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Mitschrift (Lernskript)

50er Jahre Literatu­ranalyse­: Dürrenma­tt & Grass - Mitschri­ft Lernskri­pt

13.232 Wörter / ~43 Seiten sternsternsternstern_0.5stern_0.3 Autorin Sylvia W. im Mai. 2011
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Mitschrift
Deutsch

Universität, Schule

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Note, Lehrer, Jahr

WS 09/10

Autor / Copyright
Sylvia W. ©
Metadaten
Preis 4.80
Format: pdf
Größe: 0.68 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternstern_0.5stern_0.3
ID# 7004







Literarische Traditionen IV


50-er Jahre:

·         Wirtschaftswunder

·         Zeittendenz /Stimmung wird im Kabarett thematisiert

·         BRD: Schriftsteller haben eher oppositionelle Haltung (vor allem in den 60-igern)

·         DDR: Schriftsteller eingebunden in den Aufbau (Überzeugung zur Etablierung der Gesellschaft)

Das Groteske
Friedrich Dürrenmatt: Der Besuch der alten Dame (BS 11)

1. Welterfolg von Dürrenmatt, 1956
Stück handelt unter anderem von der Macht des Geldes.

-          Dramentheoretischen Voraussetzungen: Dürrenmatt: „Man kann eigentlich keine Tragödie mehr schreiben. Nennt es Tragikomödie.“ Viele groteske Momente (zB Kastration der beiden Zeugen)

-          Warum nicht? Die Tragödie setzt Schuld, Not, Maß, Übersicht und Verantwortung voraus. Wenn Schuld diffus wird (Masse), verliert sich das Ethos der Tragödie. (à Essay „Theaterprobleme“)

-          Schuld = nur mehr persönliche Leistung, individualisiert –In dem Augenblick, wo Ill die Schuld einbekennt, wird er zur tragischen Figur, weil er dafür büßt.

-          Wovon lebt die Komödie? Funktioniert, weil einer sich falsch verhält in Bezug auf „Nomos“ =Gesetz (Ill bekennt zuerst Schuld nicht ein) Distanz: Verhalten beobachten – darüber lachen durch Distanz. Komödie = didaktisch. Wie wird aufgedeckt? Entlarvungsmechanismus = durch einen der von außen kommt – Störenfried (hier: alte Dame)

-          Besuch der alten Dame: Zusammenführen von Komödie und Tragödie. Tragische ist zwar noch möglich (aus der Komödie heraus, als schrecklicher Moment – wie in diesem Stück).
schrecklicher Moment: Ill bekennt seine Schuld ein. Unterschied: In der Tragödie gibt es immer Gegenspieler.

Hier gibt es keinen Mörder, nur Schuldigen.
Sprachkritik – Kritik an der konventionellen Rede – vgl. Ödon von Horvath
Selbstentlarvung der Figuren (Beispiel Polizist Skriptum) – Sprache weist auf Ills Tod hin

-          Chor bei Dürrenmatt: auktoriale Instanz, Beurteilung der Situation – moralische Standards (in der Antike: „Rat der Weisen“), bei Dürrenmatt stellen die Bürger selbst den Chor dar: menschliche Niedertracht wird fixiert – Lob des Wohlstands als Ziel des Strebenes.

-          Zeigt Bewusstseinsdefekte auf – Massengesellschaft funktioniert nach absurder Logik = Darstellung dieser Logik im Stück – Schuldfrage nach dem Krieg wurde nicht beantwortet – Wie schaut moderne Sühne aus? Chor = pessimistische Ansicht Dürrenmatts, nichts Reinigendes, nur Bestätigung des „Sumpfes“ in dem der Mensch lebt, Parodie auf den Chor bei Sophokles. – keine Orientierung


Günter Grass : Die Blechtrommel (BS 10)

Schwer in eine Gattung einzuteilen: unter anderem „Schelmenroman“, weil der Protagonist von Episode zu Episode „stolpert“ und sich nicht weiterentwickelt. Aber in jeder Episode kommt ein Aspekt der Welt zur Sprache – gezeigt wird, wie schief die Welt läuft. Oskar ist besonders für Aufdeckung geeignet, nicht nur durch seine Größe. Aspekt der Sexualität – Beobachtungsperspektive.

Groteske /Surreale Aspekte (volles Bewusstsein von Oskar seit seiner Geburt, Zersingen von Glas)

„Meine Trommel erinnert.“ – getrommelter Text. Oskar ist demnach Künstler (=seine Ausrichtung)

Anfang: Parodie auf Goethes Autobiografie („Dichtung und Wahrheit“) –warum er Künstler werden musste – Bedingungen bei der Geburt.

Künstlertum: hat immer auch dunkle Seiten /Abgründe: Nietzsche: Das „Dionysische“ – nimmt Oskar auf – sein Gegenbild zu Goethe: Rasputin (Gelehrter am Zarenhof, „faustische“ Züge)

3 Zeiteinheiten (siehe Skript):

1.      Jugend, Groß werden

2.      Kriegszeit, Lehrmeister (=Gottfried Benn)

3.      Nachkriegszeit, Irrenanstalt, Oskar dennoch keinen Zweifel das ER der Souveräne ist (zB Steuerung des Pflegers)

Meta-narrative (über dem Erzählen stehende) Phasen: Reflektieren über das Erzählte – Literaturdiskussion der Zeit (Welche Literatur kann man nach dem Krieg schreiben? Welcher Stil?) Beantwortung der Frage durch den Roman… Helden gibt es noch, weil Held = etwas Besonders… Poetik des Romans + ironische Formulierung = Oskar ist Insasse einer Irrenanstalt – größenwahnsinnig.

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Erfrischende Blasphemie des Romans (Künstlerroman – Vergleich m. anderen Künstlern: hier Goethe, Rasputin… in der Zeit der Empfindsamkeit: Jesus – als Genie, zB. Goethes Werther: mehr Bibelstellen vgl. Goethe = Werther) auch Oskar vergleicht sich mit Jesus (zB hängt Jesus id Kirche seine Trommel um)

Besonderer Spott: Anfälligkeit der Menschen für den Nationalsozialismus, sein Vorteil daraus.

Rezeption:
Bremer Literaturpreis (1960) – wurde nicht überreicht (Roman sei Sitten- und Jugendgefährdend – Obszönität des Romans) – Moral des Helden? = a-moralisch, hat keine Moral. (zB Besetzung der polnischen Post durch die Nazis – lotst Oskar seinen Vater Jan in die Post – wird dort erschossen, quasi Mörder seiner beiden Väter) Anführer einer kleinen Räuberbande (= seine Jünger)… absolut respektlos (Missachtung des Sexualität – und Aggressionstabus)
Kindelied („schwarze Köchin“) als Bestandteil des Romans.

Anzeichen: kultureller Wandel… Ausgang aus der Adenauer Restaurationszeit . literarisches Durchbrechen der Kulturgrenzen, die nach dem Krieg gezogen wurden (Böll als Prototyp)

Eine dieser Durchbrechungen:
Arno Schmidt (BS 13) KAFF auch Mare Crisium (Text: rosa Skriptum)
gesprochene Sprache in Schriftzeichen gesetzt – ab um die Ecke (- weicher Verschlusslaut … hart wird…) Artikel werden durch Zahlen ersetzt… Anfang: nichts, niemand, nirgends nie – Rhythmus des Fahrens der Dreschmaschine; Dreschmaschine = markant als Wahrnehmungsgröße, dass sie die Wahrnehmung des Protagonisten voll besetzt.

Schmidt möchte nicht nur etwas erzählen, sondern alles was im Kontext einer Handlung steht (grafisch, lautlich etc.) miteinbeziehen, was daraus entstehen soll: das Visuelle und das Akustische soll genau präsent werden, wie das textisch ereignishafte

Schriftsteller muss objektiv sein – Arno Schmidt. „Sprachwut“ – große Werke, die auf der Höhe der Poetischen Möglichkeiten der Zeit – Bewusstseinsstrom + Realitätspartikel

Handlung: wenig, Sprachlich: viel. Besuch bei Tante.
Parallelgeschichte: Karl Richter erzählt seiner Freundin: Zeitgeschichte die nach dem Atomkrieg auf dem Mond spielt. Kalter Krieg geht auf dem Mond weiter… Figuren sind dem Nibelungenlied entnommen. Hagen, 2 bekämpfende Frauen (Brownhild .Creamhild…)

Politisierung der Literatur in den 60-er Jahren (Bs 21, 45) – 1968

Martin Walser (‚61): Brauchen wir eine neue Regierung?
à große Auflage, Darauf Äußerung vieler Schriftsteller.
Erwartung, dass etwas Neues sich etablieren sollte.
Walser: Gesellschaftsroman „Halbzeit“ – literarisch wichtiges Signal setzte.
„Ehen in Philippsburg“
à Bruchstellen der bürgerlichen Gesellschaft, Schilderung des Lebens von drei Ehepaaren (alle Facetten des bürgerlichen Ehelebens – aufzeigen der brüchigen Fassade des bürgerlichen Lebens; bürgerliche Ehe = ökonomische Zwangsgemeinschaft.
„Der Ehebruch beginnt mit dem Treueversprechen.“ Treueversprechen = absurd, da nicht machbar.

Walser zeigt, wie Ehen nicht machbar sind durch Verkettung von Ökonomie mit Gefühlen.
In „Halbzeit“ in breiterem Gesellschaftspanorama ausgeführt. Ausgang von These: „Der Mensch ist gesellschaftlich gesehen eine Funktion und er spielt Theater.“ – auf Höhe der Soziologie der Zeit.
umfassende Darstellung der Rollen der Menschen. „Wie ist Lebenszeit erfassbar?“ Walser Romane = Bewusstseinsromane, wenig Handlung – „Maskenball = Symbol für die Gesellschaft, jeder trägt eine Maske.

·         Roman 1978: „Eine Liebe in Deutschland“: Liebe eines polnischen Zwangsarbeiter und einer deutschen Bäuerin – Zwangsarbeiter wurde erschossen in den letzten Kriegstagen – Befehlsgeber wurde später Ministerpräsident – zu Fall gebracht

Peter Weiss: „Marat/Sade“

BS 45 1964: „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats“ „Marat/Sade“ = Kurzform
von Peter Weiss: mit Verfremdungstechniken; geht um das Verhalten gegenüber politischen Veränderungen. Marat = Kollektivist, Revolution ist voranzutreiben, gibt kollektives Heil (Form der Gesellschaft die jenseits der bestehenden ist), De Sade= Skeptiker, anthropologischer Realist, - wenn man Menschen Macht gibt, wird diese Macht missbraucht.

Autologik der Macht (sich selbst zu erhalten).
Irrenhausdirektor wohnt m. Familie dem Stück bei, greift aber immer wieder ein – Aufruhr der Irren einschränken (Kommentar – Theater im Theater) durch Interaktion mit Zuschauer: 1 + 2 Fiktionsebene – kommt noch deutlicher heraus. Insassen stellen die Massen dar, die Marat mit seinen Reden dynamisiert.
Darüber gelagert: Dialog von Marat und De Sade.

Wichtiger Schritt Richtung postdramatischem Theater der 90-er. 33 Szenen, z.T. surreale Handlungen, literarische Formen vielfach vertreten zB Operneinlagen, Parodien (auf d. Politik der franz. Revolution)… schlecht beschreibbar.
De Sade: Geschichtspessimismus: es wird nichts besser, weil die Menschen sind wie sie sind.
Marat: es muss sich etwas verändern.
gezeigt: spezifische Beobachtungspositionen.


Weiss geht von der Idee aus, dass die Deutschen es verabsäumt haben, 1945 eine Revolution zu machen – Attacke auf die Restauration durch Poetik der Erinnerung: Figuren erinnern an das, was während der franz. Revolution der Fall war.
„Geschichte vernichtet Menschen, schreibt sich in die Körper der Menschen ein“ – Weiss oder auch Heiner Müller zeigen „beschädigte“ Körper – Verletzungen durch die Geschichte („Geist“)
Geschichte = Inszenierung der Sieger – Irrenhausdirektor = Restaurationsgewinner.

Weiss: Fragestellung: Was kann ein Schriftsteller zur Veränderung der Gesellschaft beitragen? (am Ende der 60-er)

Österreich nach 45 (BS 14)

Hans Weigel, Friedrich Torberg, Ernst Haeussermann: Brecht Boykott

Frage: Wo steht Österreich nach dem Krieg?
Weigel: „Österreich = Zwischenstation zwischen Sieger und Besiegten“ „Schuld der Deutschen“
massive Abgrenzung gegenüber dem Deutschen.
Claudio Magris: heuriger Friedenspreisträger des dtsch. Buchhandels, Begriff „habsburgischer Mythos“ – Österreich muss wieder Anschluss finden an seine eigene Vergangenheit (K.u.K.Zeit) Roman: Strudelhofstiege (soll genau das zeigen)

Roman von George Saiko: Der Mann im Schilf – Tabubruch: Vorgänge rund um den Nazi-Putsch gegen Dollfuß 1934, zeigt nicht nur gespaltenes Österreich, sondern anhand des Putsches zeigt er auch die zerstörerischen, dunklen Kräfte der österreichischen Mentalität bzw. latent vorhanden sind („Freudianer“). – geht ihm das österreichische „Es“ zu thematisieren. Wenig Handlung (Archäologen paar kommt von Ausgrabungen zurück, lebt in Salzburg) geht um Mann der sich angeblich im Schilf versteckt (darauf ist alles Denken konzentriert: für einen „das Böse“ , für andere „Hoffnung“ – Projektionslawine wird in Gang gesetzt durch diesen Mann, der nicht auffindbar ist.

Wenig Aktion, sondern was die versch. Menschen bewegt, das Unbewusste. Roman erhielt keine große Rezeption, an Joyce orientierte Struktur – nicht leicht zu lesen. „Realismus der Tiefe“ – latente Beweggründe des Menschen.

Hans Lebert: Die Wolfshaut:
2 Ebenen: Krimi (mit Aufdeckungsstrategie), mythologische Hinterwelt (von der aus die ganzen Handlungen plausibilisiert werden)
2.Republik wird auf „Knochenhaufen“ (unzähligen Toten) aufgebaut. Toten steuern die Lebendigen…
Krimi-Handlung: siehe BS 15 Tat lastet auf Dorf – alle verwickelt, keiner will darüber sprechen. Besonders ein Polizist (Herr Habicht) – „3.Uniform“, Habergeier = Jäger, Landtagsabgeordneter, „Stammtischgesellschaft“ – sprechende Namen, rosa Handout: „Wir bleiben wir“ Fotograf verwandelt sich in Wolfsmenschen;

Albert Drach: Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum1964/1989

Korruptheit der Welt aufzeigen, wie m. Fremdheit umgegangen wird, Wirkungsweise des Antisemitismus = Aktualität des Ganzen: heute Asylanten
Roman zeigt prototypisch Umgang mit Fremden (Abwehr, Versuch der Verdrängung – bis zur Vernichtung)
einzelne Stationen, biblische Motive: Kain/Abel Motiv (Grzezinsky…)
Grzezinsky = Bruder des Zwetschkenbaum; durch Identitätsschwindel Adeliger, und vertritt jetzt Antisemitismus, Selbsthass
Protokollschreiber: zum Schluss tritt er kurz als Ich-Erzähler auf.
Protokoll = nicht neutral, wird immer GEGEN einen Menschen geführt (These v. Drach) – auktoriales Bewusstsein, dass den Protokollschreiber „entlarvt“
durch nüchterne, illusionslose, anthropologische Haltung = zeitlos.
Stücke : Ideenstücke, eher grob

Drach weit entfernt guten Juden zu zeichnen, weil es keine guten Menschen gibt. Muss Menschen so zeigen wie sie sind. – gehörte aber m. zum Tabu der 50-er Jahre, dass „Opfer“ gut sein müssen. – moralische Dichotomie die Drach durchbricht, deshalb so verstörend (12 Verlage lehnten den Roman ab.)

Drach: Romane können nur aus Außenperspektive geschrieben werden.

Gerhard Fritsch: Fasching (Bs 15)
alte Ideologien / Affekte, die das 3.Reich getragen haben, wieder zum Vorschein kommen.
Gründung der Zeitschrift „Protokolle“
„Katzenmusik“: Identifizierung des Österreichers mit einem Punschkrapfen

Elias Canetti: Masse und Macht (Bs 15f)
Beschreibung von versch. Massen. Masse an sich: vgl. Meute (=Jagdzusammenkünfte) Massen können nur dadurch bestehen, dass sie sich „einen Feind bilden“. Sinn: garantieren das Überleben – Kooperation etc. Mensch = Massenwesen (aufbauend auf antike Vorstellungen)
Masse ist nichts ohne Macht.
Beschreibung von Macht (zurückgehend auf Urgesellschaften) eigentliche Machtdefinition: Macht hat jemand, der über Leben und Tod entscheiden kann.

Machthaber = Überlebende.
Jeder Mensch übt Macht aus – außer der Dichter.
„anti-freudianisch“

Hermann Broch: Massenwahntheorie
ausgehend von Freud: Masse braucht Führer und muss den Führer lieben.
Jedes Massenverhalten = irrational reduzierte Menschlichkeit, menschliche Selbstverwirklichung nicht möglich – delegiert Möglichkeiten an die Masse
Jeder Mensch hat Angst durch Ausdruck der Individualität zu vereinsamen. Angst der Vereinsamung = Prinzip, das uns in der Masse aufgehen lässt.

Marlen Haushofer: Die Wand (1968) BS 17
Frauenliteratur: starke Rezeption Haushofers;
Romane handeln von Frauen, die sich gefangen fühlen bzw. verstellen; teilweise autobiographisch: vgl. Tagebucheinträge; Mentor: Hans Weigel
„Die Wand“: geht um gestorbene Hoffnungen, radikale Fantasie des selbstbestimmten Lebens (= wichtiges Thema für die Frauenliteratur, steht im Zentrum (Entwürfe eines selbstbestimmten Lebens)) Selbstbestimmung unter Ausschluss von allem Umgebenden – existenzialistisch, auf sich selbst zurückgeworfen.

Nachtrag: Hans Magnus Enzensberger: Landessprache 1960
Bs 13 + rosa HO: An alle Fernsprechteilnehmer : skeptische Stimmung der späten 50-er Jahre, „Etwas“ –Bedrohungen des wirtschaftlichen Aufschwungs (Radioaktivität: Ahnungen der atomaren Gefahr, Technik –Radar), Bedrohungspotenzial,
Landessprache = poetische Abrechnung;

DDR-Literatur

BS 17ff
Autoren: Aufforderung den Aufbau der Gesellschaft mitzutragen.
1.Generation: Autoren aus dem Exil
Dann: Ausbildung am Becher Institut (Leipzig) : Schreibschule: Schreiben kann man lernen, Geniebegriff = bürgerliche Ideologie; gibt es noch immer, anderer Name: Literaturinstitut Leipzig (Haslinger („Vaterspiel“ lehrt dort)
Literatur: formal – sehr konservativ, Einfühlung sollte ermöglicht werden (aristotelisch – Katharsis)

Richtungsstreit:

1.      Brecht („Kleines Organon für das Theater“): seine Vorstellungen von Drama, episches Theater („anti-aristotelisch“); Verfremdung = Illusionsbrechung, Betonung des Rollencharakters (Rolle – Schauspieler)

2.      Stanislavski: Optimierung des Effekts der Einfühlung, Schauspieler muss in der Rolle aufgehen, Illusionsbildung, setzt sich in der DDR
Lukács: Totalität der Welt zeigen – durch Ausschnitt, konservativ, Autoren 19.Jh.
Kontra Moderne Theoretiker: Es ist nicht mehr möglich Totalität der Welt zu zeigen, weil die Welt nicht überschaubbar ist, wäre Lüge

·         antifaschistischer Konsens, Nachteil: Tabuisierung der NS-Zeit

·         antimodern (Orientierung an Schiller, Benn, Goethe)

·         antisubjektivistisch

Programm DDR Literatur :

·         Aufbauliteratur (Etablierung und Aufbau einer neuen Gesellschaft)

·         Bitterfelder Weg (Ort in der DDR): Mehr Menschen sollen schreiben – zu wenig Literatur; Arbeiter soll selber schreiben

·         Ankunftsliteratur: benannt nach „Ankunft im Alltag“, meist Entwicklungsromane mit sozialer Läuterung – Entwicklung einer sozialistischen Identität

·         Dorfroman

Werner Bräuning: Kleinschmidt

Uwe Johnson: Mutmaßungen über Jakob (BS 19)

·         Erstes Buch, das sich mit der Trennung Deutschlands beschäftigt, Ausschnitte – keine Gesamtversion, verteilt auf einige personalisierte Perspektiven (zB Kollegen von Jakobs, seine Ziehschwester Gesine Cresspahl, Freund Jakobs, Stasi Offizier Rohlfs.
Auf der Handlungsebene keine rekonstruierbare Struktur: ein Ereignis hat stattgefunden: Jakob ist tot. alles andere läuft auf der Bewusstseinsebene ab.

Titel = Programm, einzelne Personen mutmaßen über Jakob – ohne Ziel zu erreichen. Versuch einer analytischen Rekonstruktion (ähnlich einem Krimi).
Roman besteht aus „Stimmen“ – müssen erst zu einer Geschichte kombiniert werden.

·         Gab auch Zweifel ob Jakob nicht durch seine Reise in den Westen einen Persönlichkeitswandel vollzogen hat.

·         Roman ist zwar schon im realistischen-sozialistischen Schreibdogma: Handelnde sind Arbeiter, aber sie sprechen nicht wie es vorgeschrieben wäre.

·         Leben in der DDR ist erstarrt, zukunftslos – pessimistische Vorausdeutung auf Zukunft (durchaus ähnlich William Faulkner).

·         Es gibt keinen Erzähler, der die Geschichte „in der Hand hätte“ – „unzuverlässiges Erzählen“ durch Polyperspektive.

·         Roman beschreibt präzise das Leben in der DDR: was die Menschen bewegt, Zustand der Angst, Atmosphäre in der die Menschen leben

Steigerung in seinem Werk „Jahrestage“ (1970-74) – beschreibt den Übergang vom Sommer 1967 bis Sommer 1968, ist angesiedelt in New York, Gesine ist seit 1961 mit der Tochter Marie (Vater: Jakob Abs) in NY - soll eine Erzählung für Marie werden (wer die Großeltern waren, ihr Vater und das Leben in der DDR) – Skepsis gegenüber der menschlichen narrativen Erinnerung à Erinnerungserzählungen werden vermischt mit Dokumenten, Zeitungsausschnitte, Protokolle. – Passagen die an Proust (Suche nach der verlorenen Zeit) anknüpfen, medial erweitert (zB Zeitungen), dass vielleicht medial haltbar ist, viele Berichte über Vietnamkrieg, Kennedy Mord (aktuelle Ereignisse), so entsteht eine Katastrophengeschichte der 1. Hälfte des 20.Jh bis 1970 – Marie soll erfahren, was es mit der Welt und den Menschen auf sich hat – für die Marie als nächste Generation als Orientierung im Leben.

Erinnerungsroman (Beispiel Uwe Johnson – Mutmaßungen über Jakob)
„Literarische Memoria“ – Uwe Johnson als Vorbild, auch für viele Romane die nach 2000 entstanden sind. Grundfrage: Was ist die Erinnerung? – immer zweifelhaft, ungenau „Mutmaßungen“; In seiner Vorbildwirkung auf die Memoria-Romane auf 2000: Johnson zeigt sehr genau wie Erinnerungen zustande kommen, wie Anhaltspunkte falsch interpretiert werden – Kontur entsteht.

Weitere Autoren der DDR-Zeit:

Christa Wolf:
Der geteilte Himmel – Liebesroman, Ende: Der Mann (Chemiker) geht in den Westen, Frau bleibt zurück (verfällt in schwere Krankheit als Reaktion auf das Ereignis), Krankheit – Reaktion des Körpers auf geschichtlichen, politischen Zugriff auf den Körper – bei Christa Wolf, leidet auch an den Zuständen des Landes. (zB auch in „Leibhaftig“)
Selbstmordversuch, Trennung der Liebenden – Thematisierung der Deutschen Teilung, Faktor: Subjektivierung (war nicht erwünscht in der DDR) der Ereignisse, Perspektiven

„Nachdenken über Christa T.“ – Steigerung der Subjektivierung, 1969 – Rekonstruiert den Tod der Freundin Christa T. – Anlass zum Nachdenken über das eigene Leben, die Vergangenheit (Kindheit im 3. Reich – Auswirkungen der NS-Zeit nach 1945 in der DDR: Größe der politischen Autorität geht weiter – Leiden an Autoritarismus) – Christa T. begeht am Schluss Selbstmord

Diese Sichtweise eher in der Literatur von Frauen.

auch: Maxie Wander – Sammlung von Lebensberichten (Vorwort von Christa Wolf) – Ende der 60-er/Anfang der 70-er Jahre; Idee: breites Spektrum vom Leben der Frauen in der DDR (von der Arbeit bis zur Gestaltung des individuellen Lebens); Darstellung von Gesellschaftsvorstellungen: Rolle der Frau in der sozialistischen Gesellschaft; Was ist die Frau im Sozialismus?

Subjektivierung: Sächsische Dichterschule: Sara Kirsch, Wolf Biermann, Reiner Kunze, Wulf Kirsten… die meisten gingen dann nach Westdeutschland.
Lyrik: Zusammenprall der Ich-Erfahrung mit dem Außen; Lyrik ist weitgehend nur im Westen erschienen.

Biermann wurde nicht mehr in die DDR zurückgelassen (nach einer Konzerttour im Westen) – Protestaktion mit Unterschriftensammlung – ab diesem Zeitpunkt Aufruhr in der DDR Literaturgesellschaft – literarische Kultur der DDR bewegt sich immer weiter von den Interessen der Macht weg.

Volker Braun: Hinze und Kunze Roman
Was ist das Handlungsrad des Individuums im Vergleich zu den Gesellschaftlichen Vorgaben?

Becker löst das mit Ironie: so ist es, der andere Mensch ist eine Konstruktion – ist in Bezug auf die ganze Welt der Fall. Unsere Welt = Konstruktion. Epische Umsetzung des Konstruktivismus.

Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand (Bs 18)
einige Aspekte wie bei Maxie Wander; Franziska ist Architektin, muss kämpfen gegen die Männerdominanz in ihrem Beruf; Sie ist attraktiv – katastrophale Beziehungen (Affären, 1.Ehe mit Arbeiter – klassenbewusst – scheitert an Unterschieden: Kopf/Handarbeit), sie will berufliche und sexuelle Emanzipation für sich.

Emanzipation scheitert am Patriarchat der DDR.
verschiedene Männertypen werden beschrieben, auch im Beruf keinen Erfolg: Baukastenarchitektur; obwohl die DDR Gesellschaft sich als emanzipatorisch deklariert hat.
autobiographisch unmittelbar – ähnliche Tagebucheintragungen: Menschen mit unbedingtem Lebens- und Glücksanspruch, ahnt was das Leben an Erfüllungen bieten könnten – beschrieben werden die Hindernisse, die dem Glück im Weg stehen: Frauen kämpfen und scheitern – übertragen auf die Architektenszene – von der Literatenszene in der sie sich selbst bewegt hat – männerdominierte Clique.

Roman berührte Tabus der DDR: Selbstmord, Architektur (Wohnungsbauprogramm), Ereignisse um den Einmarsch der Roten Armee (Plünderungen, Vergewaltigungen)

Heiner Müller: Germania Tod in Berlin 1978 (BS 19)

Vision auf Deutschlands Geschichte, Fokus auf die Frühgeschichte der DDR bis 1953 – Ereignisse in der Frühgeschichte ordnet er Szenen aus anderen Epochen der deutschen Geschichte bei, 6 Parallelszenen (12 Szenen – immer 2 paarweise), in der Mitte gibt es eine Groteske über die Geburt (Nachkriegs) Deutschlands, teilweise surreale Bilder, teilweise realistische Elemente, es geht vor allem um die Möglichkeiten des Menschen, aufgegriffen wird die Vision einer sozialistischen Gesellschaft – gewisse Naturnotwendigkeit nach dem Kapitalismus der Sozialismus (nach Marx), Müller beschreibt die Vorgeschichte der DDR Defizient ( um die Zensur zu umgehen – trotzdem durfte es in der DDR nicht aufgeführt werden).

Müller:
Das Theater muss etwas sein, das gegen das Publikum entwickelt wird – vgl. Brecht, formal ist Müller durchaus treuer Brecht-Schüler: Einfühlung muss vermieden werden – Theater zeigt und lädt nicht ein zur Teilnahme. Anthropologischer Pessimismus: Geschichte wird Geschichte der Gewalttaten bleiben.
„Theater der Grausamkeit“ – als Orientierung, Menschen sollen schockiert werden (zB durch Kannibalismus etc.) Schock soll lehrreich sein.
Erster des anti-dramatischen Theaters

Quellen & Links

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