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Fachbereichsarbeit

Konfliktlösungsstrategien in Bilderbüchern

3.539 Wörter / ~13 Seiten sternsternstern_0.25stern_0.3stern_0.3 Autorin Marie E. im Mai. 2014
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Fachbereichsarbeit
Erziehungswissenschaf­t

Universität, Schule

Leopold-Franzens- Universität Innsbruck

Note, Lehrer, Jahr

1, 2012

Autor / Copyright
Marie E. ©
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Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternstern_0.25stern_0.3stern_0.3
ID# 40304







Konfliktlösungsstrategien in Bilderbüchern

  1. Thema

Blöde Ziege, dumme Gans -Konfliktlösungsstrategien in Bilderbüchern



  1. Fragestellung

Wie werden Konfliktlösungen in Bilderbüchern dargestellt?



  1. Projektbeschreibung

Basierend auf verschiedenen theoretischen Ansätzen (gruppendynamischer Ansatz, humanistisches Modell, Systemik) werden Bilderbücher in Bezug auf Konfliktlösungspotential analysiert.



  1. Gliederung



    1. Definition von Konflikt & Gruppe

Je nach Perspektive werden Konflikte in intraindividuelle (in einer Person) und interindividuelle (zwischen mehreren Personen) eingeteilt. Es genügt, wenn zumindest eine Seite (Akteur / Konfliktpartei) die Unvereinbarkeit eigener Bedürfnissen und / oder Interessen mit jenen der anderen Person als beeinträchtigend erlebt. „Ein individueller – sogenannter sozialer – Konflikt liegt dann vor, wenn zwischen Konfliktparteien, die jeweils aus zumindest einer Person bestehen, unvereinbare Handlungstendenzen beobachtet werden.“ (Glasl 1994, S. 13) Eine Gruppe im sozialpsychologischen Sinne beschreibt miteinander in Beziehung stehende Menschen und hat bestimmte Merkmale: relative Kleinheit (3 - ca. 25 Personen), unmittelbarer (face-to-face) Kontakt, gemeinsame Ziele, Werte & Geschichten der Gruppenmitglieder, Rollen, Funktionen & Positionen (die auf andere bezogen sind, sich auf Prozesse in der Gruppe bzw. auf das Verhalten der Gruppenmitglieder auswirken) und das relative zeitliche Überdauern / Bestehen der Gruppe gehören zur Charakteristika (Klein 1998).



    1. Beschreibung der einzelnen Theorieansätze

Wir beschreiben Konfliktlösungen in Kinderbüchern, sichtbare Theorieansätze und deren Ineinandergreifen.



      1. Gruppendynamischer Ansatz

Das im Zusammenhang mit Gruppendynamik beobachtbare Auftreten eines Verhaltens (ein Konflikt) kann als Ausdruck unvereinbarer Interessen, von Rivalität, inneren Konflikten, kollektiven Ängsten usw. gedeutet werden. In gruppendynamischen Prozessen durchlaufen Gruppen die Phasen des Forming, Storming, Norming, Performing und bei der Auflösung von Rollenstrukturen kommt es zu Trauergefühlen. Dabei ist insbesondere die Phase des Storming von Konflikten geprägt und es können Uneinigkeiten in Verhaltensweisen, Spannungen unter Mitgliedern, Kritik an Ideen Einzelner, Feindseligkeit oder auch Polarisierung und Koalitionsbildung auftreten. Diese gruppendynamischen Prozesse können nach Schattenhofer (1995) auf vier Ebenen sichtbar werden: aufgabenbezogene Tätigkeiten/Sachebene, Ebene der sozialen Interaktion/soziodynamische/gruppendynamische Ebene, Physische Ebene, Ebene des gemeinsamen Unbewussten (vgl. von Ameln et alt. 2009).



      1. Das Humanistische Modell

Im Humanistischen Modell wird der Mensch als aktives Wesen gesehen, das von Natur aus gut und fähig ist, seinen eigenen Weg zu wählen. Individuen wollen eine optimale Selbstverwirklichung erreichen, indem sie ihr Leben planen und strukturieren, nach der Verwirklichung ihrer Möglichkeiten streben und Veränderungen suchen. Die Humanistische Psychologie konzentriert sich auf die phänomenale Welt und richtet ihr Augenmerk auf die Art und Weise, wie innere Prozesse der Selbstregulation zu neuen Einsichten und Wertorientierungen führen (vgl. Zimbardo 1995). Die zentralen Grundgedanken im humanistischen Menschenbild, in Anlehnung an Völker, sind: Autonomie und soziale Interdependenz (Mensch strebt nach Unabhängigkeit, entwickelt ein aktives Selbst, Autonomie ist sozialverantwortlich zu sehen), Selbstverwirklichung (Mensch strebt danach, seine schöpferischen Fähigkeiten zu entfalten, Wachstumsbedürfnisse als grundlegende Antriebskräfte des Organismus; sind in ständigem Austausch mit der sozialen Umwelt), Ziel- und Sinnorientierung (Handlungen sind grundsätzlich intentional, d.h. sinnstrukturierend und zielorientiert) und Ganzheit (Betonung der Ganzheitlichkeit von Gefühl und Vernunft, von Leib und Seele), (vgl.Völker, 1980).



      1. Die Systemik und der narrative Ansatz

Die Systemik will Theorien darüber entwickeln, wie Menschen in sozialen Systemen gemeinsam ihre Wirklichkeit erzeugen. Heute orientiert man sich hauptsächlich an lösungsorientierten und narrativen Ansätzen (vgl. Walter 1998, S. 88). Dieser Ansatz beschreibt unser soziales Leben (das Setzen von Prioritäten, Ausführen von Pflichten, unser Handeln (vgl. ebd., S. 94). Die Therapeuten White und Epston erkannten die Wichtigkeit von Geschichten in der Bedeutung für das Leben der KlientInnen. Die Kernfrage dabei war, welchen Geschichten die KlientInnen es erlauben würden, ihr Leben zu regieren (vgl. ebd. S. 102). White bezieht sich dabei auf die Externalisierung von Problemen, wodurch das Problem objektiviert und manchmal auch personifiziert wird. Während dieses Prozesses verselbständigt sich das Problem und löst sich von Mensch und Beziehung ab. Durch das Loslösen der Probleme (Externalisieren) vom Menschen, lösen sich die Probleme auf (White/ Epston 2002, S. 9f). Ein Erfolg in der Therapie kann dann verzeichnet werden, wenn der/die Klient(in) neue Geschichten über sein/ihr Leben erzählt (Walter 1998, S. 103) und so neue Aspekte im Leben erfahren werden, die vorher nicht wahrgenommen wurden (vgl. Epston/White 2002, S. 59).



  1. Lösungsmöglichkeiten für Konflikte: 6 Grundmuster nach Gerhard Schwarz (1999)



Einzelne in das Konfliktgeschehen involvierte Personen sollen sich mit Ressourcen, Kompetenzen und Konfliktlösungsstilen als reflektierendes, handelndes und somit auf das Geschehen Einfluss ausübende Individuum sehen; Gerhard Schwarz (österreichischer Universitätsdozent, Philosoph, Gruppendynamiktrainer, Sozialwissenschaftler, Autor) unterscheidet 6 Grundmuster der Konfliktlösung: Konsens durch Verhandeln: Lösung, die beide Interessen befriedigt; Kompromiss durch Verhandeln: beide Parteien bringen Opfer; Delegation: die Entscheidung/Lösung wird einem Dritten übertragen; Unterwerfung: die schwächere Seite gibt nach; Vernichtung: die stärkere Seite setzt sich durch; Flucht: die schwächere Seite entzieht sich (vgl. Schwarz 1999).



    1. Konfliktlösungen in Bilderbüchern für Kinder im Kindergarten-und Vorschulalter:

Konflikte können sich auf Gedanken, Ideen, Überzeugungen, Ängste, Wünsche und unterschiedliche Interessen beziehen. Kinder lernen aus Konflikten und es gilt eine faire Streitkultur zu entwickeln, welche Aspekte der Auseinandersetzung und Versöhnung beinhalten. Konflikte sind per se nicht als schlecht / destruktiv anzusehen, sondern bieten Handlungsräume zur Entwicklung hilfreicher Strategien. Folgende Konfliktlösungsstrategien werden in der Broschüre an Hand ausgewählter Bilderbücher aufgezeigt: Perspektivenübernahme, Alleinsein und nachdenken, Entschuldigungen / Vertragen, das Gespräch suchen, Einführung von Regeln, Vermittlung durch andere Personen, Konfliktvermeidung durch Rückzug, Erkennen eigener Wünsche und Grenzen (Selbstbehauptung / Ich-Stärkung) und bei Dritten aktiv Hilfe einfordern (vgl. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e. V. (ajs) 2009).



    1. Vorstellen der Kinder-Bücher bezogen auf den jeweiligen Ansatz und Verweis auf

Gemeinsamkeiten exemplarisch anhand eines Buches

In unserer Poster Präsentation präsentieren wir drei (evtl. vier) Bücher im Hinblick auf Konflikte.



      1. Jetzt bin ich dran. Eine Geschichte von Streit & Versöhnung (Helen Cooper)

Die Katze, die Ente und das Eichhörnchen befinden sich in einem Streit um eine bestimmte Rolle in der Gruppe und anhand dieses Buches wird der gruppendynamische Ansatz erklärt.



      1. Blöde Ziege, dumme Gans. Eine Geschichte von Streit & Versöhnung (Isabel Abedi)



Die kleine Ziege und die kleine Gans sind Freunde, die sich im Kindergarten gestritten haben. Am Beispiel des Bilderbuchs werden Autonomie und soziale Interdependenz, Selbstverwirklichung, Ziel- und Sinnorientierung und Ganzheitlichkeit untersucht.



      1. Robbi regt sich auf (Mireille d`Allance)

Robbi kommt von der Schule heim und gerät in Konflikt mit seinem Vater. Darstellung des narrativen Ansatzes.



  1. Forschungsstand



Peer-Group-Education: Kinder werden stark von Gleichaltrigen, ihrer Peer-Group, beeinflusst. Die Peer-Group-Education setzt an der Einbeziehung der Kinder und deren Problemlösungskompetenzen im Erziehungsalltag an. In den letzten Jahrzehnten wurden Vorteile vor allem bei Themen des Verhaltens und der Werteerziehung gesehen. Es gibt umfangreiche PGE-Projekte im Bereich der Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen. Im deutschsprachigen Raum sind sogenannte Streitschlichter-Programme verbreitet (vgl. Faller, K.; Faller, S. 2002).



Das Empowerment-Konzept: Nach Norbert Herriger beschreibt Empowerment Mut machende Prozesse der Selbstermächtigung: Menschen beginnen in Situationen des Mangels, der Benachteiligung oder der gesellschaftlichen Ausgrenzung ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Sie werden sich ihrer Fähigkeiten bewusst, entwickeln eigene Kräfte und lernen ihre individuellen und kollektiven Ressourcen nutzen (vgl. Herriger 2006). In der pädagogischen Diskussion der letzten Jahre spielt der Begriff Empowerment eine immer wichtigere Rolle. Übersetzt mit Stärkung oder Bemächtigung, meint er damit Individuen soweit zu unterstützen, selber zu handeln (vgl. Faller, K.; Faller, S. 2002).



  1. Forschungsmethodisches Vorgehen

Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse ist die systematische Bearbeitung von Kommunikationsmaterialien wie Texte, Bilder, auch musikalisches oder plastisches Material, um freie Interpretationen zu vermeiden. Gegenstand der Analyse ist die protokollierte Kommunikation. Die Analyse hat den Anspruch nach expliziten Regeln abzulaufen, dadurch soll die Analyse verständlich, nachvollziehbar und überprüfbar sein (intersubjektive Nachprüfbarkeit). Eine gute Inhaltsanalyse ist theoriegeleitet. Der Text wird nicht nur referiert, sondern unter einer bestimmten Fragestellung in theoriegeleiteten Schritten analysiert. Theoriegeleitet bedeutet auch Anknüpfen an den Erfahrungen anderer mit dem zu untersuchenden Gegenstand. Die Inhaltsanalyse will das Material nicht ausschließlich für sich analysieren (vgl. Textanalyse) sondern als Teil des Kommunikationsprozesses. Es sollen Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation gezogen werden (z. B. Aussagen über den „Sender“, z. B. dessen Absichten, über Wirkungen beim „Empfänger“ ableiten). Von den 4 Grundverfahren qualitativer Inhaltsanalyse werden wir uns, bei der Untersuchung zu Konfliktlösungsstrategien in Bilderbüchern, am Ablaufmodell der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse orientieren. Diese filtert nach vorher festgelegten Ordnungskriterien, bestimmte Aspekte aus dem Material oder schätzt das Material auf Grund bestimmter Kriterien ein. Konkret werden wir bei den angeführten Bilderbüchern inhaltliche Aspekte herausfiltern. Mit dem erarbeiteten Kategoriensystem der Strukturierungsdimension ordnen wir Text- und Bildmaterial den Kategorien zu. In einem nächsten Schritt vergleichen und analysieren wir dann eventuelle Widersprüche, Parallelen oder Übereinstimmungen des gefilterten Materials hinsichtlich des Gruppendynamischen Ansatzes, das Humanistischen Modells und der Systemik und des narrativen Ansatzes (vgl. Mayring 2002).









  1. Fertigstellung des Projektes



Bei dem forschungsmethodischen Vorgehen nach der qualitativen Inhaltsanalyse haben wir den gruppendymischen Ansatz, das humanistische Modell und den narrativen Ansatz (Systemik) verwendet und haben deduktiv nachstehende Kategoriensysteme exploriert. Dabei haben wir die von uns ausgewählten Kinderbücher unter Berücksichtigung von Bild und Text in die Kategorien, die wir anhand der jeweiligen Theorieansätze gebildet haben, übersetzt. Im Anschluss daran haben wir -in Anlehnung an Konfliktlösungsmöglichkeiten in Bilderbüchern (vgl. Arbeitsgemeinschaft Kinder-und Jugendschutz Hamburg e.V. (ajs) 2009) einen gemeinsamen Lösungsvorschlag gefunden, der in allen drei Kinderbüchern thematisiert wurde.



    1. Deduktives Kategoriensystem aus der Sicht des gruppendynamischen Ansatzes

Konfliktursachen: Uneinigkeiten zeigen sich durch Verhaltensweisen, Spannungen unter Mitgliedern, Kritik an Ideen Einzelner, Feindseligkeit, Polarisierung oder Koalitionsbildung (vgl. von Ameln et alt. 2009)

Konfliktlösungen als Chance für Verständnis und Weiterentwicklung bzw. mit sinnstiftender Bedeutung (Einleitung Veränderungen, Lösung festgefahrener Strukturen, Rollenklärung usw. (vgl. Schwarz 1999)

Kategorie ‚Interindividueller Rollenkonflikt

Kürbissuppe. Die leckerste aller Zeiten. Gekocht von der Katze, die den Kürbis in Stücke schneidet. Gekocht vom Eichhörnchen, das die Suppe umrührt. Gekocht von der Ente, die ihr Salzschüsselchen vollschaufelt und gerade genug in die Suppe schaufelt.“



Kategorie ‚Konflikt Führungsrolle‘

Alle drei Gruppenmitglieder kennen ihre Aufgabe und üben durch die Ausführung Funktionen aus, aber eines Tages wacht die Ente auf und möchte die Aufgabe der Ente – nämlich das Umrühren der Suppe - übernehmen. Sie holt in der Küche den Kochlöffel des Eichhörnchens und sagt: „Heute bin ich dran mit umrühren“



Kategorie ‚Uneinigkeiten/Koalitionsbildung‘

Du bist viel zu klein“ fauchte die Katze und geht somit in Koalition mit dem Eichhörnchen



Kategorie ‚Uneinigkeit/Rollenzuschreibung‘

Du bist viel zu klein“ fauchte die Katze. Das ist eine Rollenzuschreibung, denn Gruppenrollen lassen sich im Kontext psychologischer Rollen beschreiben und das mit ihnen in Verbindung gebrachte Verhalten aus einer psychologischen Veranlagung heraus erklärt bzw. verstanden (z. B. die Kleine)(vgl. Stahl 2002).



Kategorie ‚Uneinigkeiten/Polarisierung‘

Hier geht es um die aufgabenbezogene Tätigkeit des Umrührens mit dem Kochlöffel und es ist die Aufgabenebene bzw. Sachebene betroffen (vgl. Schattenhofer zitiert in von Ameln et al, 2009). Diese soziale Interaktion wirkt sich insofern auf die gruppendynamische Ebene aus, weil Ente, Katze und Eichhörnchen sogar körperlich um den Kochlöffel kämpfen: „Sie stritten erbittert, als wenn es gewittert‘ in dem alten weißen Häuschen

Kategorie ‚Konfliktlösung durch Flüchten‘

Dazu gehören Verhaltensweisen wie aufgeben, verleugnen, verzichten, ignorieren, schweigen, keinen Widerstand leisten und wie im hier im Kinderbuch ‚den Raum verlassen‘ (vgl. Schwarz 2010). „Ich will hier weg“, heulte die Ente (….) Sie packte eine Schubkarre voll, setzte ihren Hut auf und watschelte davon



Kategorie ‚Lösung von Sachkonflikten‘

Gruppendynamischen Prozesse werden (Schattenhofer 1995, zitiert in von Ameln et al 2009) auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar: Hier ist die Sachebene betroffen, weil Individuen sich nicht einig sind, wie das Ziel gemeinsam die Suppe kochen erreicht werden soll (die Ente wünscht sich Veränderung in Bezug auf die aufgabenbezogene Tätigkeit des Umrührens)

Kategorie ‚Lösung von Sachkonflikten mithilfe der Beziehungsebene‘

Die Lösung des Sachkonfliktes „Suppe umrühren“ erfolgte durch Katze und Eichhörnchen auf der Beziehungsebene mithilfe persönlichen Engagements nach der Flucht von Ente. Zuerst warteten sie, dann machten sie sich Sorgen und am Ende suchten sie Ente, weil sie entdeckten, dass ihnen die Ente wichtig ist: Da flüsterte die Katze leise und traurig: „Vielleicht hat Ente ja nettere Freunde gefunden“ „Ja vielleicht“. seufzte das Eichhörnchen „Freunde denen sie helfen darf.



Kategorie ‚Konfliktlösung / Rollenwechsel

Im sozialpsychologischen-gruppendynamischen Ansatz wird davon ausgegangen, dass eine Rolle nicht einem Gruppenmitglied fix zugeschrieben ist, sondern dass je nach Situation Rollen wechseln können (vgl. König 2006) und somit werden durch sinnstiftende Konflikte Veränderungen bei festgefahrenen Strukturen und neue Rollenklärung ausgelöst. Ente durfte umrühren und somit wurde der Rollenwechsel vollzogen (= sinnstiftende Wirkung des Konfliktes)




    1. Deduktives Kategoriensystem aus der Sicht des humanistischen Modells


Autonomie und soziale Interdependenz


Wir sind eingebettet in eine Gemeinschaft und somit auf unsere Mitmenschen bezogen - soziale Interdependenz (vgl. Völker S.17). Im Bilderbuch sind beide Protagonisten Teil der Institution Kindergarten (bildlich u. sprachlich), haben andere Freunde (bildlich), eine/n beste/n Freund/in (bildlich u. sprachlich), eine Mutter (bildlich u. sprachlich).



Das Selbst als autonome Instanz bildet sich durch Austausch und Auseinandersetzung mit Anderen heraus (vgl. Völker S.17).

Ziege und Gans schildern den Konflikt ihren jeweiligen Müttern. Diese nehmen jedoch nur die Zuhörerrolle ein, keine beratende oder vermittelnde Funktion. Beim Schildern werden die Situationen der Auseinandersetzung mit dem Gegenüber aus der jeweiligen Sicht dargestellt (bildlich u. sprachlich).



Das Bewusstsein über die Eigenverantwortlichkeit wirkt als befreiende Kraft - im Sinne von für sich selbst und für die Gemeinschaft verantwortlich sein (vgl. Völker S.17). Ziege und Gans zeigen sich eigenverantwortlich und als handelnde Subjekte im aufeinander Zugehen; sie überwinden und befreien sich am Ende von dem Konflikt.



Selbstverwirklichung



Auf der psychischen und sozialen Ebene sind Selbstaktualisierungstendenzen oder Wachstumsbedürfnisse durch die Freisetzung an konstruktiven Kräften gekennzeichnet (vgl. Völker S.18).

Ziege und Gans können konstruktive Kräfte zur Überwindung des Konfliktes frei setzen. Diese Kräfte werden nicht explizit in Form von Lösungsvorschlägen genannt, sondern vielmehr durch das große Bild des zufriedenen Lächelns vermittelt, das die sprachlich benannte wechselseitige Bezogenheit der kognitiven, emotionalen und somatischen Prozesse darstellt (siehe Kategorie Ganzheit).

In der Mitte des Bilderbuches treffen sich Ziege und Gans, liegen auf der Wiese und halten sich lachend in den Armen. Im Sinne von „Bilder sagen mehr als tausend Worte“ wird dadurch ein über sich selbst hinauswachsen, ein über den Konflikt hinauswachsendes Ich, dargestellt. Sich vertragen, Freundschaft und Glückseligkeit als Ziel der Selbstaktualisierung.



Ziel- und Sinnorientierung


Der Mensch strebt nach einem sinnvollen und erfüllten Dasein. Dies setzt das Vorhandensein elementarer Bedürfnisse von Sicherheit und Liebe voraus. Der Mensch richtet sein Leben auf bestimmte, aus der Umwelt entnommene, Werte aus (vgl. Völker S.19).

Trotz Streit und verletz Sein besinnen sich am Ende beide auf die freundschaftliche Liebe und Sicherheit. Das Streben nach Harmonie führt zum erfüllten Dasein.

Ganzheit



Der Mensch als organisches bedeutungsvolles Ganzes betont die Ganzheitlichkeit von Gefühl und Vernunft, von Leib und Seele (vgl. Völker S.19-20).

Dies wird durch die wechselseitige Bezogenheit der kognitiven, emotionalen und somatischen Prozesse deutlich. Kognitiv: Durch das Schildern der Konfliktsituationen wird das Erlebte auf der Ebene des Gefühls aufgearbeitet. In der Phase des Nachdenkens wird den Beiden der Wert ihrer Freundschaft bewusst. Emotional: Sie erkennen, dass sie sich ohne den anderen langweilen und ihn vermissen. Somatisch: Die Wut und die rote Stelle bzw. die blauen Flecken waren verschwunden. Sie erleben sich in ihrer Ganzheit als handelndes Subjekt.



Der gesamte Organismus reagiert auf psychische Prozesse (vgl. Völker S.20).

  • Gleich zu Beginn stimmen Mimik und Gestik (bildlich) mit dem sprachlichen Ausdruck des verärgert Seins überein.

  • Im Dialog mi der Mutter lokalisieren Ziege und Gans die Wut im Bauch.

  • Nach der Schilderung der Konfliktsituationen drückt sich die innere Realität Wut durch das Hoch Stapfen auf der Stiege aus.

  • Beim allein Sein, Nachdenken und Abklingen der Wut sind die somatischen Merkmale verschwunden.

  • Beim aufeinander zu Laufen ist die Freude der Ziege/Gans bildlich u. sprachlich dargestellt.

  • Der Akt der Versöhnung in der Mitte des Bilderbuches wird körperlich mit Lachen, umarmen und Augen schließen – als Ausdruck des Vertrauens – dargestellt.







      1. Deduktives Kategoriensystem aus der Sicht des narrativen Ansatzes (Systemik)


    Befragung nach dem relativen Einfluss : (vgl. ebd. S. 60)

    Welchen Einfluss hat das Problem auf Robbis Leben? Robbi hat einen ganz blöden Tag hinter sich. Irgendetwas hat ihm anscheinend den Tag vermiest. Das wird bildlich ersichtlich durch seinen hängenden Mund und den melancholischen Blick. Diese negativen Erfahrungen (oder Wut) werden zu seinem Problem, das nun Einfluss auf seinen Tag (Leben) hat.

    Welchen Einfluss hat Robbi auf das Problem? Zu Beginn sieht er noch keinen Einfluss, durch das Heraustreten des Problems aus seinem Körper, wird es für Robbi möglich, dieses Problem gezielt wegzuschicken, sich davon zu distanzieren.


    Der Einfluss des Problems wird umrissen: (vgl. ebd. S. 60f)

    Was hat das Problem für einen Einfluss auf andere Personen bzw. Situationen in Robbis Umgebung?

    Das Problem (die Wut) beeinflusst auch ganz stark den Vater von Robbi.

    Einmal lässt das Problem einen Schuh durch die Luft fliegen. „Da!“ sagt Robbi.

    Robbis Vater schaut angespannt auf den fliegenden Schuh.

    Ein nächstes Mal lässt das Problem Robbi Empörung über das Abendessen äußern. „Geht`s dir eigentlich noch gut?“ fragt er den Vater. Dessen Reaktion darauf ist nicht bildlich dargestellt, doch wird Robbi vom Vater in sein Zimmer geschickt.


    Bestimmung des zu externalisierenden Problems:

    Die Auswirkungen des Problems auf das Leben und die Beziehungen des Betroffenen müssen deutlich werden (vgl. White /Epston S. 66). Was hat das Problem für Auswirkungen auf Robbis Leben?

    Oben in seinem Zimmer spürt Robbi, wie ein schreckliches Ding in ihm hochsteigt… bis es ganz plötzlich aus ihm rauskommt.“

    Das Problem steigt auf und kommt in Form eines Wutmonsters aus Robbi heraus, das Problem kommt nach außen. Bildlich wird das ersichtlich durch Robbis rotes Gesicht, das sich zuerst ganz wenig und dann immer intensiver färbt, bis letztendlich das Problem in Form eines Wutmonsters aus ihm herausspringt. Das Problem gewinnt Macht über Robbis Leben. „Hallo“ sagt das Ding, „was machen wir jetzt?“ „Alles was du willst“, sagt Robbi. Das Problem beginnt nun, Robbis Zimmer zu zerstören. Es schlägt alles kurz und klein. Bildlich dargestellt ist das Problem riesig und wirkt hinterhältig.


    Einmalige Ereignisfolgen und Vorstellungskraft:

    Welche neuen Entwicklungen könnten im Leben und in den Beziehungen des Betroffenen eine Rolle spielen? (vgl. Epston/White S. 78).

    Robbi bemerkt, dass das Problem sein Zimmer zerstören will, vor allem seine Spielzeugkiste.

    Nein, nicht die!“, sagt Robbi. Das Monster zerschlägt alles kompromisslos. Robbis Empörung zeigt sich bildlich in seinem Gesichtsausdruck (hilflos, mit offenem Mund).

    Robbi erkennt die bösen Absichten des Problems und löst sich von ihm.

    Hau ab, du Trottel!“ Schimpfend kniet er am Boden.


    Die Änderung der Beziehungen der Betroffenen zu dem Problem:

    Das Problem lebt von seinen Auswirkungen, um zu überleben (vgl. White/Epston S. 80).

    In dem Maß, in dem sich der Betroffene den Auswirkungen und Herausforderungen des Problems widersetzt, wird das Problem geschwächt (vgl. ebd.).Durch das Loslösen der Probleme (Externalisieren) vom Menschen, lösen sich die Probleme auf (White/ Epston 2002, S. 9f). Ein Erfolg in der Therapie kann dann verzeichnet werden, wenn der/die Klient(in) neue Geschichten über sein/ihr Leben erzählt (Walter 1998, S. 103) und so neue Aspekte im Leben erfahren werden, die vorher nicht wahrgenommen wurden (vgl. Epston/White 2002, S. 59).

    Robbi gibt dem Problem einen anderen Stellenwert, indem er es wegschickt. Ganz klein geworden, sperrt er das Problem in eine Kiste und distanziert sich so von ihm, es löst sich quasi auf. Robbi nimmt nun die Beziehung zu seinem Vater völlig anders wahr als vorher. „Du, Papa? Krieg ich noch Nachtisch?“ ruft er fröhlich über die Treppe hinunter.














      1. Gemeinsamer Konfliktlösungsvorschlag „Perspektivenübernahme“



    Gruppendynamik

    Weil Ente nicht da ist müssen Katze und Eichhörnchen alleine Suppe kochen. Dabei sind sie ganz unglücklich und weinen. Sie sitzen niedergeschlagen bei Tisch und haben gar keinen Hunger. Sie überlegen und sprechen darüber, dass sie Ente erlauben hätten sollen die Suppe umzurühren, weil sie doch nur helfen wollte. Nach dieser veränderten Sichtweise machen sie sich auf die Suche nach Ente, wodurch die Konfliktlösung eingeleitet wurde, weil Eichhörnchen und Katze empathisch versuchten die Perspektive von Ente einzunehmen.



    Humanistisches Modell

    Im Grunde vermittelt bereits die Machart des Bilderbuches die Wichtigkeit von Perspektivenübernahme an sich. Im Drehhandgriff können die BetrachterInnen und LeserInnen einmal das Erleben des Konfliktes aus Sicht der Gans und ein zweites Mal aus Sicht der Ziege betrachten; wobei sich das Empfinden der Zwei nicht sonderlich unterscheidet. Die Perspektivenübernahme erfolgt durch die Bewusstwerdung der wechselseitigen Bezogenheit der kognitiven, emotionalen und somatischen Prozesse - Kognitiv: In der Phase des Nachdenkens wird den Beiden der Wert ihrer Freundschaft bewusst. Emotional: Dadurch, dass sie sich vermissen muss die emotionale Bindung relativ gefestigt sein. Somatisch: Die Wut und die rote Stelle bzw. die blauen Flecken waren verschwunden. Sie erleben sich in ihrer Ganzheit als handelndes Subjekt.



    Narrativer Ansatz (Systemik)

    Robbi distanziert sich von seinem Problem (der Wut), indem er sie auslagert, von seiner Person trennt. Seine Sichtweise in Bezug auf das Problem ändert sich daher. Er nimmt eine andere Perspektive ein und kann so verändert mit seiner Wut umgehen und sie auflösen.











    1. Basisliteratur

  • Abedi I. (2003): Blöde Ziege, dumme Gans. Eine Geschichte von Streit & Versöhnung. Arsedition, München

  • Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e. V. (ajs), (2009): Konfliktlösungen in Bilderbüchern für Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter. URL: (Stand: 21.05.2012)

  • Brandl-Nebehay, A.; Rauscher-Gföhler, B.; Kleibel-Arbeithuber, J.(1998): Systemische Familientherapie. Grundlagen, Methoden und aktuelle Trends. Facultas Universitätsverlag: Wien

  • Cooper H. (1998): Jetzt bin ich dran. Eine Geschichte von Streit & Versöhnung. Esslinger Verlag: Esslingen, Wien.

  • D`Allance, M. (2010): Robbi regt sich auf. Moritz Verlag: Frankfurt am Main.

  • Faller, K.; Faller, S. (2002): Kinder können Konflikte klären

  • Glasl, F. ( 1994): Konfliktmanagement. Ein Handbuch zur Diagnose und Behandlung von Konflikten für Organisationen und Berater. Bern/Stuttgart: Paul Haupt Verlag

  • Herriger, N. (2006): Empowerment in der Sozialen Arbeit: Eine Einführung. W. Kohlhammer Verlag: Stuttgart

  • Klein, Irene (1998) in: Gruppen leiten ohne Angst. Pfeiffer J.: München.

  • Maturana, H.; Varella, F. ( 1987) : Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennens. Scherz Verlag: Bern und München.

  • Mayering Ph. (2002): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Beltz Verlag: Weinheim und Basel

  • Revenstorf D. (1993): Psychotherapeutische Verfahren, Band III: Humanistische Therapie, 2. Auflage. Stuttgart, Kohlhammer

  • Schwarz, G. (1999): In: Konflikte erkennen, analysieren, lösen. Verlag Gabler.

    Von Ameln et alt. 2009. In: Psychodrama. Springerverlag: Heidelberg

  • Völker, Ulrich (Hrsg.) (1980): Humanistische Psychologie. Ansätze einer lebensnahen Wissenschaft vom Menschen. Beltz Verlag: Weinheim, Basel

  • Walter, G.( 1998): Lösungsorientierte und narrative Ansätze in der systemischen Therapie. In: Brandl-Nebehay, A.; Rauscher-Gföhler, B.; Kleibel-Arbeithuber, J.(1998): Systemische Familientherapie. Grundlagen, Methoden und aktuelle Trends. Facultas Universitätsverlag: Wien

  • White, M.; Epston, D.( 2002): Die Zähmung der Monster. Der narrative Ansatz in der Familientherapie. Vierte Auflage 2002. Carl-Auer-Systeme Verlag: Heidelberg










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