Der
Minnesang (~1150 bis ~1250)
1. Frühhöfischer
Minnesang (~1150 bis 1170)
Was heißt „höfische“ Dichtung?
Der Begriff „höfisch“ ist im 12. Jahrhundert entstanden
und bezeichnet die adelige Gesellschaftskultur bzw. die höfische Dichtung, die
sich nach ihr ausrichtet. Außerdem beschreibt es ein Gesellschaftsideal und
bedeutet in übertragenem Sinne etwa Glanz, Schönheit, vornehme Abstammung, edle
Gesinnung, Frömmigkeit – kurzum zentrale Werte für das Hofpublikum.
Der Begriff in literaturhistorischer Hinsicht meint den
Hof als Ort der Literatur: die „höfischen Dichter“ und das „höfische Publikum“
des Kaisertums. „Höfische Epik“ und „höfische Lyrik“ waren die Hauptformen der
Dichtung an den Höfen und gleichzeitig die dazugehörenden Gattungsbegriffe.
Vertreter des frühhöfischen Minnesangs:
Der von Kürenberg
die Burggrafen von Regensburg und Rietenburg
Meinloh von Sevelingen
Dietmar von Aist
Diese Dichter lebten zwischen Regensburg und Wien. Über
ihre Biografie ist wenig bekannt. Ihre Texte wurden erst ein Jahrhundert später
aufgezeichnet. Die meisten Lieder bestanden aus nur einer Strophe, oft sprach
die Frau (Frauenstrophe oder Frauenlieder), was typisch für die Frühzeit des
Minnesangs war. Später fand man allerdings seltener Frauenmonologe. Die Sprache
war recht einfach und die verwendeten Symbole waren leicht zu verstehen. Oft
erschloss ein einfaches Naturbild die seelische Stimmung: Frühlings- bzw.
Winterbilder konnten Lust- bzw. Unlustgefühle ausdrücken. Solch ein Naturbild,
auch Natureingang genannt, wurde zur Einführung in die Stimmungslage am Anfang
eines Gedichts verwendet.
Motive des Minnesangs:
Der Minnesang ist eine Ichlyrik, weil
die geliebte Person das Ziel der Empfindungen ist. Man darf das aber nicht so
verstehen, dass Gefühle beschrieben werden. Sondern das Ich existiert nur als
Rolle für die höfische Gesellschaft. Weitere Motive des frühen Minnesangs waren
die Untreue des Mannes, als Ursache gescheiterter Minne und die Sehnsucht nach
Minneglück. Besonders in den Gedichten des Kürenbergers, erlebte der
Mann die Liebe als Erhöhung seines ritterlichen Selbstwertgefühls und war meist
treulos, was er von der Frau nicht zu befürchten hatte. Außerdem nennt die Literaturgeschichtsschreibung
Dietmar von Aist einen der profiliertesten Dichter des frühen
Minnesangs.
2. Höfischer
Minnesang (1170 bis ~1250)
In dieser Zeit gab es den „Hohen Minnesang“ von 1170 bis
1190. Diese Phase wurde stark von den provenzalischen Troubadours und den
nordfranzösischen Trouveres beeinflusst.
Vertreter des deutschen Minnesangs:
Heinrich von Rugge
Friedrich von Hausen
Heinrich von Veldeke
Heinrich von Morungen
Reinmar von Hagenau
Walther von der Vogelweide (~1170
bis ~1230) ist einerseits bekannt für perfekt ausgeführte Lieder der hohen
Minne, andererseits hat er sie mit seinem kritischen Verstand überwunden.
Liebe im Hohen Minnesang:
Als höchster Wert nahm die höfische Liebe in der Minnelyrik,
aber auch in der Epik eine zentrale Stellung ein. Man darf diese Spielart der
Liebe im hochhöfischen Minnesang nicht als Privatsache sehen. Die Liebe war
eine öffentliche Sache, die bestimmten Normen und Regeln der höfischen
Gesellschaftsmoral unterlagen. In der reinsten Ausformung des Minnesangs blieb
die Liebe immer unerfüllt. Ausnahme ist die höfische Epik, da gab es erfüllte
Liebe.
Der Hohe Minnesang war im Grunde ein Preislied auf eine
anwesende Dame, die der Werbende jedoch nie besitzen konnte. Im Vordergrund
stand der Dienstgedanke eines Ritters als fiktionaler Frauendienst.
Minnelyrik oder Gedankenlyrik:
Die Minnelyrik spiegelte nicht die historische Realität
wider sondern die handelnden Personen wurden vielmehr als Idealtypen
dargestellt.
Der Sänger als männlicher Ichsprecher spielte eine Rolle,
die aus der Hoffnung auf Lohn, aus sinnraubender Liebe und dem Schmerz des
vergeblichen Werbens bestand. All diese Hoffnungen und Wünsche waren jedoch
unerfüllbar. Trotz Leid und Enttäuschungen harrte der Ritter aus, da das
Weiterwerben um die Frau höfisches Ansehen brachte.
Ein Beispiel: Das Tagelied:
Das Tagelied hatte im Allgemeinen den Abschied zweier
Liebender im Morgengrauen nach einer gemeinsam verbrachten Nacht zum Thema.
Ein weiteres wichtiges Element dieser Gattung ist die Abschiedsklage. Heinrich
von Morungen, der vermutlich um 1200 lebte, schrieb ausschließlich solche
Lieder.
Spiel mit den Konventionen:
Walther von der Vogelweide
(~1170 bis ~1230), der größte deutschsprachige Lyriker des Mittelalters, war
ein Kritiker des Dienstgedankens und der Überhöhung der Frau. Er beherrschte
zwar die Grundzüge des Minnesangs meisterhaft, aber es lag ein anderes
Frauenbild zugrunde. Die Frau galt nämlich nicht als unerreichbares „Phantom“,
sondern erschien als eine Person. Seine Mädchenlieder werden der sogenannten Niederen
Minne zugeordnet. Und es wurde zwar auch die Schönheit der Frau gepriesen,
wie im Hohen Minnesang, jedoch ohne Erfüllung.
Quelle: Stichwort
Literatur NEU „Geschichte der deutschsprachigen Literatur“