 4. Aufl. 2015.


Jarass, Hans Dieter; Pieroth, Bodo. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Kommentar, C.H. B.....


Empfänger. „(…) Art. 10 I GG begründet ein Abwehrrecht gegen die Kenntnisnahme des Inhalts und der näheren Umstände der Telekommunikation durch den Staat und einen Auftrag an den Staat (…)“.10 Geschützt werden sollen demnach nicht nur die Vorgänge an sich, sondern auch die Inhalte jeglicher Kommunikation zwi-schen zwei Menschen. „Art. 10 GG will den Austausch von Meinungen, Nachrichten, Gesprächen und Informationen zwischen Kommunikations-partnern sicherstellen, ohne dass Dritte davon Kenntnis nehmen können.

Diese sollen nicht nur frei geäußert, sondern auch ungestört empfangen werden können“.11 Im Unterschied zum Brief- und Postgeheimnis des Art. 10 I GG kommt es beim Fernmeldegeheimnis nicht darauf an, ob ein unbefugter Dritter Besitz an Informationsträgern bzw. Empfangsgeräten (wie u.a. Mobilfunkgeräten, Computern) erlangt, da hier der Übermittlungsvorgang bereits abgeschlossen ist, sondern ob alleine die Möglichkeit bestünde, durch Anzapfen dieser informationstechnischen Systeme direkten Zugang zu persönlichen Daten zu erhalten.12 Prinzipiell schützt dieses Grundrecht jedoch nicht die Inhalte und Umstände der Individualübermittlung, deren Freigabe durch Beteiligte des Kommunikationsprozesses an Dritte erteilt werden (z.B. Freisprecheinrichtung)13.


      1. Eingriffe


Eingriffe in dieses Grundrecht könnten dadurch hervorgerufen werden, dass der Staat Kenntnis über Inhalte von Kommunikationen und damit verbundener Daten (z.B. Zeit, Dauer, Teilnehmer) erhält.14 Fraglich ist, ob durch das alleinige Erheben von Telekommunikationsinhalten und -umständen ein Eingriff vorliegt. Wie bereits zu Anfang erwähnt, ist die Formulierung des zu prüfenden Gesetzes sehr vage gehalten, woraus sich eine starke Interpretationsvielfalt ergibt.

In § 25 ASOG (Stand 12/2007) wird das Überwachen und Abhören von Wohnungen oder Geschäftsräumen durch Observation (in der Regel unauffällige, planmäßige systematische Beobachtung; nach § 25 I 1 Nr. 2 ASOG auch durch Einsatz technischer Mittel (z.B. Fernglas, Videokamera, Tonbandgerät, Richtmikrofon), einer oder mehrerer Personen oder eines Objektes mit dem Ziel der Erhebung diesbezüglicher Erkenntnisse15) oder Abhören (Mithören und ggf.

Aufzeichnung der nicht öffentlichen Kommunikation außerhalb von informationstechnischen Sys-temen durch den Einsatz verdeckter technischer Hilfsmittel16) geregelt. Bezogen darauf könnte der gegebene § 25b ASOG nur das Erheben von Daten aus Unterhaltungen, deren Übermittlungsmedium ein technisches Netzwerk (z.B. Telefon, Internet) darstellt, meinen. Da dieses Übermittlungsmedium einem speziellen Schutz untersteht, würde in das genannte Grundrecht eingegriffen, wenn staatliche Behörden eine solche Maßnahme ergreifen (Ausnahmen dazu bilden private Dienstleister wie beispielsweise Post- oder Telekommunikationsunternehmen - hier ist nur die Schutzpflicht des Staates verletzt17).

Anders wäre es, wenn einer der Gesprächspartner dem Mithören durch staatliche Organe zustimmt („Mithörvorrichtung“). Nach herrschender Meinung läge hier ein Eingriff gegen das allgemeine Persönlichkeits-recht (RiS nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) und nicht das Recht auf Kommunikationsgeheimnisse gem. Art. 10 I GG vor.18 Anderer und auch meiner Ansicht ist hier Gusy, der anmerkt, dass Teilnehmer einer Kommunikation mit technischen Mitteln sich auf die Vertraulichkeit des Systems verlassen können, aber nicht auf die Vertraulichkeit ihrer Gesprächspartner, wonach dieser Mangel durch das Grundrecht geschützt werden müsse.19 Durch die Formulierung des Gesetzes, dass die „betroffene Person ohne Kenntnis“ ausgespäht werden kann, ist klar, dass sich mindestens ein Gesprächsteilnehmer nicht im Einverständnis einer Aufzeichnung oder Mithörung befin-det.

Das Gesetz stellt somit einen Eingriff in das Recht auf Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 I GG dar. Der Eingriff in das Grundrecht auf Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis müsste überdies gerechtfertigt und rechtmäßig sein.


  1. Rechtmäßigkeitsprüfung

    1. Gesetzgebungskompetenz


Fraglich ist, ob der § 25b ASOG formell verfassungsgemäß wäre.Hierzu müsste das Gesetz unter Berücksichtigung von Vorschriften bzgl. Zuständigkeit, Verfahrensweg und Form zustande kommen. Insbesondere bei der Gesetzgebungskompetenz (Zuständigkeit) könnte ein Verfahrensfehler vorliegen. Gefahrenabwehr ist grundsätzlich Ländersache (Art. 30 GG), die Gesetzgebung zur Strafverfolgung unterliegt jedoch dem Bund und Eingriffe in Art. 10 I GG können sowohl präventiven als auch repressiven Charakter haben.20 In erster Linie könnte die Maßnahme nach § 25b ASOG zwar der Gefahrenabwehr zuzuordnen sein („zur Abwehr einer gegenwär-tigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“), jedoch hätte der Gefahrenverantwortliche bereits schwerwiegende Straftaten zumindest versucht, wodurch die Maßnahme repressiv polizeilich wäre.21 Zusätzlich ist auch die in § 1 III 2. Alt.

ASOG angeführte „vorbeugende Bekämpfung von Straftaten“ gleichermaßen eine Strafverfolgungsmaßnahme und unterliegt demnach ebenfalls der Bundesgesetzgebungskompetenz. Trifft das Gesetz keine anderen Regelungen, bleibt es dem Land vorbehalten, bezüglich des Eingriffs in das Telekommunikationsgeheimnis, Rechtsvorschriften zu erlassen.22 Da sich jedoch für diesen speziellen Fall eine Einschränkung findet (Art. 73 I Nr. 7, i.V.m. Art. 74 I Nr. 1 GG, da es sich ebenfalls um eine strafprozessuale Maßnahme handelt), hat das Land keine Kompetenz über die Gesetzgebung.

Das Gesetz würde demzufolge formell nicht verfassung.....

Zusätzlich wäre ein Richter in den allermeisten Fällen mindestens gleich schnell erreichbar, wie der in § 25bII 1 ASOG geforderte höhere Dienst und darüber hinaus rückstufbar (bei Gefahr im Verzug ginge die Anordnungskompetenz an die Staatsanwaltschaft oder ihre Ermittlungspersonen über). Eine Nennung zumindest des einfachen Richtervorbehaltes innerhalb des § 25b ASOG wäre demzufolge wünschenswert.

Allerdings wäre das Gesetz ohne einen ausdrücklichen Richter- oder Kontrollvorbehalt nicht unbedingt rechts- oder verfassungswidrig.


    1. Bestimmtheitsgebot und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit


Da die Telekommunikationsüberwachung einen Realakt darstellt, müsste das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 II sowie Art. 20 III GG abgeleitet und beachtet werden. Hierzu müsste sich die Grundrechtsbeschränkung und deren Voraussetzungen sowie deren Umfang direkt aus dem Gesetz ergeben, wobei das Gesetz nicht nur für einen Einzelfall vorherrschen darf. Im Be-reich der Gefahrenabwehr sind diese Anforderungen so genau wie möglich zu umschreiben, sodass „das Risiko einer Fehlprognose in dem Rahmen verbleibt, der auch für Maßnahmen der Strafverfolgung und der Gefahrenbekämpfung als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheint“.30 Indem der Gesetzgeber von einer „gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“ spricht, könnte er den speziellen Fall für den das Gesetz Anwendung findet, ausreichend beschrieben haben.

Jedoch läge hier eine subjektive, zwar auf Erfahrungen und Ermessen beruhende, Einschätzung auf Seiten der Polizei vor, da jedem noch so kleinen Anhaltspunkt bzw. Verdacht nachgegangen werden muss. „Die Ordnungsbehörden und die Polizei können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr (…) abzuwenden“ (Opportunitätsprinzip, § 17 ASOG).

Demzufolge wäre allein diese TbV bereits einer möglichen polizeilichen Willkür unterworfen. Zusätzlich jedoch stellt sich die Frage, ob der Adressat der Maßnahme ausreichend bestimmt ist. Da in Bezug auf die genannte TbV jede Person, dazu zählen auch vorerst unbeteiligte Dritte, und nicht nur der zumindest mittelbare Gefahrenverursacher, Ziel der Maßnahme sein kann, stellt diese Formulierung bereits einen deutlichen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot dar.31 Dadurch, dass von der Erhebung von „Telekommunikationsinhalten und -umständen durch den Einsatz technischer Mittel“ die Rede ist, könnte das Gesetz ebenfalls zu unbestimmt sein.

Abgesehen vom immensen Umfang der Informationen (private, irrelevante Gesprächsinhalte / Dauer des Gesprächs / Häufigkeit der Kommunikation / Aufenthaltsorte der Kommunikationspartner / Art der Kommunikation wie z.B. via Telefon oder Computer / etc.), könnte zudem durch diese Maßnahme nicht nur von Kommunikationsinhalten Kenntnis erlangt werden, die den Sachverhalt betreffen, sondern zusätzlich würden gegebenenfalls auch noch unbekannte, in Zukunft liegende St.....

Prinzipiell ist es notwendig, dass die betroffene Person ohne ihre Kenntnis überwacht wird, da sonst das Ziel der Maßnahme gefährdet würde. Jedoch stellt sich hier die Frage, ob in einem dem Gesetz entsprechenden speziellen Fall die Wahl des Mittels der Maßnahme geglückt ist. § 11 I ASOG lässt sich unter dem Begriff der Erforderlichkeit zusammenfassen, denn sollte eine weniger beeinträchtigendere oder geeignetere Maßnahme existieren, so ist diese zu wählen.

Dadurch, dass mittels Überwachens Informationen erlangt werden sollen, die eine Gefahr abwenden, spielt gerade die zeitliche Komponente eine maßgebliche Rolle. Indem § 25b II ASOG eine Überwachung von bis zu drei Monaten ermöglicht, könnte daher ein zeitliches Übermaß und somit ein Verstoß gegen § 11 III ASOG vorliegen. Ausgehend davon, müsste durch die polizeiliche Maßnahme ein schnelles Abwenden der Gefahr möglich sein.

Dies geschieht im Regelfall durch geeignete Maßnahmen innerhalb kürzester Zeit wodurch eine Überwachung innerhalb des Zeitraumes von drei Monaten hier unverhältnismäßig hoch zum Zweck der Maßnahme erscheint. Kaum ein Straftäter wird Kommunikationswege nutzen um seine Pläne zu offenbaren. Eine über den Zeitraum von ein bis zwei Tagen hinaus andauernde Überwachung verfolgt nicht mehr das Ziel der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr, sondern dient mehr der Strafverfolgung, da davon auszugehen ist, dass bereits Straftaten stattgefunden haben.

Der unmittelbare Zweck der Überwachung ist es die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr zu gewährlei-sten. Die Frage der Geeignetheit lässt sich dahingehend stellen, ob mit anderen Maßnahmen das selbe Ziel erreicht werden kann. Ausgehend davon, dass ein Mensch normalerweise keine Zeit in einer Strafvollzugsanstalt verbringen möchte, wird es schwer ihn zu einer begangenen oder noch begeh-baren Straftat zu befragen, ohne dass sichere Beweise vorliegen.

Trifft letz-teres bereits zu, befindet man sich ohnehin schon in der Strafverfolgung. § 11 II ASOG beinhaltet im Grunde den Grundsatz der Angemessenheit, wonach eine Maßnahme zu unterbleiben hat, wenn sich zeigt, dass erkennbare Nachteile der betroffenen Person im starken Missverhältnis zum zu schützenden Rechtsgut stehen.32 Dieses herrscht beim Vergleich zwi-schen dem „allgemeinen Kommunikationsrecht“ und dem Recht auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit nicht.

Bezüglich des Umfangs der Grundrechtseingriffe muss ebenfalls das mildeste Mittel gewählt werden. Zwar darf bei Grundrechtseingriffen nicht nach Qualität und Quantität be-wertet werden („praktische Konkordanz“), es muss jedoch verhindert werden, dass das Rechtsgut des Adressaten auf Kosten des Straftatenopfers bevorzugt wird.33 Dadurch muss zwar das allgemeine Recht auf Kommunikationsgeheimnisse beachtet werden, es kann aber zum Schutz von Leib, Leben oder Freiheit unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden.

Als mildere Maßnahmen kämen eine Observation oder Beobachtung in Frage. Dadurch würden auch die Grundrechte unbeteiligter Dritter gewahrt. Demzufolge wäre die .....

Hierbei ist es nicht nur wichtig, dass das Individuum selbst über Herausgabe und Verwendung von persönlichen Informationen bestimmen kann, sondern auch, wann und in welchem Rahmen Informationen über persönliche Lebenssachverhalte erhoben werden.40 Im Gegensatz zum Art. 10 GG haben sich die Begriffe des „RiS“ sowie des „VIiS“ erst durch Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts terminologisch verselbstständigt und seither auch in der Lite-ratur Einklang gefunden.41 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht stellt ein Bestimmungsrecht darüber dar, wie der Einzelne in der Öffentlichkeit auftritt.

Demzufolge soll das Individuum davor geschützt werden, Unwahrheiten oder verfälschte Darstellungen seiner Lebenssachverhalte zu verbreiten.42 Das RiS bezeichnet daher ein Grundrecht natürlicher Personen und ist seinem Wesen nach nicht auf juristische Personen anwendbar.43 Es ist indes auch durch verschiedene Gesetze als bereichsspezifischere Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu betrachten.

Hierbei gilt das Recht nicht nur bzgl. der Abwehr fremder Kenntnis, sondern auch im Sinne der Möglichkeit Kenntnis über die Erhebung persönlicher Daten zu erlangen (z.B. Akteneinsicht im Strafverfahren).44 Für den Einzelnen ist es ohnehin schwer ersichtlich, welche Daten wo erhoben werden und ob diese ggf. noch anderweitig gespeichert oder sogar weitergegeben und genutzt werden (z.B. Kreditkartennutzung, Handynutzung, Online-Dienste).

Ein Mensch der jederzeit wissentlich überwacht werden kann, verhält sich nicht frei, aus Angst sein Handeln könnte negativ ausgelegt werden. „Das Bundesverfassungsgericht spricht hier von einem nachhaltigen Einschüchterungseffekt auf die Freiheitswahrnehmung.“45 Der Schutzbereich des RiS bezieht sich also auf personenbezogene Daten, mit denen sich ein Rückschluss auf Persönlichkeit und Lebensweg des Betroffen ergeben kann.46 Das VIiS bezieht sich eher auf die Möglichkeit, dass Recheneinhei-ten (z.B. Computer, Smartphones, Heimnetzwerk-Server), ohne selbst vor Ort zu sein, mit technischen Hilfsmitteln (z.B. „Bundestrojaner“) infiltriert und ausgespäht werden können.

Dabei muss es sich um elektronische Geräte handeln, auf die nur die betroffene Person oder andere Berechtigte Zugriff haben. Außerdem müssen diese Geräte aussagekräftige, personenbezogene Daten enthalten, die Rückschluss auf Eigenschaften und Verhalten seines Nutzers zulassen.47 Dieses Grundrecht hat sich jedoch erst in den letzten Jahren gebildet, da elektronische Geräte wie z.B. Smartphones oder PCs erst in jüngster Zeit zu einer derart wichtigen Nutzungsplattform geworden sind.

Hierhin gehend ist jedoch nicht unbedingt ersichtlich, warum das Bundesverfassungsgericht unbedingt einen neuen Begriff einführen musste (auch wenn das Bundesverfassungsgericht Unterschiede bezüglich des Umfangs der Daten macht48), da bei ausreichender Umwandlung und Neuinterpretation des RiS ein gleicher Grundrechtsschutz eingetreten wäre. Epping macht indes klar, dass bei der Schwerpunktsetzung auf die Integrität des Systems eine Grundrechtsverletzung bereits dann vorliegt, wenn alleine die Möglichkeit bestünde, einen späteren Zugriff auf das informationstechni-sche System zu gewährleisten.49 Die Ausweitung des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch das „RiS“ ist notwendig, da wie bereits unter 1a erläutert, der Art. 10 GG nur den Kommunikationsvorgang an sich schützt und sein Schutzbereich nicht mehr greift, sobald sich die Daten im Herrschaftsbereich des Einzelnen befinden (E-Mails auf Datenservern eines .....

22Näheres bei Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 30 Rn. 4, Art. 70 Rn. 17.

23Aus Groß in: FH, Art. 10 Rn. 32ff.

24Vgl. Hermes in: Dreier, Art. 79 Rn. 54; gl. Ansicht auch Dürig in: Maunz/Dürig, Art. 10 Rn. 37ff.

25Epping, Rn. 709; Groß in: FH, Art. 10 Rn. 38.

26Vgl. Schmidt, Rn. 745.

27BVerfG vom 15.10.2008 (Az. 2 BvR 236/08, 237/08).

28Siehe dazu Epping, Rn. 708.

29Studie hierzu Backes / Gusy, TÃœK, S. 41ff., 44ff.

30BVerfG vom 03.03.2004 (Az. 1 BvF 3/92).

31Ausführlich Aden/Arzt in: LVerfG LSA vom 11.11.2014 (LVG 9/13), Nr. 3.2.

32Knape/Kiworr, ASOG-Kommentar, § 11 III B III mit Verw. auf BVerwGE 26, 305[309].

33Näheres in Hesse, Rn. 72.

34Vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 2.

35Ausführlicher in Epping, Kapitel 13, Rn. 627.

36BVerfG zum RiS im Volkszählungsurteil sowie zum VIiS im Online-Durchsuchungsurteil.

37Vgl. Pieroth/Schlink, Rn. 723 Abs. 1.

38siehe 3.2.1.

39Dazu Epping, Rn. 700; Pieroth/Schlink, Rn. 723 Abs. 2.

40Vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 44.

41Ausführlich Kunig in: Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 38.

42Vgl. Epping, Rn. 635.

43Vgl. Hufen, §12 Rn. 6.

44Dazu Hufen, §12 Rn. 4.

45Aus Epping, Rn. 639 mit Verweis auf die BVerfGE vom 02.03.2010 (Az. 1 BvR 370, 595/07).

46Vgl. Dreier, Art. 2 I Rn. 81.

47Näheres in Epping.....


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