Konfliktlösungsstrategien
in Bilderbüchern
Thema
Blöde
Ziege, dumme Gans -Konfliktlösungsstrategien in Bilderbüchern
Fragestellung
Wie
werden Konfliktlösungen in Bilderbüchern dargestellt?
Projektbeschreibung
Basierend
auf verschiedenen theoretischen Ansätzen (gruppendynamischer Ansatz,
humanistisches Modell, Systemik) werden Bilderbücher in Bezug auf
Konfliktlösungspotential analysiert.
Gliederung
Definition
von Konflikt & Gruppe
Je nach Perspektive werden Konflikte
in intraindividuelle (in einer Person) und interindividuelle
(zwischen mehreren Personen) eingeteilt. Es genügt, wenn zumindest
eine Seite (Akteur / Konfliktpartei) die Unvereinbarkeit eigener
Bedürfnissen und / oder Interessen mit jenen der anderen Person als
beeinträchtigend erlebt. „Ein
individueller – sogenannter sozialer – Konflikt liegt dann vor,
wenn zwischen Konfliktparteien, die jeweils aus zumindest einer
Person bestehen, unvereinbare Handlungstendenzen beobachtet werden.“
(Glasl 1994, S. 13) Eine Gruppe
im sozialpsychologischen Sinne beschreibt miteinander in Beziehung
stehende Menschen und hat bestimmte Merkmale: relative Kleinheit (3 -
ca. 25 Personen), unmittelbarer (face-to-face) Kontakt, gemeinsame
Ziele, Werte & Geschichten der Gruppenmitglieder, Rollen,
Funktionen & Positionen (die auf andere bezogen sind, sich auf
Prozesse in der Gruppe bzw. auf das Verhalten der Gruppenmitglieder
auswirken) und das relative zeitliche Überdauern / Bestehen der
Gruppe gehören zur Charakteristika (Klein 1998).
Beschreibung
der einzelnen Theorieansätze
Wir beschreiben Konfliktlösungen in
Kinderbüchern, sichtbare Theorieansätze und deren
Ineinandergreifen.
Gruppendynamischer
Ansatz
Das im Zusammenhang mit Gruppendynamik
beobachtbare Auftreten eines Verhaltens (ein Konflikt) kann als
Ausdruck unvereinbarer Interessen, von Rivalität, inneren
Konflikten, kollektiven Ängsten usw. gedeutet werden. In
gruppendynamischen Prozessen durchlaufen Gruppen die Phasen des
Forming, Storming, Norming, Performing und bei der Auflösung von
Rollenstrukturen kommt es zu Trauergefühlen. Dabei ist insbesondere
die Phase des Storming von Konflikten geprägt und es können
Uneinigkeiten in Verhaltensweisen, Spannungen unter Mitgliedern,
Kritik an Ideen Einzelner, Feindseligkeit oder auch Polarisierung und
Koalitionsbildung auftreten. Diese gruppendynamischen Prozesse können
nach Schattenhofer (1995) auf vier Ebenen sichtbar werden:
aufgabenbezogene Tätigkeiten/Sachebene, Ebene der sozialen
Interaktion/soziodynamische/gruppendynamische Ebene, Physische Ebene,
Ebene des gemeinsamen Unbewussten (vgl. von Ameln et alt. 2009).
Das
Humanistische
Modell
Im Humanistischen Modell wird der Mensch
als aktives Wesen gesehen, das von Natur aus gut und fähig ist,
seinen eigenen Weg zu wählen. Individuen wollen eine optimale
Selbstverwirklichung erreichen, indem sie ihr Leben planen und
strukturieren, nach der Verwirklichung ihrer Möglichkeiten streben
und Veränderungen suchen. Die Humanistische Psychologie konzentriert
sich auf die phänomenale Welt und richtet ihr Augenmerk auf die Art
und Weise, wie innere Prozesse der Selbstregulation zu neuen
Einsichten und Wertorientierungen führen (vgl. Zimbardo 1995). Die
zentralen Grundgedanken im humanistischen Menschenbild, in Anlehnung
an Völker, sind: Autonomie und soziale Interdependenz (Mensch strebt
nach Unabhängigkeit, entwickelt ein aktives Selbst, Autonomie ist
sozialverantwortlich zu sehen), Selbstverwirklichung (Mensch strebt
danach, seine schöpferischen Fähigkeiten zu entfalten,
Wachstumsbedürfnisse als grundlegende Antriebskräfte des
Organismus; sind in ständigem Austausch mit der sozialen Umwelt),
Ziel- und Sinnorientierung (Handlungen sind grundsätzlich
intentional, d.h. sinnstrukturierend und zielorientiert) und Ganzheit
(Betonung der Ganzheitlichkeit von Gefühl und Vernunft, von Leib und
Seele), (vgl.Völker, 1980).
Die
Systemik und der narrative Ansatz
Die Systemik will Theorien darüber
entwickeln, wie Menschen in sozialen Systemen gemeinsam ihre
Wirklichkeit erzeugen. Heute orientiert man sich hauptsächlich an
lösungsorientierten und narrativen Ansätzen (vgl. Walter 1998, S.
88). Dieser Ansatz beschreibt unser soziales Leben (das Setzen von
Prioritäten, Ausführen von Pflichten, unser Handeln (vgl. ebd., S.
94). Die Therapeuten White und Epston erkannten die Wichtigkeit von
Geschichten in der Bedeutung für das Leben der KlientInnen. Die
Kernfrage dabei war, welchen Geschichten die KlientInnen es erlauben
würden, ihr Leben zu regieren (vgl. ebd. S. 102). White bezieht sich
dabei auf die Externalisierung
von Problemen, wodurch das Problem objektiviert und manchmal auch
personifiziert wird. Während dieses Prozesses verselbständigt sich
das Problem und löst sich von Mensch und Beziehung ab. Durch das
Loslösen der Probleme (Externalisieren) vom Menschen, lösen sich
die Probleme auf (White/ Epston 2002, S. 9f). Ein Erfolg in der
Therapie kann dann verzeichnet werden, wenn der/die Klient(in) neue
Geschichten über sein/ihr Leben erzählt (Walter 1998, S. 103) und
so neue Aspekte im Leben erfahren werden, die vorher nicht
wahrgenommen wurden (vgl. Epston/White 2002, S. 59).
Lösungsmöglichkeiten
für Konflikte: 6 Grundmuster nach Gerhard Schwarz (1999)
Einzelne in das Konfliktgeschehen
involvierte Personen sollen sich mit Ressourcen, Kompetenzen und
Konfliktlösungsstilen als reflektierendes, handelndes und somit auf
das Geschehen Einfluss ausübende Individuum sehen; Gerhard Schwarz
(österreichischer Universitätsdozent, Philosoph,
Gruppendynamiktrainer, Sozialwissenschaftler, Autor) unterscheidet 6
Grundmuster der Konfliktlösung: Konsens durch Verhandeln: Lösung,
die beide Interessen befriedigt; Kompromiss durch Verhandeln: beide
Parteien bringen Opfer; Delegation: die Entscheidung/Lösung wird
einem Dritten übertragen; Unterwerfung: die schwächere Seite gibt
nach; Vernichtung: die stärkere Seite setzt sich durch; Flucht: die
schwächere Seite entzieht sich (vgl. Schwarz 1999).
Konfliktlösungen
in Bilderbüchern für Kinder im Kindergarten-und Vorschulalter:
Konflikte können sich auf Gedanken, Ideen,
Überzeugungen, Ängste, Wünsche und unterschiedliche Interessen
beziehen. Kinder lernen aus Konflikten und es gilt eine faire
Streitkultur zu entwickeln, welche Aspekte der Auseinandersetzung und
Versöhnung beinhalten. Konflikte sind per se nicht als schlecht /
destruktiv anzusehen, sondern bieten Handlungsräume zur Entwicklung
hilfreicher Strategien. Folgende Konfliktlösungsstrategien werden in
der Broschüre an Hand ausgewählter Bilderbücher aufgezeigt:
Perspektivenübernahme, Alleinsein und nachdenken, Entschuldigungen /
Vertragen, das Gespräch suchen, Einführung von Regeln, Vermittlung
durch andere Personen, Konfliktvermeidung durch Rückzug, Erkennen
eigener Wünsche und Grenzen (Selbstbehauptung / Ich-Stärkung) und
bei Dritten aktiv Hilfe einfordern (vgl. Arbeitsgemeinschaft Kinder-
und Jugendschutz Hamburg e. V. (ajs) 2009).
Vorstellen
der Kinder-Bücher bezogen auf den jeweiligen Ansatz und Verweis
auf
Gemeinsamkeiten
exemplarisch anhand eines Buches
In unserer Poster Präsentation
präsentieren wir drei (evtl. vier) Bücher im Hinblick auf
Konflikte.
Jetzt
bin ich dran. Eine Geschichte von Streit & Versöhnung (Helen
Cooper)
Die Katze, die Ente und das Eichhörnchen
befinden sich in einem Streit um eine bestimmte Rolle in der Gruppe
und anhand dieses Buches wird der gruppendynamische Ansatz erklärt.
Blöde
Ziege, dumme Gans. Eine Geschichte von Streit & Versöhnung
(Isabel Abedi)
Die kleine Ziege und die kleine Gans sind
Freunde, die sich im Kindergarten gestritten haben. Am Beispiel des
Bilderbuchs werden Autonomie und soziale Interdependenz,
Selbstverwirklichung, Ziel- und Sinnorientierung und Ganzheitlichkeit
untersucht.
Robbi
regt sich auf (Mireille d`Allance)
Robbi kommt von der Schule heim und gerät
in Konflikt mit seinem Vater. Darstellung des narrativen Ansatzes.
Forschungsstand
Peer-Group-Education:
Kinder werden stark von
Gleichaltrigen, ihrer Peer-Group, beeinflusst. Die
Peer-Group-Education setzt an der Einbeziehung der Kinder und deren
Problemlösungskompetenzen im Erziehungsalltag an. In den letzten
Jahrzehnten wurden Vorteile vor allem bei Themen des Verhaltens und
der Werteerziehung gesehen. Es gibt umfangreiche PGE-Projekte im
Bereich der Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen. Im
deutschsprachigen Raum sind sogenannte Streitschlichter-Programme
verbreitet (vgl. Faller, K.; Faller, S. 2002).
Das Empowerment-Konzept:
Nach Norbert Herriger beschreibt Empowerment Mut machende Prozesse
der Selbstermächtigung: Menschen beginnen in Situationen des
Mangels, der Benachteiligung oder der gesellschaftlichen Ausgrenzung
ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Sie werden sich
ihrer Fähigkeiten bewusst, entwickeln eigene Kräfte und lernen ihre
individuellen und kollektiven Ressourcen nutzen (vgl. Herriger 2006).
In der pädagogischen Diskussion der letzten Jahre spielt der Begriff
Empowerment eine immer wichtigere Rolle. Übersetzt mit Stärkung
oder Bemächtigung, meint er damit Individuen soweit zu unterstützen,
selber zu handeln (vgl. Faller, K.; Faller, S. 2002).
Forschungsmethodisches
Vorgehen
Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse ist
die systematische Bearbeitung von Kommunikationsmaterialien wie
Texte, Bilder, auch musikalisches oder plastisches Material, um freie
Interpretationen zu vermeiden. Gegenstand der Analyse ist die
protokollierte Kommunikation. Die Analyse hat den Anspruch nach
expliziten Regeln abzulaufen, dadurch soll die Analyse verständlich,
nachvollziehbar und überprüfbar sein (intersubjektive
Nachprüfbarkeit). Eine gute Inhaltsanalyse ist theoriegeleitet. Der
Text wird nicht nur referiert, sondern unter einer bestimmten
Fragestellung in theoriegeleiteten Schritten analysiert.
Theoriegeleitet bedeutet auch Anknüpfen an den Erfahrungen anderer
mit dem zu untersuchenden Gegenstand. Die Inhaltsanalyse will das
Material nicht ausschließlich für sich analysieren (vgl.
Textanalyse) sondern als Teil des Kommunikationsprozesses. Es sollen
Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation gezogen werden
(z. B. Aussagen über den „Sender“, z. B. dessen Absichten, über
Wirkungen beim „Empfänger“ ableiten). Von den 4 Grundverfahren
qualitativer Inhaltsanalyse werden wir uns, bei der Untersuchung zu
Konfliktlösungsstrategien in Bilderbüchern, am Ablaufmodell der
strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse orientieren. Diese
filtert nach vorher festgelegten Ordnungskriterien, bestimmte Aspekte
aus dem Material oder schätzt das Material auf Grund bestimmter
Kriterien ein. Konkret werden wir bei den angeführten Bilderbüchern
inhaltliche Aspekte herausfiltern. Mit dem erarbeiteten
Kategoriensystem der Strukturierungsdimension ordnen wir Text- und
Bildmaterial den Kategorien zu. In einem nächsten Schritt
vergleichen und analysieren wir dann eventuelle Widersprüche,
Parallelen oder Übereinstimmungen des gefilterten Materials
hinsichtlich des Gruppendynamischen Ansatzes, das Humanistischen
Modells und der Systemik und des narrativen Ansatzes (vgl. Mayring
2002).
Fertigstellung
des
Projektes
Bei dem forschungsmethodischen Vorgehen
nach der qualitativen Inhaltsanalyse haben wir den gruppendymischen
Ansatz, das humanistische Modell und den narrativen Ansatz (Systemik)
verwendet und haben deduktiv nachstehende Kategoriensysteme
exploriert. Dabei haben wir die von uns ausgewählten Kinderbücher
unter Berücksichtigung von Bild und Text in die Kategorien, die wir
anhand der jeweiligen Theorieansätze gebildet haben, übersetzt. Im
Anschluss daran haben wir -in Anlehnung an
Konfliktlösungsmöglichkeiten in Bilderbüchern (vgl.
Arbeitsgemeinschaft Kinder-und Jugendschutz Hamburg e.V. (ajs) 2009)
einen gemeinsamen Lösungsvorschlag gefunden, der in allen drei
Kinderbüchern thematisiert wurde.
Deduktives
Kategoriensystem aus der Sicht des gruppendynamischen Ansatzes
Konfliktursachen:
Uneinigkeiten zeigen sich
durch Verhaltensweisen, Spannungen unter Mitgliedern, Kritik an
Ideen Einzelner, Feindseligkeit, Polarisierung oder
Koalitionsbildung (vgl. von Ameln et alt. 2009)
|
Konfliktlösungen
als Chance für Verständnis und Weiterentwicklung bzw. mit
sinnstiftender Bedeutung (Einleitung Veränderungen, Lösung
festgefahrener Strukturen, Rollenklärung usw. (vgl. Schwarz 1999)
|
Kategorie
‚Interindividueller Rollenkonflikt‘
„Kürbissuppe.
Die leckerste aller Zeiten. Gekocht von der Katze, die den Kürbis
in Stücke schneidet. Gekocht vom Eichhörnchen, das die Suppe
umrührt. Gekocht von der Ente, die ihr Salzschüsselchen
vollschaufelt und gerade genug in die Suppe schaufelt.“
Kategorie
‚Konflikt Führungsrolle‘
Alle
drei Gruppenmitglieder kennen ihre Aufgabe und üben durch die
Ausführung Funktionen aus, aber eines Tages wacht die Ente auf
und möchte die Aufgabe der Ente – nämlich das Umrühren der
Suppe - übernehmen. Sie holt in der Küche den Kochlöffel des
Eichhörnchens und sagt:
„Heute bin ich dran mit umrühren“
Kategorie
‚Uneinigkeiten/Koalitionsbildung‘
„Du
bist viel zu klein“ fauchte
die Katze und geht somit in Koalition mit dem Eichhörnchen
Kategorie
‚Uneinigkeit/Rollenzuschreibung‘
„Du
bist viel zu klein“ fauchte
die Katze. Das ist eine
Rollenzuschreibung, denn Gruppenrollen lassen sich im Kontext
psychologischer Rollen beschreiben und das mit ihnen in Verbindung
gebrachte Verhalten aus einer psychologischen Veranlagung heraus
erklärt bzw. verstanden (z. B. die Kleine)(vgl. Stahl 2002).
Kategorie
‚Uneinigkeiten/Polarisierung‘
Hier geht es um die
aufgabenbezogene Tätigkeit des Umrührens mit dem Kochlöffel und
es ist die Aufgabenebene bzw. Sachebene betroffen (vgl.
Schattenhofer zitiert in von Ameln et al, 2009). Diese soziale
Interaktion wirkt sich insofern auf die gruppendynamische Ebene
aus, weil Ente, Katze und Eichhörnchen sogar körperlich um den
Kochlöffel kämpfen: „Sie
stritten erbittert, als wenn es gewittert‘ in dem alten weißen
Häuschen
|
Kategorie
‚Konfliktlösung durch Flüchten‘
Dazu
gehören Verhaltensweisen wie aufgeben, verleugnen, verzichten,
ignorieren, schweigen, keinen Widerstand leisten und wie im hier
im Kinderbuch ‚den Raum verlassen‘ (vgl. Schwarz 2010).
„Ich will hier weg“, heulte die Ente (….) Sie packte eine
Schubkarre voll, setzte ihren Hut auf und watschelte davon
Kategorie
‚Lösung von Sachkonflikten‘
Gruppendynamischen
Prozesse werden (Schattenhofer 1995, zitiert in von Ameln et al
2009) auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar: Hier ist die
Sachebene betroffen, weil Individuen sich nicht einig sind, wie
das Ziel gemeinsam die Suppe kochen erreicht werden soll (die Ente
wünscht sich Veränderung in Bezug auf die aufgabenbezogene
Tätigkeit des Umrührens)
Kategorie
‚Lösung von Sachkonflikten mithilfe der Beziehungsebene‘
Die
Lösung des Sachkonfliktes „Suppe umrühren“ erfolgte durch
Katze und Eichhörnchen auf der Beziehungsebene mithilfe
persönlichen Engagements nach der Flucht von Ente. Zuerst
warteten sie, dann machten sie sich Sorgen und am Ende suchten sie
Ente, weil sie entdeckten, dass ihnen die Ente wichtig ist: Da
flüsterte die Katze leise und traurig: „Vielleicht hat Ente ja
nettere Freunde gefunden“ „Ja vielleicht“. seufzte das
Eichhörnchen „Freunde denen sie helfen darf.
Kategorie
‚Konfliktlösung / Rollenwechsel‘
Im
sozialpsychologischen-gruppendynamischen Ansatz wird davon
ausgegangen, dass eine Rolle nicht einem Gruppenmitglied fix
zugeschrieben ist, sondern dass je nach Situation Rollen wechseln
können (vgl. König 2006) und somit werden durch sinnstiftende
Konflikte Veränderungen bei festgefahrenen Strukturen und neue
Rollenklärung ausgelöst. Ente durfte umrühren und somit wurde
der Rollenwechsel vollzogen (= sinnstiftende Wirkung des
Konfliktes)
|
Deduktives
Kategoriensystem aus der Sicht des humanistischen Modells
Autonomie und soziale
Interdependenz
Wir
sind eingebettet in eine Gemeinschaft und somit auf unsere
Mitmenschen bezogen - soziale Interdependenz (vgl. Völker S.17).
Im Bilderbuch sind beide Protagonisten Teil der Institution
Kindergarten (bildlich u. sprachlich), haben andere Freunde
(bildlich), eine/n beste/n Freund/in (bildlich u. sprachlich), eine
Mutter (bildlich u. sprachlich).
Das
Selbst als autonome Instanz bildet sich durch Austausch und
Auseinandersetzung mit Anderen heraus (vgl. Völker S.17).
Ziege
und Gans schildern den Konflikt ihren jeweiligen Müttern. Diese
nehmen jedoch nur die Zuhörerrolle ein, keine beratende oder
vermittelnde Funktion. Beim Schildern werden die Situationen der
Auseinandersetzung mit dem Gegenüber aus der jeweiligen Sicht
dargestellt (bildlich u. sprachlich).
Das
Bewusstsein über die Eigenverantwortlichkeit wirkt als befreiende
Kraft - im Sinne von für sich selbst und für die Gemeinschaft
verantwortlich sein (vgl. Völker S.17).
Ziege und Gans zeigen sich eigenverantwortlich und als handelnde
Subjekte im aufeinander Zugehen; sie überwinden und befreien sich am
Ende von dem Konflikt.
Selbstverwirklichung
Auf
der psychischen und sozialen Ebene sind
Selbstaktualisierungstendenzen oder Wachstumsbedürfnisse durch die
Freisetzung an konstruktiven Kräften gekennzeichnet (vgl. Völker
S.18).
Ziege
und Gans können konstruktive Kräfte zur Überwindung des Konfliktes
frei setzen. Diese Kräfte werden nicht explizit in Form von
Lösungsvorschlägen genannt, sondern vielmehr durch das große Bild
des zufriedenen Lächelns vermittelt, das die sprachlich benannte
wechselseitige Bezogenheit der kognitiven, emotionalen und
somatischen Prozesse darstellt (siehe Kategorie Ganzheit).
In
der Mitte des Bilderbuches treffen sich Ziege und Gans, liegen auf
der Wiese und halten sich lachend in den Armen. Im Sinne von „Bilder
sagen mehr als tausend Worte“ wird dadurch ein über sich selbst
hinauswachsen, ein über den Konflikt hinauswachsendes Ich,
dargestellt. Sich vertragen, Freundschaft und Glückseligkeit als
Ziel der Selbstaktualisierung.
Ziel- und
Sinnorientierung
Der Mensch strebt nach
einem sinnvollen und erfüllten Dasein. Dies setzt das Vorhandensein
elementarer Bedürfnisse von Sicherheit und Liebe voraus. Der Mensch
richtet sein Leben auf bestimmte, aus der Umwelt entnommene, Werte
aus (vgl. Völker S.19).
Trotz Streit und verletz Sein
besinnen sich am Ende beide auf die freundschaftliche Liebe und
Sicherheit. Das Streben nach Harmonie führt zum erfüllten Dasein.
Ganzheit
Der
Mensch als organisches bedeutungsvolles Ganzes betont die
Ganzheitlichkeit von Gefühl und Vernunft, von Leib und Seele (vgl.
Völker S.19-20).
Dies
wird durch die wechselseitige Bezogenheit der kognitiven, emotionalen
und somatischen Prozesse deutlich. Kognitiv: Durch das Schildern der
Konfliktsituationen wird das Erlebte auf der Ebene des Gefühls
aufgearbeitet. In der Phase des Nachdenkens wird den Beiden der Wert
ihrer Freundschaft bewusst. Emotional: Sie erkennen, dass sie sich
ohne den anderen langweilen und ihn vermissen. Somatisch: Die Wut und
die rote Stelle bzw. die blauen Flecken waren verschwunden. Sie
erleben sich in ihrer Ganzheit als handelndes Subjekt.
Der
gesamte Organismus reagiert auf psychische Prozesse (vgl. Völker
S.20).
Gleich zu Beginn stimmen
Mimik und Gestik (bildlich) mit dem sprachlichen Ausdruck des
verärgert Seins überein.
Im Dialog mi der Mutter
lokalisieren Ziege und Gans die Wut im Bauch.
Nach der Schilderung der
Konfliktsituationen drückt sich die innere Realität Wut durch das
Hoch Stapfen auf der Stiege aus.
Beim allein Sein, Nachdenken
und Abklingen der Wut sind die somatischen Merkmale verschwunden.
Beim aufeinander zu Laufen
ist die Freude der Ziege/Gans bildlich u. sprachlich dargestellt.
Der Akt der Versöhnung in
der Mitte des Bilderbuches wird körperlich mit Lachen, umarmen und
Augen schließen – als Ausdruck des Vertrauens – dargestellt.
Deduktives
Kategoriensystem aus der Sicht des narrativen Ansatzes (Systemik)
Befragung nach dem
relativen Einfluss : (vgl. ebd. S. 60)
Welchen Einfluss hat das
Problem auf Robbis Leben? Robbi hat einen ganz blöden Tag hinter
sich. Irgendetwas hat ihm anscheinend den Tag vermiest. Das wird
bildlich ersichtlich durch seinen hängenden Mund und den
melancholischen Blick. Diese negativen Erfahrungen (oder Wut) werden
zu seinem Problem, das nun Einfluss auf seinen Tag (Leben) hat.
Welchen Einfluss hat Robbi auf
das Problem? Zu Beginn sieht er noch keinen Einfluss, durch das
Heraustreten des Problems aus seinem Körper, wird es für Robbi
möglich, dieses Problem gezielt wegzuschicken, sich davon zu
distanzieren.
Der Einfluss des
Problems wird umrissen: (vgl. ebd. S. 60f)
Was hat das Problem für einen
Einfluss auf andere Personen bzw. Situationen in Robbis Umgebung?
Das Problem (die Wut)
beeinflusst auch ganz stark den Vater von Robbi.
Einmal lässt das Problem
einen Schuh durch die Luft fliegen. „Da!“ sagt Robbi.
Robbis Vater schaut angespannt
auf den fliegenden Schuh.
Ein nächstes Mal lässt das
Problem Robbi Empörung über das Abendessen äußern. „Geht`s dir
eigentlich noch gut?“ fragt er den Vater. Dessen Reaktion darauf
ist nicht bildlich dargestellt, doch wird Robbi vom Vater in sein
Zimmer geschickt.
Bestimmung des zu
externalisierenden Problems:
Die Auswirkungen des Problems
auf das Leben und die Beziehungen des Betroffenen müssen deutlich
werden (vgl. White /Epston S. 66). Was hat das Problem für
Auswirkungen auf Robbis Leben?
„Oben in seinem Zimmer
spürt Robbi, wie ein schreckliches Ding in ihm hochsteigt… bis es
ganz plötzlich aus ihm rauskommt.“
Das Problem steigt auf und
kommt in Form eines Wutmonsters aus Robbi heraus, das Problem kommt
nach außen. Bildlich wird das ersichtlich durch Robbis rotes
Gesicht, das sich zuerst ganz wenig und dann immer intensiver färbt,
bis letztendlich das Problem in Form eines Wutmonsters aus ihm
herausspringt. Das Problem gewinnt Macht über Robbis Leben. „Hallo“
sagt das Ding, „was machen wir jetzt?“ „Alles was du willst“,
sagt Robbi. Das Problem beginnt nun, Robbis Zimmer zu zerstören. Es
schlägt alles kurz und klein. Bildlich dargestellt ist das Problem
riesig und wirkt hinterhältig.
Einmalige Ereignisfolgen
und Vorstellungskraft:
Welche neuen Entwicklungen
könnten im Leben und in den Beziehungen des Betroffenen eine Rolle
spielen? (vgl. Epston/White S. 78).
Robbi bemerkt, dass das
Problem sein Zimmer zerstören will, vor allem seine Spielzeugkiste.
„Nein, nicht die!“, sagt
Robbi. Das Monster zerschlägt alles kompromisslos. Robbis Empörung
zeigt sich bildlich in seinem Gesichtsausdruck (hilflos, mit offenem
Mund).
Robbi erkennt die bösen
Absichten des Problems und löst sich von ihm.
„Hau ab, du Trottel!“
Schimpfend kniet er am Boden.
Die Änderung der
Beziehungen der Betroffenen zu dem Problem:
Das Problem lebt von seinen
Auswirkungen, um zu überleben (vgl. White/Epston S. 80).
In dem Maß, in dem sich der
Betroffene den Auswirkungen und Herausforderungen des Problems
widersetzt, wird das Problem geschwächt (vgl. ebd.).Durch das
Loslösen der Probleme (Externalisieren) vom Menschen, lösen sich
die Probleme auf (White/ Epston 2002, S. 9f). Ein Erfolg in der
Therapie kann dann verzeichnet werden, wenn der/die Klient(in) neue
Geschichten über sein/ihr Leben erzählt (Walter 1998, S. 103) und
so neue Aspekte im Leben erfahren werden, die vorher nicht
wahrgenommen wurden (vgl. Epston/White 2002, S. 59).
Robbi gibt dem Problem einen
anderen Stellenwert, indem er es wegschickt. Ganz klein geworden,
sperrt er das Problem in eine Kiste und distanziert sich so von ihm,
es löst sich quasi auf. Robbi nimmt nun die Beziehung zu seinem
Vater völlig anders wahr als vorher. „Du, Papa? Krieg ich noch
Nachtisch?“ ruft er fröhlich über die Treppe hinunter.
Gemeinsamer
Konfliktlösungsvorschlag „Perspektivenübernahme“
Gruppendynamik
Weil Ente nicht da ist müssen Katze und
Eichhörnchen alleine Suppe kochen. Dabei sind sie ganz unglücklich
und weinen. Sie sitzen niedergeschlagen bei Tisch und haben gar
keinen Hunger. Sie überlegen und sprechen darüber, dass sie Ente
erlauben hätten sollen die Suppe umzurühren, weil sie doch nur
helfen wollte. Nach dieser veränderten Sichtweise machen sie sich
auf die Suche nach Ente, wodurch die Konfliktlösung eingeleitet
wurde, weil Eichhörnchen und Katze empathisch versuchten die
Perspektive von Ente einzunehmen.
Humanistisches Modell
Im Grunde vermittelt bereits die Machart
des Bilderbuches die Wichtigkeit von Perspektivenübernahme an sich.
Im Drehhandgriff können die BetrachterInnen und LeserInnen einmal
das Erleben des Konfliktes aus Sicht der Gans und ein zweites Mal aus
Sicht der Ziege betrachten; wobei sich das Empfinden der Zwei nicht
sonderlich unterscheidet. Die Perspektivenübernahme erfolgt durch
die Bewusstwerdung der wechselseitigen Bezogenheit der kognitiven,
emotionalen und somatischen Prozesse - Kognitiv: In der Phase des
Nachdenkens wird den Beiden der Wert ihrer Freundschaft bewusst.
Emotional: Dadurch, dass sie sich vermissen muss die emotionale
Bindung relativ gefestigt sein. Somatisch: Die Wut und die rote
Stelle bzw. die blauen Flecken waren verschwunden. Sie erleben sich
in ihrer Ganzheit als handelndes Subjekt.
Narrativer Ansatz (Systemik)
Robbi distanziert sich von seinem Problem
(der Wut), indem er sie auslagert, von seiner Person trennt. Seine
Sichtweise in Bezug auf das Problem ändert sich daher. Er nimmt eine
andere Perspektive ein und kann so verändert mit seiner Wut umgehen
und sie auflösen.
Basisliteratur
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Eine Geschichte von Streit & Versöhnung. Arsedition, München
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(Stand: 21.05.2012)
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Revenstorf D. (1993): Psychotherapeutische
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