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Portfolio
Geschichte / Historik

Universität, Schule

AHS Wien

Note, Lehrer, Jahr

Sehr gut, Gamperl, 2014

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Eva L. ©
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Ohne Kopierschutz
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sternsternsternsternstern
ID# 65736
















Literaturepoche


Biedermeier








Deutschportfolio

7a



November 2014

Inhaltsangabe



1. Die Epoche Biedermeier 3

1.1. Begriffsursprung 3

1.2. Historischer Hintergrund 4

2. Lebensgefühl, Kunst und Kultur im Biedermeier 5

2.1. Lebensgefühl und Kultur 5

2.2. Architektur und Möbel 6

2.3. Kunst 7

3. Literatur 8

3.1. Eduard Mörike und Lyrik 9

3.2. Franz Grillparzer und die Bühnenwelt 9

3.3. Annette von Droste-Hülshoff und Naturdarstellung 11

3.4. Stifter, u, Rückert und Grabbes 12

3.5. Johann Nestroy 13

5. Quellenverzeichnis 15



1. Die Epoche Biedermeier

1.1. Begriffsursprung

Der Epochenbegriff Biedermeier führt auf die spöttischen Gedichte von Ludwig Eichrodt und Adolf Kußmaul zurück, die in den Fliegenden Blättern die lyrischen Werke des fiktiven Schullehrers Gottlieb Biedermeier zum Abdruck brachten (Abbildung 1). Ab 1855 wurden die dilettantischen Gedichte in der Münchner Zeitschrift veröffentlicht. Sinn und Absicht hinter den biederen Versen des Lehrers waren, die Spießbürger und ihre Perspektiven sowie Lebensweisen zu parodieren. Herr Biedermeier ist die Räpresentation und Verspöttung eines Teils des Bürgertums, indem er Biederkeit, Kleingeistigkeit und unpolitische Haltungen verkörpert. Dadurch verwendeten Leute dieser Zeit die Bezeichnung Biedermeier als einen negativ konnotierten Begriff, der für kleinbürgerliche Kultur der Häuslichkeit und der Betonung des Privaten steht.

Abb. 1: Gedichte des Gottlieb Biedermeier in den Fliegenden Blätttern

Als Biedermeier wird heute die Epoche des 19. Jahrhunderts zwischen 1815 und 1848 bezeichnet, in der Werke der Musik, Kunst, Mode, Literatur und Architektur ein konservatives Lebensgefühl verliehen wurde. Die Nutzung als Epochenbezeichnung entwickelte sich ab Ende des 19.Jahrhunderts, als man begann, das Biedermeier mit "guter, alter Zeit" gleichzusetzen, ein Ausdruck für Behaglichkeit, Häuslichkeit, Geselligkeit in Familie und im Freundeskreis und für den (auch geistigen) Rückzug ins Private. Der Begriff wird vor allem für Literatur und Kunst verwendet.




1.2. Historischer Hintergrund


Die Zeitspanne des Beidermeier ist ziemlich genau zwischen dem Wiener Kongress 1815 und der deutschen bürgerlichen Revolution 1848 eingebettet. Die Biedermeierzeit ist als ein künstlerisches Sprachrohr der Restauration zu verstehen. Nach Jahrzehnten unter dem Eindruck der Französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege gestanden, waren die Jahre des Biedermeier durch eine größere innen- und außenpolitische Stabilität geprägt.


Die politische Situation zum Epcochenbeginn wurde ausgelöst durch die Niederlage Napoleons in der Schlacht bei Waterloo und seiner Verbannung. Auf diese Ereignisse erfolgte der Wiener Kongress, bei dem die Ordnung Europas im Mittelpunkt stand, mit dem Ziel einer  Wiederherstellung jener Verhältnisse, die vor der Französischen Revolution Europa geprägt hatten. Zu diesem Zweck gingen die konservativen Monarchen Kaiser Franz I. von Österreich, der russische Zar Alexander I. und der preußische König Friedrich Wilhelm III. die „Heilige Allianz“ ein.


Zur Verteidigung dieser Ordnung griffen die Fürsten allerdings auch auf Maßnahmen der Unterdrückung zurück. Vor allem mithilfe der weitreichenden Karlsbader Beschlüsse (Verbot von Burschenschaften, umfangreiche Zensur, Kontrolle von Universitäten etc.) wurden die fortschrittlichen Ideen des Liberalismus konsequent bekämpft. Für die Aussicht auf stabile Verhältnisse war ein Großteil der Bevölkerung jedoch gern bereit, auf politische und intellektuelle Freiheiten zu verzichten. Im Biedermeier wird folglich das kleine Glück in der privaten Idylle in den Vordergrund gerückt. Ohne die Karlsbader Beschlüsse ist die Biedermeierzeit nicht denkbar; außerhalb Deutschlands, Österreichs und Skandinaviens existiert daher auch der Begriff Biedermeier nicht, da die gesellschaftliche Entwicklung in diesen Ländern anders verlief.


Diese politische und gesellschaftliche Situation führte in den Jahren 1848/49 jedoch zu bürgerlichen Revolutionen in ganz Europa. Im Zentrum und auscchlaggebend das Ende des Biedermeiers steht die deutsche Revolution 1848, auch Märzrevolution genannt. Sie erzwang von Berlin bis Wien die Berufung liberaler Regierungen in den Einzelstaaten und die Durchführung von Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung. Nach den sogenannten Märzerrungenschaften (wie zum Beispiel die Aufhebung der Pressezensur oder Bauernbefreiung) begann die Revolution in die Defensive zu gehen mit zunehmenden bürgerkriegsähnlichen Aufständen. Diese Tatsache bedeutete auch das letztliche Scheitern der Revolution in Bezug auf ihre wesentliche Kernforderung. Im Juli 1949 gab es den ersten Versuch, einen einheitlichen deutschen Nationalstaat zu schaffen, doch dieser wurde von überwiegend preußischen und österreichischen Truppen niedergeschlagen.

Abb. 2: Märzzrevolution in Deutschland


2. Lebensgefühl, Kunst und Kultur im Biedermeier


2.1. Lebensgefühl und Kultur


Im Biedermeier gilt die heile Welt der Ich-Bezogenheit Als Ideale eines gelungenes Lebens gewinnen Tugenden wie Genügsamkeit. Ebenso gilt das sich unterordnende Akzeptieren von politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten sowie das bejahende Annehmen des eigenen Schicksals als sicherer Weg zum kleinen Glück: Folgerichtig sind viele Werke des Biedermeier von einer tiefen Religiosität (Pietismus) geprägt.


 Der Fokus liegt auf bürgerlichen Kleinfamilien. Das Bürgertum kultivierte das Privat- und Familienleben in ganz neuem Ausmaß. Nicht die Repräsentation stand im Vordergrund, sondern das häusliche Glück in den eigenen vier Wänden, die zum Rückzugsort wurden. Bürgerliche Tugenden wie Fleiß, Ehrlichkeit, Treue, Pflichtgefühl, Bescheidenheit wurden zu allgemeinen Prinzipien erhoben. Die Biedermeier-Wohnstube war die Urform des heutigen Wohnzimmer, und man nimmt außerdem an, dass damals der Ausrdruck der Gemütlichkeit entstanden ist. Die Geselligkeit wurde in kleinem Rahmen gepflegt, beim Kaffeekränzchen am Stammtisch, bei der Hausmusik, aber auch in den Wiener Kaffeehäusern.



Die bürgerliche Familienstruktur war patriarchalisch, der Mann das Oberhaupt der Familie; der Wirkungskreis der Frau war der Haushalt. Das wohlhabendere Bürgertum beschäftigte Personal, darunter eine Köchin, einen Kutscher, eine Kinderfrau, für Säuglinge auch eine Amme, mitunter einen Hauslehrer. Die wichtigsten weiblichen Freizeitbeschäftigungen waren Handarbeiten und das Klavierspiel, das jede Bürgertochter zu lernen hatte. Wesentlich mehr Aufmerksamkeit als vorher widmete man auch der Kindererziehung und dem Kinderzimmer, es erschien entsprechende Literatur mit Anleitungen zur Erziehung. Damals entstand auch erstmals eine eigene Kindermode, die nicht nur eine Kopie der Erwachsenenmode war. Außerdem erlebte die Spielzeugindustrie ihre erste Blüte. 1840 gründete Friedrich Fröbel in Bad Blankenburg den ersten Kindergarten. In der Biedermeierzeit wurde auch das häusliche Weihnachtsfest in der Form ausgebildet, wie sie heute bekannt ist, mitWeihnachtsbaum, Weihnachtsliedern und Bescherung.



2.2. Architektur und Möbel

Möbel sind in der Biedermeier Epoche funktionell und dienen in erster Linie nicht mehr repräsentativen Zwecken, sondern vor allem der Gemütlichkeit des eigenen Heims. Biedermeier Möbel haben klare Formen mit wenigen, schlichten Zierelementen; welche die Schönheit des Materials zur Geltung kommen lassen. Die Möbelformen sind stark vereinfachte klassizistische Formen mit wenig bis keinem Dekor, wodurch die Maserung des Holzes zur Geltung kommt. Sie sind praktisch, schlicht, harmonisch in den Proportionen und meist handwerklich gut gearbeitet. Entwürfe des Biedermeier sind wie zurückgenommene, vereinfachte Formen des Empire; oft aber auch von den Entwürfen des englischen Möbeltischlers Thomas Sheraton beeinflusst.

Dieser Stil prägte auch die Architektur und somit alle Monumentalbauten dieser Zeit. Vor allem bürgerliche Wohnviertel wurden stark nach diesen Vorstellungen angelegt. Der bedeutenste Architekt des Biedermeier-Stils war Joseph Kornhäusel, der vor allem in Wien tätig war. In Baden bei Wien errichtete er die Sommerresidenz des österreichischen Kaisers.





2.3. Kunst

In der Malerei kann das Biedermeier nicht als eigenständiger Stil gewertet werden. Vielmehr handelt es sich um inhaltliche Charakteristiken, die mit "Biedermeiermalerei" bezeichnet werden können: Immer wird eine heile bürgerliche Welt geschildert, sei es in der bürgerlichen Wohnstube, in der deutschen Kleinstadt oder in der Natur, teilweise mit rührseligem Einschlag. Charakteristisch ist die Abwendung vom großformatigen Historienbild des Klassizismus. Verstärkt traten die Dinge des täglichen Lebens und die nächste Umgebung in das Blickfeld der Maler. Eine Blütezeit erlebte die Genre- und Landschaftsmalerei, aber auch das miniaturhafte Porträt. Daneben erfreute sich auch die Landschaftsdarstellung großer Beliebtheit. Das Bürgertum, das zu Geld und Ansehen gelangt war, trat verstärkt als Sammler und Mäzen auf. Nicht zuletzt daraus ist die Neigung zu kleinformatigen "Sammlerstücken" in der Malerei zu erklären.

Religiöse und historische Motive fehlen fast völlig. Der Stil war realistisch, die Bilder ähnelten oft einer fotografischen Abbildung. Vorbild war die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Allerdings war das angestrebte Ergebnis ein Pseudo-Realismus, denn die Wirklichkeit wurde gern idealisiert und übersteigert, mitunter überschneidet sich die Malerei mit der Spätromantik. Die Aquarelltechnik erreichte ein sehr hohes Niveau; für Buchillustrationen wurde nun zunehmend die Lithografie eingesetzt.


Als Inbegriff biedermeierlicher Idylle gelten die kleinformatigen Bilder von Karl Spitzweg, die aber voller boshafter Kritik an seinen Zeitgenossen stecken. Biedermeierhafte Züge finden sich in den Gemälden von Peter Fendi, Ferdinand Georg Waldmüller, Ludwig Richter und in den Märchen- und Sagenbildern Moritz von Schwinds.

Außerdem greift die Epoche mit ihrer Naturverbundenheit vereinzelt Motive der Romantik auf. Aufgrund dieser losen Verwandtschaft werden in den Werken der bedeutendsten Autoren durchaus auch Themen wie Weltschmerz und Verzweiflung thematisiert. Die Literatur des Biedermeier geht somit schließlich doch weit über die Beschreibung einer idealisierten Welt hinaus – häufig schwelt unter der Oberfläche die Erkenntnis, dass auch der weitgehende Rückzug ins Private Wünsche, Leidenschaften und Neigungen nicht dauerhaft bändigen kann.


3. Literatur


In der Literatur, begründet die durch die Zensur erzwungene politische Enthaltsamkeit eine unpolitisch - sentimentale Geselligkeit. Man schreibt einander Verse in Stammbücher und Poesiealben, trifft sich in poetischen Lesezirkeln und konsumiert die zahlreichen Taschenbücher und Almanache. Auch viele Erzählungen bedeutender spätromantischer und biedermeierlicher Autoren erscheinen auf diese Weise. Für eine kritische Öffentlichkeit hingegen schreiben die oppositionellen Autoren in den Feuilletons der Zeitschriften; dabei führen sie den politisch- literarischen Essay zur Blüte.


Die biedermeierlichen Autoren ziehen sich häufig in ruhige Provinzorte zurück und bleiben während ihres Lebens recht unbekannt und erfolglos. Die oppositionellen Autoren dagegen treibt es in die großen Städte, wo sie im Kreuzfeuer der öffentlichen Diskussion stehen; die radikaleren unter ihnen arbeiten sogar mit politischen Gruppen zusammen.


Grundsätzlich bezeichnet man die Literatur dieser Epoche auch als Restaurationsliteratur. Ihre Literarischen Schwerpunkte, sowie die wichtigsten Schriftsteller ihrer Zeit sind in der unten angeführte Graphik angegeben.

3.1. Eduard Mörike und Lyrik

Einer, dessen Name fast automatisch mit dem Biedermeier der Beschaulichkeit assoziiert wird, ist Eduard Mörike. Daß er sich – allerdings keineswegs ausschließlich – unspektakulären Themen widmete und sich nicht zu schade war, auf einen Turmhahn oder eine Lampe ein Gedicht zu schreiben, scheint ihm zum Verhängnis geworden zu sein. Dabei steckt selbst in den eher idyllischen Texten stets eine gute Portion Ironie, aber es überwiegen ohnehin solche, die alles andere als betulich sind. Sein Roman Maler Nolten (1832) legt die seelischen Abgründe eines jungen Künstlers offen und ist von geradezu anti-biedermeierlicher Zerrissenheit und Aufgewühltheit gekennzeichnet. Mit formaler Strenge und leisen, eindringlichen Tönen gibt dagegen die Novelle Mozart auf der Reise nach Prag (1855) eine scheinbar unbeschwerte Anekdote aus dem Leben des Komponisten wieder – und doch wird dem Leser dabei ein beklemmender Einblick in die Tragik des sich verzehrenden Genies gewährt.

Mörikes Lyrik ist von einer erstaunlichen stilistischen und thematischen Vielfalt. Texte von klassischer Strenge (darunter Auf eine Lampe mit der berühmten Schlußzeile: »Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst«) stehen neben anderen voller romantisch entfesselter Leidenschaft (Peregrina-Zyklus, Ein Stündlein wohl vor Tag); mythisch-geheimnisvolle (Gesang Weylas) neben Liedern und Balladen im echten Volkston (Er ists[»Frühling läßt sein blaues Band ...«], Der Feuerreiter), heiter-besinnliche (Scherz, Jedem das Seine) neben ausgesprochen modernen Nonsense-Texten (den Wispeliaden oderSommersprossen von Liebmund Maria Wispel, 1837).

Das Musikalische seiner Gedichte – nicht umsonst ist Mörike einer der meistvertonten deutschen Dichter – und die eigenständige, präzise Handhabung des traditionsbeladenen Sprachmaterials verleihen seinem poetischen Werk einen über das Epochale hinausweisenden Wert; Texte wie Um Mitternacht, An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang, Ein Tännlein grünet wo oder An eine Äolsharfe gehören zu den unumstrittenen Höhepunkten deutschsprachiger Lyrik.

3.2. Franz Grillparzer und die Bühnenwelt

Mindestens im gleichen Maße wie Mörike ist Franz Grillparzer mit dem Biedermeier-Stigma belastet. Wegen seiner Formstrenge als Goethe- und/oder Schiller-Epigone verkannt, wegen seiner pessimistisch-resignativen Grundhaltung in der Behandlung der Macht-Thematik zum Dichter der Metternich-Ära abgestempelt, trug sicher sein Märchenspiel Der Traum ein Leben(1834) dazu bei, sein Werk als Aufruf zur tatenlosen Innerlichkeit zu mißverstehen, vor allem durch die Zeilen:

Eines nur ist Glück hienieden,
Eins: des Innern stiller Frieden
Und die schuldbefreite Brust.
Und die Größe ist gefährlich,
Und der Ruhm ein leeres Spiel,
Was sie gibt, sind nicht'ge Schatten,
Was sie nimmt, es ist so viel.



Freilich, aus dem Zusammenhang gerissen mag hieraus eine Aufforderung zu stiller Häuslichkeit abgeleitet werden, aber Grillparzer deswegen zum Vertreter biedermeierlicher Genügsamkeit auszurufen, grenzt an üble Nachrede. Sein Fatalismus ist alles andere als ängstlicher Schicksalsglaube, sondern rührt von seiner tiefen, gewiß auch leidvollen Welterfahrung her. Grillparzer kannte die ungeheure Macht, welche die – zumal verborgenen – seelischen Kräfte auf den Menschen ausüben, und so hat er in seinen Dramen nicht das Fatum walten lassen, sondern das Geschehen aus der – meisterhaft gezeichneten – tiefenpsychologischen Struktur seiner Figuren entwickelt.

Ob in König Ottokars Glück und Ende (1825) oder Ein treuer Diener seines Herrn (1828): es gibt in seiner Bühnenwelt ebenso wenig wirkliche Bösewichte wie strahlende Helden; alle Personen agieren aus der inneren Logik ihrer seelischen Beschaffenheit und geraten dadurch, gleichzeitig Opfer und Verursacher, in tragischen Konflikt. Das ist sein Wesenszug seiner den Schillerschen durchaus ebenbürtigen Geschichtsdramen, deren sentenzhafte Sprache ebenfalls an den Klassiker erinnert, ohne ihn jemals nachzuahmen (neben den schon erwähnten die Alterswerke Die Jüdin von Toledo, 1850–1860 entstanden, 1872 uraufgeführt, und Ein Bruderzwist in Habsburg, 1848/1872). Aber ebenso werden uns in der Bearbeitung antik-mythischer Stoffe (Sappho, 1818, die Trilogie Das goldene Vlies, 1821, Des Meeres und der Liebe Wellen, d. i. die Sage von Hero und Leander, 1831, sowie Libussa, 1848/1874) stets Menschen vorgeführt, die, auf der Suche nach dem persönlichen Glück, im Zwiespalt zwischen Erkenntnis und Tat an die von innen wie von außen gesetzten Grenzen geraten.

Wenn Grillparzer »der Dichter der skeptischen Reflexion und der resignierenden Weisheit« (Wolfgang Müller) genannt worden ist, so heißt das nicht, daß in seinen Dramen der Handelnde sich schuldig macht, während der Leidende seine Reinheit bewahrt. Das Zögern und Zweifeln ist ein Charakteristikum aller Grillparzerschen Figuren, durch die das Wissen des Autors um die Bedingtheit menschlichen Tuns und Strebens zum Ausdruck kommt.



3.3. Annette von Droste-Hülshoff und Naturdarstellung

Gefangen in ihrer von Milieu, materieller Not und archaisch-triebhaftem Denken und Fühlen bestimmten Welt, sind die Personen in Annette von Droste-Hülshoffs Meisternovelle Die Judenbuche. Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen (1842) nur in geringem Maße wirklich Handelnde; vielmehr kann ihr Verhalten als bloßes, fast instinktives Reagieren auf äußere, von Gesellschaft und Natur gesetzte Umstände aufgefaßt werden. In diesem Prosawerk nimmt die Autorin (eigentlich Anna Elisabeth Freiin Droste zu Hülshoff) Züge des Naturalismus voraus, so wie sie auch in anderen Erzählungen (Bei uns zu Lande auf dem Lande, 1840, Bilder aus Westfalen, 1842), wenn auch nicht mit derselben Intensität, einen besonderen Schwerpunkt auf die möglichst detaillierte und atmosphärisch dichte Schilderung der Lebensumstände des Landadels wie des einfachen Volkes legt.

Doch in die um Objektivität bemühte Darstellungsweise der Judenbuche flicht sich eine auf eigentümliche Art divergierende und doch organisch verbundene Thematisierung von Natur, die über das rein Deskriptive weit hinausgeht und Moor und Wald, Gewitter und Nebel etwas Unheimliches und Bedrohliches verleiht. Dieser Aspekt, der in den Versepen der Droste-Hülshoff überspitzt wirkt, läßt sich in ihrer Lyrik reiner und 'stimmiger' wiederfinden.

Unter den Begriff Naturlyrik, zu der viele ihrer Gedichte zweifelsohne zu rechnen sind, lassen sich im Prinzip alle Texte subsummieren, die eben Natur auf die eine oder andere Weise zum Gegenstand haben – das Kennzeichnende an Drostes Lyrik ist die magische Dimension, die Bäume, Vögel, Wolken, vor allem auch Formen und Geräusche erhalten. Ob düster oder freundlich: in Gedichten wie Der Knabe im Moor, Der Weiher, Durchwachte Nacht oder Im Grase ist stets etwas Dämonisches zu spüren; die Erscheinungen der Natur sind nie bloßer Hintergrund, nie bloße Träger von Stimmungen, andererseits auch nie reine Symbole: sie sind wesenhaft, sind am Weltgeschehen beteiligt, besitzen geheimnisvolle Macht.

3.4. Stifter, u, Rückert und Grabbes

Eine mindestens ebenso zentrale Rolle spielt die Natur auch bei Adalbert Stifter, allerdings mit völlig anderer Funktion. Denn wenn bei einem Autor tatsächlich und ganz wertfrei von Biedermeier im Sinne von 'Rückzug ins Private, Abgewandheit von der (sozial geprägten) Welt' gesprochen werden kann, dann ist dies bei ihm der Fall. Stifter, dem das »Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers« mehr galten als der »Blitz, welcher Häuser spaltet« und der »Sturm, der die Brandung treibt« hat die in seiner Prosa allgegenwärtige Natur zum Zeugen und Mitbeteiligten am menschlichen Schicksal gemacht. Im Grunde thematisieren alle seine Werke (darunter Der Hochwald, 1842, Brigitta, 1843, Der Waldsteig, 1845, Bunte Steine,1854, Nachsommer, 1857, Die Mappe meines Urgroßvaters, vier Fassungen von 1841 bis 1867) die Entsagung und die Zuwendung zum Kleinen, Alltäglichen als Kern wahrer Humanität, die sich dem »sanften Gesetz« der sittlichen Ordnung unterwirft.

Und noch bei einem weiteren Autor, der allerdings eher aus Mangel an Gegenbeweisen dem Biedermeier zugeordnet wird, steht die Natur im Vordergrund seines vorwiegend lyrischen Schaffens: Nikolaus u (eigentlich Nikolaus Franz Niembsch, Edler von Strehu). In seiner von Melancholie geprägten, äußerst melodiösen Lyrik spiegelt die Landschaft – oft die Steppen seiner ungarischen Heimat – die düsteren Stimmungen der Seele. Zerrissenheit ist auch formal und thematisch das Kennzeichen seiner Verserzählungen und -dramen (Faust, 1836/40, Savonarola, 1837, Die Albigenser, 1840 und Don Juan, ein Fragment aus dem Nachlaß).

Als bedeutender Lyriker dieser Zeit muß auch Friedrich Rückert genannt werden. Die große Anzahl seiner Gedichte, deren ästhetischer Rang fast zwangsläufig sehr unterschiedlich ausfällt, hat zu einer pauschalen Unterschätzung seines Werks geführt. Möge ihm – durchaus nicht unberechtigt – virtuose Oberflächlichkeit in vielen seiner Texte vorgeworfen werden, so weist sein Œuvre doch Aspekte auf, die Rückert große Aktualität verleihen. Nicht nur dieKindertotenlieder (1872, aus dem Nachlaß), die Gustav Mahler zur genialen Vertonung bewegten, sind ein Beispiel hierfür; auch seine Hinwendung zum Gegenständlichen und zu manchmal skurrilen Motiven enthält Parallelen zur Lyrik des 20. Jahrhunderts (z. B. Günter Eich). Darüber hinaus ist Rückert der bedeutendste deutschsprachige Übersetzer und Nachdichter orientalischer Poesie: er übertrug Texte u. a. aus dem Arabischen, Hebräischen, Persischen und Sanskrit und verwendete zahlreiche fremde Strophenformen (Ghaselen, Makamen etc.) zum ersten Mal in der deutschen Lyrik.

Wenn von Zerrissenheit die Rede war, so kann dieses Attribut wohl selten treffender verwendet werden als in bezug auf das Leben und Werk Christian Dietrich Grabbes. Aus seiner nihilistischen Perspektive war die Welt nichts als ein »mittelmäßiges Lustspiel«; entsprechend dieser Grundhaltung gestaltete er historische Dramen (Napoleon oder die hundert Tage, 1831, Hannibal, 1835) als groteske Bilderbücher, in denen das Scheitern alles Großen an der Übermacht des Gemeinen und Banalen zynisch dargestellt wird. Grabbes radikale Skepsis und Illusionslosigkeit rückt ihn in die Nähe moderner Dramatiker wie Valle-Inclán, Ionesco und Beckett. Als frühes Werk des absurden Theaters kann seine Komödie Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung (1827) angesehen werden; eine erste Ahnung der Postmoderne vermittelt der gigantische Versuch, in Don Juan und Faust (1829) zwei Stoffe der Weltliteratur mit einer eigenwilligen Zitat-Technik zu einer aus dem Widerspruch generierten Synthese zusammenzuführen.



3.5. Johann Nestroy

Johann Nepomuk Nestroy, ein österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Opernsänger wurde 1801 in Wien geboren und ist zweigellos der bedeutendste Lustspieldichter aus Österreich. Die Tradition von Stranitzky, Hafner und Raimund konsequent weiterentwickelnd, begleitet und dominiert Nestroy das Wiener Theaterleben vom Biedermeier über den Vormärz bis zur Revolution und prägt auch noch die Jahre nach 1848.


Erst Karl Kraus leitet eine Wiederentdeckung ein, befreit N. vom Klischee des witzigen »Wiener Dialekt-Dichters« und erkennt in ihm den großen Theaterdichter deutscher Sprache, dessen Werke – über das Lokale weit hinausreichend - inhaltlich und formal zeitlose Gültigkeit haben und deshalb auch heute zu den meistgespielten Theaterstücken im deutschsprachigen Raum zählen.


Seine Volksstücke, Possen, Travestien und Parodien (auf Grillparzer, Meyerbeer, Holtei, Hebbel und Wagner) basieren fast durchwegs auf fremdsprachigen Roman- oder Stückvorlagen, die inzwischen mit Recht vergessen sind. Sie sind immer mehr oder weniger durchsetzt mit Gesangseinlagen (Couplets, Chören, Duetten, Quodlibets), welche die Handlung teils distanziert reflektieren, teils situationsbezogen überhöhen.


Alle seine Werke sind geprägt von desillusionierender, absoluter Skepsis gegenüber menschlichem Verhalten und gesellschaftlichen Entwicklungen jeglicher Art. Unerbittlich zeigt er menschliche Abgründe und Schwächen, prangert sie an, doch ist stets Sympathie für die kleinen Leute spürbar, letztlich auch eine tiefversteckte moralische Utopie.


Das raffinierte Wechselspiel von Dialekt und (meist aufgesetzter) Hochsprache entlarvt nicht nur die Charaktere, bzw. deren soziale Herkunft und Befindlichkeit, sondern vereinigt sich bei Nestroy zu einer ungemein rhythmischen und präzisen Art von Kunstsprache, deren stärkste Aphorismen und Wortbilder als Zitate wieder in den Volksmund eingegangen sind.

Abb. 5 : Zu ebener Erde und erster Stock


Dialektischer Witz, scharfe Ironie, abgründige, subtile Satire stehen bei ihm neben absurder, urwüchsiger Komik. Dabei arbeitet er oft mit mehrdeutigen, indirekten Anspielungen verbaler oder gestischer Art, um die Zensur zu umgehen.


Die tradierten, bewährten Komödienschemata, auf die er mitunter zurückgreift, erfüllt er mit neuem Leben, bringt sie formal auf den Punkt und veredelt sie sprachlich unübertrefflich. Vorsichtig erprobt er manchmal auch neue Spielformen, die ihrer Zeit oft weit voraus sind, läßt aber schnell davon ab, wenn sie von seinem Publikum nicht goutiert werden.


So ist er in vielem Urvater und Wegbereiter der modernen österreichischen Theaterdichtung (Anzengruber, Horvath, Soyfer, Bauer, Jelinek).






5. Quellenverzeichnis


Internet Quellen




Literatur Quellen

Joachim Bark: Biedermeier und Vormärz/Bürgerlicher Realismus. Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 3. Klett, Stuttgart 2001. 

Marianne Bernhard: Das Biedermeier: Kultur zwischen Wiener Kongreß und Märzrevolution. Econ, Düsseldorf/Wien 1983.

Helmut Bock: Aufbruch in die Bürgerwelt. Lebensbilder aus Vormärz und Biedermeier. Münster 1994. 

Manfred Engel: Vormärz, Frührealismus, Biedermeierzeit, Restaurationszeit? Komparatistische Konturierungsversuche für eine konturlose Epoche. In: Oxford German Studies 40/2011, S. 210–220.

Klaus D. Füller: Erfolgreiche Kinderbuchautoren des Biedermeier. Christoph von Schmid, Leopold Chimani, Gustav Nieritz, Christian Gottlob Barth. Frankfurt am Main 2005. 

Georg Hermann: Das Biedermeier im Spiegel seiner Zeit: Briefe, Tagebücher, Memoiren, Volksszenen und ähnliche Dokumente. Berlin 1913. 



Quellen & Links

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