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Aufsatz
Deutsch

Universität, Schule

Josef-Hofmiller-Gymnasium Freising

Note, Lehrer, Jahr

13 Punkte, 2015

Autor / Copyright
Janina E. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.21 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 51886







Inhalt: Der Aufsatz analy­siert Schil­lers "Maria Stuart" mit Fokus auf Akt 3, Szene 4. Er beleuchtet den drama­ti­schen Höhe­punkt des Stücks, die Konfron­ta­tion zwischen Elisa­beth und Maria. Die Analyse deckt die sprach­li­chen Mittel und drama­tur­gi­schen Tech­niken auf, die Schiller verwen­det, um Span­nung zu erzeugen und Charak­tere zu entwi­ckeln. Der Leser erhält tiefe Einblicke in die tragi­schen Elemente des Dramas und dessen histo­ri­schen Kontext.
#Dramatische_Gestaltung#Figurenkonstellation#Sprachliche_Mittel

Maria Stuart - Akt 3, Szene 4
Inhalt, Aufbau, dramaturgische Gestaltung und sprachliche Besonderheiten

 

Gliederung

1       Auszug aus einem Brief Schillers an Goethe über Entstehungsprozess von Maria Stuart

2       Erschließung des Auftritts , 4 unter Berücksichtigung des Kommunikationsverlaufes

2.1      Einordnung in den Gesamtaufbau

2.2       Inhalt und Aufbau unter Berücksichtigung der Gesprächsführung

·                Erstmaliges Aufeinandertreffen Elisabeths und  Marias(V.2224-2244)

·                Unterwerfen Marias und Überlegenheit Elisabeths (V.2245-2348)

·                Steigerung der Arroganz Elisabeths (V.2349-2402)

·                Eskalation des Gesprächs in einen Konfliktdialog (V.2403-2432)

·                Eingriff Leicesters und Shrewsburys, Abgang Elisabeths (V. 2433-2451)

2.3      Dramaturgische Gestaltung

·               Gestaltung von Raum und Zeit

·               Figurenkonstellation und -konfiguration

·               Regieanweisungen und ihre Funktion

·               Formen der Figurenrede

2.4      Sprachlich-stilistische Gestaltung und ihre Wirkungsabsicht

·               Rhetorische Fragen (V.2233,2235)

·               Auffällige Anapher (V.2245-2248)

·               Personifikation (V.2312f)

·               Metaphern

3       Rückbezug auf Briefauszug

 

1.   ) Auszug

"Ich fange jetzt an, bei der Aufführung, mich von der eigentlich tragischen Qualität meines Stoffes immer mehr zu überzeugen, und darunter gehört besonders, dass man die Katastrophe gleich in den ersten Szenen sieht, und indem die Handlung des Stückes sich davon wegzubewegen scheint, ihr immer näher und näher geführt wird."

Dieser Auszug aus einem Brief Schillers an Johann W. Goethe vom 18. Juni 1799 zeigt, wie tief sich der Autor des Trauerspiels „Maria Stuart“ in die tragischen Momente und die Gestaltung seines Werks hineingearbeitet hat.

 

2.   Erschließung - Hauptteil

2.1.             Einordnung

In dieser großen Tragödie aus dem Jahre 1800 geht es um Maria Stuart, Königin von Schottland, die von der englischen Königin Elisabeth im England des 16. Jahrhunderts festgehalten wird. Beide haben sich schuldig gemacht: Maria hat die Tötung ihres eigenen Gatten veranlasst und sucht nun Schutz bei ihrer englischen Verwandten Elisabeth. Diese nimmt sie aber gefangen und lässt sie schließlich hinrichten, weil sie ihre eigene Machtposition durch die schottische Machthaberin bedroht sieht.

Bevor es soweit kommt, bittet Maria um ein persönliches Gespräch mit Elisabeth, welches Schiller im Aufzug 3, Auftritt 4 verkörpert.

Im Folgenden soll das Aufeinandertreffen der Beiden näher betrachtet und schließlich mit besonderer Betrachtung des Kommunikationsverlaufs analysiert werden.

 

2.2.             Inhalt

Der dritte Aufzug ist der mittlere des Dramas, der vierte Auftritt bildet den Wendepunkt des Stücks. Die Szene stellt das Aufeinandertreffen der Hauptcharaktere Elisabeth und Maria dar. Durch diese erstmalige Konfrontation der beiden Gegnerinnen ist die Handlung auf dem Höhepunkt angekommen, es kommt zur Auseinandersetzung zwischen den beiden Frauen. Marias anfänglicher Versuch, Gnade zu erlangen, scheitert, denn Elisabeths Absicht war von vornherein nicht das Verzeihen, sondern die Demütigung der Schottin. Die Peripetie des Dramas ist erreicht, weil Maria nun nicht mehr auf die Rettung ihres Lebens durch Elisabeth hofft, sondern sich auf ihr Schicksal einstellen und nur noch auf Hilfe von außerhalb hoffen kann.

 

Zu Beginn des Auftritts (V.2224-2244) dominiert Elisabeth das Geschehen. Sie trifft mit ihrem Jagdgefolge und dem Grafen von Leicester auf das Schloss Fotheringhay und gibt ihrem Geleit zu verstehen, dass es schon zurückreiten könne und sie noch in dem Schlossgarten pausieren wolle, um der großen Verehrung des Volks für einen Moment zu entkommen. Dabei redet sie nur mit ihren Anhängern, gibt einen triftigen Grund zum Verweilen im Schlosspark und beachtet Maria nur geheim, als ob sie sie nicht erkennen würde. Außerdem verdeutlicht Elisabeth, dass sie den Herrschaftsanspruch hat, was auch vom Volk unterstützt wird. Maria, die bis dahin noch an ihre Amme Hanna gestützt geschwiegen hat, sucht erstmals den Blickkontakt mit der englischen Adelsfrau und spricht monologartig sofort ihre Gedanken über die Kälte dieses Blicks aus. Doch Elisabeth gibt noch immer die Unwissende und täuscht vor, nicht zu wissen, wer Maria ist. Nach Aufklärung dieser peinlichen, gespielten Ahnungslosigkeit beschuldigt sie affektiert Leicester, sie in eine solche Situation gebracht zu haben. Anschließend hört die englische Königin die Ratschläge Leicesters und Shrewsburys an, Milde über Maria walten zu lassen. Daraufhin tritt Maria vor, ihr Gesichtsausdruck symbolisiert den Unmut über die nun erwartete Unterwerfung. Elisabeth ergreift das Wort, wirft den Grafen eine Lüge vor, denn Marias Auftreten spricht nicht für eine gebrochene demütig bittende Königin, sondern für eine stolze. Infolgedessen erklärt Maria sich etwas widerwillig als unterwürfig, will ihre eigene politische Stellung vergessen und sich ganz dem Bitten um Gnade hingeben. Auffällig ist, dass sie ihre Worte erneut nicht an Elisabeth richtet, sondern mehr mit sich selbst zu sprechen scheint.

Im folgenden Dialog (V.2245-2348) übernimmt die unterwürfige Maria den meisten Redeanteil. Das erste Mal direkt an Elisabeth gewandt, wirft sie sich vor ihr nieder und bittet die Königin, gnädig über sie zu walten. Dabei gesteht sie der Engländerin auch den Sieg über den Herrschaftsstreit zu. Diese jedoch findet die gegenwärtige Stellung der Maria passend und verhöhnt die Schottin damit. Sich in ihre Bitte hineinsteigernd appelliert Maria an Elisabeth, die gemeinsame Abstammung aus dem Hause Tudor nicht zu vergessen, erkennt aber bald, dass sie trotz all ihrem Flehen die Unbarmherzigkeit ihres Gegenübers nicht abwenden kann. Elisabeth gibt zu verstehen, dass es bereits von äußerster Nachsicht zeugt, dass sie sich auf das Niveau von Maria herablässt. Denn diese hat versucht, Elisabeth zu ermorden und gehört damit zur untersten Schicht der Bevölkerung. Bevor sie ihr Anliegen vorträgt, gibt Maria zu bedenken, dass sie das fast nicht ohne Anschuldigungen gegen Elisabeth tun kann. Denn die Herrscherin Englands hält sie ihrer Meinung nach in gegen das Völkerrecht verstoßenden und für eine Königin unwürdigen Umständen. Die Schottin echauffiert sich immer mehr, ist zudem bereit, alles als Schicksal anzusehen und die Schuld der Angehörigen zu vergessen, und nähert sich derselben immer mehr. Elisabeth lässt sich aber nicht beirren, wertet Maria weiterhin ab und macht ihre Machtgier und die anscheinend von der Schottin angezettelten Volksunruhen verantwortlich für die derzeitige Diskrepanz zwischen den beiden Frauen. Zynisch und überlegen fügt sie an, dass nun Marias Untergang bevorsteht und nicht der ihre.

Nun (V.2349-2402) gibt Elisabeth weiter zu verstehen, dass die Begnadigung Marias nicht in Aussicht steht, da sie nicht riskieren will, von Maria hintergangen und vom Thron gestoßen zu werden. Dabei bezieht sie sich auch auf die Familiengeschichte von Maria, deren Vorgänger sich schon einmal trotz Blutsverwandtschaft gegen England aufgelehnt haben. Immer arroganter und abgebrühter werden ihre Kommentare. Die beschimpfte Schottin erklärt daraufhin, sich auch als Thronerbin zufrieden zu stellen. Doch Elisabeth fürchtet mögliche Mordversuche, woraufhin Maria ihren Thronanspruch sogar gänzlich fallen lassen will, um Gnade zu erlangen. Auch gibt sie zu, eine gebrochene Königin zu sein und sich nur ein freies Leben zu wünschen.

Daraufhin nimmt das Gespräch eine Wendung (V.2403-2432): Elisabeth kostet ihren Triumph über Maria aus, sowohl in Hinsicht auf die Machtverhältnisse als auch in Bezug auf Marias männeranziehende Schönheit, die nun verschwunden ist. Sie lässt ihrer Abneigung freien Lauf und bezeichnet sie als Prosituierte, woraufhin auch Maria ihre Rolle der demütig Bittenden verlässt. Wütend, aber trotzdem ihre Würde bewahrend, redet sie wieder von Angesicht zu Angesicht zu Elisabeth, verteidigt sich und spricht noch dazu aus, dass Elisabeths Mutter genau wegen Ehebruch hingerichtet wurde.

Im nächsten Abschnitt (V.2433-2451) wird der ausartende Dialog der beiden Königinnen unterbrochen, indem Shrewsbury seiner Wut über Marias Ausbruch Luft macht. Aber Maria braust noch mehr auf, klagt über ihre Leiden und bezeichnet Elisabeth als hinterhältig und unehelich. Damit hat sie all ihren Gefühlen Luft gemacht und behält auch das letzte Wort, denn Elisabeth wird von den beiden Grafen weggeführt, die versuchen, das Aufbrausen Marias zu beschwichtigen.

 


 

2.3.             Dramaturgische Gestaltung

Dass dieses Aufeinandertreffen der beiden Königinnen einen besonderen Stellenwert in Schillers Drama hat, zeigt sich auch in der Gestaltung von Raum und Zeit. Anders als in den beiden vorausgegangenen und auch den zwei folgenden Aufzügen spielt die Handlung nicht im Palast von Westminster und auch nicht in den gefängnisähnlichen Schlossgemächern der Maria, sondern im Park von Fotheringhay. Damit ergibt sich eine Neuerung für die schottische Gefangene, die bis zum jetzigen Zeitpunkt das Schloss nicht verlassen durfte. Die Wahl des Ortes, welche Leicester (vgl. V. 2059ff) getroffen hatte, dient aber nicht Stuarts Vergnügen: Es ist gewährleistet, dass Elisabeths Zusammenkunft mit der anderen Königin wie zufällig wirken kann, weil sie an diesem Tag eine Jagd in der Gegend um Fotheringhay veranstaltet. Auch der Zeitpunkt ist nicht von ungefähr: Das gesamte Drama umfasst drei Tage, der zweite wird aus Aufzug zwei, drei und vier gebildet. Somit ist der dritte Aufzug der zeitliche Mittelpunkt. Dies spiegelt sich auch in der Handlung wieder. Vor dem dritten Akt hat Maria noch Hoffnung auf Gnade, danach schöpft sie Zuversicht aus den geplanten Rettungsversuchen. Elisabeth ist vor diesem Aufzug unerschlossen über das Schicksal Marias, später ist sie zwar ebenfalls beunruhigt über die Hinrichtung, der Rückblick auf das Gespräch ist aber der ausschlaggebende Punkt zum Unterschreiben der Todesstrafe (V.3239-3248).

Der mittlere Dramabestandteil stellt insofern örtliche Neuerungen und zeitliche Zentrierungen dar.

Noch dazu bringt die Figurenkonstellation und -konfiguration ein Novum, weil erstmalig Maria und Elisabeth zusammen in einer Szene agieren. Die anderen auftretenden Personen lassen sich in das Gefolge der jeweiligen Königin unterteilen.

Elisabeth, die den Großteil ihrer Eskorte bereits nach Westminster zurückgeschickt hat, wird nur von Leicester begleitet. Der Graf, der sich im vorangegangen Geschehen auch zu einem gewissen Teil auf Marias Seite gestellt hat, übt hier seine Rolle als Berater der Elisabeth aus. Dadurch wird klar, dass er sich nicht wirklich für eine der beiden Frauen entschieden hat, sondern immer egoistisch nach seinem eigenen Vorteil entscheidet. In der vierten Szene des dritten Aufzugs stellt er unverblümt seine Unterwürfigkeit gegenüber Elisabeth und damit seine noch nicht erloschene Hoffnung auf einen Thronanspruch dar: „Es ist geschehen, Königin – Und nun / Der Himmel deinen Schritt hiehergelenkt, / So laß die Großmut und das Mitleid siegen“ (V.2236-2238). Gleichzeitig verbildlicht dieser Ausspruch seine Zwiegespaltenheit, denn er ist auch für eine Anhörung Marias und wünscht ihren Straferlass. Auch am Ende des Auftritts wird das offensichtlich: „(in der heftigsten Unruhe, sucht die Elisa- / beth hinwegzuführen). / Die Wütende nicht an! Hinweg, hinweg / Von diesem unglücksel’gen Ort!“ (V.2245f). Einerseits wird durch den Wortlaut ausdrücklich seine Sorge um Elisabeth offengelegt, andererseits rettet er Maria auch davor, ihren Eindruck bei Elisabeth durch mehr Beleidigungen zu verschlechtern.

Die englische Königin Elisabeth ist die Antagonistin in Schillers Drama. Zu Beginn der Szene gibt sie sich sehr überheblich, scheint Maria nicht zu erkennen (vgl. V.2233). Das pompöse Auftreten und auch ihre Überheblichkeit zeigen sich in mehreren Ausdrücken: „(zurücktretend)“ (V.2256), „Ich vergesse / Die Königin, die schwer beleidigte, / (…) / Und meines Anblicks Trost gewähr ich Euch“ (V.2280-2283). Sie behandelt Maria wie eine Aussätzige, präsentiert sich selbst als gütige Herrscherin, die sich herablässt. Ihre Rücksichtslosigkeit ist Ursache der von Maria oft erwähnten Gefühlskälte, mit der sich Elisabeth vor persönlichen Angriffen Marias schützt. Vor allem die Regieanweisungen „(kalt und streng), (sieht sie lange mit einem Blick stolzer / Verachtung an), (Höhnisch lachend)“ (Regieanweisungen) bestätigen ihre Kühle, es scheint fast, als würde sich Elisabeth im Verlaufe des Dialogs immer kühler geben, um dem Flehen der Maria nicht nachzugeben. Ein richtiges Triumphgefühl verspürt sie jedoch nicht nur durch die politische Überlegenheit, sondern vor allem dann, als sie auch Marias Schönheit übertrifft: „Ihr habt das Äußerste an mir / Getan, habt mich zerstört in meiner Blüte!“ (V.2384f). Als Maria sie jedoch am Ende als „Bastard“ (V.2447) bezeichnet, antwortet sie nichts mehr, ihr Stolz und ihre Überlegenheit sind nicht mehr zu spüren, stattdessen geht sie wortlos ab.

Während für die englische Königin nur Leicester erscheint, stehen hinter Maria Stuart mehrere Nebenpersonen. Ihre Amme Kennedy und auch der erste Hüter

Paulet haben keine große Bedeutung für die Szene. Kennedy ist lediglich eine Art Stütze für die „halb ohnmächtig(e)“ (Regieanweisung zwischen V. 2231-2232).

Shrewsbury hingegen, der sich auch in dem dritten Auftritt des zweiten Aufzugs für die Gerechtigkeit im Falle der Maria Stuart stark gemacht hatte (vgl. V.1316f), bittet Elisabeth, ihr „Aug‘ auf die Unglückliche zu richten“ (V.2240), sich also auf ein Gespräch einzulassen. Damit verstärkt sich seine Stellung im Drama als der strenge Gerechtigkeitsmensch, der gleichzeitig auch Milde walten lassen will. Als einstiger Hüter der Maria fühlt er sich auch beteiligt an dem Prozess und steht hinter der Schottin, weil er von ihrer Unschuld überzeugt ist. Er erscheint, wie Leicester auch, nur am Anfang des Auftritts und am Ende, als er mit dem anderen Grafen zwischen die beiden Frauen geht und versucht, Elisabeth zu beschwichtigen (vgl. V.2244).

Im Vergleich mit Leicester tritt hervor, dass die Beiden - neben Gemeinsamkeiten wie dem Kontakt mit beiden Königinnen – sehr unterschiedliche persönliche Interessen pflegen: Leicester den Selbstzweck, Shrewsbury die Fairness.

Die Hauptperson des ganzen Dramas, Maria Stuart, übernimmt einen Großteil des Dialogs zwischen ihr und der Verwandten Elisabeth. Sie lässt anfangs sehr deutlich ihren Unmut über die verlangte Unterwürfigkeit durchscheinen: „(ihre Gebärden drücken den heftigsten Kampf aus)“ (Regieanweisung), „Ich will mich auch noch diesem unterwerfen. (…) Ich will vergessen, wer ich bin, und was / Ich litt; ich will vor ihr mich niederwerfen“ (V.2245-2248). Durch diese Ehrlichkeit und Offenheit demonstriert sie ihre Selbstsicherheit, mit der sie selbst der Richterin über ihr Leben entgegentritt. Selbst nachdem sie, wie sie unterwürfig um Gnade bat, von Elisabeth verhöhnt wurde, behält sie ihre edle Würde (vgl. Regieanweisung nach V.2420) bei. Diese beiden Merkmale ihrer Persönlichkeit, Selbstsicherheit und Charakterstärke, sind schon im ersten Auftritt begreifbar gemacht worden („Diese Flitter machen / Die Königin nicht aus. Man kann uns niedrig / Behandeln, nicht erniedrigen“ (V.154ff)) und werden in dem dritten Akt nur noch intensiviert. Aber ihre Ehrlichkeit wird auch in einem schlechten Bild dargestellt: Indem sie Elisabeth als „Bastard“ (V.2447) charakterisiert, behält sie zwar historisch gesehen Recht, macht aber keinen positiven Eindruck auf die Engländerin.

Insgesamt betrachtet geht Elisabeth zwar als politische Siegerin hervor, durch ihre Herzlosigkeit wirkt sie aber grausam und auch rachsüchtig, während Maria trotz sichtbarere Niederlage ihr stolzes Herz bewahrt und damit als der edlere Charakter aus der Auseinandersetzung hervorgeht.

Die Aussagen der auftretenden Personen und auch die Regieanweisungen formieren zusammen die Figurenrede. Das Gespräch, das hauptsächlich zwischen Maria und Elisabeth stattfindet, wird nur zu Anfang und Ende unterbrochen, ansonsten ist es ein zweiseitiger Dialog. Zuerst lässt er sich als Überredungsdialog von Maria bezeichnen (V.2245-2403), anschließend als Konfliktdialog (V.2404-2432). Durch die direkte Rede ist das Geschehen zeitdeckend wiedergegeben, der Leser fühlt sich also wie ein unsichtbarer Betrachter in der Szene.


 

2.4.             Sprachlich-stilistische Gestaltung und ihre Wirkungsabsicht

 

Neben der dramaturgischen Gestaltung ist auch die sprachlich-stilistische von großer Bedeutung. Die rhetorische Frage „Wer ist diese Lady?“ (V. 2233), auf die auch Elisabeth selbst die Antwort kennt, veranschaulicht ihre gespielte Unwissenheit am Anfang. Außerdem wirkt es sehr überheblich, dass sie Maria nicht erkennen will. Eine weitere rhetorische Frage über den Verursacher des Zusammentreffens (vgl. V.2235) legt ihr listiges Wesen dar.

Eine auffällige Anapher benutzt daraufhin Maria: „Ich will mich auch noch diesem unterwerfen. / (…) / Ich will vergessen, wer ich bin, und was / Ich litt (…)“ (V.2245-2248). Damit verstärkt sie das Ausmaß ihrer Leiden, die sie durch Elisabeth ertragen musste.

Die Schottin gebraucht auch ein Bild und eine Metapher, um ihre guten Absichten zu betonen: „Die Worte klüglich stellen, daß sie Euch / Das Herz ergreifen, aber nicht verletzen!“ (V.2289f),  „nimm / Ihr jeden Stachel, der verwunden könnte!“ (V.2291f).

Außerdem personifiziert sie den Hass zwischen den beiden Rivalinnen, der mit ihnen „Wuchs“ (V.2312) und dessen unglückselige Flamme von bösen Menschen mit Atem angefacht wurde (vgl. V.2312f). Damit veranschaulicht sie die Entwicklung der Diskrepanz zwischen den Königinnen.

Elisabeth hingegen nutzt eine Metapher, um Maria als Schlange zu beschreiben (vgl. V. 2329) und sie weiter schlechtzumachen.

Die doppelte Wiederholung „Schwester! Schwester! / O Gott! Gott!“ (V.2412) von Maria betont ihre Aufgebrachtheit, nachdem sie den puren Hass Elisabeths erfahren hat.

3.   Rückbezug

Der vierte Auftritt des dritten Aufzugs des Dramas „Maria Stuart“ gilt zu Recht als Höhepunkt, denn mit dem Aufeinandertreffen der beiden Königinnen geht viel Spannung einher. Unterstrichen durch dramaturgische und sprachlich-stilistische Gestaltungsmittel werden neue Charakterzüge der zwei Frauen aufgezeigt, alte noch präzisiert. Dieser tragische Moment hat Schiller damals schon sehr ergriffen, und auch den heutigen Lesern ergeht es nicht anders. Denn wer liebt es nicht, über Intrigen, Machtspiele und Kämpfe um die Würde zu lesen?


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