Leistungsnachweis Lesesozialisation/Gender und Lesen
Meine Persönliche Lesesozialisation
Persönliche Einschätzung – Bin ich ein Leser?
Um beantworten zu können, ob ich mich für einen Leser halte, müssen zuerst zwei Definitionen des Begriffs Leser geklärt werden.
Die erste Erklärung befasst sich mit der Fähigkeit eines Menschen, etwas lesen zu können. In diesem Fall ist es essenziel, dass ein Leser fähig ist, einen Text zu lesen und dessen Inhalt verstehen zu können. Kein Mensch wird mit der Fähigkeit zu lesen geboren. Es handelt sich hierbei um einen progressiven Erwerb, der sich über mehrere Jahre, mit viel Übung entwickelt.
Die meisten Menschen erleben ihre ersten Erfahrungen im Bereich Lesen erst im 6. Lebensjahr, in der ersten Klasse. Zuerst wird ihnen das „ABC“ beigebracht, wodurch sie mit den einzelnen Buchstaben vertraut werden, welche die Sprache ausmachen. Als nächstes werden mehrere Buchstaben zu Wörtern zusammengefügt, um in einem letzten Schritt ganze Sätze lesen zu können. Nicht nur die Fähigkeit einen Text zu lesen ist wichtig, sondern auch die Fähigkeit das Gelesene zu verstehen und den Inhalt wiedergeben zu können.
Die zweite Erklärung setzt die Fähigkeit zu Lesen voraus. In diesem Fall liegt der Fokus eher auf dem Gelesenen. Es wird nach zwei Kriterien unterschieden: Was wird gelesen? Wird in der Freizeit oder in der Ausbildung gelesen? Ein Individuum kann sowohl komplexe Texte wie Romane als auch einfachere Texte wie Zeitschriften lesen. Da die Medien in unserem Alltag immer wichtiger werden, gibt es immer mehr Möglichkeiten die Fähigkeit des Lesens einzusetzen.
Doch nicht jeder Fall macht laut dieser Definition ein Individuum zu einem Leser. Ein Leser sollte gewillt sein, aus eigenem Antrieb anspruchsvollere Texte zu lesen (zum Bsp. Sachtexte, Romane oder Wochenzeitungen). Einfache Lektüren, wie Zeitschriften, Tageszeitungen oder Textnachrichten, machen in diesem Fall keinen Leser aus. Die Eigenmotivation ist ein wichtiges Kriterium für diese Definition des Lesers.
Ist der eigene Wille zum Lesen nicht vorhanden, wird man nicht als Leser eingeordnet.
Nun zurück zur Frage ob ich mich als Leser bezeichnen würde. Ich besitze zwar die Fähigkeit zu lesen, erachte mich aber trotzdem nicht als Leser. Für mich ist die zweite Definition bedeutsamer als die erste. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass ein Leser aus eigener Initiative ein Buch oder einen Artikel liest. Ich habe seit der 6. Klasse kaum ein Buch in meiner Freizeit gelesen.
Diese Entwicklung ist möglicherweise auf einen zweiten Leseknick (Sträuli Arslan 2005, 15) zurückzuführen. Es gab mehrere Gründe, welche zu diesem geführt haben könnten: Je mehr ich in der Ausbildung gelesen habe, desto weniger habe ich dann zu Hause gelesen. Ein weiterer Grund war, dass ich beim Übertritt ins Gymnasium das Interesse an Büchern zu Gunsten meiner Peer Group verloren habe.
Abschliessend kann man also sagen, dass ich früher ein Leser war, mich jetzt aber nicht mehr als Leser bezeichnen würde.
Positive Einflussmöglichkeiten der Eltern auf das Leseverhalten
Eltern können das Leseverhalten ihrer Kinder sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Der Text Leseförderung im Elternhaus (Hertel, Jude & Naumann 2010, 12, 25) beschäftigt sich mit den Faktoren, welche sich positiv auf das Leseverhalten auswirken:
Bereitstellung von Medien als Ressourcen: Lexika, Bücher, Wörterbücher, Zeitschriften, elektronische Kommunikationsmedien (Internet, Apps, Online Blogs) und Zeitungen sind wichtig, um dem Kind die Möglichkeit zu geben diese zu lesen, und somit das Leseverhalten positiv zu beeinflussen.
Förderung von Lesekompetenzen durch die Eltern: Den Kindern das Schreiben und Lesen näherbringen ïƒ Dazu gehört die Einführung in das ABC aber auch das Vorlesen von Geschichten oder Zeitungsartikeln.
Aktivitäten in der Familie wie Unterhaltungen über verschiedene Themen im Zusammenhang mit Lesen oder Bibliotheksbesuche: Gespräche über Lektüre des Kindes und direkter Kontakt mit Medien.
Aktive Gestaltung der Lernumgebung in der elterlichen Wohnung: eine ruhige Atmosphäre, gute Sitzmöglichkeiten.
Elterliche Einstellung und Überzeugung gegenüber Lesen: Eltern sollten als Vorbild fungieren und den Kindern am eigenen Beispiel zeigen, dass Lesen Spass macht und gut für sie ist.
Auswählen von altersgerechten Büchern: Bücher mit einem geeigneten Schwierigkeitsgrad und einer passenden Thematik.
Meine persönliche Lesesozialisation
Meine Eltern haben mich schon früh in den Kontakt mit Büchern gebracht. Ich bekam schon als 3-jähriger Junge von meinen Eltern Bilderbücher zu Themen wie die Feuerwehr oder die Baustelle. Es war ein spielerischer Einstieg in die Welt des Lesens, aber dennoch ein sehr wichtiger Schritt für meine Lesesozialisation. Meine Faszination für Autos wurde ideal genutzt, um mich mit Büchern vertraut zu machen.
Da ich mich zunehmend auch für den Text unterhalb der Bilder interessierte, begann mein Vater mir diesen vorzulesen. Es entwickelte sich ein Ritual. Bis ich in die Schule ging, las mir mein Vater jeden Abend 20 Minuten lang einen Abschnitt aus einem Buch vor.
Mit sechs Jahren, beim Eintritt in die erste Klasse, entwickelte ich einen grossen Ehrgeiz in Bezug auf mein Leseverhalten. Ich wollte einer der besten Schüler sein und gab mir besonders Mühe, um zuerst die einzelnen Buchstaben und dann auch einzelne Wörter lesen zu lernen. Auf diese Weise fing ich schon früh an meine ersten Bücher zu lesen. Es bereitete mir Freude in die verschiedenen Welten einzutauchen und meinen Eltern über diese zu berichten.
Ab der sechsten Klasse erlebte ich aber einen Leseknick in meiner Lesesozialisation. Ich war damals von Brasilien nach Deutschland zurückgezogen und hatte anfangs noch grosse Schwierigkeiten den Anschluss im Gymnasium zu finden. Die schulischen Anforderungen in Deutschland waren viel höher als die in Brasilien und machten mir stark zu schaffen. Mit dem Angewöhnungsprozess in Deutschland blieb mir kaum Zeit, um zuhause Bücher zu lesen.
Ich musste mich auf die Schule und die Knüpfung neuer Freundschaften fokussieren. Der Weg zurück zur regelmässigen Lektüre in der Freizeit fiel mir so schwer, dass ich nicht mehr zu meinem bisherigen Leserhythmus aufschliessen konnte.
Mit dem Umzug in der Schweiz passierte etwas Ähnliches wie zuvor in Deutschland. Die Anpassung an mein neues schulisches und soziales Umfeld beanspruchte sehr viel Zeit, wodurch sich mein Leseverhalten wieder zurückschraubte. Zusätzlich begannen wir in der Schule Klassiker der deutschen Literatur zu lesen. Es fiel mir anfangs ziemlich schwer die ungewohnt umständliche Sprache zu lesen und mich an diese zu gewöhnen.
Erst mit der Zeit wurde es dann einfacher. Gleichwohl senkte sich aber meine Lust in der Freizeit ein selbstgewähltes Buch zu lesen. Meine Eltern versuchten dem entgegenzuwirken, indem sie mich ermunterten mir ein spannendes Buch herauszusuchen, doch ihre Versuche scheiterten. Die Motivation, die zuvor bei Harry Potter oder Eragon existiert hatte, war nicht mehr vorhanden.
Gender und Lesen
Mind Map zum Text Lesen und Geschlecht 2.0 von Maik Philipp
Rezeptionsweise und Lektüremodalitäten
Die ersten Lesemodi erscheinen im Jugendalter und entstehen aus verschiedenen Lesemotiven.
Jungen sind Konzeptleser; Mädchen Intimleser
Bei beiden Geschlechtern: Pflichtlektüre/ Instrumentelles Lesen/Ästhetisches Lesen/Partizipatorisches Lesen zur diskursiven Erkenntnis
Erwachsene haben grössere Unterschiede in den Lesemodi
Frauen können sich in der Regel mit dem Gelesenem stärker identifizieren
3 Identifikationstypen:
Wunschidentifikation
Un- Ähnlichkeitsidentifikation
Empathie und Erfahrung
Lesepräferenz
Unterscheidung nach Geschlecht
Jungen: Comics & Sport
Mädchen: Fiktive Texte/ Fantasy Romane
Beziehungsthemen, Mode, Tierreich, Musik
Lesehäufigkeit
Mädchen lesen häufiger klassische Printmedien.
- Nutzen Internet weniger als Jungen
- Haben bessere Testergebnisse
Kein Zusammenhang zwischen Geschlecht, Mediennutzung und Leseverstehen
Lesekompetenz
Definition: - Fähigkeit geschriebene Texte verschiedener Art zu verstehen, zusammenfassen und nutzen zu können
Grundschule: Mädchen sind in Bezug auf Lesefähigkeit den Jungen etwas überlegen
Sekundarstufe: Laut Pisa ist der Unterschied grösserer von SuS zu SuS als der zwischen Geschlechtern.
Meta Analyse hat verschiedene Ergebnisse hervorgebracht. Meist geringe Unterschiede in Bezug auf Gender
Lesemotivation
Lesepräferenzen
In seiner Arbeit zum Thema Lesen und Geschlecht stellt der Autor, Maik Philipp, eine Theorie zur Lesepräferenz von männlichen und weiblichen Schülern der ersten bis zwölften Klasse vor. Philipp erklärt, dass sowohl Jungen als auch Mädchen grösstenteils fiktive Texte bevorzugen. Wissenschaftliche Texte sind für Jugendliche in der Freizeit meist kein Thema. Jungen interessieren sich vorwiegend für Comics statt Büchern und lesen gerne Medien die mit Sport zu tun haben.
Die Hauptthemen, welche die Lektüre des männlichen Geschlechts in jenem Alter ausmachen sind vor allem Science-Fiction und Horror. Philipp erklärt, dass Mädchen lieber klassische Printmedien nutzen würden und im Gegensatz zu den Jungen mehrheitlich an Themenbereichen wie Tieren, Mode, Beziehungsthemen oder Musik interessiert sind.
Man könnte sagen, dass diese Zeitschrift genau die beiden Interessensgebiete umfasst, welche Philipp in seinem Text erwähnte, nämlich Sport und Comics. Mir leuchtet es auch ein, dass Mädchen eher an Tieren, Mode und Beziehungsthemen interessiert sind als Jungen. Trotzdem bin ich nicht ganz damit einverstanden, dass sich hauptsächlich Mädchen mit Musik im Bereich Lesen auseinandersetzen.
Ich habe mich, vor allem im Alter von zehn Jahren, ziemlich stark mit Musik beschäftigt und auch Vieles über meine Lieblingskünstler von damals gelesen. Zeitschriften wie Juice oder BravoHipHop waren bei mir neben den Sport Lektüren hoch im Kurs. Ich denke, dass meine Faszination für diese Zeitschriften darauf zurückzuführen ist, dass sie über Themen berichteten, die mich sonst auch in meiner Freizeit beschäftigten, wie zum Beispiel Sport und Musik.
Wie im Artikel von Philipp beschrieben wird, las auch ich gerne fiktive Texte und Bücher, die mir eine surreale aber spannende Welt eröffneten. Zu dieser Zeit las ich aber eher selten Horror oder Krimi Bücher. Mein Interesse für realistische Texte entwickelte sich erst beim Übertritt ins Gymnasium, womit Philipps Theorie in diesem Fall nicht mit meinen Lesepräferenzen übereinstimmt.
Nach dieser kurzen Auseinandersetzung mit Maik Philipps Theorie zu den Lesepräferenzen beider Geschlechter, möchte ich betonen, dass die von Kategorisierung der beschriebenen Präferenzen nicht auf jedes Individuum zutrifft. Die Vorlieben beim Lesen sind nicht unbedingt geschlechterspezifisch, sondern hängen viel mehr vom individuellen Interessensprofil jeder einzelnen Person ab.
Drei Merksätze
Studien können durchaus ein Indikator für die genderspezifische Lesesozialisation sein. Die Resultate müssen jedoch kritisch betrachtet werden, da sie nicht auf jedes Individuum zutreffen.
Als Lehrer ist es wichtig zu verstehen, dass die Vorlieben der Schüler im Bereich Lesen sehr heterogen sind. Man sollte probieren die Präferenzen der einzelnen Schüler zu erkennen, um so für mehr Lesemotivation sorgen zu können.
Nicht nur die Schule, sondern auch die Eltern haben einen grossen Einfluss auf das Leseverhalten ihrer Kinder. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern die Wichtigkeit ihrer Rolle wahrnehmen.
Philipp, Maik. 2011. Lesen und Geschlecht 2.0. Fünf empirisch beobachtbare Achsen der Differenz erneut betrachtet. Aarau: Pädagogische Hochschule FHNW, Institut Forschung und Entwicklung
Anhang:
Schriftliche Version der Mind Map zum Text Lesen und Geschlecht 2.0