<
>
Download

Seminararbeit
Deutsch

Johannes Gutenberg-Universität Mainz - JGU

1,0; Keller; 2011

Jana E. ©
5.00

0.24 Mb
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 29504







Martin Luthers Biographie - Programmatische Schriften, Zeit der Reformation und Dramen der Reformationszeit

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung S. 2


2. Biographie Martin Luthers S. 2

2.1 Herkunft S. 2  
2.2 Ausbildung S. 3
2.3 Studium in Erfurt S. 3
2.4 Studium der Jurisprudenz
 und das Leben als Mönch S. 5
2.5 Promotion - Luther als Doktor der Theologie S. 6
2.6 Der Ablass - Luther wird öffentlich bekannt S. 6
2.7 Der Prozess gegen Luther  S. 6

2.8 Luthers theologische Entwicklung S. 8

2.8.1 Rechtfertigungslehre S. 10


3. Die Zeit der Reformation S. 15

3.1 Umstände und Missstände S. 15
3.2 Gründe der Reformation S. 17
3.3 Kurzer Ablauf der Reformation S. 19


4. Programmatische Schriften S. 21

4.1 Vom Papsttum zu Rom wider den hochberühmten

Romanisten zu Leipzig S. 22

4.1.1 Zweck S. 22

4.1.2 Aufbau S. 22

4.1.3 Inhalt S. 23

4.2 An den christlichen Adel deutscher Nation von des

christlichen Standes Besserung S. 24

4.2.1 Zweck S. 24

4.2.2 Aufbau S. 24

4.2.3 Inhalt S. 24

4.3 Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche S. 25

4.3.1 Zweck S. 25

4.3.2 Aufbau S. 25

4.3.3 Inhalt S. 26


5. Das Drama zur Zeit der Reformation S. 26
5.1 Stoffwahl S. 28
5.2 Typisches S. 30
5.3 Das Drama als Medium der Reformation S. 30

6. Martin Luther und das Drama S. 31

7. Schluss S. 32

8. Literaturverzeichnis S. 34

1. Einleitung

Der aus dem Lateinischen stammende Begriff Reformation deutet auf die ursprüngliche Intention dieser Neuerungsbewegung des 16. Jahrhunderts hin. Innerkirchliche Verhältnisse, die sich bis in die Frühe Neuzeit entwickelt und festgefahren hatten, sollten erneuert werden. Doch diese Absicht führte letztlich zu einer Spaltung des Christentums.

Aus der ursprünglich katholischen Kirche entsprangen mit der Zeit weitere Konfessionen, eine Einigung hinsichtlich der aufgeworfenen Streitfragen konnte demnach nicht erreicht werden. Die Wurzeln dieser Reformation waren komplex und reichten bis ins Mittelalter hinein. Als theologischer Auslöser wird meist der Mönch und Theologe Martin Luther benannt. Die Auswirkungen dieser Phase sind ebenso bedeutsam und interessant wie deren Beginn und Verlauf.

In der vorliegenden Arbeit soll zum einen das Leben des Reformators Martin Luther betrachtet werden, um den Grund seines Thesenanschlags besser verstehen zu können. Dabei darf sein neu entwickeltes Verständnis der Rechtfertigungslehre nicht ausgeklammert werden. Doch auch die Faktoren, welche als Vorbedingungen der eigentlichen Reformation gelten, sollen Erwähnung finden.

Erst durch ein möglichst umfassendes Bild der äußeren Gegebenheiten in Politik und Theologie kann diese Phase in Gänze verstanden werden. Im Anschluss an eine knappe Darstellung des Verlaufs, sollen Luthers wichtigste programmatische Schriften beäugt werden, da diese maßgeblich zur Verbreitung der neuen lutherischen Lehre und der Kritik an der (katholischen) Kirche beitrugen.

Doch auch das Drama, als ein weiteres Medium, hatte keinen unbedeutenden Einfluss auf die Popularisierung reformierter Denkweisen. Demnach soll ein umfassendes Bild dieser Zeit gewonnen werden, die nicht nur für die Kirche von enormer Bedeutung war. Der Schwerpunkt soll dabei auf Martin Luther, dessen Kritikpunkte und erreichten Neuerungen, aber auch auf die Verbreitung durch die zwei erwähnten Medien, gelegt werden.

2. Biographie Martin Luthers

Im Folgenden wird auf Luthers Leben und verschiedene Ereignisse eingegangen, welche eng mit seiner theologischen Entwicklung zusammenhingen und ohne die ein Verständnis seiner Theologie und auch der daraus entstandenen Reformation kaum möglich ist.

2.1 Herkunft

Martin Luther wurde am 10. November 1483 geboren und schon am 11. November auf den Namen des Tagesheiligen in seiner Geburtsstadt Eisleben in der mitteldeutschen Grafschaft Mansfeld getauft.[1] Verhältnismäßig viel weiß man über die Lebensweise seiner Familie und deren Religiosität. Nicht zuletzt auch durch die Tischreden des Reformators selbst.

Die Familie Luthers war ursprünglich bäurischer Herkunft, seine Eltern hatten sich jedoch zu Kleinunternehmern im Kupferbergbau hochgearbeitet.[2] Insgesamt muss es sich bei der Familie Luther um typische Verhältnisse der damaligen Zeit gehandelt haben. Diese Normalität kann sowohl auf die Religiosität bezogen werden, welche zwar mit Aberglaube durchsetzt war, doch insgesamt wohl derjenigen der Zeit entsprach, als auch auf die oftmals erwähnte strenge Erziehung des Vaters.[3] Betrachtet man die Größe Luthers Familie mit weiteren sieben Geschwistern scheint auch dieser Aspekt für neuzeitliche Verhältnisse normal gewesen zu sein.

2.2 Ausbildung

Obwohl die Beziehung zum Vater oftmals als sehr problematisch dargestellt wird, hatte Luther ihm im Wesentlichen seine gute Ausbildung zu verdanken. Denn er besuchte innerhalb von 13 Jahren an drei verschiedenen Orten die Schule.[4] Von 1490- 1497 war er Schüler der Lateinschule in Mansfeld, von 1497- 1498 dann in der Domschule in Magdeburg.

Hier lernte er bereits Bibelfrömmigkeit kennen. Zuletzt war er von 1498- 1501 in Eisenach. Luther war sehr begabt und bekam wohl aus diesem Grund von seinen Eltern ein Studium an der damals äußerst angesehenen Universität in Erfurt ermöglicht.

2.3 Studium in Erfurt

Von 1501- 1505 ging Martin Luther dem Grundstudium der Artistischen Fakultät in Erfurt nach. Bevor man sich in eine der drei großen Fachrichtungen Theologie, Rechtswissenschaften oder Medizin einschreiben durfte, hatte man zunächst einmal die Basis zu absolvieren.[5] Luther studierte also hier zunächst die artes liberales- die sieben feien Künste, die sich in ein Trivium und in ein Quadrivium unterteilten.

Sie umfassten die Bereiche der Grammatik (im Sinne der Sprachlogik), der Philosophie, Rhetorik, Arithmetik, Musik, Geometrie und Astrologie.

Bereits hier lernte er den Philosophen Aristoteles kennen. Seine Schriften bildeten die Grundlage des Studiums jeder Universität. Jedoch variierte die Interpretation innerhalb dieser. In Erfurt bezog man sich auf den Nominalismus, einer Position zu einem philosophischen Problem, welches vor allem der Frage nachgeht, ob Allgemeinbegriffe wirklich existieren, oder ob sie lediglich durch den Menschen konstruiert werden.

Charakteristisch für den Nominalismus war die Auffassung, Begriffe seien zwar durch den denkenden Geist erschaffen, doch man müsse ihnen auch eine Realität außerhalb des Geistes zusprechen, da sie konkreten Gegenständen zugeordnet werden können.[6] Ein wichtiger Vertreter dieser Denkensart war Wilhelm von Ockham. Auch in Erfurt folgte man diesem Ockhamismus, allerdings nicht unkritisch.

Doch die ockhamistische Philosophie bildete die Grundlage der Erkenntnislehre. Ebenso lernte Luther die via moderna kennen, die als Gegenstück zur via antiqua aufzufassen ist, welche wiederum auf Thomas von Aquin zurückgeht. Nach Thomas gäbe es keinen Gegensatz zwischen Glaube und Vernunft. Vielmehr ergänze der Glaube die Vernunft, da ihr etwas fehle. Der Ockhamismus, basierend auf der via moderna, betont jedoch die Differenz von beidem.

Somit bedürfen Dogmen, welche beispielsweise die Trinität betreffen, keiner weiteren Diskussion, da sie Glaubensinhalte darstellen. Sie seien begründet durch die uneingeschränkte Handlungsfreiheit Gottes.[7]

Die Differenz der beiden Wege spielte für Luther eine wichtige Rolle, insofern er im Zuge seines Ketzerprozesses mit strengen Vertretern der via antiqua zusammentraf. Durch die verschiedenen Auffassungen kam es zu keiner Einigung - zu unterschiedlich waren die Überzeugungen der Disputationspartner. Ein ebenso wichtiges Moment für das spätere Verständnis von Luthers Theologie lieferte ebenfalls der Ockhamismus.

Dessen Anhänger vertraten die Auffassung, Erkenntnis über Gott sei lediglich aus der Heiligen Schrift zu ziehen. Dies könnte der ausschlaggebende Punkt für Luthers ausgesprochen starkes Interesse an der Bibel sein.[8]

Diese Fähigkeit spielte vor allem für Luthers exegetisches Wirken eine wichtige Rolle. 1505 absolvierte Luther schließlich sein Magisterexamen. Dieses galt nun als Zugangsberechtigung für eine der höheren Fachstudien.

2.4 Studium der Jurisprudenz und das Leben als Mönch

Auf Wunsch seines Vaters schrieb sich Luther noch im selben Jahr in die juristische Fakultät ein.[10] Schon nach wenigen Wochen seines ersten Semesters brach er jedoch das Studium ab. Durch ein heftiges Gewitter veranlasst, legte er das Gelübde ab, er wolle Mönch werden. Er selbst sah in diesem Ereignis, das sich in Stotternheim bei Erfurt ereignete, eine himmlische Berufung.[11] Sowohl für Luthers Freunde, als auch für dessen Familie, kam diese Wende überraschend.

Am 17. Juli 1505 erbat Luther dann, gegen den Willen seines Vaters, Einlass in das Augustinereremitenkloster in Erfurt. Dieses galt als reformiertes, also besonders strenges und ernstzunehmendes Kloster. 1507 erhielt Luther bereits die Priesterweihe im Erfurter Mariendom. Sein Vater stiftete dem Ordenssitz trotz seiner Haltung zum Klostereintritt des Sohnes eine beachtliche Summe.

Hiernach studierte Luther innerhalb des Erfurter Generalstudiums der Augustiner schließlich Theologie.[12]

Natürlich war das monastische Leben streng geregelt. Sowohl die Kleidung, als auch die Ausstattung der einzelnen Zellen waren genau vorgeschrieben und das erwünschte Verhalten war ebenso festgelegt, sodass jede Verfehlung bestraft wurde. Das Ziel der Augustinereremiten war es nicht, die individuelle Persönlichkeit jedes einzelnen Mönches herauszukristallisieren, sondern den Menschen nach einem religiösen Ideal zu formen.[13]

Glaubt man Luthers Mitbrüdern, war er ein gewissenhafter und disziplinierter Mönch, der sich an die strengen Regeln des Klosters hielt. Ein besonders wichtiges Element stellte die Buße dar. Die Beichte stand auf der Tagesordnung eines jeden Mönches. Auch Luther beichtete sehr häufig und war sich offenbar seiner Sündhaftigkeit bewusst.

Er selbst erklärte aber, dass er durch die Beichtpraxis und die damit verbundenen Forderungen keine innere Befriedigung fand. Besonders deutlich wird dieser Aspekt innerhalb seiner später entwickelten Theologie. Obwohl Luthers Theologiestudium zunächst in Erfurt stattfand, wurde er von Johannes von Staupitz, der als Ordensoberer starken Einfluss auf Luther hatte und zudem an der Gründung der Universität Wittenberg beteiligt war, an die neue Universität berufen.

Dort gab er bereits einige Vorlesungen, studierte jedoch weiterhin. Ab 1509 wurde Luther zum Bakkalaureus und hielt nun auch Vorlesungen über einzelne biblische Kapitel.[14] Zusammen mit einem Mitbruder wurde er dann 15010/11 aufgrund von Ordensangelegenheiten nach Rom geschickt. Hier interessierte ihn im Wesentlichen das religiöse Rom.

Kurz nach seiner Rückkehr 1512 wurde er endgültig nach Wittenberg berufen und hatte sich dort auf die Übernahme einer Bibelprofessur vorzubereiten. Fest steht, dass Luther das Doktorat nicht von sich aus angestrebt hatte, sondern vielmehr dazu überredet wurde. 1512 promovierte Luther schließlich und verpflichtete sich damit den Doktoreid abzulegen, in dem er versprach „eitle und fremde Lehren, die von der Kirche verdammt und frommen Ohren anstößig sind, nicht vorzubringen, und wenn es nötig wäre, gegen sie vorzugehen“.[15] Dieser Eid war vor allem für den Ausgangspunkt der Reformation entscheidend.

2.6 Der Ablass - Luther wird öffentlich bekannt

Im Jahr 1517 trat derjenige Martin Luther in den Blick der Öffentlichkeit, der den Professor letztlich berühmt machte und ihn bis heute zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten innerhalb der Kirche machte. Eine theologische Voraussetzung für das Aufkommen dieses reformatorischen Martin Luthers lieferte der Ablasshandel.

Ausgangspunkt für Luthers Kritik daran war die bereits im Mittelalter entstandene Auffassung, der Ablass sei ein kirchlich gewährter Nachlass von Sündenstrafen im Anschluss an bereits verordnete und abgelegte Beichte.[16] 1517 verfasste er die berühmten 95 Thesen, in denen er sich gegen diese Handhabung der Kirche aussprach. In Kapitel 3.2.wird diese etwas genauer beleuchtet.

2.7 Der Prozess gegen Luther

Am 20. Januar 1518 argumentierte Johannes Tetzel in Frankfurt an der Oder mit 106 Antithesen gegen Luthers Ablassthesen.[17] Daraufhin wurde Luther wegen Verdacht auf Ketzerei angeklagt. Ein theologisches Gutachten des Magisters Prierias führte schließlich dazu, Luther Häresie und Geringschätzung der kirchlichen Gewalt vorzuwerfen.

Weniger der Ablass selbst, als vielmehr die Stellung des Papstes innerhalb der Kirche wurde zum Kernthema des Prozesses. Luther berief sich auf Paulus und betonte die Autorität des Evangeliums als einziges Kriterium für christliche Normen. Auch hier klingt Augustinus an, den Luther bereits während seines Grundstudiums näher kennen gelernt hatte. Nach ihm habe lediglich die Heilige Schrift unfehlbare Autorität.

Obwohl der Prozess gegen Luther 1518 aufgrund des Ablebens Kaiser Maximilians unterbrochen wurde, kam es bereits im Folgejahr zu einem erneuten Streitgespräch, dieses Mal in Leipzig. Ein wichtiger Gegner Luthers, Johannes Eck, disputierte hier gegen den Reformator. Luther ließ sich zu der Aussage verleiten, das vorangegangene Konzil von Konstanz habe durchaus grundchristliche Sätze als falsch verurteilt.

Hiermit hatte er die damals höchste Autorität der Kirche als fehlbar dargestellt. Der 1520 wieder aufgenommene Prozess führte zur Bannandrohungsbulle Exsurge Domine. Hier wurden 41 Thesen Luthers als ketzerisch verdammt.[18] Trotz Ergebenheitsadresse an Papst Leo X. kam es zu Verbrennungen von lutherischen Schriften, worauf Luther schließlich mit der Verbrennung der Bulle und anderer kirchlicher Schriften reagierte.

Dies führte zum endgültigen Bruch mit Rom. Der Reformator schrieb dazu 1520 in der Schrift Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von Doktor Martin Luther verbrannt sind:

„Ich, Martinus Luther genannt, Doktor der heiligen Schrift, Augustiner in Wittenberg, verfüge, jedermann zu wissen, dass durch meinen Willen, Rat und Zutun am Montag nach St. Nikolai im 1520. Jahr die Bücher des Papstes von Rom und etlicher seiner Jünger verbrannt worden sind“.[19]

Im Jahr 1521 entstand die Bannbulle Decet Romanum Pontificem.[21] Luther war nun ein von der Kirche Gebannter. Er bekam jedoch 1521 in Worms abermals Gelegenheit zu widerrufen, bezog sich aber wieder auf die Heilige Schrift und widerrief letztlich nicht. Im Brief an den Wormser Reichstag vom 28. April 1521 schrieb der Reformator:

„Darauf ist von mir begehrt worden, ich wollte eine kurze und richtige Antwort geben, ob ich widerrufen oder auf meinem Vorhaben bleiben wollte. Deshalb habe ich abermals untertänigst geantwortet: dieweil mein Gewissen durch solche göttliche Schrift, die ich in meinen Büchern anführe, gefangen und ergriffen sei, so könne ich auf keine Weise ohne Weisung durch die heilige, göttliche Schrift etwas widerrufen“.[22]

Der junge und neue König Karl V. unterschrieb schließlich im Mai 1521 das Wormser Edikt. Darin wurde die Reichsacht über Luther ausgesprochen. Er selbst wurde durch eine abgesprochene Entführung auf der Wartburg versteckt gehalten und arbeitete dort als Junker Jörg am Neuen Testament, welches er ins Deutsche übersetzte.[23] Besonders durch die hinzugefügten Auslegehilfen war die Übersetzung so bedeutungsvoll für das Volk.

Erst 1522 trat er wieder in die Öffentlichkeit. Die in Wittenberg radikal durchgesetzte Reformation störte ihn so sehr, dass er ab diesem Jahr sonntags Invocavitpredigten hielt, in denen er einige Neuerungen rückgängig machte. Im Jahr 1525 heiratete Luther dann die Bäuerin Katharina, welche selbst Predigerin wurde.

Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor. Da diese Eheschließung jedoch zur Zeit des Bauernkrieges stattgefunden hatte, übten Viele Kritik an Luther und er verlor einige Anhänger.

Im Februar des Jahres 1546 starb Luther dann in seiner Heimatstadt Eisleben.

2.8 Luthers theologische Entwicklung

Es scheint fast nicht möglich, auf wenigen Seiten die umfassende Entwicklung von Luthers Theologie darzustellen. Beeinflusst wurde diese nämlich durch unzählige Faktoren: geschichtliche Zusammenhänge, Erkenntnisse während der Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift, aber auch Anfechtungen von Gegnern prägten Luthers Vorstellungen.

Einen ersten Ansatz lieferte wohl die Frage nach dem Heil und damit verbunden, diejenige nach dem Gericht Gottes. Es spricht Vieles dafür, dass sich Luther schon sehr früh mit dieser Thematik auseinandersetzte. Dies entsprach der zeitgenössischen Frömmigkeit. Außerdem stellt es eine mögliche Erklärung dafür dar, warum er als junger Student in der Sekunde, in welcher er todesfürchtig war, das Gelübde ablegte den frommsten Lebensweg einzuschlagen.

So auch etwa von Luthers Mitbruder Johannes von Paltz, welcher als ein typischer Vertreter der spätmittelalterlichen Frömmigkeitstheologie gilt.[26] Auch ihn beschäftigte die Frage, wie möglichst viele Menschen das Heil erlangen können. Dabei berief er sich jedoch im Wesentlichen auf die Institution Kirche, welche sicher zu diesem führen könne. Der Mensch solle auf die Kirche vertrauen, die mit ihren Gnadenmitteln, wie etwa der Sakramente, Gebete oder Messbesuchen als Garant für das Heil diene.

Auch Luther muss einige Zeit nach dieser Vorstellung gelebt haben. Er trat ins Kloster ein und befolgte dort die strengen Regeln. Auch er betete und beichtete täglich, tat Buße. Dennoch scheint er ernsthafter als Andere den Zorn Gottes durch die Anfechtung gespürt zu haben. Zumindest fand er durch die Gnadenmittel der Kirche keine innere Befreiung, denn er hatte seine eigene Schuldhaftigkeit stets vor Augen.

Erst durch das Studium der Schrift fand der Mönch dann einen möglichen Ausweg aus dieser Situation.[27]

2.8.1 Rechtfertigungslehre

Möchte man einen Überblick über Luthers Rechtfertigungslehre zusammenstellen, steht man vor dem Problem, keine von ihm selbst verfasste Monographie darüber finden zu können. Vielmehr muss man der Aufgabe nachkommen, diese aus seinen verschiedenen Aussagen herauszukristallisieren. Einen umfangreichen Fundus erkennt man innerhalb der Vorlesungen, welche sich auf den Römer- und den Galaterbrief beziehen.

Eine weitere Schrift liefert ebenfalls einige Aussagen zur genannten Thematik. Die Denkschrift Von der Freyheyt eynisz Christen menschen, wie sie im Originaltitel heißt. Den wohl wichtigsten Grund dafür, warum Luther dieser Thematik kein Sonderkapitel innerhalb seiner Theologie widmete, versucht Jüngel zu formulieren:

„(…) es [ging] ihm nicht um eine Theorie, um eine Rechtfertigungslehre, die ihm genauso abstrakt und daher abwegig erschienen wäre wie eine Vergebungslehre, sondern um die Rechtfertigungsbotschaft. Die Rechtfertigungslehre hat ihre Funktion im Blick auf die Rechtfertigungsbotschaft, die sie reflektiert.

Ein weiteres zentrales Moment ist, dass Luther ein eigenes Ziel der Rechtfertigungsbotschaft anstrebte. Dieses lag nicht darin, durch sie eine persönliche und tiefe Beziehung zu Gott aufzubauen, sondern umfasste vielmehr die Thematik der Sündhaftigkeit. Durch die Rechtfertigung kann derjenige Mensch, dessen Beziehung zu Gott durch die Sünde gestört wurde, geheilt und die Verbindung zu Gott wieder aufgebaut werden.[29] Somit war der Ausgangspunkt seiner Rechtfertigungsbotschaft die Erkenntnis der Sündhaftigkeit des Menschen.

Diese kann erst durch die Botschaft des Evangeliums erkannt werden. Deutlich wird das auch im Römerbrief (Röm. 7, 7 ff).

Einen wesentlichen Ausgangspunkt für Luther stellte die paulinische Differenzierung von Fleisch und Geist dar.[30] Nach Luther sei bei Paulus der Begriff des Fleisches eine Bezeichnung, die den ganzen Menschen umfasse, also auch dessen Vernunft.

Luthers Zugang zu seiner Religionslehre erfolgte zum einen über die Heilige Schrift, vor allem über Paulus, zum anderen auch über den Kirchenvater Augustinus. So entwickelte Luther dessen Gnadenlehre weiter und machte besonders Augustins Erbsündenlehre auch zu seiner Basis, von welcher aus er seine Theologie entfaltete.

So traf für ihn die Bezeichnung der Ursünde besser zu. Dies verdeutlicht, dass der Reformator darunter eine Grundsituation aller Menschen verstand. Und obwohl Luther, wie auch Augustinus, die Sündenfallgeschichte der Heiligen Schrift übernahm und ebenfalls davon ausging, dass

„(…) alle Menschen von einem Menschen, Adam, gekommen sind und von diesem durch die Geburt mit sich bringen und im Paradies durch des Teufels Bosheit begangen hat, und dass so mit ihm alle miteinander in Sünden geboren werden, leben und sterben- des ewigen Todes schuldig sein müssten, wenn nicht Jesus Christus uns zur Hilfe gekommen wäre (…)“[31],

meinte die Sündhaftigkeit bei ihm eher eine Grundeigenschaft, welche den Ursprung aller Menschen bestimmt. Konkret verstand der Reformator darunter, dass der Mensch, als Gesamtheit von Fleisch und Geist, von Gott abgewandt ist. Aus dem Grund, dass er also Gott nicht vollends lieben kann. Genau aus dieser Tatsache ergibt sich auch, dass für Luther die Sünde niemals nur ein einzelner Akt sein konnte.

Denn: „Gute, fromme Werke machen nimmermehr einen guten, frommen Mann, sondern ein guter, frommer Mann macht gute, fromme Werke und böse Werke machen nimmermehr einen bösen Mann, sondern ein böser Mann macht böse Werke“.[34] Dieser Aspekt kann auch dem Römerbrief (Röm. 7, 1-6) entnommen werden.

Vielmehr bedarf es etwas, das von außen den Menschen von dessen Sünde freispricht. Aus diesem Grund spielte Jesus Christus an dieser Stelle eine entscheidende Rolle. Da die genannte Ursünde eine Störung der Beziehung zwischen Mensch und Gott ist, galt es für Luther in seiner Rechtfertigungsbotschaft einen Lösungsweg aufzuzeigen, welcher als einzig möglicher aus der Sünde befreien kann und zur Wiederherstellung einer rechten Beziehung fähig ist.

Dennoch war es für ihn wichtig zu betonen, dass der Mensch sich in keinem Fall durch eigene Taten daraus befreien kann.

Seine Rechtfertigungslehre umfasst im Wesentlichen drei sola. Zunächst einmal sei festzuhalten, dass er die Meinung vertrat, lediglich Gott sei dazu fähig den Menschen zu rechtfertigen. Dies geschehe alleine aus dessen Gnade (sola gratia). Umgesetzt werde dies durch den „personalen Einsatz Gottes in Jesus Christus“[35] (solus christus).


| | | | |
Tausche dein Hausarbeiten