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Zusammenfassung
Philosophie

Universität Zürich - UZH

2010

Philipp M. ©
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ID# 8851







Rainer Forst: Kommunitarismus und Liberalismus – Stationen einer Debatte


Einleitung


Es ist Vorsicht geboten bei der Betrachtung der Debatte zwischen Kommunitarismus und Liberalismus.

  • Die besondere Tugend der Diskussion, nämlich die Übertragung klassischer, zum Teil antiker Argumente auf Phänomen moderner Gesellschaft, kann ebenso auch zu Problemen führen.
  • Die blosse Aufzählung der Genealogie des Kommunitarismus von Aristoteles über Rousseau bis zu Hegel und Tocqueville zeigt, dass hier ebensowenig von einer einheitlichen Position gesprochen werden kann wie auf Seiten der Liberalen, denkt man an so verschiedene Theoretiker wie Rawls, Dworkin oder Nozick.

In der Folge werden 4 Ebenen unterschieden, nach denen die Positionen in dieser Debatte in den ihnen angemessenen Kontexten analysiert und diskutiert werden können.


4 Ebene:

  1. Konstitution des Selbst, die Kritik des atomistischen Personenbegriffs der liberalen Theorie.
  2. Vorrang individueller Rechte vor den gemeinschaftlichen Konzeptionen des Guten , das Problem der ethischen Neutralität von Gerechtigkeitsprinzipien
  3. Voraussetzungen und Bedingungen politischer Integration und Legitimation
  4. Möglichkeit und Begründung einer universalistischen und formal-prozeduralistischen Gerechtigkeitstheorie.


Etappe I – Die Konstitution des Selbst


Sandels Kritik an Rawls und dessen Gegenkritik.


Der Urzustand (original position) von Rawls wurde schon vermehrt wegen der individualistischen Prämissen kritisiert. Sandel ist jedoch der erste, der die Theorie als Ganzes aufgrund ihres Menschenbildes grundsätzlich in Frage stellt. Sandels Kritik lässt sich in 4 Punkte einteilen.

  • Sandel versucht zu zeigen, dass Rawls Theorie eine „philosophische Anthropologie“ zugrunde liegt, die sich an der Beschreibung der rational egoistischen Parteien des Urzustandes ablesen lässt.
  • Sandel argumentiert, dass Rawls' moralisches Subjekt eine „ungebundenes Selbst“ (vor den Zielen da) ist, und als solches der moralischen Identität von Personen widerspricht.
  • Sandel behauptet, dass eine jede deontologische Moralitheorie seine solch leere Konzeption des Selbst voraussetzt. → Selbst muss in konstitutive Gemeinschaften eingebettet sein.--> die Identität des Einzelnen ist untrennbar mit der Identität des Kollektivs verbunden
  • Sandel schliesst aus den 3 vorangegangen Argumenten, dass eine jede deontologische Moralkonzeption scheitern muss.

Zentrale These von Sandel: es kann keine kontextlosen Subjekte und daher auch keine kontextlose Moral geben.


Im Zentrum der Antworten auf Sandels Kritik steht seine eigene Personen- und Gemeinschaftskonzeption. Die Beziehungen zwischen der Subjektivität und der Intersubjektivität in Sandels Theorie bleibt ungeklärt. Unbestimmt ist auch weiterhin, wei ein solches Selbst verschiedene Rollenerwartungen integrieren kann.


Rawls eigene Antwort auf Sandel bestreitet bereits das erste Argument von Sandel. Zwar gilt immer noch, dass in den Gerechtigkeitsgrundsätzen ein Ideal der Person enthalten sei, doch kann dieser Begriff de Person erstens nicht an der Beschreibung der Personen im Urzustand abgelesen werden, und ist zweitens kein anthropologisch oder metapysisch begründeter Begriff der Person, sondern eine moralischer oder politischer Begriff, der auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt ist, als ein Konzept des Selbst.

Rawls Begriff der moralischen Person ist durch zwei grundlegende moralische Fähigkeiten gekennzeichnet:

  • Eine Vorstellung des Guten
  • Einen Sinn für Gerechtigkeit

Rawls Begriff der moralischen Person ist in der Gesamtgestalt des Urzustandes zu finden – die Parteien und die Beschränkungen - , der Begriff ist darüberhinaus ein Personenbegriff der nicht den Anspruch erhebt die Konstitution des Selbst zu erklären.


Etappe II – Die Frage der ethischen Neutralität und des Vorrangs von Gerechtigkeitsprinzipien vor dem Guten


Neutralität kann auf drei verschiedene liberale Art und Weisen verstanden werden:

  1. Neutralität der Konsequenzen: nach dieser die Umsetzung liberaler Prinzipien auf alle in einem politischen System lebenden ethischen Gemeinschaften die gleichen Auswirkungen hat.
  2. Neutralität der Ziele: der liberale Staat keine Auffassung des Guten gegenüber anderen aus ethischen Gründen bevorzugen darf (bsp durch Etablierung einer Staatsreligion)
  3. Neutralität der Rechtfertigung: die Rechtfertigung von Gerechtigkeitsprinzipien nicht auf substantiellen ethischen Werten gründet sondern auf allgemein akzeptierten moralischen Begriffen. Ethische Neutralität beruht auf unparteiischen moralischen Prinzipien.

Die kommunitaristische Kritik bezweifelt die Möglichkeit einer klaren Trennung zwischen Gerechtigkeitsprinzipien und ethischen Konzeptionen des Guten. Die moralisch-unparteiische Neutralität der Rechtfertigung = Verschleierung einer bestimmten individualistischen Theorie des Guten hinter einer angeblichen neutralen Rhetorik.

  • MacIntyre: Für ihn ist die Idee einer neutralen Rechtfertigung lediglich der verzweifelte Versuch, das gescheiterte moraltheoretische Programm der Aufklärung zu retten.

·        Er verkennt, dass eine unparteiische nicht mit einer unpersönlichen Moral gleichbedeutend ist und somit nur für Unpersonen Geltung haben kann.

  • MacIntyre: Der Liberalismus stellt nicht mehr den Zusammenbruch aller Moralauffassungen dar, sondern ist selbst nur eine Tradition des Guten unter anderen.
  • MacIntyre / Sandel: Zwei Kritikpunkte am liberalen Neutralitätsbegriff: a) beruht die liberale Theorie auf einer bestimmten individualistischen Sicht des Guten Lebens, b)diese Sichtweise ist problematisch und kann keinen Anspruch auf übergeordnete Gültigkeit erheben.

Antworten auf diese Kritik in zwei Gruppen:

Die Grenzen die die Gerechtigkeit dem Guten zieht, sind moralischer und nicht ethischer Art.

Die Kritik der Kommunitaristen lautet, dass der liberale Anspruch Personen als Personen nach Gleichheitsgrundsätzen zu behandeln, den Identitäten nicht gerecht wird, die nicht der Norm der Rechtsperson entsprechen die dem Ideal des männlichen Selbstversorgers folgt. Bsp: Homosexualität

Die Anerkennung der besonderen Erforderniss bestimmter Identitäten muss mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar bleiben, das heisst sich auf moralisch-allgemeine Argumente (gegen die Exklusion sozialer Gruppen) berufen können.

Der Liberalismus, so die allgemeine These der Kommunitaristen, wird dem Charakter politischer Gemeinschaften nicht gerecht, indem er die ethische Komponente des Guten in den privaten Bereich verbannt, und die politische Komponente dem Recht zuschreibt.






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