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Loriot: Ei? - Eristik in Filzpantoffeln. Eine pragmatische Interpretation: Studienarbeit - Sprachanalyse: Vicco von Bülow
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Universität Hamburg

Note, Lehrer, Jahr

2000

Autor / Copyright
Rainer Kügelgen ©
Metadaten
Preis 8.80
Format: pdf
Größe: 0.33 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.5
ID# 3112







LORIOTS »EI« - ERISTIK IN FILZPANTOFFELN[1]


Inhaltsverzeichnis

0.Einleitung. 2

1.Abblocken und Umdeuten. 6

3.Verwirren und Spieß Umdrehen. 16

4.Exempel Statuieren. 23

Literatur 26

0.       Einleitung

Gegenstand der folgenden Interpretation ist die Dialogszene »Das Ei« aus Loriots »Dramatischen Werken«. In der Szene wird satirisch zugespitzt die rhetorische Überlegenheit einer Ehefrau über ihren Mann am Beispiel eines Bagatellstreits vorgeführt. Die Szene ist insofern ein Meisterwerk der Eristik - der Kunst des Streitens - als in ihr eine Reihe elementarer Techniken, Taktiken und Strategien dieser Kunst exemplarisch und auf gedrängtestem Raum zur tragikkomischen Anwendung gelangen.

Zum Verständis des inneren Funktionierens dieser Mechanismen wende ich an einigen Stellen Erkenntnisse der funktionalpragmatischer Diskursanalyse an, an anderen begnüge ich mich, um auf dem zur Verfügung stehenden Raum eine Gesamtwürdigung der Szene zu sichern, mit einer demgegenüber oberflächlicheren Analyse der rhetorischen Mittel[2].

In der Szene geht es im einzelnen um eine Reihe vergeblicher Versuche des Ehemannes, seiner Frau gegenüber das sprachliche Handlungsmuster des Vorwurfs zu initiieren. Die Ehefrau pariert schon im Vorfeld sämtliche Vorstöße ihres Mannes mit einer Schlagfertigkeit, als habe sie Jochen Rehbeins Arbeit über »Entschuldigungen und Rechtfertigungen« (1972) kongenial verinnerlicht.

Wie zu zeigen ist, kann die Dialogszene als Vereinigung ironisch-bissiger Illustrationen zu den Erkenntnissen dieser Arbeit in ein Meisterwerk dramatischer Kleinkunst gelesen werden. In den Niederungen des alltäglichen Ehekrieges, den die Szene vorführt, treten allerdings diejenigen Verfahren, die in den Verästelungen und Randbemerkungen dieser Arbeit erwähnt werden, gegenüber den elementaren eindeutig als über Sieg und Niederlage entscheidende in den Vordergrund.

Sowohl für das Verständnis der einzelnen Äußerungen als auch der für den Ehemann verhängnisvollen Dynamik der Gesamtsequenz erweist sich dem Leser das Erfassen der Illokution des jeweils Gesagten als zentral. Um im Sinne dieser Analyse der Illokution auf den Begriff zu bringen, was das jeweils Gesagte notwendig beim Hörer bewirkt, d.h. was seine Handlungsqualität ist, müssen die konkreten Äußerungen als Umsetzungen zu Grunde liegender sprachlicher Handlungsmuster - in unserem Falle sind besonders der Vorwurf und die Rechtfertigung und ihre jeweiligen Vorfelder einschlägig - rekonstruiert werden.

Da sich der Streit der Eheleute jedoch nicht unwesentlich gerade auf dem Gebiet abspielt, welches Handlungsmuster zu prozessieren sei, dienen umgekehrt die jeweiligen Äußerungen gleichermaßen dazu, die Verfolgung bestimmter dieser Muster zu eröffnen oder voranzutreiben, wie gegenläufige abzublocken oder zum Einsturz zu bringen. Als grundlegendes Gesetz der Eristik wird so das Folgende deutlich:

Bestimmen zu können, welches sprachliche Handlungsmuster abgearbeitet wird, erweist sich als gleichbedeutend damit, die Oberhand im Streit zu behalten.

Ein besonderer Clou der Szene liegt darin, daß und wie je nach Verlauf dieser sprachlichen Auseinandersetzungen das, was wir als den auslösenden Sachverhalt selbst anzusehen haben, seine materielle Evidenz verliert, in seiner Qualität zu schillern beginnt und sie sogar wechselt.

Schauen wir uns zunächst im Zusammenhang an, wie die Eheleute im Dienst der Verfolgung ihrer konträren Handlungszwecke und mit stark unterschiedlichem Geschick und Erfolg das ihnen zur Verfügung stehende Arsenal sprachlicher Mittel aktivieren:

ER: Berta!

SIE: Ja …

ER: Das Ei ist hart!

SIE: (schweigt)

ER: Das Ei ist hart!

SIE: Ich habe es gehört …

ER: Wie lange hat das Ei denn gekocht …

SIE: Zu viel Eier sind gar nicht gesund …

ER: Ich meine, wie lange dieses Ei gekocht hat …

SIE: Du willst es doch immer vi.....[Volltext lesen]

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Der Ehemann hat sein Ei geöffnet und beginnt nach einer längeren Denkpause das Gespräch.

Nichts geschieht ohne Vorgeschichte - hier haben wir es mit einer Leidensvorgeschichte zu tun, in der das geöffnete Ei ein Hauptakteur zu sein scheint und die der Ehemann in seiner ‘längeren Denkpause’ Revue passieren läßt. Neben einem Resümee vergangener scheint sich die Revue zu einer vagen Präfiguration kommender Auseinandersetzungen zu verdichten und in eine Beschlußfassung zu münden, mit deren Verbalisierung die Szene beginnt:

ER: Berta!

Der namentliche Anruf der Ehefrau macht, da sonst niemand im Raume weilt, als bloße Aufforderung, dem Sprecher die Aufmerksamkeit zuzuwenden, keinen Sinn. Der Beginn eines Zwiegespräch ist notgedrungen an den anderen adressiert - wer sonst sollte die Nachgeschichte der sprachlichen Handlung übernehmen? Nur kommt hier die Adressierung propositionsfrei und ohne jede Bezeichnung einer zu übernehmenden Nachgeschichte, sozusagen stellvertretend für diese daher.

Indem die Adressierung in Form des namentlichen Aufrufens zum selbständigen Akt gemacht wird, ist der Hörerin vermittelt, daß hier ein besonderer, außerhalb der üblichen Frühstücksrede liegender Vorgang eingeleitet wird: Der Vokativ ist die durch keinerlei Konzilianzformeln abgefederte Ankündigung eines Vorwurfs.

Das verhaltene Ausklingen ihrer Affirmation

SIE: Ja …

macht deutlich, daß die Ehefrau nichts weiter als ihre Anwesenheit und die akustische Aufnahme (Perzeption) ihres Namens bestätigt. Sie hat zweifellos aus dem gemeinsamen Wahrnehmungsraum heraus die Situation (das Eiöffnen) erfaßt und auch registriert, daß ihr Ehemann, diese Situation in ungewöhnlicher Weise verarbeitet (die Denkpause). Welche Richtung diese Verarbeitung der Situation durch ihren Ehemann einzuschlagen droht, wird ihr durch den Tonfall des Aufrufens bedeutet, so daß wir davon auszugehen haben, daß sie sich der das Skandalon aufgreifenden Anteile im Anruf ihres Mannes bewußt ist.

Gerade deswegen ist sie keineswegs bereit, irgendwelche in dieser Richtung angekündigten Inhalte zu übernehmen oder gar daraus resultierende Sanktionen zuzulassen. Ihre Äußerung ist daher als Kenntnisnahme unter Vorbehalt zu klassifizieren. Dies ist kein günstiger Boden für die Aufnahme seines Vorwurfs:

ER: Das Ei ist hart!

Paradoxerweise enthält bereits diese allererste Verbalisierung seines Vorwurfs in doppelter Hinsicht den Keim der Zersetzung der Vorwurfskraft. Zunächst leidet die Unstrittigkeit der Berechtigung des Vorwurfs unter jeder Abschwächung der Evidenz des vorzuwerfenden Sachverhalts. Das unmittelbar Evidente nämlich muß nicht genannt werden, es ist ohne jeden sprachlichen Aufwand im Diskurs präsent, allenfalls wird zeigend auf es Bezug genommen.

Konsequenterweise verweigert die Ehefrau die Annahme dieses Vorwurfs, dessen Ursache von Anfang an ihrer offenkundigen und unzweifelhaften Delinquenz durch Benennen entkleidet ist. Jedes Benennen hat sich als Urteil der Notwendigkeit des Begründet-Seins zu unterwerfen. Ein corpus delicti, das der Erläuterung, Begründung, gar der Interpretation bedarf, ist keines.

Das eigentliche sprachliche Handlungsmuster des Vorwurfs (Rehbein 1972, 293) beginnt aber nicht nur diesseits des Nachweises der inkriminatorischen Qualität eines Sachverhalts durch dessen Benennen, Erläutern und Begründen, sondern auch diesseits der Unstrittigkeit selbst, mit der ggf. ein zu inkriminierender Sachverhalt vorliegt. Das Handlungsmuster ist sequentiell, d.h. es durchläuft mehrere Positionen, die systematisch auf verschiedenen Handlungsseiten mal des Vorwerfenden, mal des A.....

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Was also hat sie ‘gehört’? Der Kunstgriff, den die Ehefrau hier anwendet, wird deutlich, wenn wir uns mögliche Vorgängeräußerungen zu ‘Ich habe es gehört …’ anschauen:

»Der Nachbar ist wieder gegen die Garage gefahren« oder: »Draußen hat der Eiermann gerufen« - ‘Ich habe es gehört …’

Die Frau behandelt in ihrer Äußerung den Vorwurf des Mannes als ein Geschehen, dessen Nachgeschichte sich ihrerseits nicht etwa durch eine Entschuldigung oder Reparatur sondern durch die Perzeption des Äußerungsaktes erledigt, die von ihr ausdrücklich auf die akustische Seite eingeschränkt wird. Bei einem sprachlichen Geschehen kommt dafür eine Aussage, d.h. eine sprachliche Handlung, die darauf zielt, eine Lücke im Wissen des Hörers zu schließen, in Betracht.

Genauer gesagt allerdings ein besonderer Typ von Aussage, nämlich eine, die keinerlei Anforderungen an ihre propositionale Mitkonstruktion stellt. Von einer erforderlichen Entschuldigung oder Reparatur kann bei einer Aussage, die darüber hinaus ja bei der Frau gar keine Wissenslücke schließt, also überflüssig ist, natürlich keine Rede sein. Der Zweck einer Aussage ist in der Tat erfüllt, wenn der Hörer sie verstanden hat.

Die Aussage verlangt auf der Hörerseite im Normalfall nicht die explizite Bestätigung des Aufnahmevorgangs, sondern lediglich ein Hörersignal (z.B. begleitendes »h`mh´m« mit fallend-steigender Betonung, Formen des Abnickens u.a.), das dem Sprecher den Erfolg seiner Handlung bedeutet. Hat die Ehefrau den Vorwurf erst einmal erfolgreich zur Aussage depotenziert, dann kann sie als Hörerin mit ihrer expliziten Form der Aufnahmebestätigung dieser Aussage (‘Ich habe es gehört …’) schon zu einer Zurechtweisung des Sprechers voranschreiten, die nun die Stoßrichtung gewinnt, daß seine Aussage trivial und ihre Wiederholung überflüssig war.

Was den hier angewandten eristischen Kunstgriff der Umdeutung der illokutiven Qualität (ihrer Funktion im Diskurs) einer Äußerung besonders unangreifbar macht, ist, daß die Ehefrau zeitgleich die Spuren dieses Kunstgriffs verwischt, indem sie mit der Anapher ‘es’ die Übernahme der propositionalen Gehalte (im Sinne des eigentlichen Satzinhaltes als Substrat der Illokution) der Voräußerung vortäuscht.

Dieser Kunstgriff erweist sich als durchaus erfolgreich, denn der Ehemann geht mit seiner nächsten Äußerung zu einer anderen Qua.....

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Das »Verstehen«, von dem hier im engeren Sinne (gegenüber dem weiteren Sinne der hörerseitigen Identifizierung des Äußerungsaktes, des propositionalen Aktes und der Illokution) die Rede ist, ist der zentrale mentale Vorgang im sprachlichen Handlungsmuster des Begründens (Ehlich & Rehbein 1986, 88-133). Ehlich & Rehbein zeigen, wie durch die Lieferung eines sog. »D-Elements« durch den Sprecher die Transformation vom Nicht-Verstehen zum Verstehen beim Hörer bewerkstelligt wird.

Die Funktion des Ausdrucks »denn« in der Frage des Hörers ist nun, wie Redder zeigt, im Falle eines Nichtverstehens dem Sprecher in seiner vorgängigen Äußerung mögliche Kandidaten solcher »D-Elemente« zu bezeichnen. Die durch »denn« geleistete Neufokussierung ist dabei anadeiktisch rückwärts gerichtet und kennzeichnet dem Sprecher im Normalfall (d.h. falls nicht durch Akzent anders hervorgehoben) das vor »denn« stehende Element als dasjenige, welches er besser erklären muß, um beim Hörer Verstehen zu bewirken.

Wenn wir diese Analyse auf unseren Fall anwenden, ergibt sich folgende Sachlage: Der Ehemann sieht sich genötigt, seine Frau neu auf das Ei zu fokussieren, d.h er reagiert nur indirekt darauf, daß seine Ehefrau in ihrer Voräußerung (‘Ich habe es gehört …’) weder auf die Proposition noch auf die Illokution seiner Äußerung eingegangen ist, sondern lediglich sein zweimaliges Realisieren des Äußerungsaktes mißbilligend thematisiert hat.

Von einer für die Durchsetzung seiner Ziele erforderlichen ausdrücklichen Zurückweisung ihres Kunstgriffes und sei es auch nur durch dessen Offenlegung (»Das war keine Mitteilung sondern ein Vorwurf!« o.ä.) ist er damit weit entfernt. Weit entfernt ist er aber auch davon, die Kochdauer zum entscheidenden Sachverhalt in seiner der Ehefrau abverlangten Begründung zu machen.

Er hat die Kochdauer in seiner - zudem intonativ ihrer Fragequalität entkleideten - Äußerung lediglich als »bestimmtes Nichtgewußtes« nicht aber als den für die erfolgreiche Begründung wesentlichen Vorgang ausgezeichnet. Als wesentlich hat er, wie gesagt, das Ei als Thema neu fokussiert. Das ist kein Zufall, denn eine Reaktion seinerseits wie »Wie lang hat denn das Ei gekocht?«, mit der durch Akzent und veränderte Stellung von »denn« die Kochdauer und nicht das Ei fokussiert würde, müßte - da er ja nicht ihre Thematisierung seines überflüssigen Wiederholens trivialer Aussagen zurückgewiesen hat - sozusagen an der Überbrückung eines thematischen »missing link« scheitern.

Der von ihm betriebene Versuch, eine Begründung zu initiieren, scheitert ferner nicht nur aus den inhärenten Gründen der Vorgabe eines untauglichen D-Elements und der fehlenden Adressierung, sondern prallt schon im Vorfeld an ihr ab, weil sie ja weder vom Ei noch von dessen Kochdauer in irgendeiner Weise gesprochen hat, es also in ihrer Rede auch nichts .....

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ER: Ich meine, wie lange dieses Ei gekocht hat …

Auch diese scheinbar bloße Wiederholung seiner Voräußerung ist, wie schon weiter oben im Fall der einleitenden Wiederholung des Vorwurfs gezeigt, grundsätzlich eine Abschwächung. Wir haben aber zwei zusätzliche Rücknahmen zu verzeichnen, deren erste mit der Matrixkonstruktion ‘Ich meine,…’ gegeben ist. Rehbein (1998) hat analysiert, daß mit Matrixkonstruktionen die ursprüngliche Illokution »deskriptiv realisiert«, also gewissermaßen in ihrer Unmittelbarkeit aufgehoben wird.

Die bereits stark verblaßte illokutive Kraft der Frage, mit der der Hörerin eine Begründung abgenötigt werden sollte, ist unversehens zur Beschreibung einer Meinung (daher auch die ersatzlose Streichung des ‘denn’) degeneriert. Das mit ‘Ich meine,…’ Eingeleitete wird aus dem Bereich des Evident-Gegebenen herausgenommen und zum Inventar des Subjektiven, stark Erklärungsbedürftigen gemacht.

Das, was ich meine, ist in erster Linie meins (Gernhardt 1982, 183). Das als Meinung Gekennzeichnete konzediert eingeschränkte Gültigkeit und erlegt sich selbst Überzeugungsarbeit auf, wenn es den Weg zum Verbindlichen nehmen will.

Die zweite Rücknahme liegt in der Kennzeichnung des Eis als ‘dieses Ei’. Die Deixis macht nur einen Sinn, wenn einer Verwechslung vorgebeugt werden muß. In ihrer Überflüssigkeit signalisiert die Deixis der Hörerin, daß der Sprecher sich der Gegenwart seines Gesprächsgegenstandes nicht mehr so ganz sicher ist und eine Fokussierung auf ihn für erforderlich hält.

Damit hebt der Ehemann die imaginären Eier, deren Zuviel ungesund sei, mit dem realen Frühstücksei auf die gleiche Stufe sinnlicher Evidenz, kontaminiert also - mit verheerenden Folgen für sich selbst - dinglich Vorliegendes und sprachlich Konstruiertes.

Schauen wir, wie die Ehefrau mit der Meinung ihres Gatten umgeht:

SIE: Du willst es doch immer viereinhalb Minuten haben …


3.     Verwirren und Spieß Umdrehen

Richtet sich die Meinung des Mannes immerhin noch auf das Eierkochen, so spricht die Ehefrau weiterhin konsequent nicht zur Sache, sondern über die Eigenheiten ihres Mannes. Diese Konfusion einer Argumentation ad rem mit einer Argumentation ad hominem ist ein weiterer klassischer Kunstgriff der Eristik (Schopenhauer 1864, 21, 64 f). Auf die Frage nach der Kochdauer wird das Zitieren eines Willens als Antwort ausgegeben.

Die Zulässigkeit dieser Vertauschung wird suggestiv untermauert, indem die Ehefrau ihre Äußerung mit dem Ausdruck ‘doch’ versieht. Dieser Ausdruck dient der Zurückweisung einer verneinten Behauptung. Mit ‘doch’ impliziert die Ehefrau, daß die Vorfrage ihres Mannes etwa in der folgenden Weise zu paraphrasieren sei: »Ist es richtig, daß ich mein Frühstücksei nie viereinhalb Minuten gekocht haben will?« Die Reaktion des Mannes belegt in ihrer Hilflosigkeit de.....

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Damit verkehrt er die Evidenz zur Folge der Begründung (durch den Kochvorgang) und die Begründung zur Ursache der Evidenz (des unbefriedigenden Härtegrades des Eis).

Und wie nicht anders zu erwarten, findet die Ehefrau in mehrfacher Hinsicht einen Ausweg aus den logischen Lücken dieser Beweisführung:

SIE: Ich koche es aber jeden Morgen viereinhalb Minuten!

Mit dieser Äußerung wird nur scheinbar das konkrete Ei (‘dieses Ei’) anaphorisch aufgegriffen (‘es’), in Wirklichkeit befördert sie in abermaliger Konfusion inkompatibler Wissenstypen die Evidenz des harten Eies noch weiter ins Abseits, denn sie subsumiert in einer logischen Rolle-rückwärts das konkrete Ei (‘es’) dem ideellen Gesamtei, das Gegenstand der Regel (‘jeden Morgen viereinhalb Minuten’) ist.

Wenn er die Evidenz der Begründung unterordnet, wie sollte er dann ihre Übernahme dieser logischen Verkehrung zurückweisen können, mit der sie das Konkrete als Emanation der Regel hinstellt?

So bleibt sein Auftrumpfen mit der scheinbaren Inkonsistenz ihrer Argumentation immanent und hat das Dasein eines Strohfeuers:

ER: Wieso ist es dann mal zu hart und mal zu weich?

Sie befreit sich aus der logischen Zwickmühle, indem sie sich zum ersten Mal auf eine Argumentation ad rem einläßt. Dafür bezieht sie eine Position, die die Ursache des von ihm benutzten Widerspruchs aus der Physik heraus an einen erkenntnistheoretischen Ort verlagert, dessen obwaltende (biologische) Gesetze beiden gleichermaßen unzugänglich sind:

SIE: Ich weiß es n.....

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