Maria Stuart – Friedrich Schiller
Dramenanalyse Akt I, Szene
8
Gliederung
A Geschichtlicher Hintergrund
B Erschließung der Szene I, 8 aus Schillers „Maria Stuart“ nach Inhalt,
Aufbau und sprachlich-
stilistischer Gestaltung und Charakterisierung Burleighs und Paulets
I Versuch Burleighs
Paulet auf seine Seite zu ziehen
1. Einordnung in den Kontext
2. Inhaltliche und sprachlich-stilistische Feinanalyse
a) Maria als manipulierende Unruhestifterin (V. 975-1004)
b) Umherreden Burleighs
(V. 1005-1037)
c) Begreifen des Auftrags Burleighs
von Paulet (V. 1038-1063)
d) Klare Abweisung von Paulet (V. 1063-1076)
3. Definierung der Ziele des Einzelnen
II Charkakterisierung
1. Burleigh
a) …
2. Paulet
a) …
C Seelische Freiheit und reines Gewissen
Nachdem Burleigh, der Großschatzmeister und Berater
Elisabeths, Maria ihr Urteil verkündet hat, das sie scheinbar kalt lies,
spricht er mit Paulet, dem Ritter und Wächter Marias.
Im ersten Abschnitt von Vers 975 bis 1004 klagt
Burleigh die Reaktion von Maria an und versucht anhand dieser Paulet von ihrer
Hinterlistigkeit zu überzeugen und ihm klar zu machen, welche Bedrohung von ihr
ausgeht. Hierbei versucht er seinem Anliegen mit einem Polyptoton von „trotzen“
im Vers 975 „Sie trotzt uns - wird uns immer trotzen, Ritter Paulet“ mehr
Gewicht zu verleihen und bringt damit zum Ausdruck, dass Maria eine jetzt und
auch fortan währende Gefahr darstellt, wenn sie nicht gestoppt wird. Außerdem
versucht Burleigh Paulet zu schmeicheln, indem er ihn mit „Ritter“ als seinen
Titel anspricht. Ebenso stellt er mit der Wiederholung von „uns“ dar, dass
Maria das Problem von ihnen beiden ist und sie auf der gleichen Seite stehen
und somit dasselbe Ziel verfolgen. Danach benutzt Burleigh die rhetorischen
Fragen „Überraschte sie ǀDer Urtelspruch? Saht ihr sie eine Träneǀ Vergießen?
Ihre Farbe nur verändern?“ (V. 977, ff.) um Paulet die Kaltherzigkeit Marias,
die von dem ihr bevorstehenden Urteil nicht beeindruckt zu sein scheint und
nicht einmal eine Miene verzieht, vor Augen zu führen und seine
Überzeugungskraft zu stärken. Er beantwortet die Fragen selbst mit der Aussage,
sie versuche nur das Mitleid der Elisabeth zu erregen, damit sie die Königin, über
deren Entscheidungsunfähigkeit sie sich bewusst ist, für sich gewinnt, was
Burleigh klar verhindern will (vgl. Vers 980, ff.). Paulet geht zwar auf ihn
ein, jedoch ohne seine eigentliche Forderung zu verstehen, versucht ihn zu
beschwichtigen und differenziert sich, durch die Worte „wenn ich’s sagen darf“ (V.986)
vorsichtig, indem er Marias zuvor geäußerter Kritik am Gerichtsverfahren
zustimmt. Doch Burleigh rechtfertigt sich sofort und widerspricht Paulets
Zweifel mit einem vehementen „Nein! Nein, Ritter Paulet!“ (V. 990). Er äußert
nun seine Bedenken, dass wenn Maria die Möglichkeit gehabt hätte mit den Zeugen
zu reden, sie diese mit allen Mitteln und „ihrer Tränen weibliche Gewalt“ (V.
992), also Krokodilstränen, manipuliert hätte, sodass diese ihre Aussage zurückziehen.
Mit der Wiederholung von „ihr/ihre“ veranschaulicht er in der Verbindung mit
Wörtern wie „Macht“ und „Gewalt“ ihren emotionalen Einfluss auf ihre
Gesprächspartner. Diese Möglichkeit in Betracht ziehend spricht Paulet mögliche
außenpolitische Folgen an, woraufhin Burleigh sich darum bemüht seine
Forderung, den Tod Marias, noch einmal deutlicher zu formulieren. Er ist der
Meinung, dass es für alle Beteiligten besser gewesen wäre, wenn sie noch vor dem
Betreten Englands gestorben wäre (vgl. Vers 1002-1004). Diesem stimmt Paulet,
den Hintergedanken Burleighs immer noch nicht erfassend, zu. Er erstrebt das
Gespräch zu beenden und zeigt diese Absicht durch ein „Amen“.
Doch Burleigh lässt sich davon nicht beirren, versucht
krampfhaft weiter das Gespräch aufrecht zu erhalten und Paulet von der
Notwendigkeit des Todes der Maria zu überzeugen. Dieser geht jedoch nur
nüchtern auf die Aussagen Burleighs ein, der immer mehr in Rage gerät und mit
steigernder Ergriffenheit auf Paulet einredet. Schließlich ergreift
ausschließlich Burleigh in den Versen 1014-1025 das Wort und redet vor sich
hin, bis er von Paulet durch „Und also –“ (V.1026), eine Aufforderung endlich
auf den Punkt zu kommen, unterbrochen wird. Daraufhin ringt Burleigh damit sein
Anliegen schnell aufzudecken und spricht klar aus, dass Maria auf keinen Fall
am Leben bleiben darf und es eine Zumutung wäre, der Königin, die ja mit ihr
verwandt ist, eine Entscheidung treffen zu lassen (vgl. Vers 1027-1037).
Im nächsten Abschnitt begreift Paulet langsam, worauf
Burleigh hinaus will. Er wirkt über den Plan Burleighs überrascht, vielleicht
auch etwas schockiert. Dieser Eindruck entsteht dadurch, dass er auf seine
Aussagen mit der Wiederholung von den Satzteilen „Wenn sie nur aufmerksamre
Diener hätte. ǀ Aufmerksame!“ (V.1040, f.) und „Die einen stummen Auftrag ǀ Zu
deuten wissen. Einen stummen Auftrag!“ (V. 1041, ff.) antwortet. Paulet
versucht die Sache unausgesprochen zu lassen und verweist Burleigh auf die
Unmöglichkeit der Tat, mit der Regieanweisung „bedeutungsvoll“, so als ob er
sagen wolle wir belassen es dabei und verlieren kein Wort mehr darüber –
verstanden? Aber Burleigh kann es nicht gut sein lassen und spricht das Amt des
Paulets an, welcher ihn jedoch abrupt unterbricht und ihm eindringlich Worte in
den Mund legt, die er gewiss nicht sagen wollte, jedoch sagen sollte. Paulets
Geduld sinkt und er übernimmt das Gespräch, indem er ihm erklärt, dass er das
Amt ausschließlich in der Hinsicht auf eine ehrbare Arbeit annahm und er sich
nichts zu Schulden hat kommen lassen und auch nicht vor hat in Zukunft seinen
Ruf zu beschmutzen. Burleigh erwidert man könne vorgeben Maria sterbe an einer
Krankheit und Paulet müsse sich somit nicht um seinen Ruf sorgen.
In den letzten Versen ab 1063 gibt Paulet ihm eindeutig
zu verstehen, dass er schon aus moralischer Sicht nicht der Mann für eine
solche Schandtat ist und beruft sich auf sein Gewissen in einem kurzen und
knappen Satz (vgl. Vers 1063). Nachdem Burleigh abermals einen letzten Versuch
startet, indem er vorschlägt ein anderer könne Maria töten, verliert Paulet
endgültig die Geduld, unterbricht ihn und hält ihm vor, er wolle nicht nur
nichts mit der Tat zu tun haben, sondern lässt auch nicht zu, dass ein anderer
sie zu Grunde trägt und erklärt sich zu ihrem Beschützer. Dies unterstützt er
mit der Metapher „Solag die Götter meines Dachs sie schützen“ (Vers 1066).
Durch den Chiasmus „Ihr Leben ist mir heilig, heil’ger nicht ǀ Ist mir das
Haupt der Königin von England.“ (V. 1067, f.) stellt er das Leben Marias und
Elisabeths auf dieselbe Ebene. Paulet ist der Meinung nur durch das Gericht
soll eine Entscheidung getroffen werden und weist Burleigh daraufhin, dass sie
Richter sind und ihren Job machen sollen, indem er ihn direkt mit „Ihr seid die
Richter! Richtet!“ anspricht. Die Ausrufezeichen unterstreichen Paulets
steigenden Affekt und lassen den Eindruck eines lauten Rufens entstehen. Er
gibt ihm deutlich zu verstehen, dass niemand Maria köpfen wird außer dem
Henker, der nur nach dem Gerichtsspruch hinzugezogen werde. Er beendet seine
Ansage damit, dass er alles in seiner Macht stehende tun werde, damit ihr kein
Unrecht widerfährt. Dieser letzte Satz wird vor allem durch den Reim
„bewahren/erfahren“ hervorgehoben und verleiht diesem noch mehr Ausdruck und
Gewicht.
Hiermit beendet Paulet das Gespräch endgültig, nachdem
Burleigh seine vorigen Versuche das Gespräch zu einem Ende zu bringen immer
wieder ignorierte und erneut versucht hat ihn auf seine Seite zu bringen.
Burleigh, der am Anfang der Auseinandersetzung noch den größeren Redeanteil
besaß und nicht locker ließ, hat letzten Endes sein Ziel nicht erreichen
können, da Paulet seine fest definierte moralische Grundeinstellung stur vertritt
und sich nicht beeinflussen lässt.
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